Als am zweiten Messetag die News die Runde machte, dass die USA unter Präsident Trump 31% Zölle auf Waren aus der Schweiz veranschlagen wollen, ging ein Raunen durch die wuseligen Flure des Palexpo Messegeländes in Genf. Doch die Stimmung wollte sich deshalb niemand vermiesen lassen – zumindest bloß nichts anmerken lassen. Es wurde ausgelassen und fröhlich geplaudert, Neues gezeigt und gestaunt. Und andere Zahlen geben Grund zur Hoffnung in Zeiten, in denen die Märkte fast täglich durch neue negative geopolitische Entwicklungen durchgerüttelt werden. Die Watches & Wonders 2025 vermeldete einen Besucherzuwachs von 12% zum Vorjahr. 55.000 uhrenbegeisterte Journalisten, Händler und auch Endkonsumenten, die für 70 Schweizer Franken am Samstag, Sonntag und Montag beim Public Day die Messestände besuchen konnten, wurden dieses Jahr gezählt. Von den 55.000 waren das 23.000 Endkonsumenten und somit 21% mehr als im Vorjahr. Es besteht also ein wachsendes Interesse an (überwiegend) mechanischen Uhren. Das ist erfreulich! Und, abgesehen von den teilweise langen Warteschlangen an den Messeständen, wurden sie auch nicht enttäuscht. Wir hatten schon die Tage zuvor die Möglichkeit, uns die Neuheiten von Patek, Rolex, Vacheron und Co. anzusehen und haben so einige Highlights und Trends entdeckt – und gleich vier Weltrekorde.

Es klingelte an jeder Ecke
Man muss Vorweg sagen, dass wir uns in diesem Highlight Artikel auf die Modelle konzentrieren, die wir auch selber gesehen haben. Bei 60 teilnehmenden Marken war es schlicht nicht möglich, alle Stände zu besuchen, daher möge man uns nachsehen, wenn nicht alle Modelle ihren Weg in diesen Messe-Recap gefunden haben.

Parmigiani L’Armoriale Répétition Mystérieuse
Wer es in der letzten Woche mal in einen ruhigen Präsentationsraum geschafft hat, konnte bei vielen Marken den feinen Klang des Repetitions-Mechanismus hören. Wir haben dieses Jahr erstaunlich viele Minute Repeater Uhren gesehen – und gehört. A. Lange & Söhne hat diesen zum ersten Mal mit einem Ewigen Kalender kombiniert, was bislang nur eine Handvoll Marken geschafft haben. Das neue Manufakturkaliber L122.2 – und inzwischen bereits 75. eigene Lange-Uhrwerk in knapp über 30 Jahren – wurde mit einer sogenannten Ruheaufhebung ausgestattet, damit keine Pause zwischen den Stunden- und den Minutenschlägen entsteht, sollte die Minutenzahl unter 15 liegen und somit der Doppelschlag für die Viertelstunden ausbleiben. Ein Fliehkraftregler, im Werk sehr schön zu erkennen, rotiert bei laufendem Schlagwerk mit einer Geschwindigkeit von über 2.000 Umdrehungen pro Minute und sorgt dafür, dass die Repetition gleichmäßiger läuft. Rund 4.5 Jahre Entwicklungszeit waren für das neue Werk notwendig, was angesichts der Komplexität erstaunlich zügig ist, allerdings besitzt Lange ja bereits sowohl einen Ewigen Kalender als auch eine Minutenrepetition und hat damit bereits die Uhrwerksgrundlagen geschaffen.

