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Watches & Wonders 2023: Das sind die besten Sammler-Uhren. Die ganz persönlichen Top 10 von Swisswatches
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Watches & Wonders 2023: Das sind die besten Sammler-Uhren.
Die ganz persönlichen Top 10 von Swisswatches

Ganz ehrlich, wir mögen solche Rankings nicht wirklich, aber nach zahlreichen Fragen unserer Fans online, auf Instagram und zusätzlichen, unzähligen Diskussionen während, abseits und auf der Messe können wir auch nicht nein sagen: Denn irgendwie wollen wir Uhrenverrückte doch irgendwie wissen: Was sind die wichtigsten mechanischen Uhrenneuheiten der Watches & Wonders 2023? Also, lehnen Sie sich zurück, und genießen Sie eine ganz persönliche Auswahl der wichtigsten neuen mechanischen Uhren des Jahres 2023. Kleiner Spoiler: Nehmen Sie sich etwas mehr Zeit, als für das Durchklicken einer Bildergalerie…

Es ist schon bizarr, dass uns solche Listen im Internet immer noch so magisch anziehen, obwohl wir andererseits genau wissen: sie sind immer gefährlich und irgendwie auch ziemlich sinnlos. Gefährlich, weil nun einmal fast alle 48 der diesjährigen Austeller in Genf zu den besten Uhrenherstellern der Welt gehören und somit eh schon eine handverlesene Elite darstellen – und allein diese Firmen schon hunderte neue Modelle und Referenzen vorgestellt haben. Sinnlos, weil so gut wie niemand von uns ja auch alle zehn wichtigsten Science-Fiction-Blockbuster ansieht, die zehn besten Sportwagen kauft und die zehn wichtigsten Gemüsesorten mit dem meisten Eisengehalt kauft (oder vielleicht doch?).

48 Top handverlesene Aussteller sind alle Uhren perfekt?

Wer Uhren nach Superlativen kauft, für den würde das Ranking viel besser passen, wenn wir schrieben: Das ist die eleganteste, das ist die wertvollste und das ist die genaueste Uhr der Watches & Wonders 2023. Aber schon das will niemanden wirklich. Alle wollen: Nenn mir Deine Top 10!


Auswahl statt Ranking Wir beurteilen nur Uhren, die wir am Arm hatten

Und bevor uns jetzt unsere Kollegen aus den Firmenzentralen anrufen oder all die fleißigen PR-Teams (bei denen wir uns herzlich für die Organisation von an die 50 Terminen auf der Messe bedanken). Wir wissen: sie alle haben mit vielen Uhrmachern, Ingenieuren und Designern teils jahrelang an diesen Modellen gearbeitet, und auch sie wissen: Richtig schlechte Uhren zu finden, in dem Preissegment von 5.000 Euro plus, wird eh schwierig. Daher handelt es sich bei uns nicht um ein Ranking, sondern um eine Auswahl, die Richtschnur sein kann für alle Sammler, die einfach noch mal eine Zweitmeinung einholen wollen. Für alle, die nicht auf der Messe waren ist dieses Ranking ein Gradmesser und auch für die hunderten Mitarbeiter in Firmen selbst, die zwar ihre Modelle auswendig kennen, aber nicht ein einziges Modell des Wettbewerbs zu Gesicht bekommen haben.

Ansehen ist ein gutes Stichwort, denn uns ist ganz wichtig: Wir beurteilen nur Uhren, die wir persönlich am Arm getragen haben. Und wir machen da keine Ausnahme, es sei denn es handelt sich um eine Grand Complication oder noch ein Prototyp, aber dazu später mehr. Ein weiterer Hinweis: Wir haben nicht alle Marken ansehen können, vor allem diejenigen, die nicht direkt auf der Messe waren. Aber es wird genügend Gelegenheiten geben, dies nachzuholen über das Uhrenjahr 2023!


