Sie ist zurück. Ein vertrauter Anblick, und doch in vielerlei Hinsicht anders. Etwas größer, deutlich massiver, und sicherlich um einiges strahlender. Doch bevor man sich der Referenz 5811 im Detail widmet, der von so vielen ersehnten Neulancierung der ultimativen Nautilus, der Nachfolger der 5711, und damit die vermutlich meistdiskutierte Neuvorstellung des Jahres, lohnt es sich zweieinhalb Schritte zurück zu machen: In eine Zeit nämlich, in der es das Wort „Hype-Watch“ noch nicht gab. In eine Ära, in der Uhren noch nicht als eigene Anlage-Klasse galten. Und in all die Jahre seit 1976, die es die Nautilus nun schon im Sortiment von Patek Philippe gibt, und in denen neue Zifferblattfarben – egal ob tiefblau, weiß, türkisblau oder auch grün – noch nicht Push-News auf Smartphones auslösten. Es waren vielleicht keine besseren Zeiten, aber es war eine Zeit in der die Ur-Nautilus alles in allem etwas selbstverständlicher getragen wurde.
Die neue Patek Philippe Nautilus Ref. 5811/1G-001
Glücklicherweise gibt es immer noch zahlreiche Männer und Frauen die ihre 5711 oder auch 3700 weniger als Statussymbol betrachten, sondern als Verschönerer des Alltags. Der Autor dieser Zeilen sah Besitzer mit ihren bereits höchstgehandelten Uhren von Holzstegen in den Stockholmer Schären ins Wasser springen. Er sah die Uhr an Stränden und in Golfresorts oder auch in Flughafen-Lounges, weit weg also von den Auslagen der Zweitmarkthändler rund um New Yorks 47th Street oder den Sportwagenlenkrad-mit-Uhr-Instagram-Aufnahmen.
Nautilus Ref. 5711/1A (oben) und Ref. 5811/1G (unten)
Diese Uhren also, die einem im Jahr 2022 gelegentlich wie Social-Media-Geister vorkommen müssen, irgendwie allgegenwärtig und doch unendlich fern und nicht zu greifen, sie sind dort draußen unterwegs und ihre Tradition wird von Patek Philippe gepflegt und ihre Geschichte weitererzählt. Und für all jene die ihre Nautilus tatsächlich tragen und nutzen und lieben hat Manufakturlenker Thierry Stern nun also gleich drei neue Nautilus-Referenzen vorgestellt, von denen die 5811 natürlich die Wesentlichste ist. Hier sind sie.
Neue Patek Philippe Nautilus Referenzen:
5811/1G, 5712/1R und 5990/1A
Go for Gold: Die Referenz 5811/1G-001, eine Nautilus für die Zukunft
Dass man sich bei Patek Philippe dazu entschieden hat die neue Referenz in Weißgold vorzustellen ist natürlich alles andere als Zufall. Einst, bei der Präsentation der Ur-Nautilus Referenz 3700 im Jahr 1976 war es ein mutiger Schritt eine Stahluhr zu einem so hohen Preis ins Sortiment zu nehmen. Doch die Zeiten haben sich geändert, und heute ist die Begehrlichkeit für Edel-Stahlzeitmesser – egal ob es nun die Rolex Daytona, eine Audemars Piguet Royal Oak oder eben die Patek Philippe Nautilus ist – maximal.
Nautilus Ref. 3700/1A von 1976
Gleichzeitig wird Thierry Stern nicht müde zu betonen, dass man zum einen den prozentualen Anteil an Stahlmodellen an der Gesamtproduktion nicht erhöhen will, und dass Stahlmodelle auch in anderen Kollektionen des Hauses gab und geben soll, von der Twenty-4 bis zur Calatrava. Zum anderen soll man die Marke ganz grundsätzlich eher mit Zeitmessern aus Edelmetallen verbinden. Das ist eine Frage der Wertigkeit. Auch wenn in den vergangenen Monaten oft über eine Nautilus aus Titan gemutmaßt wurde: Die Premieren-Referenz 5811/1G-001 in Weißgold, der diskretesten aller Goldlegierungen, zu präsentieren ist da nur konsequent.
Obendrein hebt sich der warme weißgoldene Glanz für Kenner dann eben doch deutlich vom stählernen Erscheinungsbild der Vorgänger-Referenz 5711 ab, und das Tragegefühl des ebenso geschmeidig-filigran anmutenden wie goldigmassiv am Handgelenk liegenden Modells ist einzigartig. Die 5811 ist die Neue hier – das soll und muss erkennbar sein, auch wenn es nur die kleinen Details sind, die in Summe einen großen Unterschied machen.