A. Lange & Söhne Minute Repeater Perpetual
Jaeger-LeCoultre, der selbsternannte „Uhrmacher der Uhrmacher“, blickt auf eine viel längere Geschichte in der Herstellung von Minutenrepetieruhren zurück. Bereits 1870 stellte das Unternehmen die erste Taschenuhr mit Minutenrepetition her. 1994 standen die Uhrmacher dann vor der Herausforderung, die Komplikation in ein quadratisches Gehäuse zu integrieren, ohne die Klangqualität zu beeinträchtigen. Dies lag daran, dass das klassische Reverso-Gehäuse weniger Platz für den Resonanzkörper (der den Klang verstärkt und zum Schwingen bringt) bot. Es war eine völlig neue Konstruktion des Uhrwerks erforderlich. Jaeger-LeCoultre hat wiederholt innovative Lösungen zur Verbesserung der Klangqualität vorgestellt. Zu den bemerkenswerten Fortschritten gehören Kristallgongs (2005) für mehr Klarheit und Lautstärke, Trébuchet-Hämmer (2009) für ein effizientes Schlagen und die Beseitigung von stillen Intervallen bei Repetieruhren (2021). Jetzt hat Jaeger-LeCoultre mit der neuen Reverso Tribute Minute Repeater auf der Watches & Wonders einen weiteren Meilenstein in seiner langen Geschichte der Minutenrepetition gesetzt. Sie ist mit dem neuen hauseigenen Kaliber 953 ausgestattet und verfügt über eine Gangreserve von 48 Stunden – eine beeindruckende Leistung für eine Minutenrepetition, die recht energiehungrig ist.

Jaeger-LeCoultre Reverso Tribute Minute Repeater
Wir entdeckten weitere Minuten Repetitions Uhren bei Chronoswiss, Parmigiani und Chopard.

A. Lange & Söhne Minute Repeater Perpetual, Jaeger-LeCoultre Reverso Tribute Minute Repeater, Chronoswiss Q-Repeater, Chopard L.U.C. Full Strike Revelation
Ewige Kalender
Es wird durchaus komplexer bei vielen Modellen, selbst dort, wo man es nicht unbedingt erwarten würde. Neben den Minuten Repetitionen waren erstaunlich viele Modelle mit Ewigem Kalender zu sehen. Panerai stellte mit der Luminor Perpetual Calendar GMT Platinumtech eine Variante vor, bei der die Anzeigen für den Monat, das Jahr und Schaltjahr auf der Gehäuserückseite untergebracht sind. IWC stattet seine Ingenieur erstmals mit einem Ewigen Kalender aus, was für die Marke aus Schaffhausen, für die Uhrmacherlegende Kurt Klaus die Komplikation in den 1980er Jahren revolutioniert hatte, natürlich nicht ungewöhnlich ist, aber die Ingenieur ist bislang als Sportuhr eher mit einfachen Funktionen ausgekommen. Wir finden den Schritt konsequent und ohnehin erfreulich, dass die Ingenieur nun nach dem Relaunch vor zwei Jahren wieder die Aufmerksamkeit im Produktportfolio bekommt, die sie verdient hat.

Panerai Luminor Perpetual Calendar GMT Platinumtech PAM01575
Als wir bei Parmigiani vorbeischlenderten, noch bevor wir unseren offiziellen Termin am Stand hatten, entdeckten wir in den Vitrinen eine Toric mit Ewigem Kalender, bei der nur auf den zweiten Blick erkennbar war, dass es sich überhaupt um eine Ewige Kalender Funktion handelt. Zur Erinnerung: die Toric wurde letztes Jahr neu aufgelegt. Parmigiani hat es geschafft, dieser Uhr eine hochkomplexe und unter Uhrensammlern sehr begehrte Funktion zu schenken, die durch eine elegante koaxiale Anzeige das Zifferblatt nicht überladen wirken lässt. Die Toric Quantième Perpétuel ist auf 50 Stück in Platin (zu diesem Trend kommen wir gleich noch) und auf 50 Stück in Roségold limitiert, mit einem wunderschönen aus 18-karätigem Roségold gefertigtem Uhrwerk mit Côtes de Fleurier Finissage und einem gekörnten Gold-Zifferblatt. Quiet Luxury in Perfektion.



