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Rados Anatomy: Was die Anatom über Rados Entwicklung verrät
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Rados Anatomy: Was die Anatom über Rados Entwicklung verrät

28. Mai 2024

Kurz vor ihrem verfrühten Tod bemalte die Pop-Art-Ikone Andy Warhol eine 111,8 x 111,8 cm große Leinwand. Darauf erstrecken sich diagonal drei Exemplare eines Zeitmessers in bunten Linien mit einem rechteckigen Gehäuse und einem Armband mit horizontalen Streifen über Farbflächen in Gelb, Mint, Schwarz, Rosa und Rot. Der Titel des Werkes von 1987: Anatom (Rado Watches). Dass die Wahl des Bildmotivs auf das Uhrenmodell der Schweizer Manufaktur fiel, ist natürlich kein Zufall. Zur Feier seines 70-jährigen Bestehens hatte Rado das Bild kommissioniert. Doch das war nicht der einzige Anlass. 1983 hatte die Marke das Modell DiaStar Anatom lanciert, nun wurde sie auch auf dem amerikanischen Markt eingeführt. In ihr bündelte sich der technologische Pioniergeist der Marke und ihr Erfolg sollte so hohe Wellen schlagen, dass er die Marke und die Industrie nachhaltig prägte. Erst letztes Jahr erschien eine Neuauflage des bedeutenden Modells zum 40-jährigen Jubiläum. Warum die Anatom eine sinnvolle Schlussfolgerung in Rados Produktentwicklung war, was sie so besonders macht und wie sie Rados „Master of Materials“-Titel alle Ehre macht, nehmen wir im Folgenden einmal genauer unter die Lupe.

Der Weg zur Rado Anatom

Um ein Modell und seine Einflüsse zu verstehen, lohnt es sich immer zuerst einen Blick in die Geschichte der Marke zu werfen. 1917 gründeten die Gebrüder Fritz, Ernst und Werner Schlup eine Uhrmacherwerkstatt für mechanische Uhren mit Handaufzug unter dem Namen „Schlup und Co“ im schweizerischen Lengau. Einige Jahre darauf registrierten sie im Jahr 1928 den Markennamen, unter dem wir die Produkte der Manufaktur heute kennen und der seit 1957 auf allen Zeitmessern prangt: Rado (Esperanto für „Rad“).

Die Rado Manhattan von 1967

Schon in den 1930er-Jahren produzierte Rado Uhren mit einer rechteckigen, nahezu quadratischen Form. Doch vor allem ab den 1960er-Jahren brachte Rado verschiedene Modelle mit einem rechteckigen oder quadratischen Gehäuse heraus, deren Formgebung zu einem Markenzeichen der Schweizer Uhrenmanufaktur werden sollte. Die Manhattan von 1967 besaß etwa ein großes, quadratisches Stahlgehäuse, das dank eines patentierten Dichtungssystem wasserdicht war, und ein silberfarbenes Zifferblatt mit einer Datums- und Wochentaganzeige bei 3 Uhr. Auch das Gehäuse der Glissière von 1978 war quadratisch geformt. Ein Saphirglas, das durch zwei Hartmetallstäbe in einer schwalbenschwanzförmigen Anordnung bei 6 und 12 Uhr am Gehäuse befestigt wurde, schützte das quadratische Zifferblatt in Schwarz mit seiner Datumsanzeige bei 3 Uhr. Sowohl die Art der Befestigung des Saphirglases als auch das feingliedrige Stahlband, das vom Gehäuse aus schmaler werden zu schien, deuteten in Richtung der künftigen Anatom.

Die Rado Glissière von 1978, bei der das Saphirglas mithilfe von zwei Hartmetallstäben in einer schwalbenschwanzförmigen Anordnung befestigt wurde.

