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Der Bucherer-Deal: Wo künftig Rolex kaufen?

Der Bucherer-Deal: Wo künftig Rolex kaufen?

Swisswatches-Kolumne-mit-Alexander-und-Philippe-Deutsch
27. August 2023

Sie lieben Zeitmesser und machen daraus kein Geheimnis: Unsere Horologie-Fachsimpler Philippe und Alexander im Gespräch.


Alexander: Rolex will Bucherer übernehmen. Was meinst Du: Sind die Chancen dort künftig eine Daytona oder GMT-Master II zu bekommen deshalb höher als bei anderen Rolex-Konzessionären?

Philippe: Nein, ich glaube nicht, dass jeder Rolex-Fan nun unbedingt Bucherer-Kunde werden muss. Natürlich ist das eine sehr spannende Entwicklung, gleichzeitig hat Rolex mehr als 1.800 Konzessionäre. Bucherer selber verkauft aktuell in 53 seiner insgesamt rund 100 Geschäfte Rolex. Das sind demnach knapp drei Prozent vom Gesamtmarkt. Und selbst wenn es ab übermorgen alle Bucherer-Niederlassungen wären, so ist es immer noch nur ein Bruchteil von allem.

Erste Rolex Submariner, GMT-Master II und Daytona
Fotocredit © Rolex/Jean-Daniel Meyer

Alexander: Absolut. Es ist schon interessant zu verfolgen, wie die Nachricht innerhalb der Uhren-Community als absolute Breaking News gefeiert wird, wobei man im Moment lediglich weiß, dass Rolex das Unternehmen Bucherer in Ermangelung eines Nachfolgers aus der Bucherer-Familie übernehmen möchte, grundsätzlich aber nichts am Geschäft ändern will.

Philippe: Der Markt scheint das „alles bleibt beim alten“ aber nur bedingt zu glauben: Der Aktienkurs des Konkurrenten „Watches of Switzerland“ ist zumindest erst einmal um 30 Prozent abgerutscht, und erholt sich nun langsam.

Alexander: Dieser Schritt ist nun einmal auch eine Abkehr vom Rolex-Grundsatz Uhren nur herstellen zu wollen, den Verkauf aber externen Partnern zu überlassen. Während der Trend zu selbst geführten Einzelgeschäften bei der Konkurrenz ja längst sehr populär ist, so waren es bislang immer Patek Philippe und Rolex, die auf starke Partnerschaften setzten. Rolex geht nun – zumindest teilweise – ebenfalls einen anderen Weg.

Philippe: Ja, und ich wüsste zu gern wie man bei Patek Philippe über diesen Schritt denkt. An deren Stelle würde ich mir künftig zumindest überlegen, ob ich mit Bucherer ein neues Geschäft eröffnen möchte – eben weil ich als selbstbewusste Manufaktur vielleicht nicht für Rolex produzieren will. Gleichzeitig finde ich, dass Rolex für die Branche als Ganzes der bestdenkbare Käufer für Bucherer ist, als Stiftung arbeitet und denkt man bei Rolex einfach anders als die Konkurrenten von LVMH, Richemont und der Swatch Group.

Alexander: Man könnte beinahe behaupten, dass Rolex mit der Bucherer-Übernahme seine Vorliebe für starke Multibrand-Juweliere ganz altruistisch pflegt. Denn theoretisch hätte es dem Management doch völlig egal sein können, was aus Bucherer wird. Auch ohne Bucherer wäre das Geschäft weitergegangen. Dass man selbständige Boutiquen aufbauen kann zeigt die Konkurrenz, und die 53 Konzessionen hätte man bei einem Kauf durch Richemont oder einen Private-Equity-Fonds auch anderweitig wieder vergeben können. Es spricht schon einiges dafür, dass hier die Jahrzehnte währende Partnerschaft zwischen beiden Unternehmen ausschlaggebend war. Dass Bucherer nun vielleicht etwas besser beliefert wird? Würde es jemanden wundern? Das ist doch aber auch bei in Partnerschaft mit einem Juwelier geführten Mono-Brand Boutiquen nicht anders. Wo viel in den Einzelhandel investiert wird, da liefern die Manufakturen halt auch mehr als bei kleineren Konzessionären, egal ob wir nun von Rolex, Patek Philippe oder IWC, Breitling & Co. sprechen.

Bucherer Geschäfte weltweit
Fotocredit © Bucherer

Philippe: Richtig. Am spannendsten ist darum meiner Meinung nach auch gar nicht so sehr was Rolex nun macht, sondern was die anderen Bucherer-Partner machen werden, also die anderen Uhrenmarken, die dort vertrieben werden. Außerdem wird es spannend wie andere große Rolex-Partner wie Wempe oder Rüschenbeck mit der Neuentwicklung umgehen.

Alexander: Inwiefern?

Philippe: Nun, wenn ich Wempe wäre, dann würde ich zwar weiter Rolex verkaufen, ich würde aber mein Sortiment nach oben hin ausbauen und diversifizieren, also verstärkt auf noch hochpreisigere Marken wie Patek Philippe setzen, und obendrein auch die Independents stärken. So wie es die Seddiqi-Familie in Dubai macht: Selbstverständlich haben die auch Rolex-Stores – aber sie verkaufen halt auch MB&F, Ressence und H. Moser & Cie.

Alexander: Die ganze Branche befindet sich letztlich in einem ziemlichen Umbruch, die größten Marken streben tendenziell danach direkt an den Endkunden zu verkaufen, und Rolex öffnet sich mit diesem Schritt wirklich alle Optionen.

Philippe: Ich finde auch den Zeitpunkt brillant gewählt: Im August ist es eher ruhig, die Private-Equity-Branche urlaubt wie so ziemlich alle anderen auch, aber kommende Woche trifft sich ein guter Teil der Uhrenwelt in Genf bei den Geneva Watch Days und wird über den Schritt diskutieren – allerdings ohne Rolex, denn die sind ja nicht dabei. Zu gern wüsste ich ja auch, ob der Schritt via Bucherer „Certified Pre-Owned“-Rolex zu verkaufen ein erster Test und Vorläufer für die Partnerschaft war.

Alexander: Von heute auf morgen hat sich dieser Deal sicherlich nicht ergeben. Nun heißt es abwarten wie die Konkurrenz reagiert – und wie sehr Rolex die Neuanschaffung fördert.

Philippe: Am Ende des Tages bin ich zuversichtlich. Es ist vielleicht etwas romantisch von mir, aber irgendwie habe ich diese Vorstellung, dass die Genfer Uhren-Manager alles Gentlemen sind.


rolex.combucherer.com