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Panerai CEO Jean-Marc Pontroué präsentiert die erste recycelte mechanische Uhr (und alle weitere Neuheiten 2021)

Panerai CEO Jean-Marc Pontroué präsentiert die erste recycelte mechanische Uhr (und alle weitere Neuheiten 2021)

Bei unserem letzten Gespräch vor gut einem halben Jahr überraschte uns Jean-Marc Pontroué, CEO von Panerai, mit seinem ehrgeizigen Vorhaben, bereits 2021 die erste zu 100% recycelte mechanische Uhr vorstellen zu wollen. Wir haben Pontroué im Rahmen der Watches & Wonders 2021 erneut zum Gespräch gebeten und wollten unbedingt wissen: konnte er sein Ziel erreichen? Die Antwort darauf, viele weitere spannende Neuheiten und warum 2021 für Panerai ganz im Zeichen der Chronographen steht, haben wir von Pontroué persönlich erfahren können.

98.6% Prozent recycelt: Submersible e-LAB-ID PAM01225

Bereits in den letzten Jahren hat Pontroué das Thema Nachhaltigkeit innerhalb des Unternehmens progressiv vorangetrieben. Das begann bereits 2014 beim Bau der neuen Manufaktur, die so nachhaltig und autark wie nur möglich arbeiten sollte. Zero-Impact war das Ziel. Aber nicht nur im eigenen Haus, sondern auch in den weltweiten Niederlassungen sollte das Thema ernsthaft angegangen und umgesetzt werden. In allen Boutiquen wurde ein Lichtkonzept installiert, das bis zu 80% weniger Strom verbraucht als herkömmliche Lampen.


Pontroué über die erste recycelte mechanische Uhr


Und natürlich sollte sich der Aspekt auch in den Produkten wiederfinden. 2019 lancierte Panerai die erste Submersible Mike Horn Edition, dessen Bänder aus recycelten PET Flaschen gefertigt wurden. Weitere Versionen folgten, die das Thema immer konsequenter weiterführten: Gehäuse, Kronenschutzbrücke, Lünette und Gehäuseboden bestehen bei der PAM01108 aus recycelten Metallen namens EcoPangaea und EcoTitanium.

Neue innovative Materialien

Pontroués mutige Ankündigung dann im letzten Jahr: er wolle die erste mechanische Uhr überhaupt kreieren, die zu 100% aus recycelten Materialien besteht. Aus dem Ziel ist schon fast ein Versprechen an sich selbst geworden, das der CEO ehrgeizig verfolgt. Und nun, pünktlich zur Watches & Wonders 2021 enthüllte Panerai die Submersible e-LAB-ID, die zu 98.6% aus recycelten Materialien besteht. Aber warum nicht zu 100%, fragen wir nach? Und die Antwort ist simple und nachvollziehbar; es ist der geringe Anteil an Gummi in der Uhr, der nicht recycelt ist, da dieser Prozess mehr Energie verbrauchen würde, als ihn neu herzustellen. Das bedeutet also nicht nur, dass neben Band und Gehäuse auch alle 161 Werkskomponente aus recycelten Materialien gefertigt wurden, sondern auch, dass Panerai damit die erste Luxus-Uhrenmarke ist, die das geschafft hat. Oder auch unbedingt schaffen wollte.

Das Gehäuse, Sandwich-Zifferblatt und Brücken bestehen aus EcoTitanium. Die Zeiger und Indizes sind mit 100% recycelter SuperLuminova beschichtet und die Unruh besteht zu 100% aus recyceltem Silizium. Das Armband besteht aus einem recycelten Grigio Roccia Gewebe, das von der italienischen Manufaktur Morellato gefertigt wird.

