Seit 270 Jahren existiert die Uhrenmaison Vacheron Constantin bereits – ununterbrochen wohlgemerkt. So ein Jubiläum ist natürlich immer ein passender Anlass, mit besonderen Modellen zu feiern. Die Erwartungen sind unter den anspruchsvollen Sammlern der Marke und auch uns Journalisten hoch – und doch hat uns die Maison alle dieses Jahr ziemlich überrascht. Bereits Anfang Januar stellte Vacheron eine neue 222 in Stahl vor, im April dann mit der Les Cabinotiers Solaria Ultra Grande Complication einen neuen Weltrekord mit der kompliziertesten Armbanduhr überhaupt. Im Sommer stellte man die erste Overseas als Grand Complication vor und kürzlich erschienen gleich drei neue Metiers d’Art Zeitmesser mit aufwendigen Tierkreiszeichen. Jetzt, wo sich das Jubiläumsjahr zu Ende neigt, hat sich Vacheron Constantin noch einmal selbst übertroffen mit einem Automaten (inkl. passender Armbanduhr), der viele sprachlos zurückließ (nicht nur, weil die Kreation über 1 Meter groß ist). Die Maison zeigt und beweist damit, dass ihnen auch nach 270 Jahren Schaffenskraft die Ideen und der Innovationsgeist nicht ausgehen.

Um all dem nachzugehen, sind wir nach Genf gereist, denn anlässlich des 270. Jubiläums präsentiert die Manufaktur die Ausstellung „The Quest: 270 years of seeking excellence“, die noch bis 28. September öffentlich zugänglich ist. Die Ausstellung ist mehr als nur eine Retrospektive, sie ist als ein immersives und lehrreiches Erlebnis konzipiert, das Besucher durch die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des ältesten, ununterbrochen tätigen Uhrmachers der Welt führt. Die Ausstellung ist eine Hommage an die Grundwerte, die die Identität des Hauses seit 1755 prägen, und dient als greifbare Manifestation seines Leitmotivs, das seit 1819 unaufhörlich den Puls der Manufaktur bestimmt: „Faire mieux si possible, ce qui est toujours possible“ (Besser machen, wenn möglich, und das ist immer möglich).

Dieser Satz, der in einem Brief von François Constantin an seinen Partner Jacques Barthélémy Vacheron geschrieben stand, ist mehr als nur ein Slogan; es ist zur treibenden Kraft der 270-jährigen, ununterbrochenen Geschichte des Hauses geworden. Jedes in der Ausstellung präsentierte Stück – von den ersten signierten Taschenuhren bis zu den jüngsten Weltrekorden – ist somit nicht nur ein für sich alleine stehendes Exponat, sondern ein Glied in einer zusammenhängenden Erzählung, die die Vergangenheit mit der Zukunft verknüpft.

Aber wie schafft man es überhaupt über so einen langen Zeitraum mit gesellschaftlichen Umwälzungen, Kriegen und technologischen Revolutionen kontinuierlich zu existieren, und nicht nur das, sondern stets dem Anspruch nachzugehen, es ein bisschen besser zu machen. Zum Jubiläum kann man sich davon nicht nur im Rahmen der temporären Ausstellung in Genf einen guten Überblick verschaffen, sondern auch bei den vielen Jubiläumsmodellen, mit denen Vacheron Constantin dieses Jahr ein horologische Feuerwerk gezündet hat.

Erste Station: Der Ursprung

Die Gründungsakte und die Pioniere

Der Rundgang durch die Ausstellung beginnt natürlich da, wo alles anfing und seinen Lauf nahm. Hier können Besucher eine Kopie des Gründungsdokuments von 1755 bestaunen: den Vertrag, den der 24-jährige Uhrmachermeister Jean-Marc Vacheron mit seinem ersten Lehrling unterzeichnete. Dieses unscheinbare Schriftstück markiert den Beginn der Manufaktur. Ein weiterer entscheidender Meilenstein war die Partnerschaft, die 1819 zwischen dem Enkel des Gründers, Jacques Barthélémy Vacheron, und dem Geschäftsmann François Constantin entstand. Constantin, schon zu der Zeit ein „Frequent Traveller“, öffnete dem Haus neue Märkte und verankerte die Markenphilosophie. Über ein interaktives Buch können Besucher sich virtuell durch die Geschichte der Maison ‚blättern‘.