Mit der DiaStar Executive von 1981 rücken wir zeitlich und ästhetisch noch näher an die Anatom heran. Dieser Zeitmesser setzte sich aus einem quadratischen Stahlgehäuse mit Goldakzenten und einem schwarzen Zifferblatt mit abwechselnd römischen und Stab-Indices sowie einer Datumsanzeige zusammen. Nicht nur das Gehäuse ähnelte in seiner Form der Anatom, sondern auch das Armband. Wie bei der Glissière verlief das Armband von den mit vier Schrauben befestigten, goldfarbenen Bandanstößen nach oben und unten hin etwas schmaler zu. Allerdings war das Band im Vergleich zur Glissière nicht so feingliedrig. Denn die Armbandglieder in Bicolor bildeten durch ihre geradlinige, horizontale Anordnung ein Streifen-Muster. Damit gab die DiaStar Executive einen Vorgeschmack auf die Ästhetik der Anatom, die zwei Jahre darauf erschien.

DiaStar Executive, 1981

Anatomisch anschmiegsam: Die Rado Anatom von 1983

1983 schlägt die Geburtsstunde der Rado Anatom. Mit ihr geht die Schweizer Uhrenmanufaktur noch einen Schritt weiter, was ihre bisherige Vorliebe für rechteckige Formen und technologischen Errungenschaften betrifft. Schon der Name des neuen Zeitmessers verweist darauf: Anatom setzt sich aus „atomisch“ mit Anspielung auf das futuristisch wirkende Design und „anatomisch“ zusammen. Dabei rührt letztere Zuschreibung daher, dass Rado mit der Anatom einen Zeitmesser erschaffen wollte, der sich durch seine konvexe Form und das zylindrische Saphirglas nahezu „anatomisch“ an das Handgelenk anschmiegte und damit einen hohen Tragekomfort bot.

Eine Skizze der Anatom, ca. 1986

Wie bereits angemerkt, zeigt die neue Armbanduhr hinsichtlich ihrer Optik einige Parallelen zur DiaStar Executive auf. Doch nicht nur das – anfänglich hatten sie sogar einen Teil des Namens gemein, da sich die DiaStar-Modelle schon einer gewissen Bekanntheit erfreuten und einen hohen Wiedererkennungswert hatten. Um die schrittweise Einführung der Anatom zu erleichtern, setzte man deshalb DiaStar dem Namen voran. Aber durch die Einzigartigkeit ihrer uhrmacherischen Konstruktion konnte die Anatom sich schnell selbst einen Namen machen. Doch wie genau sah sie aus und welche technologischen Rado Meilensteine intergierte sie?

Futuristisch puristisch: Die Ästhetik der Rado Anatom

Zu den Trend-Uhren der 1980er-Jahre zählten Varianten in Stahl, Bicolor und auffällige Designfarben. Anders als besonders farbenfrohe Modelle wie die Formula 1 von Tag Heuer, bestach die DiaStar Anatom durch ihre puristische Ästhetik. Denn abgesehen von der schwarzen Schrift des Marken- und Modellnamens sowie der Datumsanzeige, war der gesamte Zeitmesser in einer stählernen Optik gehalten. Jedoch bestand nur das Armband der Anatom aus Stahl. Das 28 mm breite Gehäuse war wie das der ikonischen DiaStar aus Hartmetall gefertigt und wirkte im Vergleich zu seinen Zeitgenossen filigraner.

