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Auf ein Lunch mit: Bell & Ross CEO und Mitgründer Carlos A. Rosillo

Auf ein Lunch mit: Bell & Ross CEO und Mitgründer Carlos A. Rosillo

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21. Juni 2018

Carlos A. Rosillo und Bruno Belamich sind seit ihrem 15. Lebensjahr befreundet und gründeten 1992 die Uhrenmarke Bell & Ross. Heute sind sie die Pioniere der Militäruhren. Wir sprachen mit Mitgründer Carlos A. Rosillo über die wichtigsten Meilensteine der letzten 25 Jahre und, warum es die Marke Bell & Ross ohne Helmut Sinn wohlmöglich gar nicht geben würde.

1. Was bedeutet für Sie eine mechanische Uhr? Und was macht sie perfekt für Sie?


Eine mechanische Uhr bedeutet zwei Dinge für mich. Zum Einen ist sie eine Uhr, bei der man durch die technischen Elemente ein gutes Verständnis für die Ingenieursarbeit bekommt. Die Schönheit einer mechanischen Uhr liegt auch darin, dass sie ein Leben lang hält und durchaus weitervererbt werden kann, solange man pfleglich damit umgeht. Zum Zweiten ist eine mechanische Uhr eine Frage der Wertschätzung. Sie kann aufgrund ihrer guten Technik, aber auch durch ein gutes Design überdauern. Und solange man nur eine begrenzte Stückzahl von einem Produkt herstellt, ist es immer wertvoller als ein Massenprodukt.

Was sie für mich perfekt macht? Wenn man Form und Funktion verbindet. Zum Beispiel: wir sind für unsere ikonischen eckigen Uhren bekannt (Instrument Kollektion). Also haben wir entschieden, ein eckiges Werk herzustellen. Wir sind sogar noch einen Schritt weitergegangen und haben anstelle eines Gehäuses direkt das Saphirglas daraufgesetzt. Das Werk, also der technische Aspekt passt sich der Form der Uhr an. Wie ein Gemälde in einem Rahmen.

2. Welche Uhr tragen Sie heute und welches Modell tragen Sie am häufigsten?


Heute trage ich die BR-X2 Skeleton Tourbillon Micro-Rotor. In ein paar Worten zusammengefasst: eckig, elegant, technisch, aber durch sein schmales Werk leicht zu tragen (sie misst nur 8 mm mit Saphirglas). Es gibt eigentlich kein Modell, das ich am häufigsten trage. Es hängt von meiner Stimmung und auch vom Anlass ab. Die Uhren aus der Instrument Kollektion sind etwas klassischer. Wenn ich sportlicher unterwegs bin trage ich Nightlum, BR V2 oder BR Diver. Bei der X1 steht die Technik im Vordergrund.

Ohne Gehäuse – die Bell & Ross BR-X2 Skeleton Tourbillon Micro Rotor

3. Die Marke Bell & Ross wurde von Ihnen und Herrn Bruno Belamich im Jahr 1992 gegründet. Was genau ist damals passiert?


Wir sind seit unserem 15. Lebensjahr gute Freunde. Er ist ein Produktdesigner und ich ein Geschäftsmann. Wir ergänzen uns sehr gut. Und wir hatten Glück zur richtigen Zeit Helmut Sinn aus Deutschland kennenzulernen, der jede Menge Erfahrung mit Uhren hatte. Er hat sogar unsere ersten Uhren mitproduziert. Wir haben damals direkt mit einer kompletten Kollektion gestartet und unsere erste Teilnahme bei der Uhrenmesse in Basel war um ein vierfaches erfolgreicher als erwartet. Es gab nicht viele Leute zu dieser Zeit, die etwas mit Militär-Uhren anfangen konnten, aber wir schienen den richtigen Nerv getroffen zu haben.