Neue Partner für nachhaltig produzierte Ressourcen

Demzufolge musste Panerai auch seine Zulieferer komplett überarbeiten. Auf der Liste, die Panerai zum Datenblatt der Uhr mitliefert stehen neun Firmen, die ihre Kompetenz in einem bestimmten Bereich nachhaltig produzierter Ressourcen aufweisen. Von der Firma Novo Cristal, die an Panerai die recycelten Saphirgläser liefert, zu Pro Cadrans, einem Lieferanten für recycelte Zifferblätter bis hin zu mehreren Lieferanten, die sich auf die recycelte Produktion von Leuchtmasse spezialisiert haben. Ein Kraftakt der zeigt, wie ernst Pontroué es mit unserer Zukunft meint. Dabei geht es ihm nicht darum, der erste und einzige auf diesem Gebiet zu sein: „Alleine können wir nicht die Welt retten…es wäre schön, wenn alle aus unserer Branche in der Schweiz und sonst wo auf der Welt sich an den Kompetenzen dieser Lieferanten bereichern und ihre recycelten Materialien nutzen“.

An einem Strang ziehen

Die Submersible e-LAB-ID ist dabei letztendlich die konsequente und materielle Quintessenz seiner Vision, die er innerhalb des Unternehmens in Form des „Panerai Ecological“ Projekts verfolgt. Hierbei bemüht sich Panerai um alternative und umweltfreundlichere Transportmöglichkeiten für alle Mitarbeiter, nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. Öffentliche Verkehrsmittel und Fahrrad statt Auto, lautet die Devise. Seitenlange Gebrauchsanweisungen werden nicht mehr physisch um die ganze Welt verschickt – das spart immerhin rund 20 Tonnen Papiermüll im Jahr. Wenn Kataloge, Broschüren, Prospekte, Garantieren etc. dann doch mal gedruckt werden müssen, dann bitteschön nur noch auf FSC-zertifiziertem Papier, so die Vorgabe aus der Unternehmenszentrale. Dazu kommen eine Palette an Energiesparmaßnahmen in Boutiquen und der Manufaktur und hunderte weitere Initiativen.


Pontroué über das Projekt „Panerai Ecological“


In diesem Zusammenhang erzählt Pontroué von einem neuen Projekt mit der UNESCO. Mit der Organisation möchte man gemeinsam ein Bildungsprogramm entwickeln, um die Mitarbeiter über ein umweltfreundliches Verhalten aufzuklären und die Aufmerksamkeit auf mehr nachhaltiges Denken zu lenken. Man habe sich letztendlich für die Organisation entschieden, da hierbei der bürokratische Aufwand am geringsten und gleichzeitig der Mehrwert etwas in Bewegung zu setzen am größten gewesen sei.


Pontroué zum Projekt mit der UNESCO


Die neue Panerai Submersible e-LAB-ID ist eine sogenannte Konzept-Watch, die in einer limitierten Auflage von 30 Stück ab Dezember in den Verkauf geht. Preis: Auf Anfrage.


Richtungsweisend: Luminor Marina eSteel

PAM01157, PAM01356, PAM01358

Pontroué kündigt bei unserem Gespräch außerdem an, dass in Zukunft alle neuen Produkte einen gewissen Anteil an recycelten Materialien aufweisen werden. Das kann mal nur das Verpackungsmaterial sein, oder auch gewisse Komponenten an der Uhr, von Gehäuse, Band über Zifferblatt.

Neben der Konzept-Watch Submersible e-LAB-ID steht die neue Luminor Marina eSteel als richtungsweisend für die Zukunft der Produkte bei Panerai. Sie besteht immerhin zu 58.4% aus recycelten Materialien, wovon Gehäuse und Zifferblatt aus der neuen recycle-basierten Stahl-Legierung eSteel bestehen.

Dabei standen die Uhrmacher des Laboratorio di Idee vor der Herausforderung, dass eSteel dieselben Anforderungen wie gewöhnlicher Stahl erfüllen musste: in erster Linie gleichermaßen robust und korrosionsbeständig. Die Luminor Marina eSteel ist in drei Zifferblatt-Varianten erhältlich: Blau (Blu Profondo), Grau (Grigio Roccia) und Grün (Verde Smeraldo) mit jeweils korrespondierenden Armbändern aus recycelten PET Flaschen.

