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Seiner Zeit voraus: die Zeitmesser von Löbner
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Seiner Zeit voraus: die Zeitmesser von Löbner

30. November 2023

Löbner? Nie gehört? Es ging uns genauso. Doch diese neue deutsche Luxusuhrenmarke hat das Potential, das Feld der begehrten Stahl-Sportchronographen aufzumischen – auch dank einer einzigartigen Geschichte.


Als uns die Nachricht erreichte, dass Bucherer in Berlin am 23. Oktober exklusiv und nur unter Sammlern eine neue deutsche Luxusuhrenmarke vorgestellt hatte, waren wir, ehrlich gesagt, ziemlich überrascht. Und zwar in doppelter Hinsicht: Wir bilden uns nicht ein, alles zu wissen, aber von einer deutschen Uhrenmarke, die 1862 in Berlin (unweit des Bucherer Stores) von Franz Ludwig Löbner in der Potsdamer Straße gegründet wurde und bedeutende Meilensteine in der Geschichte der Kurzzeitmessung hervorgebracht haben sollte, hatten wir noch nie gehört. Was uns völlig unbekannt ist, reizt uns natürlich umso mehr.


Start in der Pole-Position


Noch mehr erstaunt als das Comeback hat uns dazu die Meldung, dass Bucherer, der größte Luxusuhrenhändler der Welt, der soeben von Rolex übernommen wurden (hier unsere Meldung dazu), nun ausgerechnet diese neue, unabhängige Uhrenmarke ab sofort exklusiv in acht Boutiquen auf der ganzen Welt vertreiben wird: neben den drei deutschen Geschäften in Frankfurt, München und natürlich Berlin. Dazu werden Chronographen von Löbner auch in Wien, in der wichtigen Bahnhofstraße in Zürich sowie in Paris angeboten. Doch damit nicht genug: Bucherer wird diese Uhren auch in seinen zwei größten Uhrengeschäften in Nordamerika verkaufen, nämlich dem Time Dome in Las Vegas und der Bucherer Time Machine an der 57. Straße in New York City. Das nennen wir mal einen gelungenen globalen Aufschlag.


Löbner exklusiv bei Bucherer Masterworks


Allein diese Nachricht ist ein ziemlicher Paukenschlag: Nicht, dass Bucherer nicht immer wieder neue, unabhängige Marken oder große Brands aufnimmt (wie jüngst im Sommer Grand Seiko), aber wir können uns nicht erinnern, dass man schon einmal in der jüngeren Vergangenheit eine Marke aufgenommen hätte, die noch nie eine Uhr verkauft hat. Das zeigt uns mehrere Dinge: Zum einen setzt Bucherer mit seinem Bereich Masterworks nun wirklich verstärkt auf Nischenmarken, zum anderen bestätigt es den Trend, der bei Topkunden schon seit Jahren abzusehen ist: entweder haben sie die begehrten Klassiker schon oder sie sind müde, sich jahrelang für die begehrten Modelle in irgendwelche dubiose Wartelisten einzutragen, die am Ende doch nur nach dem Prinzip funktionieren: Kauf doch erstmal eine teure Golduhr und am besten noch eine für deine Frau gleich mit, dann bekommst du auch irgendwann einmal das begehrte Stahlmodell oder den Chronographen. Kundenfreundlich geht anders, zumal im Luxussegment. Geht es hier doch immerhin um Produkte, für die andere Menschen Kleinwagen kaufen.


Die Löbner Zeitmesser im Detail


Umso wichtiger schien es uns, Löbner und seine ersten Produkte genauer unter die Lupe zu nehmen. Was steckt dahinter, wenn Bucherer diese Zeitmesser (wie es in klarer Schrift auf dem Zifferblatt zu lesen ist, was wir sehr charmant finden) sofort ins Sortiment aufnimmt? Denn zum einen handelt es sich hier um genau die derzeit begehrteste aller Kategorien für Neu- und für Gebrauchtuhren: Ein 100 Meter wasserdichter Stahl-Sportchronograph mit integrierten Bandanstößen. Zum anderen handelt es sich um eine vollständig unabhängige Uhrenmarke, die der Münchner Unternehmer Matthias Düwel mit mehreren Partnern zusammen ins Leben gerufen hat.