Nautilus Ref. 5711/1A (oben) und Ref. 5811/1G (unten)
Denn gerade Seite an Seite mit den Vorgänger-Referenzen 5711 (40 x 8,3 mm) und 5800 (38,4 x 8,1 mm) werden die variierenden Maße offensichtlich: Die Referenz 5811/1G-001 ist auf 41 Millimeter gewachsen, die Bauhöhe beträgt 8,2 Millimeter. Damit ist sie nicht deutlich größer als die 5711 mit 40 Millimetern, dafür aber sogar 0,1 Millimeter flacher als der Vorgänger. Das Wachstum wird dabei dem Gerecht, was der Weltgeschmack bevorzugt. Nicht ohne Grund werden die Sportuhren des 21. Jahrhunderts beständig größer.
Nautilus Referenzen im Größenvergleich:
5800/1A (38,4 mm), 5711/1A (40 mm) und 5811/1G (41 mm)
So klein und dezent der Größensprung von einem Millimeter Durchmesser auch klingen mag, so offensichtlich wird er am Handgelenk. Die 5811 wird sich an durchschnittlich großen Handgelenken mit einem Umfang von plus-minus 18 Zentimetern zwar weiterhin gut tragen lassen, profitieren werden aber vor allem jene mit stärkeren Handgelenken, an denen die 5711 vielleicht etwas verloren wirkte. Thierry Stern und Patek Philippe haben sich bei der 5811 für einen gelungenen Balanceakt entschieden: Die klassisch-traditionelle Kundschaft wird mit dem Wachstum nicht fremdeln, neue Kunden aber werden diese neue Nautilus noch begehrenswerter finden.
Nautilus Ref. 5711/1A (links) und Ref. 5811/1G (rechts)
Auf dem Zifferblatt macht sich dann bemerkbar, was Patek Philippe in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut hat: Die hauseigene Exzellenz bei der Zifferblattherstellung. Der grünschwarz lackierte Verlauf bei der in diesem Jahr vorgestellten 5270P-014, der Geniestreich – gemeint ist das blaue Zifferblatt mit Schwarz-Verlauf und vertikalem Satinschliff – bei der Referenz 5236P im letzten Jahr, und nun eben eine Kombination aus beidem: Das Blatt der 5811/1G-001 in blauem Sonnenschliff mit schwarzem Verlauf. Je nach Lichteinfall verändert sich das blauschwarze Farbspiel des Gesichts der Uhr, was künftige Besitzer zu unzähligen Extrablicken aufs eigene Handgelenk verleiten wird.
Angetrieben wird die neue Nautilus vom bewährten Kaliber 26-330 S C, welches seinen Dienst bereits ab dem Jahr 2019 in den letzten Modellen der 5711 verrichtete, und das auch in der Aquanaut 5167 oder der neuen Calatrava 5226 verbaut wird. Es ist der Nachfolger des Kalibers 324, besteht aus 212 Teilen und hat einen Durchmesser von gerade einmal 27 Millimetern. Es passt somit ohne Probleme in die 41 Millimeter Weißgold und hinter eine Saphirglasscheibe. Das Gehäuse ist bis 120 Meter Wasserdicht – genau wie die Ur-Nautilus es auch schon war. Zu guter Letzt bekommt auch die 5811 die neue patentierte Faltschließe, mit der auch die anderen Nautilus-Referenzen neuerdings ausgestattet werden.
Die Veränderungen bei der so sehnlich erwarteten Neu-Nautilus sind also teils minimal. Die 5811 will aber auch gar kein Gamechanger sein, dafür ist das Grundrezept des Gerald-Genta-Entwurfs mit der Bullaugen-Optik auch zu erfolgreich: Radikal anders sein, dabei aber im Grundverständnis eine Uhr für den zweiten und dritten Blick. Ein Zeitmesser mit Finesse und Eleganz. Es soll Thierry Stern dem Vernehmen nach amüsieren, dass einige wirklich dachten, dass mit der Einstellung der Referenz 5711 die Geschichte dieser klassischsten aller Nautilus-Modelle auserzählt wäre. Natürlich geht diese Erfolgsgeschichte weiter, aber die – zumindest gemessen an der Nachfrage – wenigen existenten 5711 auf der Welt sollen ihren Wert behalten.