Alle drei Versionen haben einen Gehäusedurchmesser von 44 mm und werden mit dem Automatikkaliber P.9010 und drei Tagen Gangreserve angetrieben. Preise: 8.500 Euro


Das Jahr der Chronographen

2021 sollen endlich auch wieder die Chronographen bei Panerai eine würdige Bühne bekommen. Auch wenn es für viele auf den ersten Blick keinen nachvollziehbaren Bezug geben möge, so kann Panerai sehr wohl einige Referenzen auf diesem Gebiet vorweisen. Denn der erste Chronograph von Panerai wurde bereits 1943 unter dem Namen Mare Nostrum für Deckoffiziere der italienischen Marine entworfen. Ein imposanter Zeitmesser mit einem von Panerai entwickelten 52-mm Edelstahlgehäuse und moosgrünem Armband. Allerdings war und blieb er mit rund 900 Exemplaren ein Prototyp und in den Jahrzehnten danach wurde das Thema weitestgehend vernachlässigt.

Die erste Re-Edition kam dann 1993 mit der Mare Nostrum Referenz 5218-301/A auf den Markt. Sie war weitestgehend ganz im Look & Feel der Ur-Mare-Nostrum gehalten, besaß allerdings zur Verwunderung vieler Paneristi eine Drehlünette mit Tachymeter Skala, was nicht so richtig zur maritimen Geschichte des Chronographen passen wollte. Im Anschluss folgten zwar einige weitere Chronographen-Referenzen, doch das recht einmalige runde Chronographen-Gehäuse musste dem kissenförmigen Gehäuse weichen.

Erst 2011, also bereits in der Richemont-Panerai-Ära sorgte die Mare Nostrum PAM00300 für Aufsehen. Sie war eine fast identische Nachbildung des originalen Chronographen. Leider wurde sie nur zu einer limitierten Stückzahl von 99 Exemplaren gebaut. 2015 kam dann noch eine Titan-Version (150 Stück) PAM00603 in Braun dazu. Beide Re-Editions liefen noch mit einem externen Kaliber OP XXV, das auf dem Minerva Kaliber 13-22 basiert.


Panerai Chronographen 2021

Nun aber zurück zum hier und jetzt. Pontroué möchte 2021 das Ansehen von Panerai als technische Sportuhrenmarke ausbauen. Dass die Marke sich einen Namen mit Automatikuhren gemacht hat, stehe für ihn außer Frage. Doch das Geschäft mit Chronographen sei immer davon geprägt gewesen, dass es hier und da mal eine limitierte Stückzahl gab und dann wieder über Jahre hinweg nichts. Nun sollen die Chronographen wieder mehr in den Vordergrund gerückt werden und neben den Automatikuhren zu einer gleichermaßen wichtigen Säule im Portfolio der Manufaktur heranwachsen.


Pontroué zu den neuen Panerai Chronographen


Zur Watches & Wonders 2021 präsentiert er daher drei neue Programme. Eine Kernkollektion, die in drei unterschiedlichen Zifferblattvarianten in Schwarz, Weiß und Blau erhältlich ist. Eine Luna Rossa Kollektion und eine Linie, die der CEO „Complicatione“ nennt. Den Anfang macht die Luminor Chrono Monopulsante GMT Blu Notte – also ein Monopusher Chronograph mit einer GMT Funktion.

  • Luminor Chrono 44 MM PAM01109.
    Preis: 8.900 Euro
  • Luminor Chrono 44 MM PAM01218.
    Preis: 8.900 Euro
  • Luminor Chrono 44 MM PAM01110.
    Preis: 9.700 Euro
  • Luminor Chrono Luna Rossa 44 MM PAM01303.
    Preis: 8.900 Euro
  • Luminor Chrono Monopulsante GMT Blu Notte 44 MM PAM01135.
    Preis: 21.900 Euro

Neu verbaut in den Chronographen ist das Kaliber P.9200, das somit das Kaliber P.9100 ersetzt. Auch wenn Pontroué damit ein wichtiges Signal setzt, es wäre schön und konsequent, wenn nun nach zehn Jahren auch wieder die originale Mare Nostrum im Ur-Design neu aufgelegt würde – dann aber Bitteschön mit einem Inhouse-Werk.