Parmigiani Toric Quantième Perpétuel
Was Frederique Constant in diesem Bereich macht, ist herausragend! Ich wüsste keine Uhrenmarke, die einen Ewigen Kalender mit Manufakturwerk für unter 10.000 Euro im Sortiment hat. Und pünktlich zur Messe stellte die verhältnismäßig kleine Marke aus Plan-les-Ouates bei Genf die Classic Perpetual Calendar Manufacture mit neuem Manufakturkaliber FC-776 vor, das inzwischen 34. vollständig intern entwickelte Werk von Frederique Constant. Zu den Updates gehört eine längere Gangreserve von drei Tagen. Mit einem dunkelblauen Alligatorlederband kostet das hübsche Stück genau 9.995 Euro.

Frederique Constant Classic Perpetual Calendar Manufacture
Weitere Uhren mit Ewigem Kalender haben wir bei A. Lange & Söhne, Vacheron Constantin und Patek Philippe gesehen.
IWC Ingenieur Perpetual Calendar, A. Lange & Söhne Minute Repeater Perpetual, Parmigiani Toric Quantième Perpétuel, Vacheron Constantin Traditionnelle Tourbillon Perpetual Calendar, Frederique Constant Classic Perpetual Calendar Manufacture, Patek Philippe Ref. 6159G
Materialtrend Platin
Ein weiterer Trend, der dieses Jahr auf der W&W zu erkennen war, ist vermutlich auf den starken Anstieg des Goldpreises zurückzuführen. Wir haben nämlich erstaunlich viel Platin gesehen, dafür weniger Weißgold, da der Wert von Weißgold in letzter Zeit nur eine Richtung kennt: nach oben. Trotzdem sind die Preise für Platinmodelle immer noch verhältnismäßig hoch, was aber zwei Gründe haben könnte. Zum einen ist Platin wesentlich schwieriger zu bearbeiten als Weißgold, was mehr Arbeitszeit und auch Verschleiß zur Folge hat – darüber hinaus gilt unter Uhren-Connaisseurs Platin immer noch als sehr edles und exklusives Material, wofür sie gerne einen Aufpreis bezahlen.
Auch Zenith hat dieses Jahr ein besonders schönes Platin-Modell vorgestellt. Zum 160-jährigen Firmenjubiläum lancierte Zenith mit der G.F.J. (was für den Gründer Georges Favre-Jacot steht) eine ganz neue Kollektion, welche die Elite allmählich ersetzen wird. Mit dieser Uhr kehrt auch das legendäre Kaliber 135 zurück, das vom Zenith-Uhrmacher Ephraim Jobin entwickelt wurde und in den 1950er und 1960er Jahren 235 Chronometriepreise einheimste. Die erste Edition mit Zifferblatt in Lapislazuli kommt im Herbst in den Handel und ist neben einem Lederarmband auf Anfrage auch mit einem Platin-Band erhältlich.



Zenith G.F.J.
Ein paar Messestände weiter bei der Richemont Marke Cartier ist Platin natürlich nichts Ungewöhnliches, allerdings wurde es jetzt bei einem Modell verwendet, dessen historisches Vorbild nicht mal Kennern der Marke allzu oft über den Weg gelaufen sein dürfte. Die Tank à Guichets mit ihrer digitalen Anzeige der springenden Stunde ist zurück, die 1928 erstmals lanciert wurde und mit ihren springenden, beziehungsweise schleppenden Stunden und Minuten über zwei kleine Sichtfenster im Gehäuse mit den damaligen Konventionen der Uhrmacherei brach. Damals erschien die Tank à Guichets mit einem Gehäuse aus Gold, heute aus Platin, neben weiteren Varianten in Rosé- und Gelbgold. Das neue Handaufzugskaliber 9755 MC wurde extra für die neue Tank à Guichets entwickelt und erlaubt einen Aufzug über die Krone an der Oberseite des Gehäuses.
Weitere Platin-Modelle haben wir bei Panerai, Rolex, Patek Philippe, Chopard, Parmigiani, Vacheron Constantin und A. Lange & Söhne entdeckt.
Zenith G.F.J., Panerai Luminor Perpetual Calendar GMT Platinumtech PAM01575, Rolex Land-Dweller, Patek Philippe Calatrava 6196, Chopard Alpine Eagle 41 XP CS Platinum, Parmigiani Toric Quantième Perpétuel

