Manufaktur mit Momentum – ein Besuch bei Parmigiani Fleurier
Lässt sich eine Uhrenmanufaktur dieser Klasse noch adeln? Weltbekannt ist zumindest: König Charles III. von England ist Besitzer einer Parmigiani Fleurier. Die Uhr trägt er schon seit vielen Jahren, aber im hier und jetzt – wo aus dem Prinzen ein König wurde – hat seine Wahl noch mehr Gewicht: Die britische Krone vertraut auf Parmigiani Fleurier! Und der Grand Prix d’Horlogerie de Genève, der sich als Instanz in Sachen Haute Horlogerie versteht, zeichnete die neue Tonda PF Automatic obendrein auch noch kürzlich in der neuen 36-Millimeter-Größe aus.
Ankunft in Fleurier
So prestigebeladen die Marke dank des Renommees ihres Gründers Michel Parmigiani von jeher war, so offensichtlich ist: Sie hat aktuell ein besonderes Momentum. Parmigiani Fleurier bekommt die Aufmerksamkeit, die sie verdient – weshalb in Fleurier im Val de Travers im Moment tendenziell Überstunden gemacht werden. Gegenüber des Stammhauses in der Rue du Temple parkt dann auch schon früh morgens der schwarze Range Rover von Guido Terreni, dem Geschäftsführer der Manufaktur und Vater der neuen, so hochgelobten PF-Serie.
Terreni stand in diesem Jahr vor Herausforderungen, die in dieser Form in Fleurier bislang unbekannt waren: Die Produktion zu erweitern und zu verteilen, wohlwissend, dass man den Bedarf bei weitem nicht bedienen kann. Die Bestellungen auf der Watches & Wonders im Frühjahr waren einfach zu viele, der Ausbau der PF-Kollektion im Laufe des Jahres hat die Situation nicht einfacher gemacht, und nun gilt es die vielen Begehrlichkeiten so schnell wie möglich und so ausgeruht wie nötig zu bedienen.
Guido Terreni (links) und Alexander Stilcken (rechts)
Die Abteilung für Restauration
Gegenüber vom Stammhaus, auf der anderen Seite der Straße, findet sich der Grund, warum Parmigiani Fleurier schon seit seiner Gründung im Jahre 1996 den Respekt vieler Kenner genießt: Die Abteilung für Restauration von Uhren und Automaten. Michel Parmigiani gilt auf diesem Gebiet als Instanz, und das gilt auch für die Expertinnen und Experten, die hier teils Jahrhunderte alte Zeitmesser so aufarbeiten, dass sie in Museen und Ausstellungen wieder begeistern.
Von einer Tabakdose von Frères Rochat aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert, in der sich ein singender Vogel versteckt, bis zu zweihundert Jahre alten Taschenuhren. Auch die „La Rose Carrée“, ein spektakuläres Einzelstück anlässlich des 25. Geburtstages der Manufaktur, wurde hier erdacht und gebaut.
Die hauseigene Restaurations-Expertise ist dabei gleich doppelt hilfreich: Schließlich gehört die Marke der Sandoz Family Foundation, und genau diese Familie verfügt über eine der außergewöhnlichsten Sammlungen historischer Zeitmesser. Doch auch von außerhalb des Sandoz-Reiches gibt es unzählige Anfragen, und auch zu Patek Philippe unterhält man beste Beziehungen, obwohl es dort ebenfalls eine starke Restaurations-Abteilung gibt. Hier, wo quasi am Herzschlag der Uhrmacherei mit all ihren Traditionen gearbeitet wird, hilft man sich nun einmal, und diese Allianzen helfen dann auch beim Tagesgeschäft: So wurden in der Vergangenheit in vielen zierlichen Damenmodellen Quartzwerke von Patek Philippe verbaut.