Von ihm persönlich bekam Swisswatches auch die drei zum Start erhältlichen Zeitmesser geliefert, um sie ausgiebig zu analysieren. Nun werden sich sicher viele fragen: Braucht die Welt wirklich eine neue Uhrenmarke?


Braucht die Welt eine neue Uhrenmarke?


Die einen werden nun laut rufen: ganz bestimmt nicht! Es gibt doch schon so gut wie jede noch so kleine Nische, die irgendwie besetzt ist. Ja, das mag sein, aber ist die Explosion an Marken und neuen Uhren der letzten 20 Jahre nicht ein Segen für alle Sammler gewesen? Waren es nicht gerade wiederauferstandene Marken wie zum Beispiel Hublot mit der Übernahme durch Jean-Claude Biver im Jahr 2004 oder das Comeback von Panerai durch die Richemont-Gruppe im Jahr 1997, die den Hype um bereits etablierte Marken immer wieder befördern und die Vielfalt der Szene reicher machen? Und haben nicht gerade die Comebacks der großen deutschen Uhrenmarken nach der deutschen Wiedervereinigung gezeigt, dass auch ein später Einstieg seinen Reiz hat? Wer würde heute A. Lange & Söhne, eine Marke, die es im nächsten Jahr gerade einmal 30 Jahre seit ihrer Wiederauferstehung gibt, missen wollen?


84 Jahre die es in sich haben


Und eine gute Storyline hat die Marke Löbner wirklich: Die Geschichte ist für Uhrensammler-Verhältnisse ziemlich kurz, aber dafür umso beeindruckender: Nur rund 77 Jahre existierte das Unternehmen, bis die Geschäftstätigkeit 1939 einschlief. Es gibt Löbner also länger nicht, als dass es existierte, nämlich genau 84 Jahre. Das mag ein Grund sein, warum so viele, einschließlich uns, kaum je etwas von diesem Franz Ludwig Löbner gehört haben. Aber die Firmengeschichte klingt vielversprechend, denn Löbner entwickelte beachtliche Innovationen der mobilen Zeitmessung im 19. und 20. Jahrhundert, also genau in dem Zeitraum, dessen sich heute berühmte Uhrenhersteller besonders gerne rühmen: Tag Heuer als erster Uhrensponsor der Formel-1 oder Rolex mit seiner Reminiszenz an die berühmten Strandrennen am Daytona Beach in Florida in den USA.


Auf Kurzzeitmessung spezialisiert


Löbner war ein hochspezialisiertes Unternehmen der Zeitmessung und baute schon früh seine eigenen Zeitmessgeräte. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts war Löbner in der Lage, die 1/100tel und 1/1000tel Sekunde zu messen. Allein das ließ uns schon aufhorchen. Im Frühjahr 2024 soll laut Gründer Düwel ein Coffee-Table-Buch über die Geschichte der modernen Kurzzeitmessung erscheinen. Es wird hoffentlich bis ins Detail Licht bringen in eine solche ganz eng mit der modernen Kurzzeitmessung verknüpfte Historie. Ist Löbner vielleicht der Missing Link zwischen den frühen Pferderennen und dem modernen Automobilsport? Die von Nicolas Rieussec 1821 erstmals auf dem Pariser Marsfeld eingesetzten Tinten-Chronographen gaben als sogenannte Zeitschreiber dem modernen Chronographen ihren Namen und werden seit 2008 von der deutsche Firma Montblanc mit speziellen Uhren gewürdigt.