Vacheron Constantin Traditionnelle Manual-Winding, Cartier Tank A Guichets, A. Lange & Söhne Minute Repeater Perpetual
Materialtrend Keramik
In den letzten Jahren hat so ziemlich jede Uhrenmarke mit Titan experimentiert – am Höhepunkt angekommen war das superleichte Material dann, als selbst Rolex 2022 ihre erste Uhr, eine Deepsea Challenge, aus Titan vorstellte, was vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen wäre für die Marke.
Nun ist unserem Gefühl nach Keramik das Material der Stunde. TAG Heuer hüllt zum Beispiel seine Monaco Split-Seconds Chronograph F1 Edition in ein Gehäuse aus weißer Keramik. Marken wie Hublot oder auch Rado arbeiten schon viele Jahre mit Keramik und haben es geschafft, das extrem harte und spröde Material zu bändigen. Die Herausforderung liegt in der Oberflächenbearbeitung, denn Keramik ist wie gesagt extrem hart und spröde und kann quasi nur mit einem Diamantwerkzeug bearbeitet werden. Im Fall der neuen Monaco Split-Seconds Chronograph F1 Edition wurde im Gegensatz zu einem gegossenen Keramikgehäuse jedes Einzelteil maschinell gefertigt und dann von Hand finissiert. Die Keramik enthält keinen Metallanteil, wie es oftmals üblich ist, was dazu führt, dass die Bearbeitung noch heikler wird. Zum Glück mussten die Uhrmacher bei TAG Heuer nur 10 Stück davon anfertigen – Verschleiß nicht einberechnet – denn nur so viele Exemplare gibt es davon weltweit.

TAG Heuer Monaco Split-Seconds Chronograph F1
Zum 20. Jubiläum der Big Bang stellte Hublot letzte Woche eine Sonderedition vor, die Elemente der ursprünglichen Big Bang und der modernen Big Bang Unico in einer Uhr vereinen. Und da Hublot schon vor 20 Jahren die ersten Modelle mit Keramik vorstellte, findet sich das Material natürlich auch in den Sondereditionen in allen möglichen Ausführungen wieder – darunter auch eine auf 100 Stück limitierte Variante aus roter Keramik.

Hublot Big Bang Anniversary Edition Red Ceramic
Ein weiteres Jubiläum, das mit Keramik gefeiert wird, ist der 160-jährige Geburtstag von Zenith. In einer Trilogie – als Set oder einzeln erhältlich – wurden die wichtigsten Linien Chronomaster, Defy und Pilot in ein strahlend blaues Keramikgehäuse gehüllt. Bei der Chronomaster und Defy gibt es neben einem Kautschukband wahlweise auch noch ein passendes Keramikband dazu.
Weitere Modelle in Keramik sahen wir bei Parmigiani, IWC und Panerai (die Luminor GMT Power Reserve Ceramica PAM01574 wurde allerdings erst kurz nach der Messe lanciert).
Parmigiani Tonda PF Sport Chronograph No Date Ultra-Cermet, TAG Heuer Monaco Split-Seconds Chronograph F1, Zenith Chronomaster Anniversary Edition, Hublot Big Bang Anniversary Edition Red Ceramic, IWC Ingenieur Black Ceramic, Panerai Luminor GMT Power Reserve Ceramica PAM01574
Teuer, aber Voll-gold
Auch wenn der Preis für Gold in der letzten Zeit rasant gestiegen ist, haben wir auf der Messe einen Trend zu Vollgold-Modellen erkennen können. Rolex stattet die 2023 vorgestellte Perpetual 1908 mit einem feingliedrigen Gelbgold-Armband aus. Die Odysseus von A. Lange & Söhne, ursprünglich als Sportuhr lanciert, erscheint in Lange-Honeygold und die Cubitus von Patek Philippe ist nun auch in 40mm Vollgold erhältlich. Selbst IWC, die ihre Ingenieur vor zwei Jahren u.a. noch in Titan hüllten, haben jetzt eine Variante aus massivem 18-karätigem Gold mit einem 40mm Gehäuse vorgestellt.