Als das erste kratzfeste Modell in der Geschichte der Uhrmacherei hatte Rado die DiaStar 1962 lanciert. Mit ihrer ästhetischen Langlebigkeit wurde sie zum Aushängeschild der Marke und legte den Grundstein für die Nutzung von Hightech-Materialien und Hartmetall in der Uhrenmanufaktur. Das Besondere: die Kombination aus Saphirglas und einem oval anmutenden Gehäuse aus Hartmetall. Dieses besteht aus Wolframkarbid, einer Keramik, und einem Metallbinder, einem bereits in den 1920er-Jahren für die Werkzeugherstellung entwickelten Verbundmaterial. Rado entdeckte schließlich das Material für sich und testete die langlebigen Eigenschaften dieses Materials für seine Uhren aus – mit Erfolg. Im Gießverfahren wird eine granulierte Mischung aus Wolframcarbid in Pulverform, Metallbinder und Kunststoff in die richtige Form gebracht. Beim Sintern unter Vakuum oberhalb des Schmelzpunktes des Bindemittels erreicht das nun verflüssigte Material seine endgültige Dichte und Härte, wobei es schrumpft. Dieser Größenunterschied wird allerdings im Voraus schon miteinkalkuliert, sodass am Ende des Prozesses das Material auch die richtige Größe hat. Abschließend erfolgt die mechanische Bearbeitung und Politur der Oberflächen mit Diamantwerkzeugen und -scheiben, wodurch man eine Hochglanz-Optik erzielt. Genau diese Hochglanzoptik findet sich auch beim rechteckigen Gehäuse der Anatom wieder, das durch ein Mittelstück und eine Krone mit Ankersymbol aus Stahl ergänzt wurde.

Die erste Rado Anatom

Durch das glänzende Gehäuse wirkte die Armbanduhr trotz der monochromen Optik abwechslungsreich und das metallisierte Saphirglas bot einen wunderbaren Rahmen für das Zifferblatt. Gleichzeitig setzte sich das Gehäuse subtil von seinem Stahl-Armband ab, dessen breitere Glieder in ihrer Struktur etwas rauer wirkten. Wie bei der DiaStar Executive bildeten die Glieder des Stahlbandes abwechselnd dünne und breite horizontalen Streifen, die direkt nach den am Gehäuse anliegenden Gliedern kürzer wurden. Passend dazu war im Unterschied zur Executive auch das silberfarbene Zifferblatt mit horizontalen Streifen versehen. Dadurch schienen das Armband und das Zifferblatt eine fortlaufende Einheit zu bilden. Diese Wirkung wurde durch die zurückhaltenden, punktförmigen Stahl-Indices bei 12, 3 und 9 Uhr und die stählernen Stunden-, Minuten- und Sekundenzeiger unterstrichen. Eine Datumsanzeige bei 6 Uhr ersetzte den dortigen Index. In seiner Gesamtheit betrachtet, wirkte die DiaStar Anatom durch den fließenden farblichen und strukturellen Übergang von Gehäuse zu Armband ergonomisch. Eine weitere anatomische Innovation war jedoch nicht auf den ersten Blick sichtbar.

Zylindrisches Saphirglas

Während das Hartmetall eine technologische Errungenschaft aus der Vergangenheit darstellte, nutzte man für die DiaStar Anatom ein neuartiges, dreidimensional geformtes Saphirglas. Dabei handelt es sich um ein zylindrisches, also gewölbtes, Saphirglas, das essenziell für das gesamte Design der Uhr ist. Mit einer Härte von 2.000 Vickers und inspiriert von der Beständigkeit echter Saphire, zählt Saphirglas zu einem der härtesten Materialien der Welt. Seine Struktur ist identisch mit der eines natürlich vorkommenden Saphirs und härter als andere von Rado genutzten Materialien wie Hartmetall, Hightech-Keramik und Ceramos. Noch dazu ist das Material hochgradig transparent, weshalb es einiges an Wissen und Geschick erfordert dieses Material zu kreieren und zu bearbeiten.

Rado war unter den ersten Herstellern, die für ihre Zeitmesser Saphirglas in größeren Produktionsmengen und verschiedenen Designs, u.a. Rauchtönungen, Färbungen, Facetten und Entspiegelungen, nutzten. Die Herausforderung bei der Anatom bestand darin, ein konvexes Saphirglas herzustellen. Diese Form sollte die optimale anatomische Passform am Handgelenk gemeinsam mit dem Gehäuse ermöglichen.