Ewiger Kalender von Löbner im Deutschen Reichstag


Besonders eng verknüpft ist die Geschichte Löbners mit Berlin, wie auch der Markenrelaunch deutlich machte: Löbner lieferte 1894 die Uhr für den Lesesaal des deutschen Reichstags, ein ewiger Kalender der bis ins Jahr 2000 die Zeit anzeigen sollte, ohne neu gestellt werden zu müssen, allerdings existiert dieses Modell seit dem tragischen Reichstagsbrand aus dem Jahr 1933 nicht mehr. Die Bedeutung ist allerdings dennoch groß: Welchen Ruf muss Löbner im deutschen Kaiserreich gehabt haben, wenn man im wichtigsten öffentlichen Gebäude präsent war? Uns erinnert das natürlich an die Semperoper-Uhr von A. Lange & Söhne in Dresden, die es allerdings noch gibt. Auch am Kaiserhofe war Löbner omnipräsent. Nicht nur war er kaiserlicher Hofuhrmacher, auch auf der kaiserlichen Yacht „Hohenzollern“ gab es Zeitmesser von Löbner.


Auf den Galopprennbahnen Europas zuhause


Die frühe Historie von Löbner ist eng mit dem Pferderennsport verbunden, was uns zunächst an die Rieussec-Chronographen von Montblanc, die von der Tochterfirma Minerva entwickelt wurden, denken lässt. Allerdings ging es bei Löbner um Großuhren. Diese waren um die 1890er Jahre auf allen berühmten Galopprennbahnen Europas vertreten.


Löbner war Zeitnehmer bei den Olympischen Spielen


Der weitere Aufstieg Löbners ist interessanter Weise auch sehr eng mit dem Leistungssport verbunden. Mit seinen Zeitschreiberanlagen war Löbner zu Beginn des 20. Jahrhunderts Zeitnehmer bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit ab 1928 in Amsterdam und später in Lake Placid, Garmisch-Partenkirchen und Berlin vertreten. Natürlich sind die Olympischen Spiele seit 1932 das Terrain von Omega, die natürlich offizieller Zeitnehmer sind. Allerdings ist offensichtlich historisch nachgewiesen, dass Löbner Seite an Seite mit Omega bei den Spielen die Zeit nahm, und zwar mit sehr komplexen Zeitschreibern mit Startpistole wie sie die Swatch-Group Tochter Swiss Timing in der High-Tech Ausführung natürlich bei den kommenden Sommerspielen im nächsten Jahr in Paris verwenden wird. Auch dies ein sehr interessanter Fakt, den das Buch hoffentlich näher beleuchten wird.


Von Löbner gemessene Weltrekorde im Automobilsport


Besonders spannend finden wir: Zahlreiche Wettbewerbe und Weltrekorde im Motorsport wurden von Löbner Stoppuhren und Zeitschreiber-Instrumenten festgehalten, darunter der wohl berühmteste, der 1938 von Rudolf Caracciola aufgestellte Weltrekord über 432,7 Stundenkilometer, zugleich der längste gehaltene Weltrekord der Motorsportgeschichte: Caracciola erreichte mit einem Mercedes W125 auf der Autobahn zwischen Frankfurt am Main und Darmstadt über einen Kilometer mit fliegendem Start einen Rekord, der 79 Jahre hielt: erst am 4. November 2017 wird er übertroffen und auf 445,54 km/h verschoben. Das Fahrzeug hatte allerdings fast die doppelte Motorleistung. Sein Name: Koenigsegg Agera RS.


