Heutzutage scheint Vacheron Constantin kontinuierlich neue Höhen zu erklimmen. Mit wachsendem Fokus auf ein breiteres Publikum und nicht nur für Kenner, durchbrach das Uhrenhaus kürzlich die Milliardengrenze, als es einen phänomenalen Umsatz von 1,097 Milliarden Schweizer Franken erzielte. Gemäss dem jährlichen Uhrenbericht von Morgan Stanley entspricht dies einem durchschnittlichen Uhrenpreis von 38.740 Franken (das ist wohl gemerkt vor der Mehrwertsteuer). Dieser Rekord lässt sich vor allem auf den erstaunlichen Erfolg der Overseas-Linie und den anhaltenden Hype um die gelbgoldene Historiques 222 zurückführen. Zu verdanken ist dies auch dem steigenden Interesse an Vacherons begehrten künstlerischen Les Cabinotiers-Modellen. Mit ihnen stellt die Marke wie kaum eine andere ihre Kompetenz im Bereich der traditionellen Handwerkskunst unter Beweis, vergleichbar mit Cartiers Metier’s d’Art oder den Rare Handcrafts von Patek.
Die Uhrenmanufaktur setzt zunehmend auf Monoboutiquen. Heute zählen prestigeträchtige Adressen wie die luxuriöse Maximilianstraße in München, die Londoner Old Bond Street (wo sie sogar ihren eigenen Club für Mitglieder, The Hour Lounge, unterhält) und die Madison Avenue in New York zu ihren Verkaufsstellen. Wer das aktuelle Geschehen in der Branche mitverfolgt, dem ist bewusst, dass die Zukunft von Vacheron noch ungewiss ist. Denn der Mann, dem all dies zu verdanken ist, der langjährige und stets strategisch geschickte Vacheron CEO, Louis Ferla, wird bald Cyrille Verignon als Nachfolger bei Cartier ablösen. Dennoch: Eine neue Lancierung der renommierten Uhrenmanufaktur lässt ein bisher kaum beachtetes Modell ins Rampenlicht treten – und kann uns sogar einen Einblick geben, wie sich dieses Modell in einer neuen Ära der Marke bewähren könnte.
Die moderne Fiftysix Automatik-Kollektion
Vor sechs Jahren wurde die Fiftysix auf dem SIHH Uhrensalon 2018 in Genf erstmals vorgestellt. Bis heute gehört sie zu den wichtigsten Einstiegsmodellen von Vacheron und gestaltet sich auf dem Papier folgendermaßen: eine Automatikuhr mit drei Zeigern und einer Datumsanzeige, einer Wochentagsanzeige oder einer hochpreisigeren Vollkalenderversion – es gibt die Fiftysix sogar als Tourbillon. Diese auf den ersten Blick recht eleganten Uhren sind in Stahl- oder Rotgoldgehäusen erhältlich. Vintage-Ästhetik, abgerundete Kanten und innen verlaufende Minutenkreise treffen auf moderne Zifferblätter mit abwechselnden arabischen Ziffern und Indizes und Leuchtmasse für eine Ablesbarkeit rund um die Uhr.
Eine bemerkenswerte Geschichte mit Ursprüngen in den 1950er- Jahren
Wie der Name schon vermuten lässt, verbirgt sich hinter der Fiftysix eine langjährige Designgeschichte. Diese beginnt 1956, als das Modell erstmals in Serie ging. Die Neuauflage geht auf die Ref. 6073 zurück, die kurz darauf entwickelt wurde und deren (wenn auch deutlich rundere) Bandanstöße an das Emblem von Vacheron, das Malteserkreuz, erinnern. Aus unserer heutigen Sicht mag die Referenz wie eine ziemlich klassische Uhr aussehen, doch für ihre Zeit war sie modern. Die Bandanstöße sind zwar nicht ganz in das Armband integriert, umschließen aber dennoch die Stege des Armbands. Die Integration von Leuchtmasse bei klassischen Uhren (im Gegensatz zu den immer beliebter werdenden „professionellen” Tool-Watches) war jedoch alles andere als üblich. Abgesehen davon war die Uhr wasserdicht und verfügte zu einer Zeit, als viele Hersteller noch auf Handaufzug setzten, über ein zuverlässiges Automatikwerk. Dabei handelte es sich um das Kaliber 1019/1.
Ein neues Modell mit roségoldenem Gehäuse und schwarzem Zifferblatt
Zwar steht die Fiftysix Automatik weitgehend im Schatten ihrer berühmteren Verwandten – der 222 und der Overseas –, doch eine neue Ergänzung der Kollektion könnte ihr den Weg ins Rampenlicht ebnen. Vacheron Constantin hat gerade eine mutige neue Version mit schwarzem Zifferblatt, einem 40-mm-Gehäuse aus Roségold und einem anthrazitfarbenen Nubuk-Kalbslederarmband vorgestellt – und ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass niemand Armbänder so gut kann wie Vacheron. Sehen wir uns die Details einmal genauer an.