Eine wie keine – die besondere Stuktur der Manufaktur
Die außergewöhnliche Konstellation aus einem brillanten Uhrmacher als Mitgründer und Namensgeber sowie einer sehr geschäftstüchtigen Unternehmerfamilie als Förderer haben Parmigiani Fleurier überhaupt erst möglich gemacht. Gleichzeitig hat sie der Markenentwicklung in letzter Konsequenz dann oft doch nicht nur gut getan. Denn Michel Parmigiani ist zu sehr Uhrmacher-Genie, als dass er die Muße für ausgefeilte Marketing-Pläne und Design-Entscheidungen hätte. Er lebt für das Handwerk.
Der Sandoz Familie wiederum geht es durchaus um wirtschaftlichen Erfolg, aber für den war die Marke Parmigiani Fleurier in der Vergangenheit nie entscheidend: Die Stiftung herrscht über ein beeindruckendes Reich aus Zulieferern, von Vaucher Manufacture Fleurier S.A für die Uhrwerke, Elwin für die Schrauben und Atokalpa für Räder, Hemmungsfedern und dergleichen. Kurzum: Solange diese Produzenten ausgelastet sind, ist es für Sandoz nicht ausschlaggebend, ob beispielsweise bei Vaucher Werke für Modelle von Parmigiani Fleurier oder aber für eine Marke mit maximalem Statussymbol-Faktor bei Hiphoppern und Motorsportlern konstruiert werden, die für ihre Modelle sechs- bis siebenstellige Preise verlangen kann.
Neuer Chef, neue Ära
So lässt sich ungefähr erklären, dass Parmigiani Fleurier zwar immer respektiert wurde, aber erst jetzt – seit Guido Terreni – Sammlerherzen weltweit berührt, und noch viel wichtiger: Kaufimpulse beflügelt. Dem ehemaligen Bulgari-Mann geht es darum die Marke als Inbegriff von Understatement und Klasse zu positionieren.
So findet sich der Besucher dann auch in einem Präsentationsraum des Haupthauses wieder, der Vergangenheit und Zukunft aufs Beste vereint. Das Gebäude selbst hat offensichtlich eine lange Geschichte, Holz trifft auf Jahrhunderte alte Steine, alles ist in natürlichen Farbtönen gehalten. Zugleich ist alles so hochwertig und licht saniert, eine Mischung aus luxuriösem Chalet und Büro mit maximalem Wohlfühlfaktor. Auf dem Tisch liegen die aktuellen und einige zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich präsentierte Modelle, eine im Stile der PF gehaltene Wanduhr zeigt den neuen Geist auch im Interior-Design, und im Interview erzählt Guido Terreni von seinen Plänen für die Marke und sein Verständnis für die neue und alte Parmigiani-Kundschaft.
Allein über die Farbton-Auswahl der Zifferblätter könnte er wohl stundenlang referieren. Understatement ist das große Leitthema seiner Strategie, statt des ganzen Namens ziert nun nur noch ein dezentes „PF“-Logo die Zeitmesser, minimalistische Eleganz und Finesse steht über allem – im Marketing, in der Kundenbindung und natürlich im Endprodukt. Wobei auch Parmigiani Fleurier bei aller Zurückhaltung natürlich nach Anerkennung strebt, aber eben von jenen die keine Käse-Kalauer machen wenn sie den Namen hören, sondern von jenen, die eine Passion für Nischen-Marken und Independents haben. Man baut ein paar tausend Uhren jährlich, und zwar Modelle die nur zum „flexen“ in Watch-Nerd-Gruppen taugen. Das ist eine vergleichsweise kleine Zielgruppe, aber bekanntermaßen eine, die stetig wächst.
Und dann: Ab zu den Uhrwerken
Das kreative Zentrum von Parmigiani ist also Fleurier, dieser Ort mitten in Uhrmacher-Country, nicht weit von Neuchatel. Ein Ort so ruhig und grün, so ideal zum entspannen und zum: Uhrmacherei neu denken. Auch das mechanische Zentrum der Marke ist hier Zuhause. Nur wenige Autominuten entfernt, am Chemin du Righi, befindet sich Vaucher. Hier werden im Sandoz-Reich Uhrwerke hergestellt, sowohl für die eigene Manufaktur als auch im Fremdauftrag. Doch ein Blick auf das Handgelenk des durch die Werkstätten führenden Uhrmachers genügt um zu erkennen wem man sich hier am meisten verbunden fühlt: Er trägt – für ihn selbstverständlich – eine Parmigiani Fleurier.
