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Der ultimative Patek Philippe Nautilus Guide

Der ultimative Patek Philippe Nautilus Guide

Warum drei Zeiger und Edelstahl erst der Anfang sind.


Merken Sie wie die Headline sie magisch angezogen hat? Natürlich hat sie das, denn hier will es ja jeder wissen. Egal ob Sammler, Neukunde, Uhrenexperte oder Spekulant. Einen Text über die derzeit begehrteste Armbanduhr der Welt zu schreiben, der Patek Philippe Nautilus, ist an und für sich schon eine Herausforderung. Was ist denn bitte nicht irgendwo über die berühmte Referenz 5711/1A oder ihren Urahn, die Referenz 3700/1A, geschrieben worden? Was wissen wir alle nicht schon längst, was wir aber unbedingt wissen sollten? Die Profis werden vorbeischauen, um Ihr Wissen einem Reality Check durchzuführen.

Was weiß Swisswatches, was Sie nicht wissen? Und die Experten von Swisswatches geben sich nicht einfach zufrieden mit einem normalen Nautilus-Guide, nein, schreibe uns den ultimativen Patek Philippe Nautilus Guide lautete mein Auftrag! Ultimativ, ein schnell nachgeplappertes Modewort, das aber in diesem Fall (und bei Swisswatches sowieso) bedeutet: Vergessen Sie alles andere. Mehr als diesen Text brauchen Sie gar nicht erst zu lesen. Hier finden Sie alles über diese berühmte Armbanduhr! Na, wer‘s glaubt wird selig?

Ref. 3700-1A von 1976 und Ref. 5711-1A-010 von 2006

Ich muss wirklich gestehen, dass mir allein die Anfrage nach diesem Text Schweißperlen auf die Stirn trieb. Tagelang habe ich versucht, den Bücherstapel neben meinem Schreibtisch zu ignorieren, der sich dort aufgetürmt hatte. Dabei hatte ich ihn quasi nur umgeschichtet aus meiner Uhren-Bücherregalwand, um alle Informationen griffbereit zu haben. Und ich besitze einige Bücher über die Genfer Uhrenmanufaktur Patek Philippe, ungefähr zwei Laufmeter, ergänzt um Zeitungsausschnitte, Auktionskataloge, alte Interview-Aufzeichnungen und wichtige Quellen wie das Patek Philippe Magazin.

Also hinein in den Wahnsinn der wohl wertstabilsten Stahluhr der Welt. Und sollte irgendjemand da draußen finden, er würde nicht auf seine Kosten kommen, es würde irgendein noch so klitzekleines Detail fehlen, möge sie oder er Swisswatches bitte schreiben. Ich freue mich über jede neue Erkenntnis.

Nautilus 5711/1A-014 in Olivgrün

Vorneweg: Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt. Denn ultimativ wird auch für Sie heißen: Das wird viel. Ihr Kopf wird rauchen und eventuell sogar achteckig wie das einmalige Gehäusedesign von Gérald Genta aus den Siebziger Jahren und irgendwann werden Sie vielleicht nachts so wie ich davon träumen, in rund 120 Meter Tiefe (die maximale Wasserdichtigkeit der Uhr) mit einer Taucherglocke auf dem Kopf, die ein Sichtfenster in Form eines Bullauges hat (der Inspiration für das Gehäusedesign) auf dem Grunde des Genfer Sees (dem Ort des Stammsitzes von Patek Philippe) blubbernd mit Patek-Chef Thierry Stern (dem Sohn des Mit-Erfinders der Uhr) einen fiktiven Dialog darüber zu führen, warum die begehrteste Edelstahl-Sportuhr der Welt vielleicht eines Tages sogar irgendwie den Weg zurück in die Wirklichkeit findet. Nur eben vielleicht ganz anders als wir uns es bis heute vorgestellt haben oder vielleicht vorstellen können.


Ein Genie und viel Arbeit

Aber fangen wir einmal grundsätzlich an: Für alle Newbies in der Materie: Um ein ikonisches Produkt zu schaffen, braucht man einen Menschen mit einer genialen Idee, aber vor allem den richtigen Partner, der in der Lage ist, diese auch umzusetzen. Bei der Nautilus heißt das: Ein genialer Designer trifft auf einen ambitionierten Firmenerben. Eine Idee gegen anfängliche Widerstände durchzusetzen, ohne dabei ihren ursprünglichen Charakter zu verwässern, schaffen nur sehr wenige. Das trifft auf erfolgreiche Unternehmen ebenso zu wie auf erfolgreiche Produkte.

Nehmen Sie zum Beispiel die Familie Porsche, die es schaffte, mit der Idee eines viersitzigen Sportwagens und einem Design, das heute jedes Kind kennt, Menschen zu begeistern (zunächst mit dem Porsche 356, später dann mit dem legendären 911). Um so etwas zu erreichen, muss man erstens viel Erfahrung mitbringen (Ferdinand Porsche entwickelte schon sein ganzes Leben lang Autos und vor allem Rennwagen bevor sein Sohn den 356 schuf).  Aber zweitens muss man vor allem mit Gewohnheiten brechen können (bei Porsche zum Beispiel befindet sich der Sechszylinder-Boxermotor hinter der Hinterachse, was erst den Platz für vier Personen in einer so schlanken Karosserie freiräumt) und dafür muss man drittens auch verstehen, warum dieser ganze Aufwand überhaupt einen Mehrwert für den Kunden hat.

Ein naheliegendes Beispiel ist natürlich Rolex. Hans Wilsdorf (Sohn einer fränkischen Brauerei-Familie, das muss ich als gebürtiger Franke immer einfügen) hatte die Vision einer robusten Alltags-Armbanduhr im Kopf, als alle Welt noch klobige Taschenuhren mit sich rumschleppte. Rund ein Viertel Jahrhundert lang verfeinerte er seine Rezeptur und entwickelte parallel den berühmten Firmennamen und sein Logo bis das heute als Rolex Oyster Perpetual bekannte Modell in seiner modernen Ausprägung stand. Und als er dieses Prinzip mit den aufkommenden modernen Freizeit-Verhalten seiner Kunden (Autorennen, Tauchen, Bergsteigen) geschickt kombinierte, wurden moderne Klassiker geboren wie zum Beispiel die berühmte Rolex Daytona, die Rolex Submariner oder die Rolex Explorer. Was hat das alles mit der berühmten Patek Nautilus zu tun?

Fotocredit © Rolex/Jean-Daniel Meyer


Ein zeitloses Design

Sehr viel, denn die entscheidende Frage ist, wie entstand diese Designikone, die so zeitlos ist, dass im Jahr 2021 Menschen für ein Design von 1976 so viel ausgeben wie für einen nagelneuen Porsche 911? Das Design der Nautilus schuf dabei kein Unbekannter, sondern jemand, der bereits einen Ruf in der Branche hatte. Der Designer Gérald Genta, mit vollem Namen Gérald Charles Genta, hatte eigentlich Schmuck-Design gelernt, widmete sich aber seit Anfang der Sechziger Jahre hauptsächlich Uhren. Als er Anfang der Siebziger Jahre an den Sohn des Firmenpräsidenten von Patek Philippe herantrat, um ihm ein seiner Meinung nach bahnbrechendes neues Uhrendesign vorzustellen, war dieser skeptisch.

Philippe Stern war damals ein junger Manager, der in den USA seine erste internationale Erfahrung gesammelt hatte. Es war die Zeit der großen Umbrüche. Der erste Überschallflug ging einher mit der ersten Ölkrise. Die aufkommende Quarzkrise mit Billiguhren aus Fernost machte den Schweizer Uhrenherstellern zu schaffen. War Patek Philippe wirklich bereit für ein so radikal wie modernes Uhrendesign?

Stern erinnerte sich: „Gérald Genta kam zu uns mit dieser Idee. Er war sehr überzeugt von der Idee und glaubte, die Uhr würde ein Jahrhunderterfolg werden. Das war sie und ist sie bis heute. Damals war das für uns ein Wagnis. Eine kostspielige Stahluhr von Patek Philippe hatte damals niemand erwartet.“ Und fügt hinzu: „Die Nautilus war für Patek nicht nur eine neue Uhr, sondern ein völlig neues Konzept. Sie kam ungefähr zur selben Zeit heraus wie der erste Range Rover, erinnert sich Stern, und für uns war sie dessen horologisches Pendant, eine wasserdichte Luxussportuhr passend zu einem sportlichen Luxusauto. Nur die Verbindung eines so radikalen Designs mit hoher Wasserdichtigkeit war schwierig.“


Genie – und der Wahnsinn der Fertigung

Der Designer Gérald Genta schlug dem aufstrebenden Firmenerben also eine Uhr vor, die es so noch nicht gegeben hatte in der damals 137-jährigen Geschichte des Unternehmens. Und das sollte was heißen bei einer Firma, deren Maxime seit Firmengründung im Jahr 1839 immer gelautet hatte, die besten Uhren der Welt zu bauen. Genta schlug eine bis 120 Meter wasserdichte Uhr aus Edelstahl vor, die Form angeblich inspiriert von den Bullaugen an Dampfschiffen, gehalten von einem Gliederband aus Stahl mit ins Gehäuse integrierten Bandanstößen. Das Ganze sollte auch noch mit einem mechanischen Werk ausgerüstet sein. Zudem war das Gehäuse für damalige Verhältnisse mit seinem 42 Millimeter Durchmesser riesig.

Herr Stern zweifelte: „Anfangs war ich mir nicht so sicher.“ Die Uhr ging eindeutig gegen die damalige Strategie seines Hauses, kleine und flache Uhren zu bauen. Die Nautilus war komplett anders und sehr mutig. „Sie war für jüngere Kunden, die viel reisten und gerne Sport trieben.“ erinnert sich Stern, der selber begeisterter Skifahrer und Segler war und auf dem Genfer See Regatten gewonnen hatte. Er war in jungen Jahren schon sehr viel gereist und erkannte die Bedürfnisse einer neuen Generation. Das liest sich leicht, aber was es bedeutete, dass in den siebziger Jahren das moderne Fitnessbewusstsein erstmals zum Massenphänomen wurde, beschreibt ein Cover der New York Times, das im April 1968 in großen Lettern „Jogging“ auf dem Titel als „In-Sportart“ beschrieb.