Jaeger-LeCoultre Reverso Tribute Monoface Small Seconds
Doch eines der größten Talking-Pieces auf der Messe war die neue Reverso Tribute Monoface Small Seconds von Jaeger-LeCoultre mit ihrem entzückend schönen Roségold-Milanaise-Armband, das der Uhr so unverschämt gut steht! Das Band setzt sich aus einem dichtes Metallgeflecht aus ineinander verschlungenen Metallfäden zusammen, für das nicht weniger als 16 Meter benötigt wurden. Durch die fehlenden Stifte an der Schließe und das feingliedrige Geflecht liegt die Uhr unglaublich sanft am Handgelenk. Ein echtes Messe-Highlight.
Rolex 1908, IWC Ingenieur 40mm, JLC Reverso Tribute Monoface Small Seconds, A. Lange & Söhne Odysseus, Patek Philippe Cubitus 40 mm, Hermès Cut Nouveautes
Sellita AMT Uhrwerke – ein neuer Trend zum eigenen Manufakturwerk?
Es ist nicht untypisch, dass Uhrenmarken sich mit „Manufakturwerken“ schmücken, die allerdings nicht in den eigenen Produktionsstätten entwickelt und hergestellt werden, sondern – teilweise exklusiv – von externen Dienstleistern für die Marken nach ihren Vorstellungen produziert werden. Tudors Chronographenwerk der Black Bay Chrono zum Beispiel kommt von Breitling und basiert auf dem B01. Tudor nennt es aber dennoch gerne Manufakturwerk, da es nach ihren Wünschen und Kriterien modifiziert wurde.
In der letzten Zeit greifen immer mehr Marken auf die Kompetenz der AMT Abteilung von Sellita zurück, die 2018 für die Entwicklung und Produktion von kundenspezifischen Uhrwerken eröffnet wurde. Quasi die Tuning Abteilung von Sellita. Neben Eberhard & Co., die seit Anfang an bei AMT für ihre Premiumlinie Uhrwerke produzieren lassen und auch auf der Watches & Wonders ausstellten, tickt nun auch in den neuen Day-Date Modellen von TAG Heuer ein in Zusammenarbeit mit AMT entwickeltes Uhrwerk (TH31), statt ein Standard ETA Werk. Dadurch können die Uhren jetzt eine Gangreserve von 80 Stunden vorweisen, was deutlich über dem Branchendurchschnitt liegt.
Auch die junge Marke Norqain aus Nidau in der Schweiz greift bei ihrem neuen Chronographenwerk 8K auf die Expertise von Sellitas High-End-Abteilung AMT zurück. Und auch Breitlings neues und erstes eigenes 3-Zeiger-Uhrwerk B31 stammt aus einer Zusammenarbeit mit AMT. Breitling war zwar nicht Teil der Watches & Wonders, das neue B31 wurde aber erst kürzlich lanciert und bestärkt diesen Trend.

