Von der Zeitanzeige am Bahnhof bis zur Armbanduhr am Handgelenk – im Alltag begegnen uns Uhren überall. Das nötige Vokabular wie „Zeiger“ oder „Index“, um das Zifferblatt einer Uhr zu beschreiben, lernt man bereits in der Schule. Doch wenn man tiefer in die Welt der Uhren eintaucht, begegnen einem zahlreiche Fachbegriffe und damit auch viele Fragen nach ihrer Bedeutung. Wer schon einmal die Produktbeschreibung einer (Armband-)Uhr studiert hat, dem dürfte der Begriff „mechanische Uhr“ schon häufiger unter die Augen gekommen sein. Doch was genau versteht man unter einer mechanischen Uhr?

Das Chronographenkaliber 5370P mit Schleppzeiger von Patek Philippe.
Sie stellt neben der Quarzuhr eine der beiden Uhrenkategorien dar. Bei der mechanischen Uhr unterscheidet man zwischen zwei Typen: Handaufzug und Selbstaufzug (Automatikuhr). Der Typus bestimmt darüber, wie eine Uhr aufgebaut ist, wie sie gehandhabt und gewartet wird. Dass es diese Unterscheidungen überhaupt gibt, ist der mechanischen Uhr zu verdanken. Sie bot die Grundlage für Innovationen wie der Automatikuhr oder der Quarzuhr, die die jüngere Geschichte hervorbrachte. Daher gehen wir in diesem Artikel auf den Ursprung aller Dinge zurück und befassen uns einmal näher mit der Geschichte und dem Aufbau einer mechanischen Uhr.
Der Kern der Sache: die mechanische Uhr
Kurz erklären ließe sich eine mechanische Uhr wie folgt: Sie definiert sich über ihren Kern, dem Uhrwerk, das in das Gehäuse eingebettet ist. Das mechanische Uhrwerk setzt sich aus zahlreichen Komponenten zusammen. Unter anderem verfügt es entweder über einen Handaufzug oder über einen Automatikaufzug.
Bei einer Uhr mit Handaufzug bedeutet das, dass durch das Drehen der Krone am Gehäuserand, eine Feder „von Hand“ aufgezogen wird. Durch sie funktioniert eine Uhr überhaupt, da die Feder wiederum die nötige Energie für alle Funktionen der Uhr im Uhrwerk abspeichert und durch eine langsame Energieabgabe die Uhr am Laufen hält. Damit das gewährleistet ist und der Zeitmesser seine präzise Angabefähigkeit beibehält, muss die Uhr in regelmäßigen Zeitabständen aufgezogen werden. Im Gegensatz dazu zieht sich eine Uhr mit Automatikaufzug über eine Schwungmasse selbst auf, indem diese die Handgelenksbewegungen in Energie für das Uhrwerk umwandelt.

Bei dieser skelettierten Cartier Santos-Dumont ist die Schwungmasse miniaturisiert und einem Flugzeug von Alberto Santos-Dumont, der Demoiselle, nachempfunden.
Natürlich fasst diese Beschreibung eine mechanische Uhr nur knapp zusammen, aber als Uhrenenthusiast gibt man sich damit natürlich nicht zufrieden. Schließlich gibt es sowohl historisch als auch technisch noch einiges zu entdecken. Um zu verstehen, wie es überhaupt zur Entstehung der mechanischen Uhr kam und wie sie sich entwickelte, werfen wir zunächst einen Blick auf ihre Geschichte. Anschließend blicken wir tiefer in die mechanische Materie einer Armbanduhr. Zum besseren Überblick fokussieren wir uns hier auf das Wesentliche.
Vom Schattenstab zur Kirchturmuhr
Heutzutage sind alle nötigen Hilfsmittel zur Zeitmessung nur einen Klick oder eine Umdrehung entfernt. Als die Zeitmessung allerdings noch in den Kinderschuhen steckte, diente die Natur als einziger Orientierungspunkt. So nutzte man bereits vor ungefähr 5.000 Jahren Sonnenuhren, die auf Schattenstäben basierten. Anhand des Sonnenstandes, des entsprechenden Schattenwurfs und einer kreisförmigen Einteilung in Einheiten konnte die Zeit bestimmt werden. Jedoch gab es bei dieser Methode den Nachteil, dass ihre Aussagekraft stark von den Wetter- bzw. Lichtbedingungen abhing.