Nautilus von Patek Philippe

Unternehmersohn Stern war klar: „Die Menschen wurden aktiver. Viele trieben ihrer Gesundheit zuliebe Sport und suchten nun erstmals eine robuste Armbanduhr, die sie dabei tragen konnten. Er ließ sich also gerne von der Idee eines Designers anstecken, blieb aber anfänglich vorsichtig: „Wir entschieden uns für die Fertigung eines Prototypen. Erst dann fiel die endgültige Entscheidung, diese Uhr auch wirklich zu bauen.“

Eine Legende war geboren. Dabei half natürlich, dass der Designer nicht gänzlich unbekannt war: Gérald Genta hatte vier Jahre zuvor bereits eine sportliche Stahluhr entworfen, die Royal Oak für Audemars Piguet, ein weiterer Designklassiker.

Royal Oak von Audemars Piguet

Das neue Projekt sollte jedoch seine bisherige Arbeit krönen und war auch tatsächlich technisch komplexer. Gegenüber dem Patek Philippe Magazin äußerte sich Gentas Frau Evelyn Jahrzehnte später: „Sie war Géralds Lieblingsuhr. Er liebte seine Nautilus.“ Es hieß, von allen Uhren, die er liebte, „gefiel ihm der Prototyp am besten“. Womit für Sammler auch klar sein dürfte, wo der heilige Gral der Nautilus-Sammleruhren zu suchen sein dürfte. Aber das nur nebenbei. Die Nautilus hat Genta jedenfalls Zeit seines Lebens nicht mehr losgelassen, kurz vor seinem Tod vor gut zehn Jahren, arbeitete er sogar noch an einem neuen Zifferblatt und half Patek über zwei Jahrzehnte nach seinem großen Wurf beim Relaunch der Damenvariante.1


Gérald Gentas Meisterwerk

Nun kennt niemand die diversen Rolex-Designer, warum ist der Name Gérald Genta eigentlich so bekannt? Der Grund, warum wir die Namen der Designer der meisten anderen ikonischen Stücke nicht kennen, ist, dass es in der Regel nie einen einzelnen Schöpfer gibt, dem man die Entwürfe zuschreiben könnte.

Royal Oak & Gérald Genta

Die meisten Uhren sind eher evolutionär als revolutionär entstanden, mehr in vielen iterativen Prozessen als in einem großen Wurf. Genta hingegen zauberte mal eben die Royal Oak und später die Nautilus aus seinem Hut und zeigte damit nicht nur seinen unverkennbaren Stil, sondern technisches Know-How und auch die Kühnheit, sich vorstellen zu können, dass Menschen im Zeitalter der Quarzuhr eine aufwendig von Hand gefertigte Sportuhr aus Stahl tragen würden, die im Jahr ihrer Vorstellung mit rund 3100 Dollar so viel wie ein nagelneuer Jaguar kostete. Es geht hier also nicht um die Eitelkeit eines Designers sondern schon um ein Genie auf seinem Gebiet. Das ist der wahre Grund, warum wir diesen Namen noch lange erinnern werden.

Nautilus & Gérald Genta
Fotocredit © geraldgenta-heritage.com


Die Kunst, Komplexes einfach aussehen zu lassen

Eine 120 Meter wasserdichte Taucheruhr zu bauen, die zugleich ungemein elegant sein sollte, stellte Ingenieure in den Siebziger Jahren vor große Herausforderungen, ebenso wie das damals sehr schwer zu bearbeitende Edelstahl als Gehäusematerial. Erst als ein Prototyp gefertigt worden war, wurde den Technikern auch die Komplexität des ganzen Projektes klar: Ohne die heute üblichen computergestützten Entwurfs- und Verarbeitungsprozesse waren unzählige Einzelschritte nötig, um das aufwendig geformte, achteckige Gehäuse mit leicht abgerundeten Kanten und den leicht geschwungenen Bandgliedern zu fertigen.

Bei dem anfänglich zweiteiligen Mono-Block Gehäuse kam erschwerend hinzu, dass die Teile über seitliche Scharniere miteinander verschraubt wurden wie bei einem echten Bullauge eben. Als die erste Nautilus im Frühjahr 1976 auf der Baselworld, der damals wichtigsten Uhrenmesse der Welt, vorgestellt wurde, waren alle Beteiligten gespannt wie das Projekt, das zwei Jahre mühevoller Entwicklung in Anspruch genommen hatte, bei Händlern und Kunden wohl ankommen würde.


Eine gute Idee muss reifen

Das Echo war vorsichtig ausgedrückt, verhalten. „Niemand hatte von Patek eine so moderne Uhr erwartet“, erinnerte sich später Stern. Noch dazu war die Uhr, die in einer modernen Korkbox präsentiert wurde, teurer als viele Golduhren. War der zukünftige Firmenchef Philippe Stern zu weit gegangen? Um es vorweg zu nehmen, die Geschichte geht gut aus, da die Familie Stern ihrem visionären Sohn vertraute. Und während er bei der Entwicklung der Nautilus noch keine Führungsposition im Unternehmen einnahm, wurde er schon 1977, ein Jahr nach Lancierung der Nautilus, zum Generaldirektor ernannt.

Patek Philippe Nautilus Ref. 3700-1A in einer Vintage Kork Box

Stern Junior ging nun mit dem Modell in die Offensive und bewarb die elegante Taucheruhr mit dem Claim: „They work as well with a wet suit as they do with a dinner suit.“ Er machte die Stahluhr salonfähig. Und bewies dabei großes kaufmännisches Geschick. Denn während das große Herrenmodell anfänglich schwierig zu verkaufen war, war die 1980 vorgestellte Damenversion der Nautilus ein Volltreffer, ebenso wie das ein Jahr später lancierte Midsize-Modell mit einem 37,5 Millimeter großen Gehäuse.


Patek Philippe Nautilus: Eine Uhrenfamilie wird geboren

Langsam und mit der Sorgfalt, die heute nur noch wenigen Familienunternehmen zu eigen ist, entwickelte die Familie Stern aus der Nautilus eine richtige Uhrenfamilie. Sammler wurden auf die Uhr aufmerksam und nannten die Uhr liebevoll „Jumbo“. Und während man im Jahr 1989 das 150. Firmenjubiläum mit der kompliziertesten mechanischen Uhr der Welt krönte, arbeitete Philippe Stern schon an der nächsten Generation der Nautilus: Sie sollte auch technisch den anderen herausragenden, mechanischen Uhren der Manufaktur in nichts nachstehen, denn so lautet nun mal das Credo dieser Firma bis heute: Stets danach zu streben, die besten Uhren der Welt zu bauen.

Die Fertigung der Nautilus ist bis heute nicht nur eine uhrmacherische und damit technische, sondern vor allem auch handwerkliche Herausforderung: Im Patek Philippe Magazin wurde einmal der Wahnsinn um die Fertigung des Armbandes beschrieben, das ein Paradebeispiel dafür ist, wie kompliziert offensichtlich Elegantes sein kann: Satinage, polissage, anglage, avivage, sablage, émerisage, feutrage, lavage, lapidage – das Metier der Schleifer ist ein eigenes Universum an Begriffen und Techniken, die nicht nur, aber besonders für die Nautilus mit bestimmten Werkzeugen und verschiedensten Handgriffen einhergehen: Beim Armband-Design der Nautilus, eine der ersten Uhren mit vollständig integrierten Bandanstößen überhaupt, umschließen „h-förmige“, äußere Glieder die wie Wasserperlen schimmernden, glatten Innenglieder.

Zählt man die Stifte und Metallröhrchen, die alle Glieder verbinden, mit den 15 Teilen für die Doppelfaltschließe zusammen, benötigt man allein zur Fertigung eines Armbandes 159 Einzelteile. Und dessen Zusammenbau kann erst beginnen, wenn ein Schleifer jedes einzelne Element bearbeitet hat. Und da sich das Armband als Ganzes zur Schließe hin elegant verjüngt, muss es auch als Ganzes am Ende des Zusammenfügens geschliffen und poliert werden. Mittels extrem präzise aufgebrachter Klebefolien wird dabei verhindert, dass bei der Politur der inneren Glieder der Schliff oder die Kanten der Äußeren verkratzt werden. Auch beim heute dreiteiligen Gehäuse sind dutzende von Arbeitsschritten pro Element erforderlich. Mir ist keine andere Stahluhr bekannt, bei der ein solcher Aufwand von Hand betrieben wird.


Kult kommt von Können

Um den Kult um dieses Modell wirklich zu verstehen, sollte man an dieser Stelle dennoch ein bisschen tiefer gehen. Es ging bei der Nautilus bei weitem nicht nur um einen Trend oder einfach nur um ein schickes Design. Bei Patek dreht sich immer alles um den Kern, die Werke der Uhren. Noch vor Gentas Entwurf, in der ersten Hälfte der Siebziger Jahre, begannen die Ingenieure bei Patek Philippe über eine Armbanduhr nachzudenken, die man nicht aufziehen musste und dennoch auf gewisse Weise mit Quarzuhren konkurrieren konnte, natürlich nicht mit derselben Präzision.

In der autorisierten Patek Philippe Biographie zitiert mein britischer Kollege Nicholas Foulkes, der wie kaum ein anderer in die Geschichte des Hauses Patek Philippe eintauchen durfte, Philippe Stern. Dieser erinnert sich an ein interessantes Detail: „Wir dachten, dass wir es vielleicht eleganter machen konnten als eine Quarzuhr.“

Heute im Rückblick scheint es leicht, bestimmte Entwicklungen logisch nachvollziehen zu können. Um die enorme Weitsicht zu verstehen, mit der die Familie Stern sich damals im Gegensatz zu fast der gesamten Schweizer Uhrenindustrie verhielt, möchte ich hier doch noch auf ein paar interessante Umstände eingehen und die Frage in die Runde stellen, ob sich jeder von uns in dieser Situation so mutig verhalten hätte.