TAG Heuer Day-Date, Norqain Independence Skeleton, Breitling Top Time B31
Spotted: Formel 1 auf der Watches & Wonders
Auch wenn TAG Heuer in Sachen Formel 1 durch die gerade erst abgeschlossene 10-jährige Partnerschaft klar der Platzhirsch ist, ließen es sich die anderen Marken nicht nehmen, ebenfalls auf den Messeständen ihre Verbindung zum Rennsport zu zeigen. Neben TAG Heuer (Sponsor von Oracle Red Bull Racing) war auch am Stand bei Tudor (Visa Cash App Red Bull) und IWC (Mercedes-AMG Petronas) Formel 1 ein großes Thema. IWC stellte sogar den originalen Rennwagen aus, der im neuen Film „F1“ mit Brad Pitt, der im Sommer anläuft, zu sehen sein wird. Formel 1 ist aber auch außerhalb der Watches & Wonders ein großes Thema bei vielen Uhrenmarken. Richard Mille ist Sponsor von gleich zwei Rennställen, Team McLaren und Ferrari. H. Moser & Cie von Alpine Motorsports und Girard-Perregaux ist Sponsor bei Aston Martin.



Vier Weltrekorde
Ich glaube, so viele horologische Weltrekorde wie dieses Jahr gab es auf einer Uhrenmesse zuvor noch nie. Vacheron Constantin präsentierte mit der Solaria und ihren 41 Komplikationen die komplizierteste Armbanduhr der Welt, die sogar Audemars Piguet Chefin Ilaria Resta am Messestand von Vacheron genauestens begutachtete, wie aus einem Instagram Video zu erkennen war. „Passen 41 Komplikationen in ein Royal Oak Gehäuse“, war die Headline. Bulgari stellte mit der Octo Finissimo Ultra Tourbillon den bereits zehnten Weltrekord in den letzten elf Jahren vor. Sie ist mit 1,85mm Bauhöhe die derzeit flachste Armbanduhr mit Tourbillon.


Mit nur 52 Gramm Gewicht ist die neue Diver (Air) von Ulysse Nardin die derzeit leichteste mechanische Taucheruhr der Welt. Das Gehäuse besteht aus einer Kombination aus Titan und Carbonfaser. Und Grand Seiko hat mir dem neuen Spring-Drive-Kaliber 9RB2 sein bislang präzisestes Uhrwerk vorgestellt – und zugleich auch das weltweit präziseste mit einer Triebfeder angetriebene Uhrwerk, das auf eine Ganggenauigkeit von +/- 20 Sekunden pro Jahr (!) kommt. Das sind etwa +/- 3 Sekunden pro Monat. Gängige mechanische Uhren kommen auf diesen Wert maximal pro Tag. Dazu muss man erwähnen, dass der Spring-Drive-Mechanismus kein klassisches Uhrwerk ist, wie wir es kennen. Anstatt eines klassischen Hemmungsmechanismus kommt ein sogenanntes Gleit-Rad zum Einsatz, das durch einen Quarzoszillator und einen elektronischen Schaltkreis gesteuert und gebremst wird. Quarz und Elektrik bei Swisswatches denken Sie? In diesem Fall ja, denn der Mechanismus verfügt über keine Batterie, sondern das Quarzmodul wird rein mechanisch über das Federhaus angetrieben.



Innovation
Insbesondere am ersten Messetag war natürlich die neue Land-Dweller von Rolex mit der neuen Dynapulse-Hemmung das Hauptgesprächsthema. Mit dem neuen Kaliber 7135 hat Rolex ein neues reibungsfreies Hemmungssystem eingeführt, das ohne die klassische Ankerhemmung auskommt. Andere Uhrenmarken haben das zwar bereits auch schon zuvor gemacht, aber keine hat den Mechanismus in Serie produzieren können. Bei der neuen Dynapulse-Hemmung greift ein Hemmungshebel in Hemmungsräder mit fünf asymmetrisch angeordneten, langen Zähnen ein. Darüber hinaus verwendet Rolex erstmals Silizium, um Reibung und Trägheit zu minimieren. Was die neue Dynapulse-Hemmung alles kann, hat der Uhrenexperte Jens Koch in diesem Artikel für uns zusammengefasst.
Wir werden in naher Zukunft einen separaten Artikel veröffentlichen, der sich mit allen weiteren technischen Innovationen der Watches & Wonders beschäftigt.