Das Uhrwerk: Säulenrad-Chronograph mit Löbner-Modul


Geprägt von der Faszination für sportlichen Wagemut, technischen Fortschritt und Erfindergeist geht Löbner nun im Jahr 2023 wieder an den Start. Natürlich werden Kritiker sofort bemängeln, dass es kein eigenes Chronographenwerk zum Start gibt, sondern man auf einen von La Joux Perret finissierten und umgebauten Modul-Chronographen setzt. Aber seien wir ehrlich: kommt es wirklich darauf an oder ist das etwas, das eine so kleine Firma sich auch für die Zukunft aufheben kann, ja vielleicht sogar muss? Abgesehen davon, dass Löbner auch historisch mit seinen frühen Armbanduhren so verfahren ist. Und abgesehen davon, dass alle Sammler wissen: Die echten Leistungsdaten moderner Automatik-Chronographen ähneln sich so sehr, dass man den Hype um bestimmte Manufaktur-Modelle durchaus hinterfragen darf (ganz abgesehen von den Preisen).


Ein Stück Menschheitsgeschichte am Arm


Vielleicht ist es für viele Sammler auch einfach der Wagemut von neuen, unabhängigen Uhrmachern und Firmen, der den Reiz um deren mechanische Uhren noch verstärkt. Die Vorgaben sind für alle gleich: ein am Arm zu tragendes mechanisches Kunstwerk, das zudem die Zeit anzeigt und eine Geschichte erzählt, im besten Fall die persönliche Lebensgeschichte, mit der Menschheitsgeschichte verknüpft, immer im Streben nach der Beherrschung der Zeit? Und sind es nicht gerade die neuen, jungen Marken, die dieses immergleiche Setup aufmischen und neu interpretieren und unsere Begeisterung für vorhandene Marken und deren enormen Leistungen am Leben erhalten?


Eine neue Uhrenmarke, die sich traut


Was uns besonders gefällt: Es gibt nicht mehr viele unabhängige Marken mit einer langen Geschichte da draußen, die den Einstieg im Luxussegment wirklich wagen und den Wettstreit antreten mit den großen Gruppen. Natürlich braucht es für eine gesunde Uhrenindustrie beides: Konzerne und Nischenmarken. Und man kann unerfahrenen Kunden nicht verübeln, wenn sie bei Luxusprodukten lieber zum Rundum-Sorglospaket einer bekannten Marke greifen. Aber wenn es keiner mehr wagt wie Löbner, wird die Uhrenlandschaft ärmer und auch seelenloser.


Ein ehrenwerter Etablisseur


Doch wieder zurück zu Löbner. Man ist derzeit das, was man in der Schweiz einen klassischen Etablisseur nennt. Historisch ist belegt, dass man Werke von Heuer, Leonidas und Minerva verbaute. Die heutigen Bauteile kommen von Zulieferern aus Deutschland, das aufwändige Gehäuse zum Beispiel aus Pforzheim, das Chronographenwerk von La Joux Perret aus der Schweiz (Basis ist der Säulenrad-Chronograph Kaliber L112). Mehrere auffällige und eigenständige Elemente bestimmen das Design der ersten Kollektion, die man Steelracer genannt hat und die Löbner in Anlehnung an die frühen Mercedes-Silberpfeile und Auto Union-Rennwagen, deren Rekordfahrten man gemessen hat, entwickelt hat.


Montiert in Glashütte, Made in Germany


Jedes Löbner Uhrwerk wird in Deutschland feinreguliert und zwar am wichtigsten Ort Deutscher Feinuhrmacherei: Alle Chronographen werden in Glashütte/Sachsen von Hand zusammengebaut. Das Automatik-Uhrwerk Kaliber 6223 verfügt über einen von Löbner entwickelten kugelgelagerten Aufzugsrotor mit Schwungmasse aus Wolfram. Es verfügt über 60 Stunden Gangreserve und stammt wie erwähnt aus der Schweiz von La Joux Perret. Uns gefällt besonders die aufwendige Finissierung mit gebläuten Schrauben, Perlage und Streifenschliff, die man durch den Saphirglasboden betrachten kann. Das Werk fügt sich angenehm ins Gehäuse – nicht immer eine Selbstverständlichkeit bei Fremdwerken. Hier passt es und wir freuen uns, dass Löbner direkt seine ersten Chronographen mit Glasboden versieht. Galt so etwas vor wenigen Jahren bei Stahlsportuhren noch als No-Go, ist inzwischen selbst Rolex zur Überzeugung gelangt, dass es viel zu schade wäre, die begehrten Chronographenwerke zu verstecken (hier alles zur neuen Daytona mit Glasboden).