Eine Erklärung zur Herstellung von Saphirglas bei Rado in Rado – Hightech-Materialien, 1997

Um ein anatomisch geformtes, gewölbtes, kratzfestes Saphirglas zu erschaffen, braucht es mehr als 60 Schritte im Verneuil-Verfahren. Als Grundlage dafür dient ultrareines Aluminium-Oxid-Pulver, das gemeinsam mit Sauerstoff und Wasserstoff in einem Verneuil-Ofen bei 2.050°C kristallisiert und einen Saphirblock (sog. „Boule“) bildet. Dieser wächst während des Prozesses alle 8 Stunden um 20 cm und wird für mehrere Tage bei sehr hohen Temperaturen geglüht. Dadurch sollen restliche Spannungen in der Kristallstruktur gelöst werden. Sobald die Saphirkugel dem Ofen entnommen wird, wird sie mithilfe eines Diamantschneiders in Scheiben geschnitten. Nachfolgend werden diese Rohlinge mit Diamantwerkzeugen graduiert, in Form geschliffen, facettiert und poliert. Für die Anatom wird das synthetische Material von beiden Seiten gefräst und poliert. Dabei stellt die Innenseite die größte Herausforderung dar, da die Werkstücke vor dem Fräsen auf zylindrische Werkzeuge geklebt werden.

Dezente Details durch Metallisierung

Um optisch zur Farbgebung des Zeitmessers zu passen, wurde das Saphirglas noch silberfarben metallisiert. Der Metallisierungs-Prozess ist ebenfalls umfangreich und erfordert 40 weitere Arbeitsschritte. So wird die Unterseite des Saphirglases in einer Vakuumkammer im staubfreien Labor metallisiert, indem Gold oder – in diesem Fall – Chrom auf dem Saphirglas verdampfen. Spätere Ausführungen verfügten auch über Metallisierungen mit anderen Elementen. Für die Anatom wurde in einem photolithographischen Prozess das dekorative Muster, das die optischen horizontalen Linien des Metallarmbandes und die anatomische Form (durch einen Rahmen) aufgreift, nachgezeichnet. Zu guter Letzt dienten zwei Schutzelemente aus Hartmetall in einer Schwalbenschwanzstruktur bei 6 und 12 Uhr zur als Befestigung des Saphirglases am Gehäuse, ähnlich wie bei der Glissière von 1978.

Somit besticht die Rado Anatom durch ihre einzigartige Kombination aus vergangenen und neuen technologischen Errungenschaften sowie einer konsequenten Weiterentwicklung des rechteckigen Designs. Der Zeitmesser zeigt, dass Innovation in der Uhrmacherei nicht nur über ein Uhrwerk mit Komplikationen erreicht werden kann. Die Herstellung von Materialien kann ebenso bahnbrechend und anspruchsvoll sein, wie die Prozesse zur Produktion von Hartmetall und (konvexem) Saphirglas zeigen. Als die Rado Anatom 1983 ihre Geburtsstunde erlebte, überzeugte sie vielmehr durch ihr Design und weniger durch ihr Quarz Rado Kaliber 03.152.102.

Post-Anatom

Nach der Einführung auf dem Markt 1983, gab es die Anatom in verschiedenen Ausführungen. Ein Produktbuch von 1984 zeigt, dass es sie in Gold- und Silberfarben in jeweils zwei verschiedenen Größen sowohl für Männer als auch für Frauen verfügbar war. Zudem gab es Mitte der 1980er-Jahre eine Variante in Bicolor mit breiten silberfarbenen Gliedern und dünnen, horizontalen Streifen in Goldfarben, was in den 1980er-Jahren sehr in Mode war. Auch gab es Varianten mit einem schwarzen DLC-beschichteten Armband aus Hartmetall und welche, die aus Echtgold gefertigt waren.