Unternehmerischer Mut – und Risiko

Philippe Stern war erst Mitte Zwanzig als er Ende der Sechziger Jahre aus einem USA Aufenthalt zurückkehrte. Die Firma Patek Philippe produzierte, wie man stolz in der Werbung erzählte, nur rund 23 Uhren pro Tag.2 Stolz war man auf diese niedrige Produktionszahl vor allem deshalb, weil sie die enorme handwerkliche Mühe illustrierten, mit der jede Uhr von Patek ihrer Fertigstellung entgegen blickte. Dazu stellte man noch nicht mal alle Teile der Armbanduhren selbst her. Das war damals auch vollkommen unüblich.

Philippe Stern
Präsident der Genfer Uhrenmanufaktur Patek Philippe von 1977 bis 2009

Traditionell glich die Schweizer Uhrenindustrie einem dichten Geflecht von hochspezialisierten Familienbetrieben. Auch der weltweite Handel funktionierte nach diesem Prinzip. Allerdings war der Wandel zu spüren. Die Konsolidierung und Konzentration von Fertigungskapazitäten gewannen in größeren Unternehmen mehr und mehr an Bedeutung. Die große, technische Errungenschaft der Uhrmacherei der späten sechziger Jahre, die ersten automatischen Schweizer Chronographenwerke, waren nicht durch einen Pionier, sondern nur durch ein Konsortium aus Heuer und Breitling möglich gewesen, da die Entwicklung Unsummen verschlungen hatte.

Genf, Schweiz

Die großen Veränderungen spürte man auch in den Gesellschaftsformen der Unternehmen selbst: Girard-Perregaux ging 1969 als erstes Uhrenunternehmen an die Börse, im Jahr darauf folgte Heuer. Gleichzeitig tauchte aber ein neuer Player am Markt auf: Japan. Seiko präsentierte zum Beispiel einen ähnlichen Chronographen-Mechanismus im selben Jahr wie die Schweizer Industrie, deren technischer Vorsprung dahingeschmolzen war. Junior Philippe Stern, der mehr und mehr mit den Geschäften der Firma betraut wurde, war schon Ende der Sechziger Jahr klar, dass die Branche und die Märkte vor gewaltigen Umbrüchen standen.


Unabhängigkeit als Erfolgsfaktor

Aber noch im Dezember 1970, lange bevor die Branche insgesamt in eine tiefe Krise rutschte, machte er in einem Interview klar, sich niemals irgendeiner Firmengruppe anschließen zu wollen, sondern „hochwertige Uhren für die Bedürfnisse einer wertschätzenden und anspruchsvollen Klientel zu entwickeln“, wie es in der Firmenbiographie nachzulesen ist. Vor allem anderen, so die Firmenhistorie, müsse man das Haus und sein Image als Luxusunternehmen schützen und stärken.

Die neue Patek Philippe Manufaktur – 2020. Geneva, Schweiz

Aussagen wie diese lesen sich heute logisch, waren aber in Wahrheit eine These, die sich erst viele Jahre später wirklich auszahlen sollte: „In einer Welt, in der die Normierung zur Regel geworden ist, gewinnt die Prestige-Produktion umso mehr an Gewicht.“ Stern sprach‘s und wusste: Das musste er anhand von ultra-aufwendiger und dennoch alltagstauglicher Mechanik erst noch beweisen.


Stückzahlen steigern und Sammler dennoch glücklich machen

Gleichzeitig erkannte Philippe Stern recht schnell – er rettete damit wahrscheinlich die Eigenständigkeit der Firma über die Quarzkrise – man musste wachsen um handlungsfähig zu bleiben. Heute lächeln viele vielleicht bei diesen Stückzahlen der Sechziger Jahre, aber von den zirka 6000 Uhren pro Jahr kam man Anfang der Siebziger immerhin auf rund 15.000 Stück. 366 Mitarbeiter arbeiteten damals bei Patek. Und eine Erklärung über die enorme Begehrlichkeit von Uhren aus dem Hause Patek Philippe liegt unter anderem eben auch daran, dass man nie zu sehr an der Stückzahlenschraube drehte obwohl immer der Druck bestand, deutlich mehr Uhren herzustellen, nicht erst seit Händler für die Nautilus eigene Wartelisten einführten.

Heute, bald 50 Jahre später, liegt die Jahresproduktion immer noch bei nur rund 62.000 Uhren. Und Interessant ist in dem Zusammenhang auch, dass Patek schon damals (wie auch heute, was wir später sehen werden), der Devise treu blieb, eine möglichst breite Palette an Uhren anzubieten, anstatt sich auf einen Sektor zu beschränken oder die Firmenidentität an ein einziges Modell zu binden. Ahnen Sie worauf ich hinaus will? Ein solches Vorhaben wäre durchaus produktionstechnisch und wirtschaftlich logisch gewesen, aber tödlich im volatilen Markt der frühen Siebziger Jahre.

Es war für Philippe Stern nebenbei bemerkt, auch absolut selbstverständlich, nicht nur die kompliziertesten Armbanduhren der Welt herzustellen, sondern auch elektronische Zeitmesser für den Zug- und Flugverkehr, schlanke Sixties-Modelle wie die Ellipse d’Or ebenso wie Haute Joaillerie-Damenuhren, Dom-Penduletten mit Solarantrieb und extrem komplizierte Taschenuhren, wie die berühmte Uhr für Seth G. Attwood zu bauen, deren säkularer, ewiger Kalender neben den Zeitsprüngen alle vier Jahre auch die alle vierhundert Jahre berücksichtigte.

Fotocredit © Patek Philippe

Und dann passiert eine Katastrophe: Mit den billigen Quarzuhren und der Verabschiedung des Dollars vom Goldstandard brach der Schweizer Uhrenmarkt regelrecht in sich zusammen. Der Weltmarktanteil Schweizer Uhren sank von 43 Prozent im Jahr 1977 auf 15 Prozent im Jahr 1983, die Zahl der Beschäftigten rutschte von 90.000 auf unter 40.000. Auch bei Patek kam man um Entlassungen nicht umhin.


Eine Luxus-Sportuhr gegen die Krise

All das sollte berücksichtigt werden, wenn man den Mut verstehen will, mit dem die Nautilus im Jahr 1976 geschaffen wurde.  Nehmen wir zum Beispiel das Jahr 1978, zwei Jahre nach Lancierung der Nautilus, als Philippe Stern von einer Asienreise zurückkehrte. Er wandte sich in gedrückter Stimmung an seine Arbeiter und schilderte ihnen wie in Fernost am Fließband teils nach Schweizer Methoden gefertigt wurde aber zu Bedingungen, mit denen die Schweizer einfach nicht mithalten können würden.3

Fotocredit © Patek Philippe

Interessant ist seine Schlussbemerkung in der Runde. Dennoch schien er „überzeugt, dass das Schweizer Produkt eine sehr positive Zukunft hat, da es über ein starkes Markenimage verfügt, und auf der weltweiten Bühne bekannt ist, wo es sich durch Spezialisierung technischer, ästhetischer oder sonstiger Art und exzellenter Qualität klar von Massenware abgrenzen kann.“4

So visionär muss man erstmal sein. Aber in der Krise zeigen sich eben die wahren Unternehmer. Und Patek ja technisch wie oben erwähnt nicht gerade hintendran. Bereits Ende der Siebziger Jahre war man auch dank der Herstellung von hauseigenen Quarzwerken unabhängig geworden und schalte darin Anfang der Achtziger das erste Nautilus– Damenmodell ein. Aber dazu später mehr.


Der Aufstieg zur Ikone

Woher kommt der enorme Run heute auf die Nautilus? Ein weitverbreiteter Irrtum ist, dass die Genta-Uhren erst in den letzten Jahren populär wurden. Das Internet machte dem Sammlermarkt nur die Seltenheit der Uhr bewusst und die sozialen Medien dienten nur als Brandbeschleuniger für eine globale, digitale Elite. Die Nautilus sowie die Royal Oak sind seit Jahrzehnten populär und wurden schon in der Prä-Instagram-Ära von Stil-Ikonen getragen. Sie waren – der Scherz muss erlaubt sein – immer der Gold-Standard bei Luxus-Sportuhren.

Fotocredit © Horology-Ancienne

Es ist nur so, dass im letzten Jahrzehnt tausende Gutverdiener in das Hobby Uhrensammeln eingestiegen sind und billiges Geld der Notenbanken und fehlende alternative Sachwertanlagen die Nachfrage nach allen berühmten Schweizer Uhrenmodellen hat steigen lassen, aber exponentiell natürlich nach den begehrtesten. Gleichzeitig sind die Produktionszahlen nicht annähernd genug gestiegen, um mit dieser Explosion der Nachfrage Schritt zu halten. Das kann man auch an relativ verbreiteten Modellen wie der Rolex Submariner sehen, die immer die begehrteste Taucheruhr war. Aber selbst Rolex ist bei hunderttausend neuen Sammlern, die alle die eine Taucheruhr haben wollten, machtlos, wenn man nicht so viel produziert, dass man langfristig damit die Preise völlig verdirbt. Was zwangsläufig dazu führt, dass sich die Lücke zum Handelspreis weiter vergrößert.


Langfristiges Handeln als Firmenziel

Wie man den vorangegangenen Absätzen leicht entnehmen kann, produziert Patek alle seine Uhrenmodelle im Hinblick auf eine lange Präsenz am Markt. Nachfrageschübe wie derzeit kollidieren dann natürlich mit geringen Produktionszahlen wie bei der Nautilus, denn wohl kaum eine Serien-Stahlsportuhr wird seltener produziert. Das klingt vielleicht komisch, aber Standard waren bei Patek bis heute immer Uhren aus Edelmetall gewesen, nie aus Stahl. Und man tut gut daran, das nicht zu ändern.

Sowohl elegant als auch sportlich – Nautilus 5711/1R

Ein weiterer Punkt, der nicht genug diskutiert wurde und den kürzlich ein aufmerksamer Sammler bei Hodinkee postete, ist schlicht die Tatsache, dass sich die westlichen Gesellschaften heute viel legerer kleiden als in der Vergangenheit, was bedeutet, dass die meisten Sammler lieber Sportuhren tragen wollen, die zudem dem anonymen Jeans-und T-Shirt-Millionär erst seinen dezenten Status verleihen. Mit einem dreiteiligen Anzug wäre das zwar einfacher, aber so sind die Zeiten nun mal nicht mehr und selbst wenn: Am Jacket wird die Uhr in der Regel ja auch noch von der Manschette verdeckt.