Eine tragbare, horizontale Sonnenuhr aus Silber mit integriertem Kompass, vor 1681.
Credit © Metmuseum
Diese Probleme behoben ab dem dritten Jahrtausend v. Chr. Wasseruhren. Die Zeit wird dabei durch die Beobachtung der Zeitintervalle des Zu- oder Abflusses von Wasser in Behältern gemessen. Das beweisen etwa Fundstücke aus Mesopotamien und Ägypten. Mit der Zeit wurden diese Wasseruhren immer ausgereifter und mithilfe von hydraulischen und mechanischen Zahnräderkonstruktionen entstanden immer komplexere Zeitmessgeräte.

Eine Wasseruhr mit einer Pavian-Dekoration aus Ägypten, ca. 664-30 v. Chr.
Credit © Metmuseum
Im 13. Jahrhundert gingen in Europa daraus die mechanischen Räderuhren hervor, die eine gewisse Unabhängigkeit zu den Umwelteinflüssen boten. Sie funktionierten über ein Zusammenspiel von Zahnrädern, Hemmung und sich abrollenden Gewichten als Antriebskraft. Mit dieser Entwicklung werden vor allem Kirchen und Klöster in Zusammenhang gebracht. Anfangs zum Gebrauch als Tischuhren in Klöstern, wurden die Räderuhren schließlich als Turmuhren für Kirchen genutzt, wodurch die Zeitanzeige eine deutliche Präsenz in der Öffentlichkeit erhielt. Dabei wurde die Zeit oft akustisch über Glockenschläge oder visuell mittels Zeiger auf einer Zeitskala signalisiert. Diese akustischen Mechanismen wurden später in Taschenuhren, auch Minutenrepetitionen oder Läutewerke genannt, verwendet, um die Zeit bei Nacht anzuzeigen.

Im Jahr 1360 ließ die Gemeinde Siena eine mechanische Uhr in den Torre del Mangia installieren, wodurch man keinen Glöckner mehr brauchte, um die Uhrzeit durch laute Glockenschläge in der ganzen Stadt anzukünden.
Credit © Mateus Campos Felipe
Die Entwicklung der Taschenuhr
Während sich im 14. Jahrhundert Sanduhren einer großen Beliebtheit erfreuten, wurden Innovationen im Bereich der Räderuhr vorangetrieben. So wurde im selben Jahrhundert die Spindelhemmung erfunden, die durch das Pausieren der Uhrwerksbewegungen bei gleichzeitiger Energieübertragung eine höhere Ganggenauigkeit (präzise Zeitangabe) ermöglichte. Im 15. Jahrhundert kam eine neue Form des Antriebs auf. Anstelle von Gewichten, die den Uhrenmechanismus in Gang setzen, erreichte man dies nun noch präziser über eine Zugfeder. Wer diesen Mechanismus erfand, ist nicht eindeutig geklärt. Doch die Zugfeder machte erst die Herstellung von Kleinuhren möglich, da sie im Gegensatz zum bisher genutzten Gewichtsantrieb als Energiespeicher in Miniaturform gefertigt werden konnte. Die Miniaturisierung des mechanischen Uhrwerks führte zur Tragbarkeit von Uhren. 1462 taucht etwa der Begriff „Taschenuhr“ erstmals in einer italienischen Korrespondenz auf.
Eine zylindrische Tischuhr des englischen Uhrmachers Bartholomew Newsam mit Reisebox, ca. 1580-85.
Credit © Metmuseum
Im Laufe des 16. Jahrhunderts wurden zylindrische oder eierförmige Uhren hergestellt, die mitgeführt werden konnten. Vergleichsweise zu den späteren Taschenuhren wiesen sie allerdings ein beträchtliches Gewicht auf. Erst ab der zweiten Hälfte des Jahrhunderts verfügten diese Kleinuhren über Formen, die optisch unserer heutigen Vorstellung von Taschenuhren entsprechen, und wurden vermehrt gefertigt. Bedingt durch ein Schmuckverbot des einflussreichen Theologen und Reformatoren John Calvin, blühte in diesem Zeitraum auch die Schweizer Uhrenindustrie besonders auf – einem Land, das auch noch heute stark von der Uhrmacherei geprägt ist.
Die mechanische Uhr im 17. und 18. Jahrhundert
Die kleinen mechanischen Uhren trug man an einer Kette am Hals oder in der Tasche. Letztere Tragweise etablierte sich vor allem, als die Weste durch den englischen Regenten Charles II. in Mode kam. Bis circa 1680 besaßen diese Uhren nur einen Zeiger (Einzeigeruhren).
Eine Reiseuhr mit Alarmfunktion des britischen Uhrmachers Thomas Tompion und des Gehäuse- und Zifferblattmachers Nathaniel Delander ist ein frühes Beispiel einer Uhr mit der erst kurz davor erfundenen Unruhspiralfeder, ca. 1680.
Credit © Metmuseum
Zwar konnten Turmuhren bis dahin bereits mit einem Minutenzeiger ausgestattet werden, aber für die Taschenuhren musste die nötige Miniaturisierung ausgereift werden, um eine präzise Minutenanzeige zu realisieren. Neben der Minutenanzeige für Taschenuhren, gab es noch weitere interessante Entwicklungen in diesem Zeitraum. So begann man, Glas zum Schutz der Uhr zu verwenden und Christiaan Huygens entwickelte die Unruhspiralfeder basierend auf dem Prinzip eines Pendels.

