Schweizer Uhrenmanufakturen unternehmen immer häufiger Vorstöße in die Modewelt, die allerdings auch kontrovers diskutiert werden. Dabei reichen die Kommentare auf verschiedenen Uhren-Websites von „Kennen Sie Ihr Publikum überhaupt?“ über „Was glauben Sie, was Sammler damit anfangen können?“ bis hin zu „Was ist mit der Exklusivität passiert?“. Und jetzt auch noch das: ein Designer, Samuel Ross, der mit dem Schweizer Uhrenhersteller Hublot zusammenarbeitet. Wenn das mal nicht ein Paradebeispiel für eine Kooperation zwischen Designer und Uhrenmarke ist. In der Swisswatches Redaktion bleibt allerdings alles ruhig. Denn so wirklich hat niemand aus dem Team dem futuristischen und gut kuratierten Design der neuen Hublot Big Bang Tourbillon SR_A, einer auf 50 Stück limitierten Auflage, etwas entgegensetzen. Liebe Uhrenliebhaber, lassen Sie uns gemeinsam der Zukunft gegenüber aufgeschlossener sein und unsere bisherige, teils negativ behaftete Wahrnehmung von Kollaborationen in der Uhrenwelt in Frage stellen.
Die neue Hublot Big Bang Tourbillon SR_A
Samuel Ross: Eine Design Philosophie
Ich muss zugeben, dass mein Interesse an der Hublot Big Bang Tourbillon SR_A und ihrer Vorgängerin aus dem Jahr 2022 zum Großteil darauf zurückzuführen ist, dass Samuel Ross und ich etwas gemeinsam haben: Wir sind beide in London geboren und aufgewachsen. Während man mir meine Herkunft eher in Form von meiner großen Mitteilungsfreude, einem schnellen Gang und fragwürdigem Teekonsum anmerkt, hat der britische Produkt- und Modedesigner seine Erfahrungen in etwas viel Bedeutungsvolleres verwandelt.
Die 2022 Version der Hublot Big Bang Tourbillon SR_A
Für den Designer, dessen frühere Kooperationsprojekte von Apple und Nike bis hin zu Aqua di Parma reichen, ist London ein Ort, der „den Geist der Abstraktion, eine größere Linse, durch die die Gesellschaft erlebt und betrachtet werden kann, kanalisiert“. Die Stadt ist für seine Sichtweise von entscheidender Bedeutung: Sie sei laut Ross ein Ort, an dem man manchmal nach der Schönheit suchen und sie neu definieren müsse. Es ist genau diese Philosophie, die Ross auch in die Big Bang und ihrer Rolle in der Neugestaltung der Herrenmode und der Uhrmacherei miteinbringt.
Der Designer Samuel Ross
Auf die Funktionalität kommt es an
2019 kreuzten sich die Wege von Samuel Ross und Hublot zum ersten Mal, als er mit dem ‚Hublot Design Prize‘ der Marke ausgezeichnet wurde. Als Produktdesigner passt Samuel Ross sehr gut zu Hublot, das für seine Experimentierfreudigkeit mit Materialien bekannt ist. Die neue Hublot Big Bang Tourbillon SR_A (benannt nach seiner gleichnamigen Firma SR_A) besitzt ein glänzendes, mikrogestrahltes Titangehäuse in der für die Big Bang typischen sechseckigen Form. Gepaart wird sie mit einem leuchtend grünen Kautschukarmband mit einer passenden Faltschließe aus Titan. Zusätzlich dazu sind Armbänder in „Infinity Black“ oder „Full White“ erhältlich.
Die Uhr wird neben zwei weiteren Optionen auch mit einem leuchtend grünen Armband geliefert
Mit der Einführung des ersten Kautschukarmbands für eine Schweizer Luxusuhr im Jahr 1980 hat Hublot übrigens den Weg zum Tragekomfort geebnet. Dass bei dieser neuen Edition anstelle eines farbigen Gehäuses und Armbandes nur das auswechselbare Armband bunt ist, ist Ross‘ Entscheidung geschuldet, einen noch raffinierteren Zeitmesser zu kreieren und die ikonische Big Bang als Leinwand zu nutzen, auf der er seinen eigenen, transformativen Stil verwirklichen kann.
Die neueste Version ist ein wenig ausgereifter als ihre Vorgängerin
Angesichts des auffälligen grünen Armbands ist es nicht überraschend, dass sich Ross mit dem Design dieser Uhr, die er als „tragbare Skulptur“ bezeichnet, auf die Natur bezieht. Mit diesem Zeitmesser zelebriert er die „Geometrie der Natur“ als ein Schlüsselthema und lässt es durch das charakteristische Wabenmotiv auf dem Gehäuse und dem Armband zum Ausdruck kommen. Das Wabenmotiv verleiht dieser ergonomischen, leichten Uhr ein sehr atmungsaktives Tragegefühl. Um die Uhr auch so tragbar wie möglich zu machen und eine schlanke Silhouette zu schaffen, bestehen das Gehäuse und die Lünette aus polierten, gebürsteten und perforierten Titanplatten. „Eine schlanke, leichte und atmungsaktive Uhr zu kreieren, die – ähnlich wie eine Skulptur – für sich steht, hatte Priorität“, bestätigt Ross, der kein Fan von schweren Uhren ist. Schließlich ist die leichte und dennoch robuste 44 mm-Uhr bis zu 30 m wasserdicht und das moderne Gehäuse damit jederzeit einsatzbereit.