4. Woher kam die Inspiration zu Militär-Uhren?


Militär-Ausrüstung ist effizient. Man kann einige Parallelen zu unserem Alltag erkennen. Das Internet zum Beispiel wurde anfangs nur vom Militär genutzt. Die SUV Autos von heute stammen ursprünglich vom Militär. Einige Textilien, die heute noch in Mode sind wurden von den Kleidungsstücken des Militärs inspiriert. Wissen Sie, warum wir die Kollektion X1 nannten? Als die Amerikaner in den 1950er Jahren die Schallmauer durchbrechen wollten, hat die NASA das X-Programm ins Leben gerufen und das erste Flugzeug, das die Schallmauer durchbrach Bell X-1 genannt, mit Chuck Yeager als Piloten. Sie wollten Grenzen überschreiten. Das war unsere Inspiration für die X1, die hochentwickelt ist und mit den anspruchsvollsten technischen Elementen ausgestattet ist.

5. Welche wichtigsten Ereignisse der Marke würden Sie aus dem vergangenen viertel Jahrhundert besonders hervorheben?


Das kann ich in vier Schritten zusammenfassen. Der erste Schritt war Helmut Sinns Beitrag seines Uhrenwissens. Der zweite Schritt war die Autonomie unserer Produktion. Wir sind sehr plötzlich sehr schnell gewachsen, da wir weltweit gefragt waren. Anfangs war die Nachfrage größer als wir in der Lage waren zu produzieren. Wir hatten Glück, dass wir einige gute Partner und unsere Produktion in La Chaux-de-Fonds hatten, in der wir selbstständig die Qualität und Menge kontrollieren konnten.

Im dritten Schritt mussten wir unsere Position auf dem Mark stärken. Es gibt viele Marken, die auf das Flieger- und Militärzeug stehen. Also mussten wir an unserer Identität arbeiten. Daher haben wir uns auf sämtliche Instrumententafeln, wie sie in der Fliegerei vorkommen konzentriert. Wir haben die Seele eines Flugzeuges eingefangen – also die Instrumententafel – und sie ans Handgelenk gebracht. 2005 haben wir dann die erste eckige Uhr lanciert. Von diesem Moment an hatten wir eine Ikone geschaffen, die anders war. Der letzte Schritt unserer wichtigsten Meilensteine ist die Geburt der X-Kollektion. Wir wurden zur Manufaktur und experimentierten. Wer ein X-Modell sieht fragt sich nicht, ob es sich um eine mechanische Uhr handelt – er kann es sehen.

6. Bell & Ross ist auf die Herstellung professioneller Instrumentenuhren spezialisiert  und das Motto der Marke heißt: „Funktion formt Design“. Somit ist die Linie „Instruments“ eigentlich gut nachvollziehbar. Verraten Sie uns Ihre Vision für die Linien „Vintage“ und „Experimental“?


Bei „Vintage“ geht es um die Inspiration von klassischen Uhrenmodellen, gepaart mit modernen Elementen. Wir haben als Uhrensammler angefangen, sind über die Flohmärkte geschlendert und haben nach alten Uhren Ausschau gehalten. Wir versehen sie aber stets mit modernen Elementen.

Und bei „Experimental“ geht es um die Herausforderungen von komplexen Techniken. Hier ist das Material immer höchst anspruchsvoll. Auch die Gehäuse-Konstruktionen sind wesentlich aufwendiger als bei anderen Kollektionen. Keramik, Zirkonium, Saphirglas…und der mechanische Aspekt ist immer sichtbar.

7. «Um neue Modelle zu schaffen, brauche ich jedes Jahr neue Inspirationsquellen», sagte vor ein paar Jahren Ihr Partner und Kreativdirektor Bruno Belamich. Und tatsächlich, seit 2014 sind B-Rocket, Belly-Tanker, Aero-GT und BR-Bird entstanden. Ist das schon eine Tradition, wie Sie künftig Ihre neuen Produkte lancieren bzw. erklären?


Nicht zwingendermaßen. Er kann sich von bestehenden Gegenständen inspirieren lassen, oder aber auch von einem Flugzeug, das nur in seiner Vorstellung existiert. Bruno genießt hier seine Freiheit und ist in seiner Kreativität nicht eingeschränkt. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Bruno liebt Flugzeuge. Also hat er eine Zeichnung von einem Flugzeug angefertigt, wie er es sich vorstellt. BR Bird war geboren. In einem zweiten Schritt versuchte er die Design-Sprache des Flugzeuges auf die Uhr zu übertragen. Manchmal nehmen wir uns eben die Inspiration von einem existierenden Objekt und manchmal erfinden wir es neu.