Die Unruhspiralfeder von Christiaan Huygens, 1675.
Credit © Fondation Haute Horlogerie
Im 18. Jahrhundert stellten die tragbaren Zeitmesser alle Facetten des Kunsthandwerks durch aufwändige dekorierte Oberflächen zur Schau wie die Schmucksteinfassung, Gravur- oder Emaillierkunst. Aufgrund ihrer arbeits- und zeitintensiven Herstellung waren Taschenuhren bis dahin kein Produkt für den Durchschnittsbürger und galten vor allem bei Adeligen als Statussymbol.
Eine Kleinuhr aus vergoldetem Metall und Emaille der Marke Marwick, Markham und Recordon, ca. 1740-60.
Credit © Metmuseum
Eine weitere wichtige Entwicklungsstufe erreichten mechanische Uhren zu dem durch den Engländer Thomas Mudge. Dieser erfand im Jahr 1755 die Ankerhemmung. Sie wird heute noch in der Uhrmacherei verwendet und verbessert die Ganggenauigkeit, indem sie im Vergleich zu den vorherigen Spindelmechanismen gleichmäßigere Impulse an die Unruh weitergibt.
Die Geburtsstunde der Armbanduhr
Heutzutage gibt es Uhren in allen Größen, Formen und Farben. Die Armbanduhr ist als Alltagsgegenstand und Accessoire besonders präsent. Dass das so ist, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn sie ist das Ergebnis dieses jahrhundertelangen Entwicklungsprozesses.

Eine amerikanische Wanduhr im Banjo-Stil, die von Lemuel Curtis zwischen 1811 und 1816 entwickelt und gemeinsam mit Joseph Nye Dunning hergestellt wurde.
Credit © Metmuseum
Bis ins 19. Jahrhundert gab es nämlich von der Kirchturmuhr, über die Wanduhr bis zur Tischuhr und Reiseuhr allerhand Uhrenformen. So wurden in diesem Jahrhundert die Stoppuhr und die Stempeluhr erfunden und der mechanische Wecker patentiert. Nur die Armbanduhr gab es bis dato nicht. Den ersten Zeitmesser dieser Art erschuf Abraham-Louis Breguet 1810 für die Königin von Neapel und weitere solche Kreationen sollten folgen.
Bis Ende des Jahrhunderts hatten sich diese Uhren vor allem als luxuriöse Schmuckuhren für Frauen etabliert, da sie nicht besonders präzise waren. Die erste Serie solcher Zeitmesser für Männer ging 1880 als Sonderanfertigung von Girard-Perregaux für Marineoffiziere im Auftrag von Wilhelm I. Armbanduhren in Produktion. Die 2.000 Stück, die in diesem Zuge hergestellt wurden, waren auch ein Beispiel für die generelle Umstellung von kleinen Stückzahlen zur Massenproduktion in dieser Zeit der Industrialisierung.