Die Swisswatches-Kriterien für eine gute mechanische Armbanduhr

Swisswatches beurteilt Uhren nach bestimmten Kriterien, die auch meinen persönlichen entsprechen. Was sind diese Kriterien? Swisswatches steht im Kern für das beste Manufacturing und hervorragende Mechanik. Das Uhrwerk ist die Seele einer mechanischen Uhr, daher interessiert uns als erstes, welches Uhrwerk für ein Modell ausgewählt wurde und warum und wie dieses verarbeitet ist. Im zweiten Schritt betrachte ich das Design, und zwar nicht nur nach meinem persönlichen Geschmack (den man natürlich nie ganz ablegen kann), aber vor allem nach der Tragbarkeit der Uhr, ihrer Ablesbarkeit. Und Drittens nach den Detaillösungen an Gehäuse, Drückern, Zifferblatt und dem Band mit der Schließe. Ich stelle mir die Frage: Welchen Stil verkörpert das Modell? Dann betrachte ich die Uhr im Hinblick auf die Frage: Wie passen 1. Uhrwerk und 2. Design zur Marke? Ist es eine logische Weiterentwicklung oder stellt die Uhr ein Bruch da, mit bisherigen Gepflogenheiten? In diesem Zusammenhang geht es für Swisswatches auch um das, was der Träger mit dieser Uhr erleben kann. Ist es eine Alltagsuhr oder eine Dresswatch, ein Stück für die Tiefsee oder schlicht ein absolutes Sammlerstück?

Genießen Sie nun die etwas andere Top 10 der Watches & Wonders 2023! Auch wenn es sich um die persönliche Favoritenliste eines Autors handelt, werde ich immer wieder die Diskussion des Teams mit aufnehmen. Aber es wurde nie abgestimmt, da Luxus nun mal kein demokratischer Prozess ist und eine Mehrheitsmeinung die Klarheit einer guten Aussage einschränkt. Nicht erstaunlich ist: Das Team lag nicht weit entfernt voneinander. Aber das sollte Sie als Leser von Swisswatches nicht wundern: Unser Geschmack ist ja auch geprägt von unserem Anspruch an feine Mechanik und perfekte Ästhetik.


1. Ein patentierter Mechanismus, ein Design zum Niederknien: Parmigiani Fleurier Tonda PF Minute Rattrapante

Bei der ersten Uhr mussten die Swisswatches-Gründer und ich nicht lange zögern. Sofort viel uns die Weltpremiere des Hauses Parmigiani ein, die Tonda PF Minute Rattrapante, die es dank eines zweiten Minutenzeigers und zwei Drückern ermöglicht, das Ende eines künftigen Termins in Minuten und Fünf-Minutenschritten so einzustellen, wie man es bislang nur über die Drehlünette einer Taucheruhr kannte. Diese Uhr mit patentiertem Mechanismus kommt im Stahlgehäuse mit Platinlünette und handguillochiertem Zifferblatt und wird angetrieben von einem wunderschön finissiertem Werk mit dem Kaliber PF052 mit Microrotor und 48 Stunden Gangreserve. In Massiv-Platin gibt es jetzt die klassische Tonda PF Microrotor.


2. Elegante Rolex? Ja, endlich: Die Perpetual 1908

Auch wenn auf der Messe die Journalisten vor allem über das Design der Rolex-Daydate 36 in Everosegold mit 31 Emojis auf der Datumsschreibe und sieben Gefühlsbegriffen anstatt von sieben Wochentagen die Köpfe heiß redeten (und die Frage, ob das noch Rolex sei oder nicht), haben uns die Historiker darauf hingewiesen: Rolex beweist ungefähr einmal alle Dekade mit besonderen Stücken so viel Humor.

Ganz ernst meint Rolex hingegen ein anderes Modell, die unsere Aufmerksamkeit sofort auf sich zog: Die Rolex Perpetual 1908. Was für eine gute klassische Uhr! Der Name der beiden zum Launch verfügbaren Modelle geht zurück auf das Eintragungsdatum des Markennamens von Rolex im Jahr 1908 und das Design auf die ersten Rolexuhren mit Rotoraufzug von 1931. Passend dazu wird der Aufzugsrotor hier in Massivgold sichtbar sein: Die Gelb- und Weißgoldgehäuse kommen ebenso wie bei der Platin-Daytona mit transparentem Gehäuseboden, und sind ebenfalls als Superlative Chronometer zertifiziert für überragende Ganggenauigkeit. Das Kaliber 7140 ist eine Neuentwicklung mit Chronergy-Hemmung, Syloxi-Spirale und dem Paraflex-Antischocksystem. Die ganze Uhr ist eine Augenweide, sehr gut tragbar unter der Manschette und dank aufwendiger Finissierung und skelettiertem Goldrotor überaus elegant.

Das Werk ist mit fünf Patenten geschützt, zwei davon betreffen die Reduzierung des Platzes, den der Aufzugsrotor benötigt. Das Dritte den Selbstaufzugsmechanismus, das Vierte die Mechanik der kleinen Sekundenanzeige und das Fünfte die Ausführung des Genfer-Streifen-Schliffs auf den Werkbrücken. Die Uhr misst zeitlose 39 Millimeter im Durchmesser, ist 50 Meter wasserdicht und verfügt über 66 Stunden Gangreserve.