Hidden Champions
Abseits der großen Marken, die mit ihren imposanten Ständen gerne den Blick über den Tellerrand hinaus erschweren, gab es noch ein paar tolle Entdeckungen von kleineren Marken, die nicht unerwähnt bleiben sollen.
Nomos Glashütte stellte mit der Club Sport neomatik Weltzeit eine sehr gelungene Weltzeituhr für 3.940 Euro vor, die gleichzeitig möglicherweise Potential für unsere Liste der Weltrekorde hätte – denn mit 9,9 Millimetern Gesamtgehäusehöhe könnte es der schlankste Worldtimer auf dem Markt sein. Das Manufakturkaliber DUW 3202 misst nur 4,8 mm, was schon sehr flach ist – Patek Philippes Weltzeitkaliber 240 HU C zum Vergleich ist mit 4,58 mm nur minimal schlanker. Dafür sprechen wir allerdings von einer ganz anderen Preisklasse. Und bei Nomos Glashütte bekommt der Kunde für diesen moderaten Preis höchste Uhrmacherkunst Made in Germany. Nomos stellt ihre Werke ausschließlich in-house her und bietet eine Fertigungstiefe von rund 95%. Selbst den Hemmungsmechanismus stellt Nomos selber her – lediglich die Nivarox-Spiralfeder wird zugeliefert. Beim neuen Manufakturkaliber DUW 3202 wurde die Weltzeitfunktion vollständig in das neomatik-Kaliber integriert. Zur Messe stellte Nomos sogar sechs farbenfrohe Sondermodelle vor, jeweils auf 175 Stück limitiert.

Nomos Glashütte Club Sport neomatik Weltzeit
Eine weitere Marke, die uns wirklich gut gefällt ist Norqain. Als wir den CEO und Mit-Gründer Ben Küffer zum Interview treffen, trägt er die neue Wild One 39 in Lila am Handgelenk. Nun wäre Lila niemals meine erste Wahl, aber der hier verwendete Farbton, der eher ins Hell-Lila-Blau geht, als wäre die Farbe etwas ausgebleicht, ist so polarisierend, dass ich mir die Uhr selber ans Handgelenk schnalle. Mit der neuen Größe in 39mm ist ihnen meiner Meinung nach ein echter Coup gelungen. Sie sitzt perfekt am Handgelenk, und das nicht nur aufgrund der Gehäusegröße und dem weichen Kautschukband, sondern auch, da die Uhr mit 64 Gramm kaum Gewicht hat. Und das hat einen guten Grund: das Gehäuse besteht aus einem patentierten Material namens Norteq, das dreieinhalb Mal leichter ist als Titan. Preispunkt: 5.190 Schweizer Franken.

Norqain Wild One 39mm
Wir beenden unseren Watches & Wonders Recap mit einem weiteren Jubiläum. Die junge Marke Gerald Charles, die seit einigen Jahren unter Federico Ziviani eine neue Blütezeit erlebt, feiert dieses Jahr 25-jähriges Jubiläum. Sie wurde, wie der Name schon verrät, von Designgenie Gérald Charles Genta gegründet, als Zweitmarke zu seiner Hauptmarke Gerald Genta. Die neue Maestro GC39 25th Anniversary Edition ist eine ganz besondere Hommage an den Gründer der Marke und ist vom Originalmodell GC39 inspiriert, das Genta 2005 entwarf. Die Uhr hat ein Platingehäuse und eine bezaubernde Zifferblattgravur um das Zifferblatt-Zentrum aus Lapislazuli herum, die sich Meta-Guillochage nennt. Die Kreation mit dem typischen Maestro-Gehäuse ist so außergewöhnlich wie schön und ein echtes Highlight für uns abseits der ganz großen Uhrenhäuser.

Gerald Charles Maestro GC39 Anniversary Edition