Die Konkurrenz kopiert die Klassiker

Erschwerend kommt hinzu, wenn man den Uhrenmarkt der letzten fünf bis zehn Jahre genauer betrachtet, dass sich die Konkurrenz völlig damit zufrieden zu geben scheint, offensichtliche Imitationen dieser rund fünf bis zehn Hero-Uhrenmodelle herauszubringen. In der Hoffnung, Käufer anzulocken, die sich die Uhren, die sie wirklich wollen, nicht mehr leisten können oder aufgegeben haben, auf die Uhren zu warten.

Das zeitlose Design – Nautilus 5711/1A

Wenn aber Modelle wie die Referenz 5711 zu reinen Statussymbolen und Trophäen für die leistungsorientierten, digitalen Eliten werden, die sich nur ganz nebenbei auch für Geschichte und Feinuhrmacherei wirklich interessieren, wird es für Patek Philippe schnell gefährlich. Und dann zieht Firmenerbe Thierry Stern eben die Notbremse und nimmt ein Produkt aus dem Markt. Denn wenn sich ein Kunde nicht wirklich für eine Sache interessiert, sondern nur für deren Wertsteigerung, warum sollten es dann der eigene Sohn oder die Tochter tun?

Patek Philippe Nautilus Werbung mit der Referenz 5712/1A

Aber nur dieser geheime Generationenvertrag, bei dem Sammler ihre Leidenschaft quasi weitervererben, macht Luxusmarken generell, aber Patek Philippe im Besonderen erst so wertvoll. Nicht umsonst stammt der bekannteste Werbeslogan der Uhrenwelt von derselben Firma und lautet: „Eine Patek Philippe gehört einem nie ganz allein. Man erfreut sich ein Leben lang an ihr, aber eigentlich bewahrt man sie schon für die nächste Generation auf.“


Die Geschichte der Patek Philippe Nautilus Uhrwerke

Obwohl Anfang der Siebziger Jahre neben vielen Uhrenfirmen auch Patek versuchte, bei den sich extrem schnell ausbreitenden Quarzuhren mitzuhalten, war Philippe Stern bei der Nautilus vom Gegenteil überzeugt: „Die Nautilus sollte eine mechanische Uhr bleiben.“

Philippe und Henri Stern – 1989

Und das sagte jemand, der voll in das Geschäft mit industriellen Quarzuhren eingestiegen war! Wie gut Patek sich mit Quarzuhren auskannte, war zum Beispiel daran zu erkennen, dass Philippes Vater, Henri Stern, bereits 1948 eine Elektronikabteilung einrichtete. 1956 kündigte man bereits die erste vollelektronische Uhr an. Auch wenn es heute Sammler befremden mag, damals wurden elektronische Zeitmesser mit demselben Verve wie mechanische beworben, nicht selten nebeneinander.

Patek belieferte in den Folgejahren auch Großkunden der Industrie, öffentliche Einrichtungen, Verkehrsunternehmen mit seinen hypergenauen, quarzgesteuerten Zeitmessern. Nicht nur der Flughafen von Genf Cointrin verfügte über eine Patek Philippe Quarz-Anlage mit sogenannten Mutter- und Nebenuhren, selbst den Kollegen von Rolex stellte man freundlicherweise eine Version für die Fabrik zur Verfügung. Ja, sogar der heilige Stuhl in Rom vertraute nach einigen Päpsten im 19. und 20. Jahrhundert, die bereits Taschenuhren von Patek besaßen, der Familie Stern seine neue Zeiterfassung an: Die Anlage steuerte hunderte elektronische Uhren in Vatikanstadt und diente als Basis für das Zeitsignal von Radio Vatikan.

Patek Philippe Kaliber 28-255C

Ultraflache, mechanische Uhrwerke wie das von LeCoultre in der ersten Generation der Patek Philippe Nautilus, der 3700/1A, waren damals eher unüblich und unter Hochdruck begann man eigene, flache Automatikwerke zu entwickeln. Das damalige Kaliber 28-255C basierte auf jenem legendären Jaeger-LeCoultre Kaliber 920, welches heute noch in Klassikern wie der Audemars Piguet Royal Oak „Jumbo“ und der Vacheron Constantin Overseas Ultra Thin Verwendung findet.

Patek Philippe Kaliber 335 SC

Schon 1981 wechselte man bei den Midsize-Modellen auf das selbst entwickelte Kaliber 335 SC. Diese Uhr verfügte zudem über eine Zentralsekunde. Denn als Mitte der 1980er Jahre mit der Ref. 3800 der Nachfolger der ursprünglichen Nautilus präsentiert wurde, endete die Ära der „Jumbo“. Denn jene Nachfolgereferenz war mit lediglich 37,5 Millimetern Durchmesser deutlich kleiner. Erst das Jahr 2004 brachte eine Neuauflage der „großen“ Nautilus in Form der Ref. 3711. Die 3711 gab es ausschließlich in Weißgold und mit schwarzem Blatt. Die Referenz lautete entsprechend 3711/1G-001. Die Quellen gehen hier ein bisschen auseinander, aber laut der Seite luxify.de wurde sie nur rund zwei Jahre gebaut, was das deutsche Auktionshaus Crott bestätigte. Als Werk setzte man bei der 3711 auf das Kaliber 315 SC mit Zentralsekunde und Datum.

Patek Philippe Nautilus Referenz 3711/1G-001

Doch zurück zu den Anfangsjahren. Philippe Stern gab sich als frisch designierter Firmendirektor natürlich nicht damit zufrieden, ein fremdes Basiskaliber in seiner Nautilus zu verwenden. Parallel gab er daher bereits Mitte der Siebziger Jahre gleich mehrere bahnbrechende Uhrwerke in Auftrag, darunter das besonders komplexe Kaliber 240 mit Mikrorotor, das sein Debüt 1977 in der Ellipse D’Or feierte und 2005 kurz vor dem 30. Geburtstag der Nautilus im Jahr 2006 erstmals Einzug in deren Gehäuse fand. Und zwar in der Referenz 3712, die nur zirka ein Jahr gebaut wurde und von der laut 100percentpassion.net nur rund 900 Exemplare existieren sollen. Nicht zu vergessen, das extrem präzise Automatikwerk Kaliber 324SC, das mit einer Gangabweichung von -3 und +2 Sekunden pro Tag bis heute jeden Schweizer Chronometer (nach COSC-Standard) in den Schatten stellt und ebenfalls seit 2006 die Nautilus antreibt (und erst kürzlich abgelöst wurde).

2009 übergab Philippe Stern das Zepter an seinen Sohn Thierry als Firmenpräsidenten. Dessen damalige Frau Sandrine arbeitet als Chefdesignerin im Unternehmen. Um die herausragende Qualität seiner Uhren für die Zukunft zu sichern, krönte Philippe Stern dazu sein Lebenswerk mit einem hauseigenem, strengen Qualitätssiegel. Das sogenannte Patek Phillipe Siegel trägt bis heute selbstverständlich auch jede Nautilus. Und bis heute stellt Patek übrigens auch noch eigene Quarzwerke her, auch wenn ausschließlich in Damenmodellen und zudem aufwendig von Hand finissiert.


Alle wichtigen Modelle der Patek Philippe Nautilus

Kommen wir zu den einzelnen Modellen und Ihren Varianten bis heute: Das Urmodell der Patek Philippe Nautilus wurde 1976 vorgestellt. Die Referenz 3700/1A mit ihrem 42 Millimeter großem Stahlgehäuse und einem Werk, das wie erwähnt von LeCoultre stammte, bleibt bis 1990 im Programm. Erkennbar ist das Modell am fehlenden Sekundenzeiger. Angeblich wurden laut acollectedman.com nur rund 3300 Exemplare gebaut.

Patek Philippe Nautilus 3700 Skizzen

Für Philippe Stern war von Anfang an klar gewesen, dass die Nautilus ein mechanisches Werk behalten sollte, zumal die Uhr recht groß war, sodass „ein kleines Quarzwerk nicht gerade eine uhrmacherisch befriedigende Lösung gewesen wäre“. Er baute allerdings in die erste Nautilus Damenuhr ein Quarzwerk ein. Und ergänzte für einen Artikel im Patek-Magazin: „Für mich war klar, dass sich Patek Philippe auch in Zukunft auf mechanische Werke konzentrieren sollte, im Falle der Nautilus hätte ich nicht gewusst, womit wir ein Quarzwerk rechtfertigen hätten sollen. So eine große Stahluhr war damals eine Ausnahme für Patek und ich dachte, ein Quarzwerk würde all den für Patek untypischen Appeal zerstören.

Die erste Patek Philippe Nautilus Ref. 3700/1A in einem 42mm Edelstahl-Gehäuse mit dem blauen Zifferblatt.


Mit der Damenvariante zum Erfolg

1980 wird die Damenversion der Nautilus vorgestellt. Im Jahr darauf, 1981, kommt die Nautilus in einer heute für Sammler sehr spannenden Midsize-Größe auf den Markt. Dieses Modell misst nur noch 37,5 Millimeter im Durchmesser. Eingeführt 1982, ist die Referenz 3800 in einer viel breiteren Palette von Gehäuse-, Zifferblatt, und Zeiger-Konfigurationen erhältlich, als die beiden anderen Modelle und sogar anfänglich teurer als die berühmt Referenz 3700. Das mag daran liegen, dass die Referenz 3800/1A nun erstmals vom eigens entwickelten Kaliber 335 SC angetrieben wird. Erkennbar ist diese Linie, die nun das neue Herz der Nautilus-Kollektion bildet, an der neuen Zentralsekunde. Sie macht die Uhr für Männer und Sammler mit schmaleren Handgelenken interessant. Über die Ursachen dieses wichtigen Schrittes spekulieren Experten: Wie acollectedman.com in einem sehr lesenswerten und ausführlichen Spezialguide zu diesem Modell berichtet, ging es vor allem darum „die Referenz an jüngere Generationen“ zu verkaufen  „als Sport- und Freizeituhr“.

