Die Faszination Japans mit seiner vielfältigen Kultur ruft uns unzählige Referenzpunkte ins Gedächtnis – doch eine Assoziation kommt im Land der aufgehenden Sonne nur selten auf: die der feinen Uhrmacherei. Das ist nicht allzu überraschend – schließlich betrachten viele den Fernen Osten noch heute als eine Bedrohung für die Branche der mechanischen Zeitmesser. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass Japan – genauer gesagt: Seiko – im Jahr 1969 mit der 35SQ die erste kommerziell gefertigte Quarz-Armbanduhr auf den Markt brachte und damit die Quarzkrise auslöste, die die Schweizer Uhrenbranche in eine schwere Krise stürzen sollte.

Jedoch verbirgt sich hinter der bunten, von Animes und Videospielen geprägten Kultur ein Land, das uhrmacherisch facettenreicher ist, als es zunächst scheint: was uns auch schon zu Grand Seiko bringt. Weit mehr als die Prestigemarke der Seiko-Gruppe steht Grand Seiko exemplarisch für das Selbstvertrauen und das handwerkliche Geschick, das sich die japanische Uhrmacherei in den letzten Jahrzehnten erarbeitet hat.
Gegründet vor 65 Jahren, also fast ein Jahrzehnt, bevor Quarz die europäische Uhrenindustrie bis ins Mark erschütterte, verfügt Grand Seiko heute über eine vertikale Fertigungstiefe von 100 Prozent und überzeugt zugleich durch ein stringent organisiertes Ausbildungssystem, das Mitarbeitende nicht nur an das Unternehmen bindet, sondern ihnen gleichsam eine Karriere innerhalb des Markenuniversums ermöglicht. (Wenn Sie tiefer in die Welt von Grand Seiko eintauchen möchten, empfehle ich den Artikel meines Kollegen Alexander Stilcken, der die Manufaktur in Japan besucht hat.)



Das Spring Drive-Uhrwerk als wesentliches Unterscheidungsmerkmal
Grand Seikos wesentliche Stärke – das Spring Drive-Uhrwerk –, das die Marke von ihren Konkurrenten aus der Schweiz unterscheidet, fasst nicht nur die Marke, sondern auch Japan selbst ziemlich gut zusammen: Es handelt sich hierbei um ein System, bei dem jahrhundertealte Traditionen auf Hightech treffen, alt und neu eins werden. So wie Japan bei seiner Architektur auf einen Mix aus Holzbau-Tradition und Megacity setzt, trifft im Falle des Spring Drive-Uhrwerks die Emotionalität des mechanischen Uhrwerks auf die Präzision eines Quarzwerks.
Dies wird vor allem durch einen entscheidenden Unterschied in der Gangregelung vollzogen: Anstatt eines klassischen Hemmungsmechanismus kommt ein sogenanntes „Gleit-Rad“ zum Einsatz, das durch einen Quarzoszillator und einen elektronischen Schaltkreis gesteuert und gebremst wird. Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass der Spring Drive Mechanismus über keine Batterie verfügt, sondern das Quarzmodul rein mechanisch über das Federhaus angetrieben wird.

Patentiert Ende der 1970er Jahre und 1988 erstmals vorgestellt, resultierte das Spring Drive-Uhrwerk schlussendlich in dem 2004 eingeführten Spring Drive-Kaliber 9R65. Dieses Kaliber präsentierte einen wesentlichen Unterschied, der es von früheren Uhrwerken der Marke abhob: Es kombinierte einen automatischen Aufzug und eine Gangreserve von 72 Stunden mit einer Uhrwerkstechnologie, die eine monatliche Ganggenauigkeit von ±15 Sekunden ermöglichte.
Nun präsentiert Grand Seiko ihren nächsten großen Coup: das automatische Kaliber 9RB2 mit einer Gangreserve von 72 Stunden. Das neue Kaliber 9RB2, das mit dem Prädikat ‚Spring Drive UFA‘ – ‚UFA‘ steht hierbei für ‚Ultra Fine Accuracy‘ – versehen ist, erreicht eine Genauigkeit von ±20 Sekunden – und ich rede hier nicht pro Tag, Woche oder Monat, sondern über eine Genauigkeit pro Jahr. Mit dieser Genauigkeit, die etwa ±3 Sekunden pro Monat beträgt und damit 12 Sekunden präziser ist als sein Vorgänger, beansprucht Grand Seiko, die derzeit genaueste Armbanduhr lanciert zu haben, die von einer Triebfeder angetrieben wird.