Kleiner Bruder aus Bronze: Bronzo Blu Abisso in 42 mm PAM01074

Panerai hat vor genau zehn Jahren mit der PAM00382 den Hype um Bronze Uhren angestoßen. Die ersten Modelle dürften inzwischen schon je nach Gebrauch eine ganz eigenwillige Patina entwickelt haben. Panerai nutzt anders als viele andere Hersteller eine reine Kupfer- und Zinn-Legierung (CuSn8), die sie überwiegend vor Korrosion schützt. Nach zwei Bronzo-Modellen mit grünen Zifferblättern (2011 & 2013) folgten 2018 eine blaue Variante und 2019 eine braune Version mit einer passenden braunen Lünette. Allesamt besitzen sie einen stattlichen Gehäusedurchmesser von 47 mm.


Pontroué über die Bronzo Blu Abisso 42 MM


Zum 10-jährigen Jubiläum der Bronzo stellt Panerai zum ersten Mal eine 42-mm-Version vor. Die Bronzo Blu Abisso 42 MM kommt dazu mit einem super-coolen blauen Zifferblatt und blauem Wildlederarmband. „Blu Abisso“ lässt sich aus dem italienischen mit „Blaue Tiefe“ übersetzen und entsprechend maritim zeigt sich das Zifferblatt in einem kräftigen Dunkelblau mit mysteriöser Farbtiefe. Mit der Reduktion der Größe scheint Pontroué die Gebete einiger Paneristi erhört zu haben und erklärt ergänzend: „Mit der 42 mm Bronzo möchten wir auch eine neue Klientel ansprechen, die schon immer mit der Bronzo geliebäugelt hat, der aber 47 mm bislang einfach zu groß erschien“.

Auch wenn der Bronze-Ton etwas goldener scheint, so handelt es sich dennoch um dieselbe Legierung, wie auch bei den größeren Modellen. Die Bronzo Blu Abisso läuft mit dem bekannten Automatikkaliber P.900 mit einer Gangreserve von 72 Stunden. Es misst gerade einmal eine Höhe von 4.2 mm im Vergleich zu 6.0 mm aus der originalen Submersible Bronzo 47 MM.

Auch diese Bronze-Uhr wird wieder limitiert sein. Die Produktion der Bronzo Blu Abisso und der PAM968 von 2019 werden nach Aussage von Pontroué zusammen eine Jahresproduktion von 1.000 Stück nicht übersteigen. Diese werden dann ausschließlich in Panerai Boutiquen verkauft. Neben dem Lederband bekommt der Käufer noch ein blaues Kautschukband mitgeliefert. Preis: 15.500 Euro


Muss ein Luxus-Produkt nachhaltig sein?

Die Frage stellt sich für Pontroué nicht. Das eine schließe das andere nicht aus. Denn in die Zukunft betrachtet haben wir laut Pontroué keine andere Wahl, sich auch in der Uhrenindustrie mit dem Thema Nachhaltigkeit und Upcycling auseinanderzusetzen. Und da es in der Uhrenindustrie, anders als in der Auto- Tourismus- oder Lebensmittel-Industrie, keine staatlich regulierten Vorgaben gebe, stehe jeder einzelne in der Verantwortung, seinen Beitrag zu leisten.


Pontroué über Luxusprodukte und Nachhaltigkeit



Pontroué über Nachhaltigkeit in der Uhrenindustrie


Wie Pontroué das loyale und eher traditionsbehaftete Klientel von diesem unausweichlichen Kurswechsel überzeugen möchte, darauf hat der CEO noch keine klare Antwort. Aber eines sei sicher, dass die nächste Generation sich stark mit dem Thema beschäftige und es für sie keine Rolle mehr spiele, ob sie nun ein Luxus-Produkt tragen – vielmehr gehe es ihnen darum, dass es sich gut anfühlt, ein hochwertiges Produkt zu besitzen, das unsere Umwelt nicht weiter belastet.


www.panerai.com