8. Auf der Website von Bell & Ross gibt es einen Bereich „professional-references“. Wie sind diese Kooperationen entstanden? Ist z.B. die Eliteeinheit der französischen Nationalgendarmerie (der GIGN) zu Bell & Ross gekommen oder war die Initiative auf Ihrer Seite, um die Kompetenz bei der Herstellung der professionellen Instrumentenuhren zu zeigen?


Wir haben uns diese Referenz erarbeitet und die Leute kommen zu uns, weil wir sie dazu inspirieren. Wir führen unsere Kooperation mit einigen Eliteeinheiten fort, da sie unsere Uhren tatsächlich für ihre Arbeit nutzen. Für Bell & Ross sind diese Menschen unsere Marken-Botschafter, anstelle Menschen des öffentlichen Lebens zu verpflichten.

9. Seit 2016 gibt es die neue Partnerschaft mit dem „Renault Formula 1“ Team und somit einen weiteren und sehr technischen Bereich, nämlich den Motorsport. Wie kam dies zustande und was sind die Gründe für diese Partnerschaft?


Die meisten Ingenieure aus der Formel 1 kommen vom Flugzeugbau. Das Auto muss auf dem Boden bleiben, das Flugzeug in der Luft, aber beide Bereiche kommen aus der Luftfahrt. Daher macht Formel 1 Sinn für uns und ist sehr erfolgreich. Jetzt ist es unsere Herausforderung neue Modelle zu präsentieren, die zu dieser Kooperation passen. Unser Design Team liebt es die Produktionsflächen zu besuchen und sich mit deren Design Teams auszutauschen. Es stimuliert die Kreativität.

10. Wenn man die Modelle aller 3 Linien betrachtet, ist die Preisspanne für die mechanischen Uhren ziemlich breit gefächert: von BR V1-92 MILITARY bis Unique Piece BR-X1 SKELETON TOURBILLON SAPPHIRE BLACK. Welche Vorteile haben Sie damit und auf welche Herausforderungen stoßen Sie?


Wir definieren uns nicht über den Preis. Für uns ist es wichtig, dass unsere Kunden immer eine Bell & Ross Uhr wiedererkennen. Wir haben Kunden, die eine halbe Millionen Euro für eine Uhr ausgeben und andere, die glücklich darüber sind, bei uns eine wertige Uhr für 2.000,- Euros zu bekommen. Für ein Unternehmen ist es ökonomisch natürlich immer sinnvoll, eine unterschiedliche Preisspanne anzubieten, solang die Nachfrage da ist. Es ist auch ein strategischer Aspekt. Zum Beispiel: würde Mercedes nur den Maybach produzieren wären sie nicht so erfolgreich. Wenn man nur hochpreisige Uhren anbietet, muss man trotzdem eine gewisse Menge produzieren und auch verkaufen um die Kosten zu decken. Daher ist es wichtig ein Tagesgeschäft im mittleren Preissegment anzubieten.

11. Welche Kommunikationskanäle sind der Marke Bell & Ross heute besonders wichtig und wie verändern sie sich in der Zukunft?


Offensichtlich hat sich die digitale Welt sehr verändert. Man bekommt eine sofortige und effiziente Reaktion. Aber darüber hinaus ist auch die Uhrenmesse in Basel wichtig, Print, Plakatwände, der POS. Übrigens hatten wir unsere erste Website bereits 1998 – nicht viele Marken hatten damals schon eine Website. Und wir waren vor 10 Jahren die erste Marke mit eigener Boutique.

12. In welche Richtung bewegt sich die Uhrenindustrie?


Gutmöglich, dass wir derzeit eine Reduktion in der Uhrenbranche erleben. Schauen Sie sich die Uhrenmesse in Basel an: im Vergleich zu den Vorjahren gibt es einen starken Rückgang. Es scheint, als würde sich der Markt selbst reinigen und nur die Besten werden überleben. Und es müssen nicht zwingend die Größten sein. Ich glaube sogar, dass die großen Marken, die auf Quantität ausgelegt sind mittelfristig Probleme bekommen könnten. Der Uhrenmarkt ist meiner Meinung nach nicht auf Menge ausgelegt. Und natürlich ändert sich auch die digitale Welt rasant.


www.bellross.com