Die Entwicklung eines aerodynamischen Zeitmessers war für Samuel Ross von großer Bedeutung
Skelettierter Stil: Wenn Zifferblatt und Uhrwerk eins werden
Das Zifferblatt orientiert sich an der Ästhetik des Kalibers, wobei das Wabenmotiv bis in das Zifferblatt hineinreicht. Bei seiner Gestaltung stand die Kreation von etwas „Atmungsaktivem“ klar im Vordergrund. So sind Teile der Minuterie des Zifferblatts sogar ausgeschnitten, um einen offenen Raum zu schaffen, während die mit Leuchtmasse gefüllten Zeiger über dem freiliegenden Werk zu schweben scheinen. Wie schon beim Vorgängermodell wird der Mikrorotor so umgedreht, dass er auch als Logo des Hublot-Zeitmessers fungiert. Für mich steht dieser Zeitmesser sinnbildlich für London, eine Stadt, in der klaustrophobische Wolkenkratzer plötzlich Freiräumen weichen; von Parks bis zu Kirchen aus dem 12. Jahrhundert mit Gemeinschaftsgärten, in denen die Zeit stillzustehen scheint und man tief durchatmen kann.
Trotz ihrer modernen Ästhetik ist die Uhr auch eine Hommage an die Natur
Die aerodynamische Ästhetik des Uhrwerks und des Zifferblatts sind offensichtlich identisch: Schauen wir uns trotzdem einmal die technischen Details des Kalibers HUB6035 an. Dieses Kaliber ist in das erste automatische Tourbillonwerk von Hublot integriert, das aus 243 Komponenten besteht. Die Gangreserve beträgt drei Tage (72 Stunden) und das Uhrwerk oszilliert mit einer Frequenz von 3 Hz. Während die Designer bei der ersten Samuel Ross x Hublot-Uhr aus dem Jahr 2022 orangefarbene Elemente in das Tourbillon integrierten, um das leuchtende Armband widerzuspiegeln, ist das Tourbillon der Version von 2023 schlichter und einfarbig gehalten, um die neutrale Farbpalette beizubehalten. Damit trägt das Uhrwerk zu dem agilen, luftigen Gefühl der Uhr bei. Darüber hinaus kann der Träger immer noch einen Blick auf das Uhrwerk durch das Wabenmotiv auf dem Gehäuseboden erhaschen.
Das markante Wabenmotiv setzt sich auf der Gehäuserückseite fort
Die Kunst der Fusion
Natürlich sind Kollaborationen nicht jedermanns Sache. Aber Hublot ist eine Marke, die gerne etwas Neues ausprobiert. Getreu ihres Leitspruchs „Die Kunst der Fusion“ reicht das vom Ausloten der Grenzen von Keramik bis hin zur Kombination von Luxusuhren aus Gold mit Kautschukarmbändern, einem Novum in der Geschichte der Uhrmacherei. Kein Wunder also, dass die Marke die Initiative ergriffen hat, sich erneut mit Samuel Ross zusammenzutun, der meiner Meinung nach zu den Spitzenreitern der Millennials Designgeneration gehört.
Samuel Ross präsentiert seinen neuesten Zeitmesser, der in Zusammenarbeit mit Hublot entstanden ist
Man sollte auch bedenken, dass es sich hierbei um eine limitierte Edition handelt. Sie soll die Positionierung der Marke als eine fortschrittliche, experimentierfreudige Uhrenmanufaktur verdeutlichen, die traditionelle Uhrmacherei (wie man bei diesem Modell am Tourbillon erkennen kann) mit Innovationen vereint. So scheinen immer mehr Manufakturen, von Omega bis Blancpain, verstanden zu haben: Wenn man die zukünftigen Generationen an Uhrensammlern ansprechen will, müssen auch die traditionellsten Unternehmen mit der Zeit gehen. Auch wenn das die konservativen Uhrensammler unter uns nicht anspricht – und auch nicht ansprechen wird –, besteht kein Zweifel daran, dass die neueste Samuel Ross x Hublot Uhr die Zukunft des Uhrendesigns und die unendlichen Möglichkeiten, die sie mit sich bringen kann, begrüßt und feiert. Wie Ross es formuliert: “Bei der Kooperation mit Hublot ging es nicht einfach nur darum, Kapital daraus zu schlagen. Es ging darum, einen Ausblick zu geben, wie die Zukunft des industriellen Luxusdesigns aussehen könnte.“
Die neue Hublot Big Bang Tourbillon SR_A, hier in allen drei Armbandvarianten
Der Preis für die Hublot Big Bang Tourbillon SR_A liegt bei 132.000 Euro.