Die Werkstätte der Alpina Union Horlogère S.A. („Schweizerische Uhrmacher-Genossenschaft“) Ende des 19. Jahrhunderts.
Ein bewegtes Jahrhundert für die mechanische Uhr
Das 20. Jahrhundert ist durch Erfolgsmomente, aber auch herbe Rückschläge, für die mechanische Uhr gekennzeichnet. Zum einen machten Louis Cartier und der Flugpionier Alberto Santos-Dumont mit der Santos-Uhr die Armbanduhr ab 1904 in der Öffentlichkeit bekannt. Das Konzept der Fliegeruhr war geboren und die Armbanduhr galt nicht mehr als Schmuckuhr, sondern als nützlicher Begleiter. So trugen während des Ersten Weltkrieges viele Soldaten bereits Uhren an ihrem Handgelenk, da diese Tragweise viel praktischer war als die bis dahin etablierten Taschenuhren.


Alberto Santos-Dumont (links) und eine Santos-Dumont mit braunem Lederarmband von 1912 (rechts).
Die 1920er-Jahre brachten einige Innovationen hervor, die bis heute große Auswirkungen auf die Uhrenwelt haben. Unter anderem baute 1923 der Brite John Harwood die erste rotorgetriebene Automatikuhr und 1926 stellte Rolex mit seinem Oyster-Modell die erste wasserdichte Armbanduhr vor.

Das Oyster-Gehäuse von Rolex, 1926.
Credit © Rolex/Ulysse Frechelin
Die wohl folgenreichste Erfindung stellte die der batteriebetriebenen Quarzuhr durch die US-Amerikaner Horton und Morrison im Jahr 1927 dar. Ihre Erfindung sollte in den 1960er- und 1970er-Jahren eine Krise in der Uhrenindustrie auslösen, deren Beginn die Lancierung der ersten Quarzarmbanduhr durch Seiko im Jahr 1969 kennzeichnete, nachdem Armbanduhren in den 1950er-Jahren als Produkt für die breite Bevölkerung an Beliebtheit gewonnen hatten und professionelle Werkzeuguhren wie die Rolex Submariner oder die Blancpain Fifty Fathoms in den 1950er und 1960er Jahren einen Aufschwung erlebten. Im Vergleich zu mechanischen Uhren ist die Produktion von Quarzuhren einfacher und kostengünstiger. Noch dazu sind Quarzuhren mit analoger oder digitaler Zeitdarstellung präziser in der Zeitangabe. All das führte dazu, dass viele Uhrmacherbetriebe – vor allem in der Schweiz – wirtschaftlich hart davon getroffen wurden. Viele Betriebe mussten sich verkleinern oder gingen gar Konkurs; die Herstellung mechanischer Uhren kam fast zum Stillstand.

Im Dezember 1969 lancierte Seiko mit der Quartz Astron 35SQ die erste Quarzarmbanduhr.
Credit © Seiko
Es brauchte seine Zeit, bis sich die Branche wieder regenerieren konnte. In den 90er-Jahren kam es zum großen Comeback mechanischer Uhren als Luxusuhren. Durch die Rückbesinnung auf handgefertigte Zeitmesser mit aufwändigen Dekorationen und ausgefeilten Uhrwerken heben sich diese Uhren deutlich von denen aus der Massenproduktion ab. Ihre Ästhetik und Mechanik zeugen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gehäuses von der Schönheit der Handwerkskunst und der langen, innovationsreichen Geschichte der Zeitmessung. Daher liegt auch der Fokus bei Swisswatches Magazine bewusst nur auf Uhren mit Handaufzug und Selbstaufzug (Automatikuhr). Was diese beiden Uhrentypen im mechanischen Sinne ausmacht, schauen wir uns im Folgenden einmal näher an.