Technologische Innovation als DNA

In diesem ersten Teil der Ausstellung sind zwei für die Maison prägende Modelle ausgestellt: die erste Taschenuhr, die der Gründer Jean-Marc Vacheron um 1755 herum gebaut hat sowie eine Taschenuhr mit Grand Feu Emaille Arbeiten von 1948, die von Jean Du Bois‘ „Blick auf Genf vom Bois de la Bâtie“ inspiriert ist, eine Anspielung auf die Genfer Wurzeln des Schweizer Uhrenherstellers. Die Emaille Zeichnungen sind nicht nur handwerklich herausragend, sondern auch heute noch in einem einwandfreien Zustand, denn der Vorteil von Emaille ist, dass sie nicht altert. Beide Zeitmesser sind auch heute noch im Besitz von Vacheron Constantin und demonstrieren, dass der Uhrmacher sehr früh bereits technische und künstlerische Maßstäbe setzte.

Ein weiteres zentrales Kapitel der Markengeschichte ist die Zusammenarbeit mit Georges-Auguste Leschot, der 1839 die Uhrmacherei durch eine entscheidende Erfindung revolutionierte: die Anwendung des Pantografen zur serienmäßigen Herstellung von Uhrwerksteilen. Diese Innovation stellte sicher, dass Komponenten eine einheitliche Qualität aufwiesen und austauschbar waren, was die Produktionsqualität maßgeblich verbesserte und Vacheron Constantin als Pionier der industriellen Präzision etablierte. Auch die Manufaktur selbst entwickelte sich weiter. Im Jahr 2004 bezog Vacheron Constantin eine neue, moderne Produktionsstätte in Plan-les-Ouates, deren Gebäude in der Form eines halben Malteserkreuzes gestaltet ist.

Das Malteserkreuz als Emblem

Die Bedeutung des Malteserkreuzes, das 1880 zum offiziellen Emblem des Hauses wurde, wird in der Ausstellung ebenfalls beleuchtet. Das Symbol hat seinen Ursprung in einem funktionalen Bauteil des Uhrwerks – einer Abdeckung auf dem Federhaus, die die Spannung der Aufzugsfeder konstant hielt, um die Ganggenauigkeit zu verbessern. Inzwischen ist das Malteserkreuz vom rein technischen Zweck zur ästhetischen Identität der Manufaktur geworden.

Die Overseas-Saga und ihre modernen Nachfolger

Die Reise durch die Historie führt unweigerlich zur 222, die in der Ausstellung als Antwort auf die aufkommende Quarzkrise in den 1970er Jahren präsentiert wird. Sie war eine – zu dieser Zeit – mutige Kreation mit integriertem Armband, entworfen von Jorg Hysek, nicht wie oft fälschlicherweise angenommen von Gérald Genta. Die 222 fand zunächst keinen großen kommerziellen Erfolg – heute ist sie unter Sammlern äußerst gefragt. Ihr Erbe lebt heute vor allem in der Overseas -Kollektion fort, auch wenn Vacheron inzwischen die historische Referenz 222 neu aufgelegt hat und sie als eigenständige Kollektion, auch wenn sie stark in der Produktion limitiert ist, läuft.

Die erste Generation der Overseas wurde 1996 vorgestellt, doch es war die dritte Generation aus dem Jahr 2016, die die Linie zu einem modernen Maßstab machte. Mit ihrer schlanken, sechsseitigen Lünette, die das Malteserkreuz zitiert, und dem eleganten, integrierten Armband designte die Overseas eine eigene Identität abseits des Mainstreams, zu dem sie oft verglichen wird. Sie ist heute technisch überlegen, ausgestattet mit einem Manufakturkaliber, dem Genfer Siegel und einem innovativen Schnellwechselsystem für Armbänder. 