Seiten in einem Produktbuch von 1984 zeigen die Rado Anatom in jeweils zwei Größen und Farbausführungen

1990 lancierte Rado eine Jubilé-Ausführung der Anatom in Bicolor. Auf dem schwarzen Zifferblatt mit einer Datumsanzeige bei 6 Uhr glänzen goldfarbene Stunden-, Minuten- und Sekundenzeiger sowie diamantene Stundenindizes bei 12, 3, 6 und 9 Uhr. Nachdem die Quarzkrise endgültig abgeklungen war, erschien die Anatom zwischen 1996 und 1997 erstmals als Automatikmodell und erfreute sich großer Beliebtheit in der Kollektion. An diese Popularität will nun auch eine Neuauflage der Anatom anknüpfen, die Ende letzten Jahres mit vier Modellen erschien. Wie das Original verkörpern die neuen Zeitmesser die Entwicklungen innerhalb von Rados Geschichte – diesmal ab 1983 – und zeigen, welchen Einfluss die Anatom auch auf andere Modelle in den letzten Jahrzehnten hatte.

Die Anatom in einer diamantbesetzten Jubilé-Ausführung, 1990

Mit der Zeit gehen: Die neuen Anatom Modelle

2023 kennzeichnete ein ganz besonderes Jahr für die Anatom, denn Rado blickte stolz auf sein 40-jähriges Bestehen zurück und ehrte das einflussreiche Modell mit vier neuen Editionen. Während die Rückbezüge zum Original klar erkennbar sind, gehen die Neuheiten in ihrer Material- und Farbwahl mit der Zeit. Denn seit den 80er-Jahren hat Rado seine Materialpalette weiter ausgeweitet und neue Produktionstechniken entwickelt. Dass sich diese in den neuen Modellen zeigen sollen, entspricht dem Geiste der originalen Anatom, die schon zu ihrer Entstehungszeit Symbol für die technologischen Erfolge der Schweizer Manufaktur war. Darüber hinaus setzen die neuen Anatom Automatic-Modelle den Trend des Revivals von Uhren aus den 1980er-Jahren, wie etwa die Rolex Datejust Two-Tone, fort. Die neue Kollektion besteht aus drei Standard-Modellen mit Zifferblättern in Cognac, Grün oder Blau. Außerdem gibt es eine auf 40 Stück limitierte Edition, die allerdings schon ausverkauft ist.

Die drei neuen Anatom-Modelle mit Farbverlauf

Von Hartmetall zu Hightech-Keramik

Anstelle eines Gehäuses aus Hartmetall verfügen die neuen Modelle über ein Hightech-Keramikgehäuse mit einer glatten Oberfläche. Im Vergleich zum Original sind die 32,5 x 46,3 mm Gehäuse größer und weniger zierlich. Wie wir jedoch selbst beim Tragen der neuen Modelle gemerkt haben, hat der größere Durchmesser keinen negativen Einfluss auf das Tragegefühl. Die Zeitmesser schmiegen sich durch die leichte Wölbung erstaunlich gut an und wirken auch an schmalen Handgelenken nicht zu groß.

Rado arbeitet bereits seit der Lancierung der Integral mit Hightech-Keramikgehäusen, die sich durch ihre Kratzfestigkeit, geringes Gewicht und Haptik mit ihrer glatten Oberfläche auszeichnen. 1986 führte Rado mit den schwarzen Keramik-Armbandgliedern der Integral Hightech-Keramik in seine Materialpalette ein. 1990 ging Rado mit der Nutzung von Hightech-Keramik noch einen Schritt weiter und lancierte die Ceramica. Hier bestanden nicht nur die Glieder des Armbandes aus schwarzer Keramik, sondern auch das Gehäuse und die Krone.

Rados erste Zeitmesser mit Hightech-Keramik: Die Integral von 1986 (links) und die Ceramica von 1990 (rechts)