Designed in Switzerland


Dass das Design einer deutschen Uhrenmarke aus der Schweiz kommt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie, allerdings muss man klar sagen: hier sitzen auch die besten Uhrendesigner der Welt. Einer, der schon viele Uhren entworfen hat und sogar bereits seine eigene Marke besaß, ist der in Zürich lebende Emmanuel Dietrich. Es spricht für Löbner, den Namen des Mannes offen zu nennen (und es spart Historikern in Zukunft viel Zeit). Er ist für etwas Erstaunliches verantwortlich: die erste Uhr dieser Marke mit dezentraler Zeitanzeige, integrierten Bandanstößen und einem ganz besonderen Detail an der Krone ist nicht nur auffällig, sie ist auch auf Distanz sofort wiedererkennbar und ziemlich einzigartig. Dietrich mit Gerald Genta zu vergleichen, wäre nun wirklich anmaßend und da wir ihn in seiner Bescheidenheit kennen, würde er das auch rundheraus ablehnen. Aber ebenso wie Gerald Genta hat Dietrich in den letzten Jahren zahlreiche Uhren-Entwürfe für die gesamte Schweizer Industrie zu verantworten, darunter nur wenige über die er sprechen darf, wie für die Swatch-Group oder Hermès. Auf jeden Fall ist es ein Glücksgriff für Löbner, da das Design der ersten Uhr einfach sitzen muss. Und das tut es. Und natürlich sind integrierte Bandanstöße bei Stahluhren eine Genta-Spezialität und wir sind gespannt, wie die Fangemeinde auf dieses Modell reagieren wird. Wir denken: Die Steelracer zitiert charmant, ist aber eigenständig genug, um nicht als Derivat herhalten zu müssen.


Raketenfritz als Botschafter für die erste limitierte Löbner


Auf 50 Exemplare ist die erste Edition von Löbner limitiert, die Steelracer Edition 50 Rocketman. Sie feiert die Weltrekorde Fritz von Opels, der zu Beginn der 20er Jahre als Pionier die ersten Raketen getriebenen Fortbewegungsmittel der Welt erschuf (und seine Versuche alle überlebte). Fritz von Opel testete Pulverraketenantriebe zu Land, zu Wasser und in der Luft. Löbner würdigt seine Erfolge vor allem aber den, den er 1928 mit einer Raketen-Draisine erzielte, die ihn auf damals unfassbare 256 Stundenkilometer katapultierte mit der schwarzen PVD-beschichteten Rocketman, die mit kleinen, feinen Details aufwartet, wie eine kleine goldene Punzierung auf der Tachymeterlünette an genau dieser Geschwindigkeitsmarke. Passend zu seinen Fahrzeugen ist dieses Modell komplett in schwarz gehalten und passend zum Thema Motorsport verfügt dieses Modell auch über das erste Kautschukarmband, das sich sehr angenehm trägt.


Das beste Detail: der Sledge – ein Kronenschutz


Die Aufzugskrone des bis 10 bar wasserdichten Sportchronographen befindet sich unter einem patentierten Kronenschutz, den Löbner „Sledge“ nennt. Dieser Sledge verhindert das versehentliche Verstellen der Zeit und schützt die Krone vor mechanischer Belastung. Inspiriert von historischen Schutzkästen für empfindliche Zeitmessanlagen unterstreicht dieser das geradlinige, markante Gehäusedesign mit integrierten Bandanstößen und Drückern. Der Sledge ist ein echtes Highlight des Modells und erinnert natürlich an Panerais legendären Kronenschutzbügel. Hier ist allerdings die Edelstahlschutzhülle mit einem kugelgelagerten Ring unter der Tachymeterlünette verbunden und kann zum Freigeben der Krone nach oben geschoben werden. Ein interessantes Detail, das zum Spielen anregt. Die Aufzugskrone selbst ist übrigens nicht noch zusätzlich verschraubt, sondern über ein Dichtungssystem vor eindringendem Staub und Wasser geschützt.