Die Royal Oak Offshore von Audemars Piguet erblickte 1993 das Licht der Welt und polarisierte durch ihre überdimensionale Lünette.
Wie funktioniert eine mechanischen Uhr?
Das Innere einer mechanischen Uhr setzt sich größtenteils aus Federn, Zahnrädern, Trieben, Werkplatten und Brücken zusammen. Bei einer mechanischen Uhr müssen alle Komponenten aufeinander abgestimmt sein, damit eine präzise Funktion gewährleistet wird. Wie eingangs erwähnt, ist die Grundlage einer jeden mechanischen Uhr die Antriebsfeder und der Aufzug. Doch das sind nur zwei der insgesamt sechs Baugruppen eines einfachen mechanischen Uhrwerks zur Zeitangabe über Zeiger und ohne Zusatzfunktionen, sogenannte kleine oder große Komplikationen. Neben dem Aufzug und dem Antrieb, gehören das Räderwerk, die Hemmung, die Unruh und das Zeigerwerk dazu.

Lagersteine werden in Bauteile eines Uhrwerks von Zenith.
Sie alle sind in die Hauptplatine eingebettet oder liegen auf ihr auf. Damit alle Komponenten mit möglichst wenig Reibung zusammenarbeiten können, verwendet man Lagersteine und Schmiermittel. Ursprünglich wurden Edelsteine wie Granat, Saphir oder Rubin als Lagersteine genutzt und sind auch in hochwertigen Uhrwerken zu finden, allerdings verwendet man heutzutage meist synthetische Steine aus Aluminiumoxid. Schauen wir sie uns einmal genauer an:
Antrieb
Die Aufzugsfeder oder Triebfeder befindet sich eng eingewickelt im Federhaus, einem kreisförmigen Kästchen. Dieses sorgt dafür, dass die Triebfeder ihre (heutzutage S-)Form beibehält und vor Staubpartikeln geschützt ist. Die Aufzugsfeder stellt im gespannten Zustand den Energiespeicher des Uhrwerks dar. Ist sie aufgezogen, bietet sie die nötige kinetische Energie (Bewegungsenergie), um das Räderwerk anzutreiben. Wenn sie sich langsam löst, setzt sie das Federhaus in Bewegung, das dadurch wiederum Energie an die Unruh abgibt und somit das gesamte Uhrwerk geregelt bewegt.

Hier wird das Federhaus in einem Uhrwerk von A. Lange und Söhne vorsichtig montiert.
Wie lange eine Uhr läuft, ohne aufgezogen zu werden, hängt von der Länge der Aufzugsfeder und dem allgemeinen Nutzungsverhalten ab. Zum Beispiel läuft eine Automatikuhr bei regelmäßigem Tragen weiter, auch wenn man sie ablegt. Der Speichervorrat, die sogenannte Gangreserve, liegt bei mechanischen Uhren mindestens bei um die 40 Stunden. Dank einer spiralisierten Federform sind aber noch mehr Stunden möglich. Ist die Gangreserve aufgebraucht, bedeutet das, dass die Feder in einem entspannten Zustand ist und neu aufgezogen werden muss.
Aufzug
Am rechten Rand des Gehäuses befindet sich in der Regel die Krone, über die die Zeit eingestellt, aber die Uhr auch aufgezogen werden kann. Wenn man diese betätigt, wird der Mechanismus bestehend aus dem Kronrad und Sperrrad in Gang gesetzt, der die Energie an die Feder übergibt und sie aufzieht. Das geschieht durch die Aufzugswelle, die Aufzugsräder und das Sperrrad. Letzteres hat Einfluss auf das Federhaus und ist mit einer Feder und dem Gesperr für die Speicherung der Energie verantwortlich. Denn über die im Federhaus befindliche Welle (Federkern) wird die Triebfeder aufgezogen. Ein Sperrwerk sorgt dafür, dass man nicht zu viele Drehungen vollführt und dadurch versehentlich das Federwerk überdreht. Bei den beschriebenen Mechanismen handelt es sich um eine Uhr mit Handaufzug. Darüber hinaus gibt es auch Uhren mit Selbstaufzug, sogenannte Automatikuhren, auf die wir später noch näher eingehen werden.