Mag sein, dass manch einer in der Uhrenwelt auf einen größeren und radikaleren Sprung von Patek Philippe gesetzt hatte. Doch genau das ist es, was man in der Manufaktur mit ihrer großen Tradition meidet. Legenden entstehen nicht an einem Tag, sie wollen behutsam gepflegt werden. Letztlich ist die 5811 also ein in vielerlei Hinsicht verbesserter und geschmackvoll dem Zeitgeist angepasster Zeitmesser.
In die Boutiquen kommt „die Neue“ zu einem offiziellen Verkaufspreis von 68.620 Euro. Auch hier pflegt Patek Philippe seinen ganz eigenen Goldstandard und hebt das Modell auf ein neues Preisniveau. Die stählerne 5711 zumindest wurde zuletzt für nicht ganz 30.000 Euro vergeben. Die absurden Kurse zu denen die ersten Zweitmarkt-Modelle angeboten werden kann sich an dieser Stelle jeder selber auswürfeln, denn ohne Zweifel wird die Nachfrage um so viel höher sein als das Angebot. Obendrein dürfte die 5811/1G-001 ausschließlich bei echten Freunden der Marke landen, und diese sammeln eine solche Uhr, und handeln nicht mit ihr. Der Profit den diese neue Nautilus beschert, er lässt sich nun einmal nicht in Euros ausdrücken, sondern allein im Glücksgefühl, den dieses unübertroffene Stück Uhrengeschichte am Handgelenk bereitet.
Go for more Gold: Die Nautilus Referenz 5712/1R
Doch auch die Geschichte der älteren Nautilus-Reihe wird weitererzählt, und für große Sehnsucht wird auch die zweite Neuheit im Nautilus-Sortiment sorgen, die roségoldene 5712/1R. Massiv edelmetallene Armbänder haben schließlich einen besonderen Charme bei so ziemlich allen Patek-Philippe-Referenzen. Sei es bei Einzelanfertigungen der Manufaktur für besonders treue Kunden, sei es bei Nautilus-Serienmodellen wie der Referenz 5740 mit ewigem Kalender in Weißgold, oder der ebenfalls extrem begehrten Referenz 5990 in Roségold, auf die hier im Folgenden wegen der dritten Nautilus-News noch einmal genauer eingegangen wird.
Die Vollgold Variante der Nautilus Ref. 5712/1R
Die neu präsentierte 5712/1R steht nun also in genau dieser Tradition. Roségold trifft auf ein schwarzbraunes Blatt – eine ebenso schillernde wie herzerwärmende Kombination. Bei Edelmetallen gab es die 5712 bislang ausschließlich mit Lederbändern, sie waren und sind die wohl diskretesten Nautilus-Modelle im Sortiment, und werden zumindest vorerst auch in dieser Variante weiter angeboten. Ein Ende ist aber wohl absehbar, schließlich sind diese Referenzen schon eine ganze Weile Teil des Sortiments. Vor allem aber hat Gerald Genta die Uhr ja nun einmal ursprünglich mit Metallarmband gestaltet, weshalb nicht wenige sagen: Eigentlich MUSS eine Nautilus ein Metallarmband haben.
Auch ohne den Erfolg der roségoldenen Referenz 5711 mit identischem Zifferblatt im Hinterkopf zu haben darf darum als gesichert gelten: Die neue 5712/1R mit ihrer Mondphase, der darin integrierten Datumsanzeige und der Gangreserve wird extrem begehrt sein. Schließlich war das Modell mit dem asymmetrisch angeordneten Zifferblatt jene Nautilus, die zuletzt extrem an Popularität gewonnen hat – eben weil sie sich so sehr von der Ur-Nautilus mit ihren drei Zeigern abhebt, dabei aber die zarten Gehäuse-Maße von ebendieser erhielt. Für all jene denen die neue 5811 dann doch zu groß ist, wird sie also gemeinsam mit dem Ewigen Kalender der 5740 die vordersten Plätze auf den Wunschlisten der Sammler einnehmen. Der Preis für dieses Investment: 81.420 Euro.