Dezentrale Zeitanzeige Dank Löbner-Modul


Auffällig ist auch die Zeitanzeige: Löbner hat für die dezentrale Zeitanzeige ein Modul konstruiert, das die Zeitanzeige bei 10 Uhr positioniert. Man räumt dem Chronographen so mehr Platz ein. Dank des zentralen Chronographen-Sekundenzeigers lassen sich mittels der gravierten Tachymeterlünette Durchschnittsgeschwindigkeiten zwischen 60 und 600 Stundenkilometer messen. Diese einzigartige Ästhetik betont die historische Bedeutung von Löbner Uhren als Zeitmessinstrumente, daher bezeichnet Löbner seine Chronographen auch als Zeitmesser auf dem Zifferblatt, wie eingangs erwähnt. Nicht jeder ist ein Fan dezentraler Zifferblätter. Wir finden jedoch interessant, dass sich damit Löbner einreiht in berühmte Uhren von A. Lange & Söhne und Glashütte Original und somit eine Tradition aufgreift, die man im Ausland bereits als Look deutscher Uhren bezeichnet. A. Lange & Söhne hat diese Tradition 1994 mit der Lange 1 begründet.


Wie tragen sich die Löbner-Chronographen?


Wie trägt sich der Chronograph mit einem Durchmesser von 42,5 Millimetern? Mit 14,3 Millimetern bauen alle Löbner-Uhren recht hoch auf, was natürlich am Modularen Chronographenwerk und dem robusten Gehäuse mit Saphirglasboden liegt. Die 42,5 Millimeter lesen sich auf dem Papier größer als sie am Arm wirken, da zum einen die Bandanstöße im Gliederarmband integriert sind und zum anderen der Designer sehr steile abfallende Flanken konstruiert hat, damit die Modelle auch an kleinere Handgelenke passen. Das kantige Design des Gehäuses mit der dezentralen Zeitanzeige ist ausdrucksstark, die Uhr trägt sich auch aufgrund des sehr filigranen Stahlglieder-Armbandes recht leicht. Wenn es etwas zu kritisieren gäbe, wäre es für uns: Die Tachymeterskala der Stahlversion Steelracer ist uns einen Hauch zu dezent – eine schwarze Farbeinlage wie bei den alten Rolex Daytonas mit Edelstahllünette würde die Ablesbarkeit deutlich erhöhen.

Bei der limitierten Rocketman mit Goldeinlage ist das besser umgesetzt, zumal das Raum für zukünftige Varianten der Lünetten lässt – ein Betätigungsfeld, das Rolex und andere Marken mit ihren in Mode gekommenen Keramik-Lünetten verlassen haben. Der Kronenschutz-Schieberegler ist ein wunderbar spielerisches Element, das sich dank der verantwortlichen Kugellager angenehm leicht bedienen lässt. Lediglich die Aufzugskrone ist für unsere Begriffe einen Hauch zu klein geraten, allerdings benötigt man sie bei einer Automatikuhr auch nur vergleichsweise selten. Das massive Gehäuse besteht aus Edelstahl 316L ist bis 10 ATM wasserdicht und hält, was seine Herkunft verspricht: solide deutsche Wertarbeit. Das Edelstahlgehäuse der limitierten Rocketman ist schwarz PVD beschichtet, wie auch alle anderen Details dieser Uhr.


