Die Nordschleife hat den Ruf, die schwierigste Rennstrecke der Welt zu sein. Ihr Asphaltband schlängelt sich durch 33 Links- und 40 Rechtskurven und mit über 300 m Höhenunterschied durch die Wälder der Eifel – so viel wie keine andere Rennstrecke. Die Nordschleife ist so berüchtigt und anspruchsvoll, dass der Formel-1-Rennfahrer Jackie Stewart ihr 1968 den Namen „Grüne Hölle“ verlieh, nachdem er den Großen Preis von Deutschland 1968 inmitten eines Regenschauers und dichten Nebels für sich entschieden hatte. In einer einzigen Runde passieren die Fahrer alle erdenklichen Streckenbeläge: von rauem Schotter über Steilkurven bis hin zu langen Geraden und Höchstgeschwindigkeiten ist hier alles dabei – der wahr gewordene Traum eines jeden Petrolheads.
Seit der Erstausgabe im Jahr 2017, ist die Nordschleife sowie der anspruchsvolle Asphalt der ehemaligen Grand Prix Strecke zum Austragungsort der Nürburgring Classic geworden. Dieses große Meeting auf der traditionsreichsten Rennstrecke der Welt führt Enthusiasten mit einer Vorliebe für Oldtimer und Adrenalin unter der Verheißung zusammen, in eine Welt aus dem vergangenen Jahrhundert einzutauchen. Als der Veranstalter der Nürburgring Classic genau zum 90. Geburtstag des „Ringes“ an Richard Mille herantrat, um eine Zusammenarbeit vorzuschlagen, zögerte er nicht lange. Bei der diesjährigen Ausgabe der Nürburgring Classic tritt Richard Mille erneut als Hauptsponsor auf. Doch wie passt Richard Milles Welt der avantgardistischen Uhren mit der der Oldtimer zusammen? Wir waren vor Ort, um die Symbiose dieser vermeintlich grundverschiedenen zweien Welten aus nächster Nähe zu verfolgen.
Die Zeiten ändern sich – und der Nürburgring mit ihnen
Der Nürburgring wurde im Juni 1927 ins Leben gerufen, um die Überlegenheit deutscher Autos auf den kurvenreichen Straßen zu demonstrieren. Seither haben Generationen von Rennfahrern aus aller Welt versucht, den „Ring“ zu meistern. Diese lange Zeitspanne bringt so einiges an Motorsportgeschichte mit sich, wie die Legende des Silberpfeils, die nur entstand, weil das Mercedes-Team in einer Nachtschicht vor dem Rennen die weiße Lackschicht des W25 abkratzte, um den Rennwagen unter das neue Gewichtslimit von 750 Kilogramm zu zwingen. Im Jahr 1951 erklärt auch die neu gegründete Formel 1 den Ring als ihr Epizentrum, bis sie im Jahr 1976 durch einen fast tödlichen Unfall Nicki Laudas ein abruptes Ende fand – kein Formel-1-Rennen sollte je mehr auf der Nordschleife ausgetragen werden. Verheißung versprach jedoch die 4.542 Meter lange Grand-Prix-Strecke, die im Jahre 1984 eröffnet wurde. Als Rennstrecke, die mit großen Auslaufzonen, Fangzäunen und einem umfangreichen Rettungsnetz neue technische Standards setzt, läutete sie eine neue Epoche ein. Die Investition von 82 Millionen D-Mark endete mit einem Erfolg: Am 07. Oktober 1984 kehrte die Formel 1 wieder auf den Nürburgring zurück und brachte neue Stars in die Eifel, und damit den Nürburgring wieder in die schwarzen Zahlen.
Gentlemen, Start Your Engines
Im Jahr 2017, pünktlich zum 90-jährigen Jubiläum des Rings, fand das große Treffen des historischen Motorsports zum ersten Mal statt. Die Nürburgring Classic versteht sich als eine Plattform für echten Rennsport, dessen Hauptrennen sowohl auf der Nordschleife als auch auf dem Grand-Prix-Kurs jede Menge Nürburgring-Erlebnis versprühen. Auch in diesem Jahr hieß es wieder „Gentlemen, start your engines“ und so gingen an drei Renntagen insgesamt über 800 Teilnehmer in 18 verschiedenen Rennserien und zahlreichen Sonderrennen an den Start. Die Königsklasse des Motorsports fand sich mit der Kategorie „Force F1“ ebenfalls in das Renngeschehen ein. Hier verliehen historische Formel-1-Boliden der Rennstrecke den Glanz einer längst vergangenen Ära und demonstrierten mit dröhnenden Motoren, dass sie noch immer die sportliche Herausforderung suchen. Unter ihnen: Der 1992 Benetton B192, einst gefahren von Michael Schumacher.