Das Uhrwerk erreicht diese Genauigkeit durch neue sowie verbesserte Herstellungs- und Verarbeitungsmethoden für den Quarzoszillator und den integrierten Schaltkreis. Zudem verfügt das neue Uhrwerk zum ersten Mal bei Spring Drive über einen Regulierungsmechanismus, der beim Kundendienst verwendet werden kann, um Abweichungen in der Ganggenauigkeit zu korrigieren, die bei längerem Gebrauch auftreten können.

Die ersten Zeitmesser mit dem neuen Kaliber 9RB2 an Bord
Die Zifferblätter
Das neue Kaliber 9RB2 kommt zunächst in zwei neuen Modellen der Grand Seiko Evolution 9 Kollektion zum Einsatz: ein neues Modell aus Titan (Ref. SLGB003), das etwa 30 % leichter als Edelstahl ist, und ein weiteres aus Platin 950 (Ref. SLGB001). Als ein Teil der Evolution 9 Kollektion folgen beide Uhren einem Designkonzept, das bereits von der 44GS im Jahr 1967 begründet wurde und Innovation mit Tradition zu verbinden anstrebt.
Ein weiteres stilprägendes Leitziel ist der Versuch, Zeitmesser herzustellen, die nicht nur technisch anspruchsvoll sind, sondern auch die Schönheit Japans verkörpern. Somit wird dem als Leinwand umfunktionierten Zifferblatt mit bis zu 200 Tonnen Druck eine Textur eingepresst, die von der Landschaft Japans inspiriert ist.


Im Falle der Neuheiten aus der Grand Seiko Evolution 9 Kollektion fängt das Zifferblatt die Bäume des Kirigamine-Hochlands ein, die in den Wintermonaten mit Frost bedeckt sind. Das Zifferblatt der Titanversion ist in einem silberfarbenen Blauton gehalten und wird von einem blauen Sekundenzeiger akzentuiert. Im Gegensatz dazu bietet die Platinversion ein etwas dunkleres, blaues Zifferblatt, über dem ein silberfarbener Sekundenzeiger seine Kreise zieht. Beide Varianten sind zudem mit der Aufschrift „SPRING DRIVE UFA“ auf der 6-Uhr-Position versehen.



Das Gehäuse der Neuheiten
Gefertigt werden die Spring Drive-Modelle im Shinshu Watch Studio in Shiojiri, Präfektur Nagano. Hier, in der funktional anmutenden Werkstatt, gelten dieselben hohen Standards wie in der gesamten Welt von Grand Seiko: Selbst kleinste Indizes werden per Hand aufgebracht und jedes Werk mit größter Sorgfalt montiert.


Hier ist es auch, dass die sogenannte Zaratsu-Technik angewandt wird, die sich mit den Gehäusen der Neuheiten befasst. Diese Technik zeichnet sich durch das Zusammenspiel von spiegelglänzenden Flanken und gebürsteten Oberflächen aus, die das Gesamtbild des Gehäuses mit einem Durchmesser von 39 mm bestimmen. Des Weiteren beträgt die Gehäusehöhe der Neuheiten 11,4 mm bei einer Wasserdichtigkeit von 100 Metern (10 bar).



Preis & Verfügbarkeit der Neuheiten aus der Evolution 9 Kollektion
Beide Varianten aus der Grand Seiko Evolution 9 Kollektion werden ab Juni 2025 zum Kauf erhältlich sein, wobei die Platin-950-Version (Ref. SLGB001) in einer limitierten Auflage von 80 Exemplaren exklusiv in den Grand Seiko Boutiquen erscheint. Die Titan-Version (Ref. SLGB003) wird in den Grand Seiko Boutiquen und bei ausgewählten Handelspartnern weltweit erhältlich sein. Der Preis für die limitierte Platin-Variante beläuft sich auf 42.000 €, während die frei erhältliche Titanversion zu einem Preis von 12.000 € verfügbar ist.