Diese evolutionäre Anpassung der Linie zeigt sich auch in den zum 270. Jubiläum vorgestellten Neuheiten. So wurde die Overseas Perpetual Calendar Ultra-Thin um zwei neue, markante Zifferblatt-Optionen erweitert: eine in 18-karätigem Weißgold mit einem burgunderfarbenen Lack- und Sonnenschliff-Zifferblatt und eine weitere in 18-karätigem 5N Roségold mit einem Roségold-Ton-in-Ton-Zifferblatt.

Als Höhepunkt dieser Entwicklung präsentierte die Manufaktur in diesem Jahr außerdem die Overseas Grand Complication Openface, die erstmals eine sportliche Uhr der Kollektion mit einer Minutenrepetition verbindet. Das Gehäuse und das Armband dieser Uhr sind aus Grade 5 Titan gefertigt, was sie trotz ihrer Komplexität zu einer Uhr für den täglichen Gebrauch macht, denn sie ist leicht und angenehm tragbar.

Das „Openface“-Design der Uhr gewährt, ähnlich wie bei den Traditionnelle-Modellen, einen wunderbaren Einblick in das komplexe Innenleben. Transparente Zifferblattelemente und ein Saphirglas-Sandwich-Aufbau erwecken den Eindruck, dass die Hilfszifferblätter über den Mechaniken schweben. Angetrieben wird die Uhr von dem Handaufzugskaliber 2755 QP, das neben einer Minutenrepetition auch einen ewigen Kalender, ein Tourbillon und eine Gangreserveanzeige auf der Rückseite des Uhrwerks vereint.

Zweite Station: Métiers d’Art – die Seele der Zeit

Der Ausstellungsbereich, der den Handwerkskünsten gewidmet ist, feiert die Frauen und Männer hinter den horologischen Meisterwerken. Diese Kunsthandwerker, darunter Graveure, Guillocheure, Steinfasser und Emaillierer, sind die wahren Hüter des immateriellen Erbes der Manufaktur. In der Métiers d’Art Abteilung hegt und pflegt man behutsam seltene Handwerkskünste, die über Generationen wie ein Familienerbstück weitergegeben werden.

Das Spiel mit Feuer und Farbe: Emaillierung

Die Kunst des Emaillierens wird als eine der empfindlichsten und ältesten Künste der Uhrmacherei beschrieben. Der Prozess beginnt mit fein gemahlenem Glas, das mit Metalloxiden gemischt wird, um Farbpigmente zu erzeugen. Dieses Material wird in dünnen Schichten auf eine Metallbasis aufgetragen und bei Temperaturen von über 800 Grad Celsius gebrannt, um es mit der Oberfläche zu verschmelzen und lebendige Farben zu schaffen. Jeder Brennvorgang birgt das Risiko von Haarrissen oder Blasen, was diese Kunstform zu einem heiklen Prozess macht, der jahrelange Übung erfordert.

Wenn Sie alle Details zu den verschiedenen Bearbeitungstechniken von Emaille wissen möchten, lesen Sie gerne unseren ausführlichen Artikel dazu hier.

Gravur und Guillochierung

Die Ausstellung widmet sich auch der akribischen Handgravur und der Guillochierung. Die Gravur verleiht den Uhren Tiefe und Detail, während die Guillochierung eine alte mechanische Technik ist, bei der mithilfe einer Guillochiermaschine feine, sich wiederholende geometrische Muster in die Zifferblatt- oder Uhrwerksoberfläche eingraviert werden. Die Kombination von mechanischer Präzision und künstlerischem Talent ist in diesen Kunstformen besonders augenfällig.