Da die Zeitmesser aus Keramik bisher nur in Schwarz verfügbar waren, brachte Rado 1992 die White Coupole auf den Markt. Sie stellte die erste Armbanduhr im Repertoire Rados aus weißer Hightech-Keramik dar. In den darauffolgenden Jahren erweiterte Rado seine Farbpalette für seine Armbanduhren in Keramikausführung kontinuierlich. Durch die Zugabe von Pigmenten kamen nach und nach immer mehr Farbnuancen dazu – heute sind rund 20 Farben möglich. Des Weiteren experimentierte Rado mit der Verbindung von Hightech-Keramik mit anderen Materialien. So war die Sintra von 1993 eine Fusion aus Hightech-Keramik und Metall, einem Verbund der später Ceramos genannt wird. Kurz vor Beginn des neuen Jahrtausends, im Jahr 1998, zeigte Rado, dass Keramik wie Metall glänzen kann und brachte die Plasma Metallic Grey Ceramica heraus. Das metallähnliche Aussehen dieser Plasma-Hightech-Keramik wird durch eine Plasmabehandlung erzielt. Die Behandlung erfolgt in einem Vakuumbehälter, in dem die Gase bei extrem hohen Temperaturen aktiviert werden – viermal höher als auf der Sonnenoberfläche. Sowohl für die Ceramica als auch die Sintra wurden Rados technologische Innovationen bei Designwettbewerben geehrt. Vor allem ab den 2000er-Jahren gewannen Modelle aus Keramik an großer Bedeutung und sind mit Rado als Marke eng verbunden. Der Herstellungsprozess ähnelt dabei dem von Hartmetall.

Eine Prise Aluminiumoxid-, Zirkoniumoxid- und Siliziumnitridpulver

Alle vier kürzlich erschienen Modelle setzen sich aus einem Gehäuse, einer Krone und einer Lünette aus Hightech-Keramik zusammen. Sie unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der Struktur. Während die Keramik der drei Standard-Modelle mattschwarz ist, ist die der limitierten Edition poliert. Der Herstellungsprozess ist allerdings gleich. Die Hightech-Keramik (1.250 Vickers) weist eine glatte Oberfläche auf und besteht aus einer Mischung aus Zirkoniumoxidpulver und anorganischen Pigmenten. Diese sind hochrein und fein abgestimmt, sodass sie beim Brennen die Hightech-Keramik bilden.

Um seine Zeitmesser aus Hightech-Keramik zu erstellen, hat Rado ein neues Verfahren entwickelt. Dabei wird ein Kunststoffträger genutzt und mit den Mineralpulvern vermischt. Dadurch kann die Materialkombination in Präzisionsformen mit einem Druck von ca. 1.000 bar eingespritzt werden. Nachdem das abgekühlte Material seiner Form entnommen wurde, wird der Trägerstoff nach einem Standardprozedere mithilfe chemischer Lösungsmittel aufgelöst. Anschließend sintert man das Material in einem herausfordernden Prozess bei 1.450 °C. Da sich die Partikel zusammenziehen, schrumpft das Material um ca. 23 % und erreicht damit seine vollständige Dichte. Auch hier werden Diamantwerkzeuge zur Bearbeitung genutzt.

Die limitierte Rado Anatom Automatic Jubilé von 2023

Ergänzt werden die bis zu einer Tiefe von 50 Metern wasserdichten Anatom Automatic-Modelle durch ein Mittelstück aus sandgestrahltem Edelstahl mit einer schwarzen PVD-Beschichtung. Bandanstöße aus horizontal satiniertem Edelstahl und Edelstahldrücker vervollständigen das Gehäuse bei den drei regulären Modellen. Bei der limitierten Edition ist der Edelstahl passend zum Gehäuse poliert.

Komplementiert durch Saphirglas und Kautschuk

Das Zifferblatt und den offenen Gehäuseboden aus Edelstahl bedeckt randloses und zylindrisches, entspiegeltes Saphirglas. Bei allen Anatom Automatic-Modellen ist das Saphirglas auf der Vorderseite zylindrisch, schwarz metallisiert und mit Facetten an den Seitenkanten versehen. Für eine bessere Lesbarkeit ist seine Innenseite antireflexionsbeschichtet. Als transparente Variante lässt sich durch das Saphirglas das Automatikwerk gut beobachten. Die Aufschrift „Since 1983, Limited Edition, N° XX/40“ in Großbuchstaben auf dem Gehäuseboden kennzeichnet zudem die Limitation der Sonderedition. Seit den 1980er-Jahren hat sich bei den Methoden zur Befestigung des Glases auch einiges geändert. Anstelle einer Schwalbenschwanzkonstruktion aus Hartmetall, nutzt Rado jetzt Klebstoffe zum Anbringen des Saphirglases auf das Keramikgehäuse.