Ein ungewöhnliches Edelstahl-Armband


Das Multilink-Edelstahlarmband mit Schmetterlings-Doppeltfaltschließe und Sicherheitsdrückern der Steelracer sind definitiv ein Hingucker und die abwechselnd satinierten und polierten Elemente überzeugen auf Anhieb. Es fehlt uns lediglich eine vernünftige Feinverstellung an der Schmetterlings-Doppeltfaltschließe mit den seitlichen Sicherheitsdrückern. Ebenso würden wir uns für eine Uhr in diesem Preis-Segment mit integrierten Bandanstößen ein Schnellwechselsystem für die Armbänder wünschen, wenn man schon Kautschuk und Stahl anbietet. Das dürfen Kunden heute auch bei einer Cartier Santos für 8.300 Euro erwarten, dem Erben der ersten modernen Armbanduhr und dem Modell, bei dem ein solches System für Swisswatches am elegantesten umgesetzt ist.

Die Zifferblätter

Das Zifferblatt einer Armbanduhr macht fast 80% seiner Erscheinung aus und daher sind diese nicht selten entscheidend: Ob Zufall oder Absicht, dass auch andere deutsche Uhrenhersteller auf dezentrale Zeitanzeigen setzten. Mit seiner Zeitanzeige auf 10 Uhr erinnert es uns einerseits an den Panograph von Glashütte Original und nimmt ebenfalls Elemente der berühmten Lange 1 auf, auch wenn diese kein Chronograph ist. Wir sind gespannt, ob sich international dieses Zifferblatt-Design nun als besonders deutsch etablieren wird, so wie es Sammler auf der ganzen Welt lieben. Alle Zifferbätter sind galvanisiert und kommen wahlweise mit blauem oder schwarzen Sonnenschliff. Die Zähler der Subdials sind mit einem eingedrehten Profil und rohdinierten Glanzfacetten ausgestattet. Die Leuchtmasse auf der Stunden- und Minutenanzeige würden wir uns stärker leuchtend im Dunkeln wünschen, insgesamt könnte die Ablesbarkeit am Abend erhöht werden, gerade bei einer so kleinen Zeitanzeige.


Zu Beginn nur 200 Uhren weltweit


Das alles sind jedoch Kleinigkeiten, die Löbner sicher schnell adaptieren wird. Viel wichtiger ist die Vertriebsstrategie. Es gibt zum Start rund 200 Uhren wie uns der Geschäftsführer verriet, richtig gelesen: 200 Uhren weltweit. Darunter befindet sich die auf 50 Exemplare limitierte Steelracer Edition Rocketman 50, die einen berühmten Weltrekord Fritz von Opels zitiert, der mit seinen raketengetriebenen Fahrzeugen 1928 einen Weltrekord über 256 Stundenkilometer aufstelle. Diese Seltenheit hat einen Preis, der inzwischen allerdings noch weit unter den Einstiegspreisen begehrter Bluechips liegt: Die Steelracer startet in den Varianten mit blauem und schwarzem Zifferblatt zum Preis von 13.800 Euro (13.900 USD) und die Edition Rocketman kostet 14.800 Euro (14.900 USD).


Es wird dauern, bis sich zwei Löbner Käufer begegnen


50 Exemplare und 150 Uhren weltweit, das ist, betrachtet man die wenigen weltweiten Verkaufspunkte, ein Start, der uns gefällt. So wird es einige Zeit dauern, bis Käufer einer Löbner einem zweiten mit dieser Armbanduhr begegnen. Schließlich ist es auch das, was Sammler wollen: einer von wenigen zu sein. Die starke Limitierung ist aber auch angebracht in Anbetracht des durchaus ambitionierten Preises. Aber wenn Löbner, wie gegenüber Swisswatches angekündigt, jährlich bei 50er Editionen bleiben wird und seinen Chronographen sukzessive verfeinert, hat dieses Unternehmen wirklich das Potential, sich als deutsche Luxus-Sportuhrenmarke zu etablieren, als Alternative zu den klassischen deutschen Marken wie Glashütte Original und A. Lange & Söhne.