Ref. 3800/1A

Es werden einige wenige Modelle in Platin gebaut (Referenz 3700/1P). Im gleichen Jahr wird erstmals ein Bicolor-Modell eingeführt. Bei der Referenz 3900/1JA, die nur in der Midsize-Größe angeboten wird, bestehen Teile des Armbandes, das Zifferblatt sowie der zweiteilige Gehäusekorpus aus 18-karätigen Gold. 1996, zwanzig Jahre nach Vorstellung der klassischen „Jumbo“, werden erstmals Modelle mit römischen Ziffern angeboten. Die Referenz 3800/1JA gab es in Bicolor, mit der Referenz 5060/SJ wurde die Nautilus erstmals mit einem Lederarmband präsentiert. Sie ebnete den Weg für die ein Jahr später Lancierte Linie Aquanaut mit deren ersten Stahlmodell, der Referenz 5060A.5

Ref. 3700/1JA

Ref. 3800/1JA & 3800/1A & 3800-1

1998 wurde die Uhr erstmals mit Komplikation angeboten: Es beginnt mit einer Gangreserve-Anzeige in der Referenz 3710/1A. Diese Uhr mit römischen Ziffern hat auch erstmals den bis heute gebräuchlichen Gehäusedurchmesser von 40 Millimetern. 2004 wird erstmals ein Modell in einem Weißgoldgehäuse vorgestellt, die Referenz 3711/1G. Im Folgejahr, 2005, wird das damals komplizierteste Modell, die Referenz 3712/1A vorgestellt: Sie verfügt über eine Gangreserveanzeige, Mondphasenindikation und eine kleine Sekunde bei „4“ Uhr.

Ref. 3711/1G & 3710/1A


Die Patek Philippe Nautilus wird kompliziert – und noch sportlicher

Zum 30. Jubiläum im Jahr 2006 werden wie oben kurz erwähnt gleich mehrere wichtige Änderungen an der Nautilus vorgenommen. Äußerlich am auffälligsten ist die etwas scharfkantiger polierte Lünette. Damit steht die Uhr, um die heute der größte Hype herrscht: Das nun dreiteilige Gehäuse wird mit einem Saphirglasboden ausgerüstet. Geblieben ist der Bullaugenmechanismus zum Festspannen der Lünette. Durch den Sichtboden kann man der größten Veränderung an der Uhr beim Arbeiten zusehen: In der Referenz 5711/1A arbeitet nun erstmals das komplett aus eigener Fertigung stammende, extrem ganggenaue Uhrwerk mit Zentralrotor, das Kaliber 324 SC. In der Mediumgröße wird übrigens die klassische zweiteilige Bauweise mit Monocoque und Lünette beibehalten, als Reminiszenz an das Original.

Ref. 5711/1A-010

Für die Referenz 5711/1A endete 2021 nach 15 Jahren kurz vor dem 50. Geburtstag der Lebenszyklus. Die noch größere Sensation war aber eigentlich im Jahr 2006 die Vorstellung des ersten Chronographen der Nautilus-Familie mit der Referenz 5980/1A. Auch das Mondphasenmodell (Ref. 5712/1A) und das Midsize-Modell (5800/1A) erfahren Veränderungen im Gehäuseaufbau und bei den Werken. Ebenfalls feierte mit der Referenz 5712R das erste Roségoldgehäuse in einer Patek Philippe Nautilus Premiere.

Ref. 5980/1A-001 & 5800/1A-001

Ref. 5712/1A-001


Ref. 5712R-001 & Ref. 5712G-001

Noch eine interessante Neuerung erhält zum runden Geburtstag Einzug in die Nautilus-Familie, vielleicht ein Geheimtipp für Sammler: Denn erstmals gibt es in einer Nautilus ein weißes Zifferblatt, das mit dem Chronographen 5980/1A-19 Premiere feiert. Nur drei Stahlvarianten erhielten insgesamt bis heute diesen Look: Die Dreizeiger-Uhr im Jahr drauf und der Jahreskalender mit Mondphase sechs Jahre später. Alle Modelle sind inzwischen ausgelaufen und waren jeweils nur bis 2014, 2020 und 2019 zu haben. Und für Profis: Ja, es gab auch eine Goldversion mit weißem Blatt, allerdings mit Lederband, die Referenz 5711J-001.

Ref. 5711J-001


2009 legt Gérald Genta noch einmal Hand an

Am Design des neuen Damenmodells von 2009, das nun über einen größeren Gehäusedurchmesser von 32 Millimeter verfügt, war noch einmal Gérald Genta beteiligt. Erstmals sind Diamanten auf einer Patek Philippe Nautilus zu sehen, und zwar auf der Lünette. 2010 wurde eine Jahreskalenderversion mit Lederband vorgestellt (Referenz 5726A), zwei Jahre später folgte die praktische Funktion an einer Uhr mit Stahlband (Referenz 5726/1A).

Ref. 5726A-001

Bei den Patek Philippe Nautilus Chronographen verhielt es sich genau umgekehrt zu den Jahreskalender-Uhren: Die Version mit Lederband folgte 2010 (in der Referenz 5980R-001), vier Jahre nach Vorstellung des Stahlband-Chronos. 2013 wird die Damenlinie überarbeitet: Neue Lederbänder werden eingeführt, gleichzeitig erhalten die Zifferblätter ein wellenförmiges Muster.

Ref. 5980R-001

Im gleichen Jahr erscheinen auch zwei interessante Design-Neuigkeiten bei den Chronographen: Nach der ersten Bicolor Nautilus von 1981 gibt es nun die erste komplizierte Bicolor-Uhr von Patek, den Chronograph der Referenz 5980/1AR-001 sowie die erste komplizierte, massiv goldene Version: Der Chronograph der Referenz 5980/1R-001. Beide Modelle sind bis heute im Programm.

Ref. 5980/1AR-001 & 5980/1R-001

2014 werden zwei beliebte Funktionen, eine Travel-Time-Funktion und ein Chronograph erstmals zusammen in einer Nautilus verwirklicht. Das war eine völlig neue Kombination im gesamten Portfolio der Manufaktur. Die beiden Drücker zum Vor- und Zurückstellen der Ortszeit in Ein-Stunden-Schritten sind so elegant in die Gehäuseflanke integriert, dass die typischen Konturen des Bullaugen-Designs erhalten bleiben. Die Referenz 5990/1A-001 „Travel Time“ war bis zur Einführung des ewigen Kalenders die komplizierteste Nautilus: Sie sorgte mit ihrem einzigartigen Zeitzonenmechanismus sowie Tag- und Nachtanzeige für Aufsehen. Gleichzeitig handelt es sich bei der Uhr um einen aufwendigen Flyback-Chronographen. Unabhängig von den Chronographen folgte 2015 das erste Damenmodell mit hauseigenem Automatikwerk und ohne Diamanten in Stahl, das hier nicht unerwähnt bleiben soll.

Ref. 5990/1A-001


Von der Jumbo zur Big Jumbo

Zum 40. Geburtstag wächst das Gehäuse der Nautilus: Erstmals wird der Chronograph der Referenz 5976/1G in einem 44 Millimeter großen Weißgoldgehäuse vorgestellt. Die Uhr, erkennbar an einem besonderen Zifferblatt mit dem Schriftzug „1976 – 40 -2016“, ist auf 1300 Exemplare limitiert. Extrem rar sind die ebenfalls zum 40. Geburtstag vorgestellten streng limitierten 700 Exemplaren der Platinversion, ein Material, das traditionell bei den Top-Sammlern den allerhöchsten Ruf genießt. Die Referenz 5711/1P ist neben dem Jubiläums-Schriftzug auch an den aufgesetzten Diamant-Indizes zu erkennen. So wurde aus der großen Uhr von einst eine dezent lässig elegante Über-Sportuhr des 21. Jahrhunderts.

Ref. 5976/1G & 5711/1P



2017, im selben Jahr, in dem die Aquanaut ihren zwanzigsten Geburtstag mit zwei wunderschönen Referenzen feierte und peu à peu der Nautilus echte Konkurrenz machen sollte, zeigt die Aquanaut Travel Time Referenz 5650A Advanced Research mit ihrem durchbrochenen Zifferblatt auch klar auf wohin die Reise technisch bei Sportuhren geht: Noch komplizierter, noch präziser. Bei den Damen-Nautilus werden die Referenzen 7118/1A-010 mit weißem und braunem Blatt 7118/1A-011 in Edelstahl vorgestellt.

Ref. 7118/1A-011


Gemacht für die Ewigkeit

2018 erhält eine klassische Komplikation Einzug in die Sportuhrenreihe: Die erste Nautilus mit ewigem Kalender erscheint (Referenz 5740/1G-001), während zugleich der erste Aquanaut Chronograph vorgestellt wird. 2019 kam mit dem sehr praktischen Jahreskalender der Referenz 5726/1A-014 mit Mondphasenindikation eine weitere komplizierte Nautilus erstmals mit dem berühmten blauen Zifferblatt heraus. Nun war der Nachfrage-Druck auf den klassischen Look der Nautilus schon deutlich zu spüren. Als Ablösung der beiden eingestellten 5726/1A Varianten unterscheidet sich die neue nur durch ihr Blatt von den Vorgängerreferenzen.

Ref. 5740/1G-001 & 5726/1A-014

Und eine nicht zu unterschätzende Neuerung wurde in dem Jahr auch im Klassiker, der Ref. 5711 eingeführt: Statt des Kalibers 324 SC wird nämlich seitdem das neuere Kaliber 26-330 SC verbaut. Dieser Schritt stellt ein interessantes Detail in der Produktstrategie von Patek Philippe dar: Man verändert nicht ohne Grund ein Produkt, auf dem hoher Nachfragedruck herrscht. Ein neues Werk bedeutet immer Mehraufwand. Interessanter Sidekick: Es gibt nicht mal eine Pressemitteilung über diesen wichtigen Schritt für eine solche, doch Epoche machende Uhr.