Fleurier, Schweiz
Wo Vaucher draufsteht ist also Parmigiani drin, und das in immer größerem Maße. Denn war die Marke bis vor kurzem nur eine von vielen, die hier Werke entwickeln und bauen ließ – auch wenn es die stiftungseigene war – so ist der Bedarf an Parmigiani-Kalibern nun auf einmal exponentiell riesig. Entsprechend versucht man die Produktion zu erhöhen ohne andere langjährige Kunden zu verprellen. Die Kaliber-Produktion ist darum auch das Nadelöhr, das die Expansionspläne bestimmt. Guido Terreni spricht in diesem Zusammenhang dann von der Geduld, die Händler und Endkunden im Moment mit der Marke haben müssten. Er verspricht aber: Alle Aufträge werden erfüllt.
Am Engagement der Uhrmacher von Vaucher wird es allemal nicht scheitern. Die Schneid-, Stanz-, und CNC-Maschinen laufen auf Hochtouren, es wird mit handwerklicher Präzision angliert und verziert, und die Pausen für die Mitarbeiter werden mit Schweizer Präzision eingehalten aber eben nie ausgedehnt.
Fertigung von Uhrwerken in der Vaucher Manufaktur
Allen ist bewusst, dass hier in Fleurier gerade etwas Besonderes entsteht. Man baut Uhren für die ganze Welt. Die Begehrlichkeit um die erste Tonda PF, die Tonda PF Automatic, eine maximal schlichte Zweizeigeruhr war schon groß. Seit GMT Rattrapante, Skeleton sowie Modelle für Frauen hinzugekommen sind darf man getrost von einem Hype sprechen. Wirklich einzigartige neue Modell-Linien sind rar, das sagt nicht nur Guido Terreni. Alle Jubeljahre mal passiert so ein Neuaufschlag in der Uhrenwelt. Der Tonda PF-Kollektion soll (und scheint) genauso eine Ausnahme zu gelingen.
Die Abfahrt
Es ist immer berührend an jene Orte zu kommen, an denen erdacht und produziert wird, was dann in den Auslagen von Geschäften von Dubai bis New York Begehrlichkeiten weckt. Wempe ist seit kurzem ein wichtiger Partner für die Marke. Dem Vernehmen nach ein Glücksfall für beide: Parmigiani verschafft es deutlich mehr Sichtbarkeit, während man sich in der Zentrale des Juweliers darüber freut, dass sich das Unternehmen aus Fleurier umsatztechnisch immer weiter nach vorne im hausinternen Ranking schiebt.
Auf dem Weg gen Bahnhof denkt man an das besondere Selbstbewusstsein der Uhrmacher zurück. Auch ein kürzlicher Besuch bei einem Konzessionär kommt wieder in den Sinn: Angesprochen auf Parmigiani reagierte der Fachverkäufer damals geradezu verzückt. Es fielen Worte wie „völlig unterschätzt“, „quasi ein Geheimtipp“ und „uhrmacherisch einfach so ziemlich das beste was man bekommen kann“. Ganz offensichtlich begeistert er sich für diese Marke um einige Nuancen mehr als für die üblichen Verdächtigen, die ganz Großen in diesem Geschäft. Es mag also ein großer Kraftakt sein, was in Fleurier gerade passiert, und doch ist es eine letztlich ganz harmonische Weiterentwicklung: Parmigiani Fleurier war schon immer eine Marke für Kenner und Könige. Dank eines neues Fokus auf die Ästhetik und eine eindeutigere Ausrichtung wird diese Klasse nun auch in der breiteren Masse wahrgenommen.
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