Für die Rolex-Sportuhrenfans: Bei der Oyster Perpetual Yachtmaster 42 Millimeter aus der hauseigenen Titanlegierung RLX sind wir gespalten. Mir persönlich ist die Uhr zu leicht, obwohl genau das das Ziel der Entwickler gewesen ist: Eine ultraleichte, robuste Sportuhr, die zudem besonders korrosionsbeständig ist. Bei der zweiten Titanuhr aus dem Hause Rolex nach der Oyster Perpetual Deepsea Challenge, wiegt die gesamte Uhr trotz 42 Millimetern Durchmesser weniger als die deutlich schlankere, 40 Millimeter messende IWC Ingenieur SL in der Titanversion.


3. Das Comeback des Jahres: IWC Ingenieur SL oder die Frage, wie kann man ein Gerald Genta Design noch besser machen?

Wir waren sehr erleichtert, als wir dieses Jahr über den Messestand von IWC wandelten: Die wichtigste Uhr der Marke (sorry Top Gun), die Ingenieur, ist endlich wieder ganz die Ingenieur, fast so wie sie IWC 1970 bei Gerald Genta in Auftrag gegeben hatte. Fast, weil man an den richtigen Stellen angesetzt hat, das Design zu optimieren. Das neue Zifferblatt ist eine Neuerfindung mit Waffeloptik, aber passt zu 100 Prozent in die Zeit. Erst kürzlich entdeckte IWC die Originalzeichnung der Ingenieur SL, ein besonders interessantes Detail darauf ist die ursprünglich oktogonal gedachte Krone, die es als eines der wenigen Elemente nie in Serie schaffte. Die wichtigste Besonderheit des Originals war die direkt im Gehäusekorpus eingeschraubte Lünette, fünf dafür erforderliche markante Halteöffnungen wurden nun dezent mit fünf Schrauben interpretiert, um den Tubus besser auf dem Gehäuse zu positionieren, ein guter Kompromiss zum Original!

Zurück ist auch der Weicheisenkern, der ursprünglich mal für die Mark 11 Pilotenuhr im Jahr 1948 entwickelt worden war. Der Antimagnetismus liegt allerdings deutlich unter den Werten, wie sie heute Omega-Uhren erreicht, ist aber im Alltag vollkommen ausreichend.

Zu den 100 Metern Wasserdichtigkeit passen die 120 Stunden oder 5 Tage Gangreserve des Kaliber 32111 sehr gut: Eine Uhr für jeden Einsatzzweck und die ganze Woche – oder das ganze Leben: Die Uhren wurden bei IWC in einer eigens gebauten Simulationsanlage auf 10 Jahre Haltbarkeit getestet, was diese in 14 Tagen absolviert, in denen die Uhrwerke quasi in Hochgeschwindigkeit warmlaufen.

Uns hat eindeutig die Stahlvariante am besten gefallen, auch wenn die Titanversion immer noch ein angenehm schweres Gewicht in der Hand hat und ihr das graue Zifferblatt hervorragend steht. Schade eigentlich, dass diese Uhr lediglich in IWC-Boutiquen verkauft wird, der Andrang dürfte groß werden. In Deutschland gibt es dazu wenigstens in der einzigen Boutique in München ein gepflegtes, frisch gezapftes Bier.


4. Eine Cartier Tank, schwer wie ein Panzer

Eine absolute Ausnahmeuhr stellt für uns die Cartier Tank Normale in Platin aus der Cartier Privée Kollektion dar.  Wie wir in unserem großen Tank-Artikel schrieben, übernimmt die in Anlehnung an das von Louis Cartier im Jahr 1917 entworfene Originalmodell sowohl die Proportionen als auch das charakteristische abgeschrägte Saphirglas des ersten Modells. Cartier entwarf die ursprüngliche Uhr ja angeblich nach der Lektüre eines Artikels über einen ersten Kettenpanzer, einem Renault, der deutsche Soldaten in den Schützengräben des ersten Weltkrieges das Fürchten lehrte und schenkte den ersten Prototyp der Uhr 1918 dem US-General John Pershing. Das Platin-Modell mit rotem Cabochon-Rubin auf der Krone ist so schwer, dass man wirklich glaubt einen kleinen Panzer am Arm zu tragen, dabei ist das Design immer noch sensationell zurückhaltend und ein Must für alle Fans eleganter Dresswatches mit Geschichte.