Was ist nun anders? Das Kaliber ist eine Weiterentwicklung des Kalibers 324 und wäre im Prinzip mit dem Grundwerk austauschbar. Fast identischer Durchmesser mit 26,6 Millimeter, gleiche Bauhöhe mit 3,3 Millimeter. Das neue Kaliber verfügt allerdings über einen Sekundenstopp, bei Patek ausgeführt als Unruhstop, eine Funktion, die schon seit Jahren von Patek-Kunden immer wieder nachgefragt wurde. Sie wird wirksam, sobald man die Krone in die Zeigerstell-Position zieht. Dank dieser Vorrichtung kann der Nutzer die Zeiteinstellung sekundengenau vornehmen. Wird die Krone wieder ans Gehäuse gedrückt, verleiht der Mechanismus der Unruh einen leichten Impuls, um sie wieder in Bewegung zu setzen.

Es gehört heute quasi zum guten Ton der Schweizer Hersteller-Elite. So stellen Profis die Zeit sekundengenau ein. Zusätzlich wurde bei dem Werk der automatische Aufzug durch die Entkopplung des Reduktionsrades verbessert und ist zum Patent angemeldet. Trotz der Maßnahmen schrumpfte dennoch die Anzahl der Bestandteile von 217 im Kaliber 324 SC auf 212 im Kaliber 26-330 SC. Die Gangreserve blieb unverändert bei 35 bis 45 Stunden.

Wie muss man diesen Schritt einschätzen vor dem Hintergrund der nun eingestellten Referenz 5711? Ich denke, Patek denkt gar nicht im Traum daran, die Nautilus einzustampfen, aber dazu weiter unten mehr. Man macht seine Hausaufgaben, denkt langfristig und hört auf seine Kunden. Spätestens hier dürfte der langfristige Plan für die Nautilus geschmiedet worden sein, zwei Jahre vor Ihrer Einstellung als Stahluhr. Denn wer investiert in etwas, was er nicht weiterführen möchte?

Ref. 5711/1A-010 & 5711/1A-014

Aber zurück zu den Modellen: Natürlich dürfen 2019, zehn Jahre nach der Neulancierung der Damen-Variante mit Gentas letztem Schiff, solche Modelle nicht fehlen: Eine Damen-Nautilus der Referenz 7118/1200A in Edelstahl mit Datum und Sekundenstopp, mit weißen (7118/1200A-010) und blauen (7118/1200A-001) Blatt sowie Diamantlünette sind erhältlich. Ebenso die roségoldene 7118/R-001 mit weißem Blatt. Dazu gesellt sich eine wunderschöne roségoldene Variante mit goldenem Zifferblatt in der Referenz 7118/1R-010.

Ref. 7118/1200A-001 & 7118/1R-010


Die Ruhe vor dem großen (An-)Sturm

2020 herrschte dann quasi die Ruhe vor dem großen Sturm. Es kam keine neue Nautilus Referenz mehr auf den Markt. In Genf waren die Würfel über die klassische Nautilus laut einem Artikel der New York Times aber bereits gefallen. Dort gab Thierry Stern im Februar dieses Jahres zu Protokoll:


„Im Jahr 2019, auf der Baselworld, habe ich gesagt, dass es meiner Meinung nach zu viele Nautilus da draußen gibt. Das Auslaufen der Ref. 5711 ging mir damals durch den Kopf. Und als ich 2019 die Entscheidung traf, wussten wir bereits, was als nächstes kommen würde.“

– Thierry Stern

Abschied in Olivgrün

Warum sich die Familie Stern ausgerechnet für ein olivgrünes Zifferblatt zum Abschied der Edelstahlversion entschieden hat, mag ihr Geheimnis bleiben, ich hoffe nicht, weil sich etliche Kunden grün geärgert haben dürften, nun, von alten Listen gestrichen worden zu sein, auf denen sie zum Teil eine Dekade gestanden hatten. Thierry Stern war vollkommen bewusst, was er tat, denn er gestand der New York Times: „Manche Händler bekamen nur zwei Nautilus pro Jahr, hatten aber 100 Namen auf ihrer Warteliste.“

Das tut aber der Bedeutung dieser letzten Stahlvariante keinen Abbruch. Am 7. April 2021 verkündet man auf dem ebenfalls neuen Messestandort Genf folgendes Statement: „Nach der Ankündigung, dass 2021 das letzte Produktionsjahr der Edelstahluhr Referenz 5711/1A sei, wird dieses Kultmodell mit einem olivgrünen Zifferblatt präsentiert – ein Farbton, den es in der Nautilus Kollektion noch nie zuvor gegeben hat. Diese neue Variante ersetzt die Referenz 5711/1A-010 mit einem Zifferblatt im Blau-Schwarz-Verlauf.“

Ref. 5711/1A-010 in Blau & 5711/1A-014 in Olivegrün

Nie, und das sei für Kenner angemerkt, gibt es natürlich nicht in der Uhrenwelt. Denn Sammler werden sehr wohl wissen, dass es, sagen wir es mal, unfreiwillig, grün gewordene Modelle der Nautilus gibt, deren Zifferblätter durch Sonneneinstrahlung die Farbe veränderten. Von den ersten geschätzten rund 3300 Exemplaren (so behauptet es jedenfalls acollectedman.com) der ursprünglichen Referenz 3700/001A sind besonders die „Type 6“ und „Type 7“ genannten Blätter betroffen, die damals bei Stern Fréres herstellt wurden, jenem Lieferanten, aus dem die heutige Eigentümerfamilie stammt und der mittlerweile in die Manufaktur integriert wurde.


Was kommt nach dem Klassiker?

Zurück zu den jüngsten Neuheiten, denn sie liefern schon einen Eindruck, was auf Fans und Sammler demnächst zukommen könnte. Denn eines ist sicher: Die Nautilus wird es weiterhin geben – nur eben ein bisschen anders. Zum einen haben wir 2021 in Genf interessante Schmuckuhren gesehen, die darüber Aufschluss liefern: Mit der Referenz 5711/1300A-001 tauchte eine neue und einzigartige Kombination von Edelstahl und Baguette-Diamanten auf. Die charakteristische Form von Lünette und Gehäuse wird durch einen Ring aus 32 lupenreinen Top-Wesselton-Baguette-Diamanten betont. Jeder Baguette-Diamant trägt eine besondere, leicht trapezoide Form anstelle des klassischen Rechtecks und ist passend auf die achteckige Lünetten-Kontur mit den abgerundeten Ecken eingeschliffen.

Ref. 5711/1300A-001

Wer sich mit Diamantschliff auskennt, weiß, dass man normalerweise den Schmuck um die Steine entwirft, um möglichst wenig Verlust zu haben. Jeder Diamant verliert beim Schleifen rund 50 Prozent seines Ausgangsmaterials. Bei Pavée-Uhren fallen davon noch mal rund 60 Prozent weg, so dass ein 3-karätiger Diamant an einem Ring ungefähr um die Hälfte billiger ist als 3 Karat in einer Armbanduhr, wie mir einmal der Eigentümer der Firma Bunter SA erklärte.

Neben Baguette-Diamanten sahen wir mit der Damen-Referenz 7118/1450R-001 auch wieder eine Nautilus mit sogenanntem willkürlichem Diamant-Vollbesatz (nicht, dass sich nicht schon einige Rapper vorher eine 5719/10G mit 255 Diamanten geholt hätten oder eine besondere Kundin die allererste Snow-Flake-Setting-Nautilus aus 2010, die Referenz 7021/1GR).

Ref. 7118-1450R-001

Auf dem neuen Haute Joaillerie-Modell in Roségold erstrahlen allerdings 2553 lupenreinen Top-Wesselton-Brillanten auf dem Gehäuse, der Lünette und dem Armband, die in der sehr seltenen Pavé-Technik gefasst wurden. Bei diesem sogenannten Schneebesatz werden Diamanten unterschiedlicher Größen in freier Form so angeordnet, dass zwischen den einzelnen Steinen möglichst wenig Edelmetall durchschimmern kann. Sorry, Jay-Z und Co., hier heißt es endlich einmal Ladies first. Bei den komplizierten Modellen tauchte der praktische Travel Time-Chronograph erstmals mit dem markanten blauen Sonnenschliffzifferblatt in der Referenz 5990/1R-001 auf, allerdings ist das Modell komplett in ein Roségoldgehäuse eingeschalt.

Ref. 5990/1R-001



Was kommt 2026 zu 50 Jahren Patek Philippe Nautilus?

Als eine der letzten familiengeführten Schweizer Manufakturen hat Patek Philippe das große Glück, Produkte über Jahrzehnte entwickeln und verfeinern zu können. Ein Privileg, dessen sich der heutige Firmenpräsident Thierry Stern sehr wohl bewusst ist. Bis vor kurzem sah man sich mit einer riesigen weltweiten Nachfrage nach der Nautilus konfrontiert, die Weitsicht des Vaters und Großvaters hat sich also auszahlt. Die Familie widersteht parallel allen Versuchungen nach kurzlebigen Trends.

So feierte Thierry Stern, der selber einst zum 21. Geburtstag von seinem Vater eine Nautilus geschenkt bekam, den 40. Geburtstag der Ikone sehr dezent: Die zwei Jubiläumsmodelle erinnern mit ihren blauen Zifferblättern äußerlich zunächst stark an das Modell von 1976.

Aber bei Patek Philippe muss man immer genauer hinsehen. So versah Sandrine Stern die Zifferblätter der Jubiläumsuhren zum Beispiel anstelle der klassischen Leuchtindizes der mit stabförmigen Diamanten. Dass diese Uhren eben heute nicht nur zum Taucher- sondern auch zum Businessanzug passen, wie einst die Werbung versprach, darauf verweisen dezent die gewählten Gehäusematerialien: Es gibt sie nicht in Stahl, sondern nur limitierten Weißgold und Platinversionen. Und dass man den limitierten Chronographen sogar in einem noch größeren Gehäuse eingeschalt hat als den „Jumbo“ von einst, spricht dafür, dass die Familie Stern gedanklich schon wieder einen Schritt weiter ist. Die nächste Generation der Uhrensammler steht schon bereit.