Das Gehäuse
Das Gehäuse hat einen moderaten Durchmesser von 40 mm – die Ref. 6073, für die Geschichtsinteressierten und Sammler unter uns, hatte einen Durchmesser von 35 mm. Alle Fiftysix-Modelle der aktuellen Kollektion haben ebenfalls eine Gehäusegröße von 40 mm, lediglich das Modell mit Tourbillon ist in einem 41-mm-Gehäuse untergebracht. Was sagt uns das? Auch wenn kleinere Gehäusegrößen immer beliebter werden, ist die Größe für diese Dresswatch bereits gut geeignet, und wie man so schön sagt: If it ain’t broke, don’t fix it. In diesem Sinne ist das schöne Gehäuse aus 18 Karat 5N Roségold nicht neu. Nach wie vor ist es über elegant gewölbte Bandanstöße, die an das Malteserkreuz erinnern, mit dem Armband verbunden. Die Form des Gehäuses und der Bandanstöße (sowie die ausgewogene Höhe von 9,6 mm) in Kombination mit dem glänzenden Edelmetall verleihen der Uhr eine äußerst elegante Optik. Aber auch Pragmatismus spielt hier eine Rolle: Das Gehäuse ist bis zu 30 m wasserdicht.
Eine gelungene Kombination: Das Zifferblatt
Dass das Gehäuse und das Zifferblatt so gut aufeinander abgestimmt sind, macht diese neue Ausführung so besonders. Meiner Meinung nach kann der Kontrast zwischen Tiefschwarz und warmen Goldtönen eine wirklich gelungene Kombination sein, wenn man sie richtig umsetzt – man denke nur an die Honeygold Triple Split von A. Lange, aber auch an die Royal Oak Automatik Black Ceramic 34 mm von Audemars Piguet oder etwa die Master Control Memovox Timer von Jaeger-LeCoultre.
Doch kommen wir nun zu den Details dieses besonderen Zifferblattes: Die neue Fiftysix Automatik setzt auf ein Sektorzifferblatt, wie es für die Uhren der 1950er-Jahre typisch war. Außerdem ist es zum ersten Mal in dieser Kollektion in Schwarz gehalten. Das Zifferblatt ist mit einem opalfarbenen Zentrum und einem Sonnenschliff-Dekor um den Ziffernring versehen. Letzteres kommt, wie unsere Fotografie zeigt, trotz der dunklen Farbgebung im Licht schön zur Geltung. Interessanterweise wählte man in den 50er-Jahren für die Vacheron-Uhren, auch für die Ref. 6073, in der Regel helle Zifferblattfarben wie Beige – Schwarz war damals also eine gewagte Wahl. Doch solche mutigen Entscheidungen scheinen sich auszuzahlen.
Der Farbkontrast – und damit die bessere Ablesbarkeit – setzt sich mit den applizierten, roségoldenen, römischen Indices auf dem schwarzen Zifferblatt fort. Diese passen farblich zum Gehäuse und sind wie die Zeiger mit einer Leuchtmasse überzogen. Die leuchtend blaue Farbe der Leuchtmasse ist ebenfalls außergewöhnlich gut gelungen und verleiht der Uhr einen erfrischenden und sehr modernen Touch. Ebenfalls auf dem Zifferblatt prangen das Malteserkreuz und der Namensgeber von Vacheron bei 12 Uhr, wobei das Malteserkreuz auch die Form der Bandanstöße akzentuiert. Zu guter Letzt ist die Lünette mit einem kastenförmigen Saphirglas im Stil der Nachkriegsuhren ausgestattet. In Kombination mit den beiden Minutenzählern verleiht dies der Uhr einen besonders schönen Vintage-Charakter. So wie das Schwarz das Gold ergänzt, so macht das Gleichgewicht aus historischen und zeitgenössischen Elementen dieses Modell zu einem echten Highlight der Kollektion.
Fiftysix Automatik: Das Uhrwerk
Mit einem solchen Kollektionsnamen ist es nur selbstverständlich , dass wir zum Abschluss einen Blick auf das Kaliber 1326 werfen, das durch den Gehäuseboden sichtbar ist. Das hauseigene Hauptwerk verfügt über eine Gangreserve von 48 Stunden und oszilliert mit einer Frequenz von 4 Hz. Natürlich steht auch bei diesem mechanischen Uhrwerk, das durch den Saphirglasboden mit Genfer Streifen veredelt ist, die Finesse im Vordergrund. Auch die prächtige Schwungmasse des Kalibers aus Roségold ist durchbrochen und mit einem Malteserkreuz verziert.
Armband, Preis und Verfügbarkeit
Meiner Meinung nach ist diese neue Fiftysix Automatik wirklich etwas für Sammler. Zum einen hat sie eine lange Geschichte. Eine kurze Recherche im Internet führt zu faszinierenden früheren Verkäufen von Vintage-Uhren der Ref. 6073-Modelle, von Schönheiten ohne Papiere bis hin zu gut dokumentierten Roségold-Editionen mit umwerfenden Gay Freres-Armbändern, die von syrischen Kronprinzen verschenkt wurden. Zum anderen verfügt sie meines Erachtens über ein ganz besonderes Design, nicht zuletzt aufgrund der gelungenen Umstellung von einer unauffälligeren Farbgebung auf ein nachtschwarzes Zifferblatt. Und schließlich könnte das den Moment markieren, in dem die eher zurückhaltende Fiftysix Automatik beginnt, ins Rampenlicht zu rücken. Auf jeden Fall handelt es sich nicht um eine limitierte Auflage, sondern um ein Modell der Hauptkollektion, und ihr Preis beträgt 27.600 Euro. Der Zeitmesser wird mit einem luxuriösen anthrazitfarbenen Kalbsnubuklederarmband mit einem Futter aus Kalbsleder und ecrufarbenen Nähten geliefert. Es wird mit einer Dornschließe aus 18K 5N Roségold in Form eines halben Malteserkreuzes stilsicher am Handgelenk befestigt.