Der Glanz der Juwelen

Der Edelsteinfasser wird in der Ausstellung als ein „Künstler des Lichts“ gefeiert, der Edelsteine so platziert, dass sie ihre maximale Strahlkraft entfalten. Ein legendäres Beispiel für dieses Handwerk ist die Kallista-Uhr von 1979, die aus einem ein Kilo schweren Goldbarren geschnitzt wurde und mit 118 Diamanten im Wert von etwa 130 Karat besetzt ist.

Hommage an die Himmelskuppel: Die Métiers d’Art Tribute to The Celestial Serie

Zum 270. Jubiläum präsentierte die Manufaktur die neue Métiers d’Art Tribute to The Celestial Serie, die besonders im Jubiläumsjahr noch mal verstärkt darauf aufmerksam machen soll, dass die Métiers d’Art des Hauses zu den besten der Welt gehört. Die Kollektion besteht aus zwölf limitierten Uhren, die jeweils einem Tierkreiszeichen und seiner entsprechenden Konstellation gewidmet sind. Das Herzstück dieser Serie ist die Handguillochierung, die hier nicht mehr nur als abstraktes Muster dient, sondern erstmals in eine figurative Darstellung überführt wird.

Auf den blauen Sonnenschliff-Zifferblättern sind die jeweiligen Sternbilder mit Brillanten hervorgehoben, was jedes Stück zu einer Miniatur-Himmelskarte am Handgelenk macht. Die Lünetten, Bandanstöße und die Krone der Weißgoldgehäuse sind mit 96 Saphiren im Baguette-Schliff besetzt, was rund 27 Arbeitsstunden pro Uhr erfordert. Die Verarbeitung des Gehäuses und der Zifferblätter ist makellos.

Angetrieben werden die Uhren von dem ultraflachen, automatischen Tourbillon-Uhrwerk Kaliber 2160. Mit einer Höhe von nur 5,65 mm, einer 80-stündigen Gangreserve und dem Genfer Siegel, das die hohe Verarbeitungsqualität attestiert, ist das Kaliber ein technisches Meisterwerk, das der kunstvollen Ästhetik der Uhren in nichts nachsteht.

Ein Highlight jagt das nächste: Die Métiers d’Art – Tribute to the Quest of Time

Mit der Métiers d’Art Tribute to the Quest of Time präsentierte Vacheron Constantin soeben erst eine doppelseitige Armbanduhr, die als direkte Hommage an die eingangs erwähnte und ebenfalls zum 270. Jubiläum vorgestellte La Quête du Temps Automaten-Uhr konzipiert wurde. Das Hauptthema: die retrograde Anzeige, die tief in der Geschichte der Maison verwurzelt ist.

Das Erbe der Retrograde-Anzeige: Neu interpretiert und verfeinert

Retrograde Anzeigen tauchten bei Vacheron Constantin erstmals in den 1920er Jahren bei Taschenuhren auf, wie zum Beispiel der historischen Bras en l’air Taschenuhren aus den 1930er-Jahren. Erst 1940 produzierte die Manufaktur ihre erste Armbanduhr mit retrograder Datumsanzeige in Kombination mit einer Minutenrepetition, benannt nach dem Mann, der sie 1935 in Auftrag gegeben hatte: die Don Pancho. Anfang der 90er Jahre griff Vacheron Constantin diese charakteristische Komplikation in mehreren Armbanduhren wieder auf, wie in der Mercator von 1994 und später in der Saltarello von 1997. 2023 wurde die retrograde Anzeige zu einer übergreifenden Charakteristik mit nicht weniger als drei Neuheiten in drei verschiedenen Kollektionen: Overseas, Patrimony und Traditionnelle.