Das mechanische Uhrwerk der Classique Double Tourbillon “Quai de l’Horloge” 5345 von Breguet.
Räderwerk
Als Energievermittler zwischen Federhaus und Hemmung dient das Räderwerk, auch Gehwerk genannt. Es besteht aus Zahnrädern und Trieben (kleinere Zahnräder mit weniger Zähnen) als Bindegliedern, wobei deren Größe und Zahnanzahl über ihre Drehgeschwindigkeit bestimmt. Die drei grundlegenden Zahnräder sind das Minutenrad (liegt am Federhaus an), Kleinbodenrad und Sekundenrad (dreht sich einmal die Minute). Sie bestimmen über die Schwingungen für die Sekunden, Minuten und Stunden und die Rotation der Zeiger.

Credit © B. G. Seielstad, Public domain, via Wikimedia Commons
Während die Drehzahl vom Minutenrad über das Kleinbodenrad zum Sekundenrad größer wird, verringert sich das Drehmoment. Das Minuten- und Sekundenrad drehen sich beide im Uhrzeigersinn. Das Kleinbodenrad überträgt hingegen die Kraft und sorgt für den Ausgleich der Richtungen und der Drehzahl. Je nachdem ob es sich um eine kleine Sekunde (dezentrale Anzeige) oder eine Zentralsekunde (Zeiger im Zentrum des Uhrwerks) handelt, ist die Anordnung der Räder etwas anders.
Hemmung
Damit die Aufzugsfeder ihre Energie gleichmäßig abgibt ohne gleich alle Reserven zu verbrauchen und das Uhrwerk gleichmäßig läuft, ist ein Hemmungsmechanismus zur Steuerung nötig. Die Hemmung reguliert und synchronisiert die Unruh, was bedeutend für die Ganggenauigkeit und somit die korrekte Zeitangabe ist. Sie besteht aus dem Ankerrad und dem Anker. Ersteres unterscheidet sich in seiner Form von den anderen Rädern.


Ein Ankerrad aus Silizium Silinvar von Patek Philippe.
Seine Bewegungen werden durch den Anker gelenkt, der hin und her schwingt. Damit blockiert und gibt er das Ankerrad im Takt frei, wodurch auch die Unruh gleichermaßen beeinflusst wird.

Eine Chronergy-Hemmung von Rolex mit Ankerrad (links) und Anker (rechts).
Credit © Rolex/Ulysse Frechelin
Zudem kennzeichnete die Erfindung der Koaxialhemmung durch George Daniels im Jahr 1967, die 1980 patentiert wurde, einen weiteren bedeutenden Moment in der Geschichte der Uhrmacherei. Als eine der wenigen Innovationen der jüngsten Zeit, handelt es sich bei der Koaxialhemmung um eine Abwandlung der traditionellen Ankerhemmung. Sie arbeitet mit drei Paletten, um die Gleitreibung einer Ankerhemmung zu vermeiden. Damit machte sie Schmiermittel überflüssig und war dahingehend revolutionär war.


Ein Vergleich zwischen der traditionellen Ankerhemmung und George Daniels Erfindung (links) und die Omega De Ville Trésor Power Reserve mit Koaxialhemmung (rechts).
Unruh
Um die Präzision der Zeitanzeige des Uhrwerks zu gewährleisten, braucht es die Unruh. Gemeinsam mit der Hemmung bildet sie das Schwingsystem der Uhr und erzeugt das charakteristische Ticken der Uhr. Sie gibt den Rhythmus für den Anker durch ihre Bewegungen vor. Umso höher die Anzahl der Schwingungen ist, desto schneller tickt die Uhr.

Eine Unruh wird in ein Akrivia Uhrwerk montiert.
Auch hier besteht der Mechanismus wieder aus einem Rad, das von einer kleinen Spiralfeder angetrieben wird. Diese ist hauchdünn und oftmals aus besonderen Legierungen gefertigt, um Temperaturschwankungen und Magneteinflüssen zu trotzen.
Zeigerwerk
Bei Uhren kann die Zeit entweder über Scheiben und springende Zahlen angegeben werden oder über Zeiger. Bei letzterer und auch gängigeren Variante ist das Zeigerwerk nötig, das sich unterhalb des Zifferblattes befindet.