Das große Jubiläum

Fünf Jahre sind es nun noch hin bis zum großen 50-jährigen Jubiläum dieser Kult-Uhr. Wie sie spätestens nach Lektüre dieses Textes wissen, bereitet man sich in Genf in der Regel akribisch und Jahre vorher auf solche Anlässe vor. Wenn die Entscheidung zur Einstellung der Referenz 5711/1A wirklich 2019 gefallen sein sollte und nicht, wie etliche Experten vermuten, schon deutlich vorher, bleibt dennoch genügend Zeit für Bahnbrechendes. Ebenfalls gegenüber der New York Times äußerte sich Thierry Stern zu dem was kommt, eigentlich für seine Verhältnisse sehr deutlich: „Die Nautilus einzustellen war eine wichtige Entscheidung, aber wir haben einen Plan.“ Und führt dazu weiter aus: „Der Ersatz für die Referenz 5711 wird ziemlich groß sein. Sie wird besser sein als die Referenz 5711. Aber ich werde heute nicht sagen, in welchem Metall oder ob es in Stahl sein wird. Es wird etwas anderes sein, sehr nah und logisch.“


Das Uhrwerk ist entscheidend

Mal abgesehen von der Materialfrage: Bei einer neuen Version der klassischen Nautilus würde man auf jeden Fall vor allem uhrmacherisch glänzen wollen, und zwar in einer für die Firma einzigartigen Art und Weise. Thierry Sterns Vater, ohne den die Patek Philippe Nautilus nicht existieren würde, sagte einmal: „Mein Traum war immer, eine normale Uhr zu bauen, die präziser ist als ein Tourbillon.“ Das könnte eine Schlagrichtung sein, zum Beispiel durch ein noch flacheres, viel präziseres Sportuhren-Standardwerk als wir es heute kennen mit einer Gangreserve weit über ein langes Wochenende hinaus.

Kleiner Querverweis: OMEGA hat zum 50. Geburtstag in seiner Speedmaster Professional Moonwatch auch ein völlig neues Kaliber vorgestellt, in dem Fall natürlich eine überarbeitete Version des legendären Kalibers 321. Charmanter Weise hat man hier soeben eine Platinvariante vorgestellt, ein Material, das also gerade in aller Munde ist. Und Rolex macht es mit immer besseren Standards ebenso vor: Zehn Jahre Garantie, eigene Genauigkeitsstandards. All das wird für die Familie Stern Anlass genug sein, sich über ultrapräzise Uhrwerke mit extrem langen Gangreserven und hoher Alltagstauglichkeit viele Gedanken zu machen. Ob es sich für die Sterns lohnt, das Thema Wasserdichtigkeit zu thematisieren, sei dahingestellt. Ich denke aber, mit 120 Metern ist man gut aufgestellt. Bei Tauchtiefen-Superlativen wird man ein paar Straßen weiter in Genf suchen müssen.


Eine Grand Complication für die Patek Philippe Nautilus

Es darf nun vortrefflich spekuliert werden, welche Komplikationen in welcher Kombination zum Jubiläum Einzug erhalten werden. Wenn, dann dürfte es mindestens ein ewiger Kalender in Verbindung mit einem Chronographen werden, drunter wäre es eines Thierry Sterns unwürdig. Ob ein neuartiger Tourbillon oder eine erste wirklich wasserdichte Minutenrepetition Sinn machen, würde ich bezweifeln, da sie den Charakter der Nautilus-Linie gefährden würden.

Ref. 5980/1A-001 in Stahl (40.5 mm) & Ref. 5976/1G in Weißgold (44 mm)

Eine Alarmfunktion mit Zeitschlag wie in der Grand Complication 6300G mit Wendegehäuse wäre da schon mehr nach unserem Geschmack, und praktisch noch dazu. Ob man den Traveltime-Mechanismus mit einem ewigen Kalender oder einem Chronographen sowie einer Wochentags-Anzeige kombinieren kann, müssen Ingenieure beantworten. Zuzutrauen wäre es dieser Firma und passen würden diese Funktionen zu einem Sportuhrenklassiker.

Nautilus Ref. 5740-1G Ewiger Kalender


Die seltensten Modelle der Patek Philippe Nautilus

Nur für den Fall, Sie hätten das Geld, aber es langweilt Sie einfach das Gerede um die Stahlvariante? Dann sollten Sie weiterlesen. Was ist das allerwichtigste Sammelkritierium? Genau: Herkunft! Hinter dem Stichwort „Double signed“ verbirgt sich etwas bei Patek, was es so heute nur noch selten gibt: Uhrenmodelle mit Zifferblättern, die von berühmten Händlern mit deren Namen bedruckt wurden. Wie die Uhrenspezialistin Virginie Liatard-Roessli des Auktionshauses Phillips zum Auftakt der bislang größten Double-Signed Auktion im Jahr 2019 schrieb, gehört auch hier die Krone des Ersten der Genfer Manufaktur: „Es scheint, dass es Patek Philippe war, die den Trend zu doppelt signierten Uhren dank ihrer Beziehung zu dem berühmten New Yorker Juwelier Tiffany & Co. einleitete. Die Geschichte besagt, dass Tiffany seine erste Patek Philippe im Jahr 1851 verkaufte und dass die beiden Juweliere seitdem ununterbrochen zusammengearbeitet haben. Am 22. Dezember 1854 wurde ein Bild von Antoine Norbert de Patek aufgenommen, auf dem er Charles Lewis Tiffany die Hand schüttelt, als Zeugnis dieser starken Partnerschaft.”

Ref. 5726A „TIFFANY & Co.“

Patek Philippe knüpfte über die Jahre immer neue Partnerschaften zu immer mehr Händlern, allerdings nur zu die Besten der Besten: Von der Chronometrie Beyer in Zürich, seit 1760 im Geschäft, ist überliefert, dass man im Archiv um Uhren weiß, die bereits seit 1899 mit dem eigenen Namen versehen wurden. Ob Gübelin aus Luzern, Gobbi aus Italien oder Gondolo & Labouriau in Brasilien, die Zifferblätter mit den Namen dieser Firmen wurden in der Regel vor Ort bedruckt nachdem man die Uhren aus Genf erhalten hatte.

Ref. 3700/1A „GÜBELIN“ & 3800/1JA „BEYER“

Die Kollegen von „a collected man“ haben dazu einen wunderbaren Artikel verfasst, der hier unbedingt erwähnt sein soll: Schon die allerersten Referenzen der Patek Philippe Nautilus gibt es mit diesen Stempeln, wie zum Beispiel die hier gezeigte 3700/1A GÜBELIN oder die 3800/1JA von BEYER. Die älteste Form dieser Zusammenarbeit besteht bei Patek allerdings zwischen der Genfer Manufaktur und TIffany, bis heute hält diese längste bestehende Partnerschaft zwischen einem Juwelier und einem Uhrenhersteller an. Wer sein Glück versuchen möchte, findet hier die Telefonnummer, um eine solch begehrte Uhr zu erwerben: Tiffany & Patek Philippe Partnerschaft


Die seltenste Patek Philippe Nautilus Jumbo der ersten Generation

Sie wollen es noch rarer? Etwas, was es eigentlich nicht geben dürfte? Dann schauen sie sich mal das Zifferblatt der hier abgebildeten Referenz 3700/1J genau an. Toni Cavelti ist jedenfalls kein Uhrenhändler. Genau genommen handelt es sich um den Namen einer Privatperson auf dem Zifferblatt einer Nautilus! Das vorliegende Exemplar wurde durch den Patek Philippe Archivauszug aus dem Jahr 1977 bestätigt. Was an eine Fälschung denken lässt, ist von Patek offiziell so hergestellt worden.

Unique Piece: Nautilus Ref. 3700/1J „TONI CAVELTI“

Ein bronzefarbenes Blatt in einer Referenz 3700? Unmöglich, werden viele sagen: Nein, nicht ganz. Es handelt sich lediglich wie bei den ungewollten „grünen“ Nautilus aus einem der vorherigen Absätze um ein einheitlich ausgeblichenes Bronze-Zifferblatt, das ursprünglich blau war. Toni Cavelti war übrigens ein extrem talentierter Goldschmied und Schmuckdesigner aus der Schweiz, der 1954 nach Vancouver, Kanada, auswanderte und bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts durch extrem ausgefallene Schmuckstücke auf sich aufmerksam machte. Dass er eine der ganz wenigen persönlich gewidmeten Nautilus Modelle besaß, deutet auf sehr enge, persönliche Beziehungen zwischen ihm und der Familie Stern hin.


Die Zukunft der Patek Philippe Nautilus

Zurück zu den Erwartungen an Patek: Für extrem ausgefallenes bei der Jubiläums-Nautilus 2026 spricht jedenfalls auch folgendes Zitat von Herrn Stern gegenüber der NYT, was die Familienphilosophie perfekt zusammenfasst. Dem ist auch eigentlich als Schlusswort für diesen Text kaum etwas hinzuzufügen. Das Zitat bezieht sich auf die Einstellung der Stahlreferenz: „Wir tun dies für unsere Kunden, die bereits eine Patek Philippe besitzen, und um unsere Marke davor zu schützen, zu kommerziell zu werden. Ich kann weiterhin dieses fantastische Produkt herstellen oder zehnmal mehr davon verkaufen. Aber ich arbeite nicht für Zahlen. Ich schütze das Unternehmen für die Zukunft, für meine Kinder.“ Und fügt hinzu: „Die zweite Sache ist, dass ich meinen Kunden schützen muss. Dazu muss eine Patek Philippe-Uhr ihren Wert behalten.“

Damit hat Herr Stern übrigens nicht gesagt, dass er nie wieder Stahluhren baut. Es ist auch nicht auszuschließen, dass Patek immer mal wieder zu besonderen Anlässen ein paar limitierte Stahlmodelle präsentiert. Denn das waren Edelstahlmodelle in Genf immer: Die schöne Ausnahme, nie die Regel.



Hier spricht der Profi

Kommentar von Auktionator Aurel Bacs zum Ende Patek Philippe Nautilus 5711 in Stahl


Seine ganz persönliche Nautilus-Story

„Die Nautilus ist für mich auch ganz persönlich ein wichtiges Thema. Ich kenne das Modell seit 1983, als mein Vater von meiner Mutter eine zum 50. Geburtstag geschenkt bekam. Ich halte sie auch ästhetisch für so etwas wie ein echtes Weltwunder, ein Tempel des Designs, vergleichbar mit der Akropolis in Athen.