5. Wecome to the Piaget Society: Die Piaget Altiplano Ultimate Automatic Roségold mit blauem Zifferblatt

Eine weitere Sensation an Eleganz war für uns auf der Messe Piaget. Wir haben ja schon ausführlich über die Marke berichtet, an der in den Sechziger und Siebziger Jahren weder Künstler wie Andy Warhol oder Salvador Dali vorbeikamen noch Hollywoodstars und Präsidenten-Gattinnen. Umgehauen hat uns dieses Jahr vor allem der ewige Kalender in Gold mit grünem Blatt aus der Serie Polo im 42 Millimetergehäuse mit dem neuen Schnellwechselarmband. Noch eleganter kommt nur eine Uhr daher, die erst im Juni bei den Händlern eintreffen wird: Die Piaget Altiplano Ultimate Automatic 41. Sie wird nun erstmals in einer Variante angeboten, bei der das gesamte, offen gearbeitete Rekord-Uhrwerk in dunkelbaue Farbe getaucht ist: Dunkelblaue Brücken und das Zifferblatt spielen mit der Roségoldfarbe von Gehäuse, Lünette und Gold-Schwungmasse. Das verändert schlagartig den Charakter des doch sehr technischen Werks 910P und machte sie für uns zu einem absoluten Geheimtipp der Messe.


6. Jaeger Le-Coultre: Goldener Schnitt und ein magisches schwarzes Blatt

Bei einer Uhr waren sich alle einig: Die berühmte Tribute-Reihe von Jaeger LeCoultre mit kleiner Sekunde ist einfach die schönste Hommage an das Original der berühmten Wendeuhr von 1931. Das Gehäuse der Reverso Tribute aus Rotgold wurde für das Jahr 2023 grundlegend überarbeitet und seine Höhe wurde um fast 1 mm auf nur 7,56 mm reduziert. Die noch mal verbesserten Hörner des Gehäuses schmiegen sich noch mal besser an schmale Handgelenke. Und vor allem das schwarze Zifferblatt feiern wir, denn es kommt sehr dicht an die schwarzen Zifferblätter der allerersten originalen Reverso heran. Es bietet einen spektakulären Kontrast, wer mehr Charakter mag, wählt das burgunderrote Lackzifferblatt.


7. Laboratorio di Idee: der erste Jahreskalender von Panerai – und was für einer

Auch Panerai bietet eine ganz besondere Uhr in Platin. Die Radiomir Jahreskalender. Jahreskalender und Panerai? Richtig gehört. Eine völlig neue Komplikation für die Schweizer mit italienischen Wurzeln und Firmensitz löst CEO Jean-Marc Pontroué elegant, sehr eigen und überzeugend klassisch: Das Zifferblatt zeigt alle nötigen Informationen sehr übersichtlich an: Die Anzeige des Datums und Wochentages erfolgt noch klassisch auf der 3-Uhr-Position durch zwei Öffnungen im Zifferblatt. Der anstehende Monat wird auf einer externen rotierenden Scheibe durch einen Pfeil auf der 3-Uhr-Position angezeigt. Das ist neu und so überzeugend einfach, dass man sich fragt, warum darauf nicht schon jemand früher gekommen ist. Bei jedem Monatswechsel lässt eine Nocke im Uhrwerk die Scheibe direkt auf den nächsten Monat springen. Das Automatikkaliber P.9010/AC wurde dafür um ein entsprechendes Modul ergänzt. Das 45 Millimetergehäuse trägt sich erstaunlich angenehm.

Nicht die Goldvariante mit blauem Blatt, sondern nur die Platinuhr mit burgunderfarbenem schattiertem Sonnenschliff- Zifferblatt ist Teil der Experience Edition. Jeder Besitzer wird zu einer Reise nach Rom eingeladen. Derzeit gibt es die Uhr nur mit italienischen Monatsnamen, da wünscht man sich mehr Internationalität á la Rolex Day Date. Fans der berühmten Bronzegehäuse von Panerai, genannt Bronzo, sollten sich übrigens mal die neue Gehäuseoptik aus sogenanntem Brunito eSteel ansehen, die in den restlichen Modellen der Radiomir-Reihe eingeführt wurde. Ein neuartiges Finish, das einen antiquierten Look erzeugt. Zur Erzielung dieser Optik wird neben dem mittels PVD (Physical Vapor Deposition) erzielten, verwitterten Effekt jedes kissenförmige Gehäuse von Hand bearbeitet und erhält so seinen individuellen Charakter.