Die Van Cleef & Arpels’ Pierre Arpels Heure d’Ici & Heure d’Ailleurs ist ein Beispiel für eine zeitgenössische Uhr mit springender Stunde, bei der die Stunden über Zahlenscheiben angegeben werden.
Um die Zeiger sicher einstellen zu können, zieht man die Krone, wodurch das Zeigerwerk vom Räderwerk so lange getrennt wird, bis die Zeiger verstellt und die Krone wieder eingedrückt wurde. Daraufhin wird der Minutenzeiger vom Minutenrad bewegt, das sich einmal pro Stunde dreht. Damit verzahnt ist auch ein Wechselrad, dessen Bewegungen das Minutenrad so weit verlangsamt, dass sich der Stundenzeiger in Bewegung setzt. Das Wechselrad vollführt eine Umdrehung innerhalb von 12 Stunden. Zu guter Letzt treibt der Sekundenrad den Sekundenzeiger an.

Bei diesem Jaeger-LeCoultre Uhrwerk mit Stunden- und Minutenzeiger ist das Zeigerwerk gut sichtbar.
Mit dem Zeigerwerk hätten wir nun unseren kleinen Exkurs in die sechs wichtigsten Baugruppen einer einfachen mechanischen Uhr mit Zeigerfunktion beendet. Davon ausgehend können wir nun noch einen Schritt weiterblicken.
Zusatzfunktionen
Natürlich gibt es außer den einfachen Zeitmessern kompliziertere mechanische Uhren. Sie verfügen über zusätzliche Mechanismen, deren Bauteile in das Basiswerk integriert sind und über das Minutenrad oder Zeigerwerk angetrieben werden. Diese komplexeren Mechanismen werden je nach Aufwand in kleine und große Komplikationen unterteilt, wobei letzterer Begriff nicht universell klar definiert ist. Zu den sogenannten kleinen Komplikationen zählen etwa der Sekundenzeiger oder eine Datums-, Wochentags- oder Mondphasenanzeige. Noch aufwendiger sind große Komplikationen wie ein Tourbillion, Chronograph, Ewiger Kalender oder Repetitionen (Schlagwerke).


Das Duometre-Modell von Jaeger-LeCoultre mit zwei Räderwerken, Heliotourbillon und Ewigem Kalender.
Handaufzug vs. Selbstaufzug: Worin unterscheiden sich mechanische Uhren von Automatikuhren?
Bisher haben wir uns die mechanische Uhr mit Handaufzug genauer angesehen, doch was zeichnet eine Uhr mit Selbstaufzug aus? Die sogenannte Automatikuhr baut auf dem Modell der klassischen mechanischen Uhr, wie wir sie kennengelernt haben, auf. Man kann sie als eine Art Erweiterung der mechanischen Uhren ansehen.
Zwar gab es im 18. Jahrhundert bereits erste Versuche mit selbstaufziehenden Mechanismen, etwa durch den Belgier Hubert Sarton. Viele Entwicklungsschritte bei der Erfindung der Automatikuhr sind nicht genauestens dokumentiert, wodurch eine genaue Zuschreibung nicht möglich ist. Mit der Erfindung der Armbanduhr im 20. Jahrhundert fand der Mechanismus erst richtig Verwendung, da im Gegensatz zu den Taschenuhren die nötige Bewegung dafür am Handgelenk erzeugt werden konnte. Im Jahr 1923 meldete der britische Uhrmacher John Harwood das erste Patent für einen automatischen Mechanismus für Armbanduhren in der Schweiz an und erhielt es ein Jahr darauf. Schließlich begann er ein paar Jahre darauf diese Uhren in Serie zu fertigen.

John Harwoods Uhr mit Automatikaufzug aus der Serienfertigung, ab 1929 (Deutsches Uhrenmuseum, Inv. 47-3543).
Credit © Museumsfoto, CC BY 3.0 DE, via Wikimedia Commons
Im Jahr 1931 brachte die Lancierung der Rolex Oyster Perpetual mit Selbstaufzug und abgedichtetem Gehäuse dem Mechanismus zum Erfolg. Sogar die Quarzkrise überdauerten diese Modelle mit ihrem bidirektionalem Aufzugssystem und Kugellager. Heute sind sie immer noch ein wichtiger Bestandteil des Uhrensortiments.