Die Métiers d’Art Tribute to the Quest of Time greift dieses Erbe zum großen Jubiläum der Maison auf und entwickelt es in einer Weise weiter, die das Konzept der Retrograde-Anzeige fundamental neu denkt.
Anstatt traditioneller Zeiger werden die Stunden und Minuten durch die Arme einer menschlichen Figur angezeigt, die sich über zwei bogenförmige Skalen bewegen. Die technische Raffinesse dieser Anzeige liegt in der Möglichkeit, zwischen zwei Modi zu wählen: dem Aktiv-Modus für eine kontinuierliche Zeitanzeige und dem Standby-Modus, in dem die Figur in ihrer neutralen Position verharrt. Dieses innovative Dual-Mode-System wurde durch die Erfahrungen mit der monumentalen Automaten-Uhr La Quête du Temps inspiriert, bei der die komplexen und energieintensiven Bewegungen des Automaten nur auf Abruf aktiviert werden können. Die Manufaktur hat die technische Lösung dieser Herausforderung, die für das Automaten-Werk entwickelt wurde, auf eine miniaturisierte Form am Handgelenk übertragen. Beide Kreationen demonstrieren die strategische Vision, die hinter Vacheron Constantins Innovationsphilosophie steht: Jede Kreation, ob Kunstinstallation oder Armbanduhr, dient als Plattform für technologische Weiterentwicklung, deren Errungenschaften anschließend in der gesamten Kollektion eingesetzt werden können.

Das Kaliber 3670 – Bemerkenswerte Miniaturisierung

Die Métiers d’Art Tribute to the Quest of Time wird von dem neuen, eigens für dieses Modell entwickelten Handaufzugskaliber 3670 angetrieben. Dieses Uhrwerk ist das Ergebnis einer dreijährigen Entwicklungszeit und besteht aus 512 Komponenten. Eine bemerkenswerte technische Eigenschaft des Kalibers ist die Kombination aus einer hohen Frequenz von 5 Hertz (36.000 Halbschwingungen pro Stunde) und einer langen Gangreserve von sechs Tagen, die durch die Verwendung von drei Federhäusern ermöglicht wird. Eine hohe Frequenz minimiert die Auswirkungen von Erschütterungen auf die Ganggenauigkeit, während eine lange Gangreserve die Zuverlässigkeit erhöht.

Die Entwicklung des Kalibers 3670 wurde maßgeblich durch das Kaliber 3610 der Traditionnelle Twin Beat Perpetual Calendar von 2019 inspiriert. Die Dual-Mode-Anzeige des Kalibers 3670 ist so konzipiert, dass sie das on-demand Prinzip des Automaten auf die Uhrmacherei überträgt. Die Funktionalität dieses Kalibers ist durch vier Patentanmeldungen geschützt. 

Diese Patente umfassen unter anderem:

  • Ein Regler, der die Synchronisation der Stunden- und Minutenzeiger gewährleistet, indem er das Problem löst, dass sich beide Zeiger bei einer retrograden Anzeige mit unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegen. Dieses Detail zeigt die mikroskopische Präzision, die für die Realisierung einer so komplexen Komplikation erforderlich ist.
  • Eine doppelte retrograde Gangreserveanzeige, die die Gangreserve von sechs Tagen in zwei sequenziellen Anzeigen darstellt.
  • Einen Mechanismus zur genauen Anzeige des Mondalters in Relation zur Mondphase sowie eine manuelle Korrekturfunktion, die es ermöglicht, die Mondanzeige zu jeder Zeit ohne Beschädigung des Uhrwerks einzustellen.

Die menschliche Figur der Métiers d’Art Tribute to the Quest of Time, deren Arme als Zeiger dienen, ist aus Titan gefertigt und wurde anschließend mit einer goldfarbenen PVD-Beschichtung, Sandstrahlung und einer handaufgetragenen Patina versehen. Diese Materialwahl und Verarbeitungstechnik ermöglicht es, die Figur filigraner und leichter zu gestalten, was für die retrograde Mechanik einer Armbanduhr von entscheidender Bedeutung ist. Der 3D-Mond aus Titan wurde ebenfalls handgraviert und mit einer zweifarbigen PVD-Beschichtung versehen, um das Wechselspiel der Mondphasen naturgetreu nachzubilden.