Gleichzeitig habe ich mir vor weit über zehn Jahren eine Referenz 5711 in Stahl gekauft, die ich überall getragen habe: Im Dschungel, in der Wüste, im Wasser oder elegant zum Smoking – in fröhlichen wie in traurigen Momenten. Ich habe die Uhr zu einer Zeit gekauft, als man einfach noch in ein Geschäft spazieren konnte und – falls man nicht mit Kreditkarte bezahlen wollte – sogar noch ein paar Prozent Rabatt raushandeln konnte. Bei uns in der Familie ist die Nautilus eine Uhr, die bei allem wichtigen Momenten dabei war.“


Was er vom Geschrei um den Produktionstop der Stahlversion der Referenz 5711 hält:

„Als jemand der nicht nur einen Tunnelblick hat und nur noch Uhren anschaut, stelle ich fest, dass ich das gleiche Theater gesehen habe als Porsche vor über zwanzig Jahren angekündigt hat, nur noch wassergekühlte Sportwagen zu bauen. Was für ein Geschrei es damals gab! Ich sage: Es müssen aber gewisse Dinger geändert werden. Man darf nie stehenbleiben und sich auf Lorbeeren ausruhen. Ich war übrigens weder genervt, noch traurig, noch verbittert. Es ist nun mal einfach so: Auch in Innenstädten muss ab und zu mal ein Haus abgerissen werden, um ein Neues bauen zu können. Und ich sage das, obwohl ich Romantiker bin.

Ich habe auch fürchterlichen Respekt vor Männern wie Thierry Stern oder einem Rolex CEO oder dem Chef von Audemars Piguet, die alle bei solchen Produktwechseln vor gewaltigen Entscheidungen stehen. Etwas so Erfolgreiches zu ändern, kann ja nur schiefgehen, werden viele sagen und das macht natürlich schnell Angst. Nach dem Motto: Wer nichts macht, macht schließlich nichts falsch. Ich könnte mir vorstellen, dass viele gesagt haben, dass wäre der Anfang vom Ende und sich daher quasi, um beim Porsche-Vergleich zu bleiben, die letzte ‚luftgekühlte‘ Nautilus geholt haben.

Und ja, es kann natürlich wirklich sein, dass die Neue wirklich nicht besser wird, aber es kann genauso gut umgekehrt sein. Darüber werden Liebhaber dann streiten und bestimmte Puristen werden sich dann sicher von den neuen Käufern absetzen wollen. Aber um im Bild zu bleiben: Es gibt eben auch viele Porsche Fans, die einem neuen Turbo auch sehr viel abgewinnen können. Ich nehme das als Auktionator sehr gelassen.“


Seine Annahmen was die Zukunft der Patek Philippe Nautilus betrifft:

„Ich bin mir absolut sicher, dass die Nautilus schon heute, obwohl das Jubiläum erst in fünf Jahren stattfindet, im Board-Room in Genf wöchentlich ein Gesprächsthema ist. Es gibt wenige Unternehmerfamilien in diesem Sektor, die so vorrausschauend planen wie die Familie Stern. Es würde mich sehr wundern, wenn bei Patek Philippe nicht schon heute alle Uhren für die Jahre 2023, 2024 und 2025 bereits fertig geplant wären.

Vielleicht gibt es hier und dort noch mal ein paar kleine Änderungen wie zum Beispiel der Indizes, aber die Produktion dieser Modelle steht. Dort sind keine Hüftschüsse zu erwarten, das ist alles mit viel Vorsicht und Planung aufgegleist worden und niemand wird Patek vorwerfen können, jemals eine Kurzschlusshandlung begangen zu haben. Wenn man die Evolution dieser Uhr betrachtet, fällt ganz stark auf, dass es die ersten Jahrzehnte ja nur Zwei- beziehungsweise Drei-Zeiger-Versionen gab, irgendwann kam die Gangreserve, dann die Mondphase, dann der Kalender, dann der Chronograph, dann der ewige Kalender und nicht zu vergessen die Traveltime.

Patek agiert nie revolutionär, sondern immer evolutionär. Die Möglichkeiten, bei der Nautilus neue Varianten einzuführen und die Modellreihe weiter zu entwickeln, sind praktisch unbegrenzt. Schauen wir uns zum Beispiel die Royal Oak von Audemars Piguet an: Dort gab es den ewigen Kalender ja schon viel früher. Dort war nicht immer alles perfekt, aber dort gab es eben eine Offshore, eine Concept und sogar eine Grand Complication.

Wenn man die Patek Philippe Nautilus geistig seziert auf Ihre ästhetische DNA, kann man sie natürlich dem Zeitgeist anpassen. Neben Komplikationen kann man mit der Dicke und dem Durchmesser spielen, um die Uhren für die verschiedenen Märkte und ihre Unterschiede am Handgelenk anzupassen. Dann könnte man natürlich die Materialien weiterentwickeln. Bei der Royal Oak gibt es Keramik, bei Rolex immerhin Lünetten aus Keramik. Ich habe auch noch nie eine Titan-Nautilus gesehen obwohl Herr Stern gesagt hat, Titan sei nur für Einzelstücke und Charity Auctions reserviert. Dann könnte man an den Zifferblättern arbeiten, zum Beispiel in der Tradition der Emaille. Der ganze Bereich der Handwerkskünste Rare Handcrafts hat bei Patek Philippe eine große Tradition. Es gab erst kürzlich eine sehenswerte Ausstellung dazu. Natürlich gab und gibt es diamantbesetze Nautilus-Modelle, es gab sogar schon vor etwa zehn Jahre eine mit einem emaillierten Drachen, ein gewaltiges Modell im Hinblick auf China. Es gibt wirklich unendliche Entwicklungsmöglichkeiten ästhetischer, technischer, handwerklicher und mechanischer Art.“


Was rät Aurel Bacs Sammlern hochwertiger Uhren?

„Wer ganz schnell ganz viel Geld verdienen will, empfehle ich nicht, Uhren zu sammeln. Vor 100 Jahren haben die Menschen Käfer gesammelt und sie in Schaukästen aufgehängt. Ein Sammler ist das Gegenteil von einem Spekulanten. Wenn jemand zu mir kommt und sagt, stelle mir eine Sammlung aus den fünf bis zehn Modellen zusammen, die in fünf Jahren das doppelte Wert sein werden, dann reden wir nicht von Sammelleidenschaft, sondern von einem Portfolio. Da würde ich dann gerne weiterhin einen Unterschied machen.

Die erste Frage an den Sammler ist für mich daher immer die nach dem Geschmack, nie nach dem Preis. Man sollte eine seltene Uhr genießen wie eine wertvolle Flasche Wein oder einen spektakulären Urlaub. Ich zum Beispiel könnte an meinem Handgelenk gar keinen Chronographen-Jahreskalender der Nautilus tragen, da mir aus der Reihe einfach nur die flache, kompakte Referenz 5711 passt. Große, dicke Uhren kann ich nicht tragen. Für mich ein wichtiges Kaufkriterium.

Es gibt viele Gründe, warum jemand eine Uhr kauft: ästhetische, technische, praktische. Irgendwo weiter hinten darf der Preis dann schon auftauchen. Und niemand muss eine Uhr kaufen, die irgendwann nur noch die Hälfte wert ist, aber eine teure Uhr zu kaufen, die in zehn Jahren immer noch 100.000 Euro wert ist, bedeutet doch, man hat sie gratis getragen! Also wenn ich gratis Bentley Continental fahren könnte und ihn nach zehn Jahren für über 200.000 weiterverkaufen könnte, würde ich auch nur noch Bentley fahren.“


Wer ist Aurel Bacs?

Phillips in Association with Bacs & Russo ist die Uhrenabteilung des Auktionshauses Phillips, die sich ausschließlich mit den besten Sammleruhren der Welt beschäftigt. Die Abteilung wurde im November 2014 von Aurel Bacs und seiner Partnerin Livia Russo ins Leben gerufen und ist die Antwort auf das ständig wachsende Bedürfnis der heutigen Sammler nach Top-Beratung in diesem Bereich. Das Spezialistenteam von Phillips Watches hat sich einem kompromisslosen Ansatz für Qualität, Transparenz und Kundenservice verschrieben. Mit mehreren Weltrekorden, u. a. für eine Rolex-Armbanduhr, eine Vintage-Armbanduhr von Patek Philippe und eine Omega-Armbanduhr bei einer Auktion, ist Phillips zum unbestrittenen weltweiten Marktführer geworden. 2019 eröffnete das Auktionshaus Phillips PERPETUAL, ein Private-Shopping-Platform mit physischen und digitalen Schaufenstern, das eine hochkuratierte Auswahl an Uhren zu Festpreisen anbietet. In seinem ersten Jahr hat PERPETUAL einen Umsatz von mehr als £5 Mio. erzielt.

Aurel Bacs, Phillips in Association with Bacs & Russo
Fotocredit: Alex Teuscher


Weltrekorde am Band:

1. Rolex reference 6239, Paul Newman’s „Paul Newman“ Rolex Daytona (US $17,752,500) – WINNING ICONS, in New York – 26 October 2017. Highest result ever achieved for a Rolex wristwatch.

2. Patek Philippe reference 1518 in stainless steel (11,002,000 CHF) – The Geneva Watch Auction FOUR – 12 November 2016. Highest result ever achieved for a Patek Philippe wristwatch at auction.

3. Rolex „Bao Dai“ reference 6062 (5,066,000 CHF) – The Geneva Watch Auction: FIVE – 14 May 2017.

4. Patek Philippe ref. 2523 in pink gold (3,722,000 CHF) – The Geneva Watch Auction: XII – Nov 6-7 2020. Highest result ever achieved for a watch sold to an online bidder

5. Omega „Tourbillon 30 I“ prototype (1,428,500 CHF) – The Geneva Watch Auction: SIX – 12 November 2017. Highest result ever achieved for an Omega at auction.



Quellen:

1Patek Philippe Magazin über Damen Nautilus: Patek Philippe Magazin Volume IV Nummer 2

2,3,4Patek Philippe: Die offizielle Biografie von Nicholas Foulkes, Kapitel Patek Philippe in America

5Patek Philippe Magazin Volume IV Nummer 2, Nicolas Foulkes


www.patek.com