8. Chopard vermählt LUC mit der Alpine Eagle

Man muss es Co-Präsident Karl-Friedrich Scheufele lassen: Die Alpine Eagle ist und bleibt die Stahluhren-Sensation des Jahrzehnts. Allerdings ist das deutlich untertrieben: Die Uhr, die er ursprünglich 1980 entworfen hatte, um seinen Vater zu beeindrucken und die schon damals ein Erfolg wurde, feiert ihr mechanisches Comeback, seitdem sein eigener Sohn wiederum den Relaunch im Jahr 2019 vorbereitete. Es braucht eben nicht immer einen berühmten Designer wie Gerald Genta um eine Sensation zu schaffen, manchmal tut es eine Familie, die sich guten Uhren und Qualität verschrieben hat – und das seit drei Generation.

Ausgestattet ist sie mit dem lediglich 3,30 Millimeter hohen Uhrwerk L.U.C 96.40-L, auch das eine Sensation, da man normalerweise LUC und Chopard Uhren strickt trennt. Das Werk geht auf das erste L.U.C Kaliber im Jahr 1996 zurück. Das Kaliber arbeitet mit einer Frequenz von 4 Hertz und bietet eine Gangreserve von 65 Stunden, die dank der Twin Technologie zwei übereinander liegende Federhäuser kombiniert. Das gesamte Gehäuse mit seinen 8 Millimetern Höhe ist perfekt ausbalanciert. Wir wollten den Blick nicht mehr abwenden vom Messingzifferblatt, das wie alle Alpine Eagle Modelle ein geprägtes Muster trägt, das von der Iris eines Adlers inspiriert ist. Es ist mit Zeigern aus Weißgold kombiniert, die mit Super-LumiNova Grade X1 belegt sind – ein Leuchtstoff, der 60 Prozent mehr Leuchtkraft als das herkömmliche LumiNova besitzt und alterungsbeständiger ist. Auffälligstes Merkmal auf dem Zifferblatt der Uhr ist das Debüt einer neuen Farbe: Nach den Farbvarianten Aletschblau, Bernina-Grau und Pink Dawn ist auch das neue „Monte Rosa Pink“ von der Wahlheimat der Familie Scheufele inspiriert, den Schweizer Bergen. Nach dem Alpine Eagle Flying Tourbillon ist die neue Alpine Eagle 41 XPS erst die zweite Uhr dieser Kollektion, die mit dem renommierten Qualitätssiegel Poinçon de Genève ausgezeichnet wurde.


9.  Vacheron Constantin trifft mit der Traditionnelle Tourbillon Retrograde Datumsanzeige den Zeitgeist

Auch wenn offen gehaltene Zifferblätter bei vielen Armbanduhren eine hübsche Mode sind, kommt es doch extrem auf das „Wie“ an und auf die geschichtliche Rechtfertigung einer Marke, so etwas zu machen, sonst bleibt es nur ein Gag, der schlimmstenfalls nach hinten losgeht. Nicht so bei Vacheron Constantin, der Marke, die bis zum Aufstieg von Patek Philippe ab den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts unangefochten die Spitze der Uhrmacherei in Königs- und Herrscherhäusern auf der ganzen Welt darstellte.

Da allein schon die Pressemitteilung zu dieser Uhr 14 Seiten umfasst, werden wir uns hier auf das Nötigste beschränken. Für uns ist das Traditionnelle Tourbillon mit retrograder offen gearbeiteter Datumsanzeige wahrscheinlich die beste Uhr der Messe. Der erste Vacheron Constantin-Zeitmesser mit teilweise skelettiertem Zifferblatt stammt aus dem Jahr 1918. 2002, zum 247-jährigen Bestehen des Hauses – wurde dieses Zifferblattkonzept in der Referenz 47247 erneut aufgegriffen. 2021 setzte die Traditionnelle Vollkalender Openface den ersten Designeckpfeiler für einen absolut zeitgemäßen Look für diese ultrakomplizierten Uhren.