Eine Rolex Oyster Perpetual Bubbleback (Ref.2940) aus Stahl mit Automatikwerk und einem 32mm-großen Gehäuse, ca. 1931
Credit © Archive
Die grundsätzlichen Bauelemente entsprechen einer Uhr mit Handaufzug. Doch bei der Automatikuhr wird die Feder nicht manuell über die Krone aufgezogen, sondern über einen Rotor. Dieses halbkreisförmige Stück Metall nimmt die Energie auf, die durch die Handgelenksbewegungen an die Aufzugsfeder abgegeben werden und speichert sie. Nicht umsonst heißt der Rotor auch Schwungmasse, denn er dreht sich heutzutage in beide Richtungen und im 360° Winkel mit. Durch die Drehungen wird die Triebfeder aufgezogen und Energie gespeichert.

Das Kaliber 01.01-C mit einer teilweise skelettierten Schwungmasse (links) ist in Chopards 41 mm großen Alpine Eagle Dreizeiger-Modellen verbaut.
Da der Rotor mehr Platz und meist die Hälfte des Sichtbodens einnimmt, verfügen Automatikuhren über ein höher gebautes Gehäuse als mechanische Zeitmesser. Einige Marken nutzen platzsparende Mikrorotoren, die nicht auf dem Uhrwerk liegen und in das Uhrwerk integriert sind.

Das Kaliber JCB-003 der Biver Automatique mit einem Mikrorotor aus 22 Karat Gold.
Zudem gibt es auch den peripheren Rotor, den etwa Patek Philippe, Carl F. Bucherer, Vacheron Constantin oder Cartier nutzen. Bei dieser Variante ist die Schwungmasse auf einer Schiene auf der Platine, aber außerhalb des Uhrwerks, angebracht. Durch diese Positionierung verdeckt der Rotor nicht den Blick auf das gesamte Uhrwerk, sondern gibt ihn über den Sichtboden frei.


Das Kaliber 2160 der Overseas Tourbillon High Jewellery verfügt über einen peripheren Rotor aus 22-karätigem Gold.
Ob man sich nun für ein Modell mit Handaufzug oder mit Selbstaufzug entscheidet, ist einem selbst überlassen. In jedem Fall gilt: Bei einer regelmäßigen und fachgerechten Wartung können mechanische Zeitmesser als Sammlerobjekt Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte überdauern.
Mechanische Uhren: Eine Frage der Ästhetik
Abgesehen von seiner beeindruckenden technischen Konstruktion, beeindruckt ein mechanisches Uhrwerk auch durch seine Erscheinung. Nicht umsonst verfügen viele mechanische Uhren über einen Gehäuseboden aus Saphirglas, der den Blick auf das Werk freigibt. Im Gegensatz zu einer Quarzuhr bietet ein mechanisches Uhrwerk eine große Gestaltungsfläche. Die Oberflächen zahlreicher Bauteile können auf vielfältige Art dekoriert werden. Viele Uhrenhersteller haben sich auf bestimmte Dekorationstechniken spezialisiert und setzen sich aktiv für die Erhaltung dieser kunsthandwerklichen Traditionen ein.

Das ornamental verzierte Handaufzugskaliber 567.2 der Breguet Classique 7637 Répétition Minutes mit Minutenrepetition.
Mechanische Uhren sind damit nicht nur ein bloßes Luxusobjekt um des Luxus willen, sondern auch ein faszinierendes Kulturobjekt, das sich durch seine lange Geschichte auszeichnet. Es ist eine Geschichte, die – wie viele bahnbrechende Armbanduhr-Modelle der letzten zwei Jahrzehnte zeigen – noch lange nicht auserzählt ist. Wer also eine solche Uhr erwirbt, der erhält auch ein Stück Geschichte und Tradition am Leben.

Die Legacy Machine Perpetual Titan mit einem neu gedachten Ewigen Kalender spiegelt meisterhaft wider, wie Uhrmacher heute Tradition mit Innovation verknüpfen und die Geschichte der Uhrmacherei weiterschreiben.
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