Ein zentrales Element der Uhr ist die Sternkarte auf dem Zifferblatt, die den genauen Himmel über Genf am Gründungstag der Manufaktur, dem 17. September 1755, nachbildet. Die präzise Rekonstruktion wurde in Zusammenarbeit mit Astronomen des Genfer Observatoriums ermöglicht. Diese Detailgenauigkeit verwandelt das Zifferblatt in ein historisches Artefakt, das die Vergangenheit der Marke physisch auf dem Handgelenk abbildet.

Auch die Veredelungen des Uhrwerks müssen an dieser Stelle erwähnt werden. Obwohl die meisten Komponenten nach der Montage verborgen bleiben, sind alle 512 Teile des Kalibers 3670 von Hand veredelt. Die Manufaktur entschied sich für eine kreisförmige Satinierung der Brücken anstelle des traditionellen Côtes de Genève, um die Reflexionen des transparenten Saphirglaszifferblatts zu minimieren und die Ablesbarkeit zu optimieren.

Keine Uhr, sondern eine Choreographie des Kosmos

Als krönender Höhepunkt ihres 270. Jubiläums präsentiert Vacheron Constantin ein monumentales Meisterwerk, das die Grenzen der Uhrmacherkunst transzendiert: die La Quête du Temps. Dieses über einen Meter hohe Objekt ist keine klassische Uhr im herkömmlichen Sinne, sondern eine Mécanique d’Art, die die Welten der hohen Uhrmacherkunst, der dekorativen Handwerkskunst und der kinetischen Kunst in einem einzigen, faszinierenden Werk vereint, das derzeit im Louvre in Paris ausgestellt ist.

Die obere Kuppel, aus einem Stück Mineralglas gefertigt, beherbergt den „Astronom“-Automaten. Die Innenseite der Kuppel ist freihändig mit einer Darstellung des nördlichen Sternenhimmels bemalt, wie er am Gründungstag der Manufaktur im Jahr 1755 über Genf zu sehen war. Diese Zusammenarbeit mit Astronomen des Genfer Observatoriums zur exakten Rekonstruktion des Himmelsgewölbes verdeutlicht die akribische Liebe zum Detail, die die Manufaktur an den Tag legt, um ihre Erzählung wissenschaftlich zu untermauern. Die mittlere Sektion bildet das Bindeglied, eine doppelseitige astronomische Uhr, die die universellen Rhythmen des Kosmos mit menschlicher Ingenieurskunst verbindet.

ie Figur, in enger Zusammenarbeit mit dem Meister-Automatier François Junod entwickelt, führt eine Choreografie aus, die aus 144 unterschiedlichen Gesten besteht. Diese Bewegungen werden durch ein Karussell mit 158 Nocken gesteuert, die ihre Informationen präzise von einem mechanischen Zeitspeicher erhalten. Diese neuartige Komplikation, bei der der Automat direkt mit dem Uhrwerk kommuniziert, demonstriert eine Pionierleistung in der Uhrmacherkunst.

Die Choreografie des Automaten ist in drei Sequenzen unterteilt, die auf Abruf oder bis zu 24 Stunden im Voraus programmiert werden können. Die Bewegungen werden von eigens von Woodkid komponierten Melodien begleitet, die von einer internen „mechanischen Musikmaschine“ erzeugt werden. Die Herausforderung bestand darin, die Bewegungen des Automaten geschmeidig und natürlich wirken zu lassen. Die Tatsache, dass jede einzelne der 144 Gesten einem eigenen Nocken zugeordnet ist, stellt sicher, dass die Bewegungen nie monoton sind, auch wenn nur wenige Minuten zwischen den Aktivierungen liegen. Dies unterstreicht die unermüdliche Suche nach Perfektion in jedem noch so kleinen Detail.

Das Uhrwerk der La Quête du Temps, das Handaufzugskaliber 9270, ist mit 23 Komplikationen ausgestattet. Die Komplexität des Uhrwerks wird durch 15 Patentanmeldungen für das gesamte Projekt untermauert, die sowohl uhrmacherische als auch Automaten-Funktionen betreffen. Jedes der 6.293 Einzelteile wurde mit höchster Präzision finissiert.