Wenn es darum geht, in die fast 96-jährige Geschichte des Nürburgrings einzutauchen, die seit dem Eröffnungsrennen am 17. und 18. Juni 1927 ihren Anfang nahm, galt das Vintage Meeting im Rahmen der diesjährigen Nürburgring Classic wohl als beste Möglichkeit. Wie damals kamen im alten „historischen Fahrerlager“ zwischen Wellblechfronten, direkt am Fuße der Rennstrecke, große Marken und Siegerautos zusammen. Mehr als 100 Vorkriegsfahrzeuge der Baujahre 1916 bis 1949 mit kraftvollen Mercedes SSKs, agilen Bugattis und wieselflinken MGs machten sich in den alten Paddock-Garagen nebeneinander rennfertig. Dabei handelte es sich fast ausnahmslos um echte Veteranen von Renn- und Sportwagen, die aus den frühen Anfängen bekannter Rennstrecken, wie Silverstone, Le Mans oder Monza stammten. Als die Vorbereitungen abgeschlossen waren und das Startsignal schließlich ertönte, konnten sich Zuschauer auf ein echtes Spektakel freuen, als die Vielzahl von Teams in einem stilechten Le-Mans-Start zu den Wagen sprintete, um dann zu starten. Was dann folgte, waren für Auto und Fahrer fordernde Runden, die das 21 Kilometer Asphaltband durch die Eifel für eine kurze Zeit zu einem lebendigen Freilichtmuseum stilisierten.
Richard Mille fusioniert die Welten
Die Tatsache, dass Richard Mille als Hauptsponsor der Nürburgring Classic, der Oldtimer-Veranstaltung tief im Grün der deutschen Eifel, auftritt, mag paradox erscheinen, ist aber kein Zufall. Dem Nürburgring werden nahezu mythische Eigenschaften zugesprochen und er attestierte lange im Ausland, wir Deutschen wären einem Selbstzerstörungstrieb verfallen. Somit reicht die Strahlkraft des Nürburgrings weit über Deutschland hinaus und zieht ein internationales Publikum an. Zugegeben, die Rennen auf dem Nürburgring sind weniger schick als beim Concorso d’Eleganza – einer der bedeutendsten Veranstaltungen, die die Faszination historischer Automobile zelebriert -, aber dennoch findet sich so mancher Uhrensammler unter den Zuschauern, der angesichts des infernalischen Gebrülls der Formel-1-Legenden der 70er Jahre in euphorische Zustände ausbricht.
Eine Verbindung der Richard Mille-Uhren, die den Slogan „A racing machine on the wrist“ innehaben, mit den Rennsportwagen der 50er- bis 70er-Jahre zu ziehen, fällt bei genauerem Blick nicht sonderlich schwer. Mögen sie heute vielleicht aus der Zeit gefallen sein, so waren die Oldtimer in ihrer Blütezeit Ergebnisse eines ausgeprägten Erfindergeistes, die – genau wie Richard Mille Uhren heute – drei Kernelemente zur Schau stellten: Kraft, Belastbarkeit und Präzision. Auch bei der Auswahl und Forschung nach neuen Materialien und technischen Innovationen, um die Leistung und das Gewicht der Autos noch effizienter zu machen, kamen immer wieder Neuheiten hervor. Oldtimer und mechanische Uhren sind noch auf eine andere Weise miteinander verbunden – beide haben eine sichtbare und echte Mechanik, die beim Betrachter Emotionen weckt. Anders als bei elektrischen Quarzuhren, die wiederum eher den modernen Autos von heute ähneln, aber nicht imstande sind, die Gefühle zu entfachen, nach denen sich echte Kenner sehnen.
Die RM 67-01 Automatic Winding Extra Flat
Auch Richard Mille verfolgt diesen Ansatz, und eines der besten horologischen Beispiele dafür ist die Kreation der RM 67-01 Automatic Winding Extra Flat, die wir bei unserem Besuch auf der Nürburgring Classic ebenfalls zu Gesicht bekamen. Die RM 67-01 Winding Extra Flat, die sich bei ihrer Lancierung mit einer Höhe von 7,75 mm präsentierte, demonstrierte mit einem neuartigen Konstruktionsprinzip und innovativen Materialien, was die Manufaktur im Bereich der flachen Uhren zu bieten hat. Das Automatikwerk CRMA6 im Inneren der Uhr ist nur 3,6 mm dick und wurde im eigenen Haus entwickelt. Die Grundplatine und die Brücken sind aus Titan Grad 5 gefertigt und mit einer Kombination aus grauer und schwarzer Elektroplasmabehandlung veredelt, während das Schwungmassegewicht aus Platin gefertigt ist.
Die RM 67-01 Automatic Winding Extra Flat
All diese Attribute kumulieren – trotz der geringen Gehäusehöhe – nicht nur in einer ausgeprägten Stabilität, sondern ebenfalls in einer visuellen Tiefe, die den Blick von den Rändern der dreilagigen Lünette zu den Stunden- und Minutenzeigern bis hin zu den Zahnrädern des Uhrwerks führt. Die gewonnene Expertise bei der Entwicklung der RM 67-01 Automatic Winding Extra Flat sollte in die RM UP-01 einfließen, die mit einer Dicke von gerade einmal 1,75 mm aktuell den ruhmreichen Rekord der weltweit flachsten Uhr innehat. Zusammenfassend lässt sich das Paradox, und damit Richard Milles Entscheidung, avantgardistisches Uhrendesign mit der antiken Optik der Oldtimer zu verschmelzen, mit einer entscheidenden Gemeinsamkeit erklären: der Innovationskraft, die in beiden steckt.