Die Rückkehr der stählernen Nautilus Referenz 5990/1A
Was bei den Neuvorstellungen dieses Herbstes noch einmal deutlich wird: Das von Gerald Genta entworfene Nautilus-Gesicht ist unverkennbar und hat einen gigantischen Wiedererkennungswert – doch die Nautilus-Familie hat inzwischen eine Menge Zuwachs bekommen, und damit Modelle mit ganz unterschiedlichem Charakter. Die 5990 ist dabei im Trio der Oktober-Neuheiten die Nautilus für Vielreisende Chronographen-Freunde.
Erstmals wurde die Referenz im Jahr 2014 präsentiert, damals ebenfalls in Stahl, allerdings mit einem schwarzgrauen Zifferblatt. Sie ersetzte damals den stählernen Nautilus-Chronographen 5980/1A und bildete fortan die Spitze der komplizierteren Nautilus-Modelle – zumindest bis zur Einführung eines Ewigen Kalenders ins Programm. Ausgestattet ist der Flyback-Chronograph mit dem Datum auf zwölf Uhr, einem zentralen Sekundenzähler, sechzig Minuten Zähler auf sechs Uhr, sowie der Travel-Time-Funktion, mit der sich eine zweite Zeitzone ganz unkompliziert mittels der Drücker auf der linken Gehäuseseite einstellen lässt. Das dafür verwendete Kaliber CH 28-520 C FUS verlangt dabei logischerweise nach mehr Raum als die klassische Dreizeiger-Nautilus, und vor allem die Gehäusehöhe von 12,53 Millimeter verleiht ihr eine ganz andere Präsenz.
Zuletzt war die 5990 nur noch in Roségold und mit tiefblauem Blatt im Katalog von Patek Philippe zu finden – eine äußerst eindrucksvolle Uhr, zugleich aber eben auch eine, die man wohl kaum als klassische Reise-Uhr bezeichnen würde. Die Rückkehr zu einer stählernen 5990 wird darum vor allem jene Freunde der Referenz begeistern, die es etwas dezenter mögen. Die Kombination aus Stahl und klassischem Nautilus-blau auf dem Zifferblatt wird dabei ihr übriges tun. Kostenpunkt: 67.460 Euro.
Es ist dabei faszinierend, die neue Referenz 5811 neben der neuen 5990 zu betrachten. Beides sind Nautilus-Modelle, beide aus weißem Metall, beide mit blauem Blatt – und doch mit ganz unterschiedlicher Wirkung. Das mehr an weißer Typografie, die angepassten Maße, das Extra an Komplikation, der damit einhergehende Verlust an Purismus: Vermutlich erschließt sich den Nicht-Uhrenfreunden die Begeisterung für diese Nuancen nicht augenblicklich. Doch von diesen gibt es – wie die hohe Nachfrage nach wertvollen Zeitmessern ja eindrucksvoll belegt – schließlich immer weniger. All jene hingegen die von der Haute Horlogerie bereits vollkommen eingenommen sind können in Anbetracht der Nautilus-Neuheiten nur feststellen:
Thierry Stern ist ein Meister der Kollektions-Pflege. Er hat zum Ende dieses so unsteten und in vielerlei Hinsicht bedrohlichen und unsicheren Jahres drei Referenzen präsentiert, die typische Patek Philippe sind: Unaufgeregt und selbstbewusst, immer zum steten Wandel und zur Erneuerung bereit, dabei aber tief in der eigenen Geschichte verwurzelt, und einen Mehrwert für die Kollektion schaffend. Es sind Uhren die Kraft signalisieren und Ruhe ausstrahlen. Diese wünscht man dann in diesen Tagen auch den Konzessionären, die mutmaßlich eine Menge Wünsche zu sortieren haben dürften.
EIGENSCHAFTEN
MARKE | Patek Philippe |
MODELL | Nautilus |
REFERENZ | 5811/1G-001 |
GEHÄUSE | Weißgold |
DIMENSIONEN | Diameter: 41 mm Höhe: 8,2 mm |
WASSERDICHTIGKEIT | 120 m |
ZIFFERBLATT | Blauer Sonnenschliff mit schwarzem Farbverlauf am Rand, Horizontal geprägte, goldapplizierte Stunden Indexe mit Leuchtmasse. |
ARMBAND | Weißgold |
UHRWERK | Kaliber 26-330 S C |
AUFZUG | Automatik |
GANGRESERVE | Min 35 St. – Max 45 St. |
FREQUENZ | 28.800 (4 Hz) |
FUNKTIONEN | Stunden, Minute, Sekunde, Datum |
PREIS | EUR 68.620 inkl. Mwst. |