Das Werk vereint ein breites Spektrum an Handwerkskünsten, darunter:

  • Edelsteinbesatz: Die Lünetten um das Tourbillon und die 24-Stunden-Anzeige sind mit insgesamt 100 Diamanten im Baguette-Schliff besetzt.
  • Marketerie und Intarsien: Der Sockel ist mit Platten aus Lapislazuli und Bergkristall verkleidet. Die Darstellung des Sonnensystems auf dem Sockel besteht aus Schmuckstein-Cabochons für die Planeten und Einlegearbeiten aus Perlmutt für ihre Namen.
  • Gravur und Guillochierung: Die menschliche Figur des Automaten ist mit Tiefdruckgravuren versehen. Die 24-Stunden-Anzeige zeigt handgravierte Sonnen- und Mond-Appliken, die von handguillochierten Sonnenstrahlen umgeben sind.

Miniaturmalerei: Die Himmelskuppel aus Mineralglas wurde freihändig und spiegelverkehrt bemalt. Die akribische Arbeit erforderte drei Wochen konzentrierter Anstrengung, nachdem eine sechsmonatige Forschungs- und Testphase vorausgegangen war.

Dritte Station: Haute Horlogerie

Die Jagd nach dem flachsten Uhrwerk

Der letzte Abschnitt der Ausstellung ist dem Universum der Komplikationen gewidmet und beleuchtet die mechanischen Errungenschaften, die Vacheron Constantin berühmt gemacht hat. Seit dem 19. Jahrhundert hat Vacheron Constantin eine einzigartige Expertise in der Entwicklung ultraflacher Kaliber aufgebaut. Das Streben nach Flachheit war nicht nur ein technischer Wettlauf, sondern ermöglichte auch die Schaffung von Uhren, deren minimalistische und klassische Ästhetik zeitlos blieb, wie die Kollektion Patrimony. Ein Höhepunkt dieser Bemühungen war das zur Feier des 200. Jubiläums im Jahr 1955 vorgestellte Handaufzugskaliber 1003, das mit nur 1,64 mm Dicke zum dünnsten mechanischen Handaufzugswerk der Welt avancierte. Bis heute gilt es als eines der elegantesten und am aufwendigsten gefertigten flachen Werke.

Ein ganzes Universum an Komplikationen

Die Manufaktur hat im Laufe ihrer Geschichte eine Reihe uhrmacherischer Komplikationen erforscht. Dazu gehören der erste World Time-Zeitzeiger aus dem Jahr 1932, der zusammen mit Louis Cottier entwickelt wurde, sowie die Twin Beat-Uhr von 2019, die mit ihren zwei wählbaren Oszillatoren eine Gangreserve von 65 Tagen bietet. Die astronomische Celestia Grand Complication 3600 von 2017 mit 23 Komplikationen und drei Wochen Gangreserve ist ein weiteres Highlight der Firmengeschichte.

In der Ausstellung sind zwei bedeutende Taschenuhren aus dem frühen 20. Jahrhundert ausgestellt: eine Triple Complication Pocket Watch von 1905, mit Ewigem Kalender, Schlagwerk und Chronographen-Funktion sowie eine Taschenuhr mit Chronographen-Funktion und Schlagwerk, die in einem aufwendig ziselierten Gehäuse aus 20 Karat Gold gefasst ist und 1918 für den amerikanischen Industriellen James Ward Packard angefertigt wurde. Laut Daten aus dem Archiv wurden die ersten Taschenuhren mit Schlagwerk bei Vacheron Constantin übrigens bereits im Jahr 1806 gebaut.

Neue Wege der Transparenz: Die Traditionnelle Openface Kollektion

Zum 270. Jubiläum hat Vacheron Constantin ein Trio von Traditionnelle Openface-Uhren vorgestellt, die die historische Retrograde-Anzeige des Hauses mit einem modernen, transparenten Design verbinden. Die Philosophie hinter „Openface“ unterscheidet sich bewusst von der traditionellen Skelettierung. Anstatt Material zu minimieren, legt das offene Zifferblatt die Komplexität und innere Schönheit des Uhrwerks frei, während die architektonische Struktur erhalten bleibt.