Die Rado Anatom Automatic mit grünem Farbverlauf (Ref. R10202319)

Dem monochromen Look des Originals bleibt die neue Kollektion nur mit der limitierten Edition und ihrem schwarz lackierten Zifferblatt (Ref. R10201739) treu. Die anderen Referenzen verfügen über ein Zifferblatt mit einem lackierten, polierten und horizontal satiniertem Hintergrund mit einem individuellen Farbverlauf. Dabei geht Grün (Ref. R10202319), Blau (Ref. R10202209) oder Cognac (Ref. R10202309) ins Schwarze über. Darüber hinaus zieren das rhodiumfarbene Ankersymbol und das weiße bzw. silberfarbene Markenlogo unterhalb 12 Uhr und das Automatic– bzw. jubilé-Logo oberhalb 6 Uhr das Zifferblatt. Die Stunden, Minuten und Sekunden zeigen drei rhodinierte Zeiger mit weißer Super-LumiNova Beschichtung und rhodinierte, applizierte Indices mit einer weißen Super-LumiNova-Beschichtung an. Die Indices der limitierten Edition bilden hingegen 11 Diamanten im Baguette-Schliff. Bei 6 Uhr befindet sich ein Datumsfenster anstelle eines Index.

Im Herzen aller Zeitmesser schlägt das ultraflache Automatikwerk Kaliber R766 mit einer Gangreserve von 72 Stunden. Das hochpräzise Kaliber ist mit einer antimagnetischen Nivachron-Spiralfeder ausgestattet und seine Genauigkeit wurde in 5 statt 3 Lagen getestet. Neben dem Automatikwerk anstelle eines Quarzwerkes, stellt auch das strukturierte Kautschukarmband eine Neuerung in der Anatom-Kollektion dar. Die charakteristischen horizontalen Streifen und Form sind erhalten geblieben, wobei das Material mehr der heutigen Zeit entspricht. Komplementiert wird das Kautschukband durch eine Dreifachschließe aus gebürstetem Edelstahl und einer Abdeckung aus (matt-)schwarzer Hightech-Keramik. Mit seiner sportlichen Optik bietet es eine weitere Armbandoption innerhalb der Kollektion. Der Preis für alle Standardausführungen der neuen Anatom liegt jeweils bei 3.700 Euro.

Blick auf das Rado Automatikwerk R766

Die Anatomie von Rado

Seit den 1980er-Jahren zeichnet die Anatom die Anatomie von Rado nach – von seiner Produktentwicklung bis hin zur Unternehmensphilosophie „Was wir uns vorstellen können, können wir umsetzen. Und was wir umsetzen können, setzen wir um“, die es seit der Lancierung der DiaStar 1962 gibt. Wie wir gesehen haben, zeugte das Original durch sein rechteckiges Gehäuse aus Hartmetall von den damaligen Materialentwicklungen und Rados Formsprache. Zugleich war die Anatom nicht nur wegen ihrer geschichtlichen Rückbezüge so besonders, sondern leistete mit ihrer eigenen Innovation durch das konvexe Saphirglas und ihre ergonomisches Tragegefühl einen Beitrag zur Geschichte von Rado. Ebenso führen in diesem Sinne die neuen Anatom-Modelle die Tradition des Originals fort, die Anatomie von Rado zu symbolisieren und Innovation außerhalb des Uhrwerks zu würdigen. Wie Rado CEO Adrian Bosshard treffend resümiert: „Das zeitlose und einzigartige Design entsprach und entspricht auch heute dem Geist der Zeit. Alle Uhren der Kollektion sind leicht als Rado Zeitmesser zu erkennen und haben im Laufe der Zeit Kultstatus erlangt. Das Design dieses Modells war der Konkurrenz um Jahrzehnte voraus.“


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