Durch das transparente Saphirzifferblatt des neuen Modells, das auch ein handguillochiertes Segment aufweist, ist das Manufakturkaliber 2162 R31 zu sehen, dessen Platine für den retrograden Mechanismus durch eine schiefergraue Endbearbeitung betont wurde. Der obere Teil ist vertikal von Hand gebürstet, wobei ein spezielles Schleifmittel Lichteffekte erzeugt, während der untere Teil von Hand guillochiert wurde. Die durch das Tourbillon ergänzte retrograde Datumsanzeige wirkt dadurch absolut modern. Die Architektur des mittels NAC-Oberflächenbehandlung schiefergrau gehaltenen Kalibers 2162 R31 ist von beiden Seiten der Uhr gut einsehbar. Eine würdige Nachfolgerin der Referenzen 47245 und 47247.  Wir stimmen Design und Heritage-Chef Christian Selmoni absolut zu, wenn er sagt: „Wir wollen die Grenzen der technischen Komplexität und der uhrmacherischen Schönheit verschieben, indem wir sie sichtbar machen.“


10. Patek Philippe gewährt Einblicke und bewahrt den Überblick

Das letzte Wort gebührt Patek Philippe in diesem Jahr. Unser Lieblingsmodell ist keine technische Neuheit an sich, da die 2017 lancierte Referenz 5316 bekanntermaßen eine Minutenrepetition, einen ewigen Kalender mit retrogradem Datum und eine Mondphasenanzeige kombiniert. Aber mit der neuen Grande Complication Referenz 5316/50P-001 verleiht Patek Philippe dieser Uhr im Platingehäuse und einem Zifferblatt aus blau metallisiertem Saphirglas mit feinem Schwarzverlauf einen ganz neuen, unverwechselbaren Look. Das marineblaue Kalbslederband mit geprägtem Textilmotiv macht sie zudem geradezu sportlich. Durch das Saphirglas ist das mechanische Meisteruhrwerk eher zu ahnen als zu sehen, was dieser Uhr gleichzeitig eine Zurückhaltung und unglaubliche Raffinesse verleiht.

Auch wenn wir Thierry Stern inzwischen ganz gut kennen, soviel Bescheidenheit muss sein: Diese Uhr wurde auch für uns partout nicht aus der Vitrine geholt, aber wir legen sie dennoch jedem unserer Top-Sammler nur ans Herz. Vielreisende werden sich über die Calatrava Ref. 5224R-001 freuen, die sich durch ihre Travel Time Zwei-Zeitzonen-Funktion und eine ungewöhnliche 24-Stundenanzeige auszeichnet. Extrem einfach zu bedienen und voll alltagstauglich, erscheint mir lediglich der Durchmesser mit 42 Millimetern einen Hauch zu groß. Die drei vorgestellten Weißgold-Automatik-Calatravas mit dem Kaliber 6007G und Karbonmotiven haben mit 40 Millimetern das perfekte Maß.

Heiß diskutiert haben wir mit vielen Kollegen auf der Messe hingegen, ob der Jahreskalender der Aquanaut Luce Referenz 5261R nicht doch eher eine hervorragende Herrenuhr wäre, gerade weil sie vollkommen ohne Steinbesatz auskommt und mit 40,4 Millimetern eine hervorragende Größe besitzt für diese wunderbare Komplikation. Am Ende ist es bei Patek immer irgendwie gleich: Man kann sich nie entscheiden und kaum hat man es, möchte man sofort die nächste.


Wohin entwickelt sich die Luxusuhr?

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die Messe war nach langer Covid-Abstinenz kein Feuerwerk der mechanischen Neuheiten, aber sehr wohl eine klare Ansage, in welche Richtung es die nächsten Jahre stilistisch gehen dürfte: Lange vorbei sind die Zeiten der lauten Modelle, zumindest dann, wenn sie nicht 100 Prozent zur Firmenhistorie passen. Refinement war für alle zu sehen, die es sehen wollten. Die authentischen Marken führen das Feld an. Beim Material wird Stahl langsam in den Top-Kategorien durch Platin am oberen und Titan am unteren Ende abgelöst, Kohlefaser erhält zumindest in Teilen den Platz, der dem Material des 21. Jahrhunderts gebührt. Uhrmacherische Werte werden auch bei Top-Marken zusehends sichtbar, um sich zu differenzieren: Wenn Rolex Gehäuseböden öffnet und Werke finissiert, will das schon etwas heißen. Gleichzeitig spürt man bei den Topmarken wie Patek und Vacheron bereits das nächste Level der mechanischen Evolution: Die optische Reise ins Innere der Uhr, wird auch von der Zifferblattseite her so perfekt wie möglich inszeniert. Und Innovatoren der Branche wie Parmigiani beweisen jährlich aufs Neue: Die möglichen Funktionen mechanischer Armbanduhr sind noch lange nicht ausgereizt.


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