Das neue Trio umfasst die Traditionnelle Tourbillon Retrograde Date Openface, die Traditionnelle Perpetual Calendar Retrograde Date Openface und die Traditionnelle Complete Calendar Openface. Diese Modelle sind mit neuen Kalibern ausgestattet. Das Perpetual Calendar-Modell, beispielsweise, wird von dem neuen Kaliber 2460 QPR31/270 angetrieben, das neben einem ewigen Kalender auch eine retrograde Datumsanzeige bietet. Die handwerkliche Verfeinerung ist auch bei diesen Uhren sichtbar: Die Zifferblätter sind mit einem handguillochierten Malteserkreuz-Muster verziert, und die Brücken des Uhrwerks weisen eine „côte unique“-Finissierung auf – eine historische Dekorationstechnik, die von der Manufaktur wiederentdeckt und angewendet wurde.

Zwei Weltrekorde: Les Cabinotiers – The Berkley Grand Complication und Les Cabinotiers Solaria Ultra Grand Complication

In der Ausstellung ist auch die Les Cabinotiers – The Berkley Grand Complication zu sehen, die 2024 als die komplizierteste Uhr der Welt gefeiert wurde. Mit ihren 63 horologischen Komplikationen und dem ersten mechanischen chinesischen ewigen Kalender hat sie den 2015 aufgestellten Rekord der eigenen Referenz 57260 übertroffen.

Als ultimatives Zeugnis für die Philosophie, das scheinbar Unmögliche zu erreichen, stellte Vacheron Constantin in diesem Jahr auch die Les Cabinotiers Solaria Ultra Grand Complication vor. Dieses Meisterwerk löst die Berkley Grand Complication nicht ab, sondern etabliert eine neue Kategorie: Mit 41 Komplikationen ist sie die komplizierteste Armbanduhr der Welt. Die Manufaktur hat somit innerhalb weniger Jahre sowohl den Rekord für die komplizierteste Taschenuhr als auch für die komplizierteste Armbanduhr aufgestellt.Trotz ihrer Komplexität hat die Solaria eine erstaunlich tragbare Größe mit einem Durchmesser von 45mm und einer Höhe von 14,99 mm. Ihr Fokus liegt auf exotischen astronomischen Komplikationen, einschließlich einer noch nie dagewesenen Komplikation auf dem Gehäuseboden, die in Verbindung mit dem Schleppzeiger-Chronographen die Position von Himmelskörpern am Nachthimmel anzeigt. Das neue, handaufgezogene Kaliber 3655 mit 1521 Komponenten und 72 Stunden Gangreserve demonstriert, dass Vacheron Constantin kontinuierlich neue technische Grenzen erforscht. Zusätzlich zu den komplexen astronomischen Anzeigen verfügt die Uhr über ein Westminster Carillon-Schlagwerk mit vier Gongs und Hämmern, einen Schleppzeiger-Chronographen und eine Reihe weiterer Komplikationen.

Ein Erbe, das weiterlebt

Die Ausstellung „The Quest“ ist mehr als nur eine Retrospektive. Sie ist ein lebendiger Beweis für die Philosophie von Vacheron Constantin: Das Streben nach Exzellenz ist eine nie endende Reise. Am Ende der Reise durch die Ausstellung bleibt nur noch die Frage, wie man das alles in den kommenden Jahrzehnten noch übertreffen kann – aber die Uhrmacher haben uns auch in den letzten Jahrhunderten immer wieder überrascht.

Praktische Informationen zur Ausstellung

Die Ausstellung „The Quest: 270 years of seeking excellence“ ist öffentlich zugänglich und findet noch bis zum 28. September jeweils von 10 bis 18 Uhr am Pont de la Machine in Genf statt.


vacheron-constantin.com

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