Eigenständigkeit und Charakter


Kritiker werden einwerfen, das Wichtigste fehlt noch: Das eigene, integrierte Chronographenwerk. Aber dann würden die Uhren nicht 13.800 Euro wie die Steelracer oder 14.800 Euro kosten wie die limitierte Rocketman, sondern ein Vielfaches dessen. Und wir denken: Der Anfang als Etablisseur mit selbst konstruiertem Gehäuse und eigenständigem Design ist mehr als ehrenhaft, geschichtlich logisch und hält die Preise bei einer so starken Limitierung noch in vertretbaren Grenzen. Mit einem interessanten Modulchronograph und einem patentierten Gehäusedesign bekommen die ersten 200 Kunden hier etwas, das auf Eigenständigkeit, Charakter und Rennsport-Historie setzt. Natürlich spielt man charmant mit den Zutaten der begehrtesten Sportuhrenklassiker wie der Patek Philippe Nautilus, der Royal Oak von Audemars Piguet oder der dieses Frühjahr regelaunchten Ingenieur von IWC. Aber alle diese Uhren liegen preislich weit über den Löbner Uhren und man hat sich nicht erdreistet, sich preislich über einer Rolex Daytona zu positionieren. Mal abgesehen von den ellenlangen Wartelisten, die es für diese Modelle gibt.


Eine neue deutsche Sportuhrenmarke


Was uns wirklich gefällt ist die Tatsache, dass man den unternehmerischen Ansatz gewählt hat, eine neue deutsche Sportuhrenmarke etablieren zu wollen. Das ist insofern langfristig interessant, weil ausgerechnet die beiden deutschen Topmarken, A. Lange & Söhne und Glashütte Original, sich bei ihrer Wiedergeburt entschieden, mehr ihre Historie zu zelebrieren als radikal neue Ansätze zu fahren und zumindest Erstere bislang eher für Edelmetalle bekannt ist als für Stahluhren. Die einzige Ausnahme ist natürlich die Sportuhr Odysseus, die man 2019 vorgestellt hatte, die allerdings einfach zu selten ist, um hier als Vergleich zu taugen, ebenso wie der neue Odysseus Chronograph aus diesem Jahr.


Was kommt als nächstes?


Es bleibt spannend, abzuwarten, wie Löbner in Zukunft seine Uhren aus seinem großen Fundus der Chronographen-Historie weiterentwickelt und interpretiert. Wird man sich komplizierteren Chronographen-Mechanismen wie Flyback- und Rattrapante-Modellen widmen? Wie würde das, die Historie beherrschende Thema Zeitmesser, in einer Löbner-Dreizeiger Uhr umgesetzt werden? Denn wer seine Modelle Zeitmesser nennt, sollte die Zeitmessung auch zu seinem Thema machen. Apropos Zeitmessung, wir gehen davon aus: Wenn Bucherer sich auf eine solche Partnerschaft einlässt, handelt es sich um ein langfristiges Projekt. Es bleibt unbestritten: Manche Nischenmarke würde sich die Finger danach ablecken, auch nur in die Näher zentraler Verkaufsflächen wie in Paris, Zürich, Las Vegas oder New York zu kommen. Allerdings kann es auch eine Bürde sein, neben Rolex und Co. zu liegen. Löbner ist, um in Begrifflichkeit seiner Rennsporthistorie zu bleiben, in der Pole-Position gestartet: das verpflichtet zu enormer Leistung. Allerdings ist auch – und gerade das Luxusuhren-Business – nicht so unähnlich zur Formel 1: eine langfristige Strategie führt zum Erfolg. Mit Bucherer als Retail-Partner verfügt Löbner allerdings über den stärksten Rennstall, den man sich denken kann, wenn es heißt: Gentlemen, start Your Engines.


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