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Auf ein Lunch mit: Frederique Constant CEO Niels Eggerding

Auf ein Lunch mit: Frederique Constant CEO Niels Eggerding

6. September 2021

Niels Eggerding ist bereits seit fast zehn Jahren bei Frederique Constant. Er hat somit die Zeit vor und nach der Übernahme der japanischen Citizen Group miterlebt. Seit 2018 ist er Managing Director der Schweizer Uhrenmarke, die einst von Peter Stas und seiner Frau Aletta in Hongkong gegründet wurde. Seitdem lautet das Credo bei Frederique Constant „bezahlbarer Luxus“ und das wird auch heute noch konsequent fortgeführt. Statt auf Markenbotschafter setzt man lieber auf Innovation, hat über 30 Manufakturwerke entwickelt, unzählige Patente angemeldet und einen Zeitmesser mit ewiger Kalender Komplikation für 8.400 Euro im Angebot. Warum Frederique Constant kein kleiner Akteur mehr ist, sondern ein ernstzunehmender Player, welche Auswirkungen der Kauf der Citizen Group auf das Unternehmen und die Schweizer Uhrenindustrie hat und welche kecken Worte Niels Eggerding bei seiner ersten Begegnung mit Peter Stas sagte, verriet der CEO uns beim Lunch in der Nähe von Genf.

1. Was bedeutet für Sie eine mechanische Uhr? Welche Uhr tragen Sie heute und welche Uhr tragen Sie am häufigsten?


Mit neunzehn Jahren habe ich als Praktikant in der Uhrenindustrie angefangen. Es waren Zenith Uhren, mit denen ich zuerst in Berührung kam, da ich damals für einen Zenith Distributor arbeitete. Durch den Gehäuseboden der Automatikuhr sah ich all die verschiedenen Rädchen und Details. Ich starrte zwanzig Minuten auf das Uhrwerk und war völlig hin und weg. Obwohl ich mich später zunächst zwei Jahre aus der Branche verabschiedet hatte, bin ich zurückgekehrt und habe sie von diesem Moment an auch nicht mehr verlassen. Eine mechanische Uhr bedeutet für mich pure Uhrmacherkunst, Handwerkskunst, Detailversessenheit, Leidenschaft und Emotionen. Eine Quarzuhr oder eine Smartwatch werden niemals mit einer mechanischen Uhr mithalten können.

Heute trage ich die Slimline Monolithic Manufacture, die wir im März vorgestellt haben. Sie ist gewissermaßen disruptiv und stellt die gängigen Prinzipien einer mechanischen Uhr in Frage, die in den letzten 300 Jahren praktiziert wurden. Es ist an der Zeit, die Uhrenindustrie herauszufordern, anstatt sich immer nur auf dieselben Prinzipien zu stützen. Autos zum Beispiel entwickeln sich ständig weiter. Uhrwerke aber wurden nie so stark herausgefordert.

Die Uhr, die ich am meisten trage ist Teil der Highlife-Kollektion, die ich in enger Zusammenarbeit mit meinem Team entworfen habe. Die Highlife-Linie markierte den Beginn meiner Ernennung zum Geschäftsführer von Frederique Constant. Mit einer Art „Sport-Chic“-Ästhetik integriert die Highlife-Kollektion auch komplexe Mechanismen wie ein ewiges Kalenderwerk.

Ich habe das Glück, auch ein Einzelstück der Highlife Perpetual Calendar Manufacture tragen zu dürfen, mit einem grauen Zifferblatt. Die Idee war zunächst erstmal zu beobachten, wie die Leute auf die Uhr reagieren. Ich hatte letztendlich das Gefühl, dass die graue Farbe nicht stark genug war, um kommerziell erfolgreich zu werden. Im nächsten Jahr präsentieren wir die Highlife Perpetual Calendar Manufacture mit einem neuen blaugrauen Zifferblatt – es wird spannend, aber mehr kann ich noch nicht verraten.

2. Sie haben in Eindhoven Betriebswirtschaftslehre studiert. Was hat Sie später an der Uhrmacherei fasziniert?


Ich war zuvor schon in der Uhrenindustrie tätig – damals für die Swatch Group – und entschied mich für die Wirtschaftsschule, weil ich das Gefühl hatte, noch etwas anderes machen zu wollen und ein gewisses Ausbildungsniveau erreichen zu müssen. Mit 26 Jahren sagte ich dann zu meiner Frau, dass ich gerne in die Schweiz ziehen würde, sobald sich die Möglichkeit auftut. Sie war nicht abgeneigt. 2011 lernte ich dann Peter Stas (Gründer von Frederique Constant) kennen. Ich habe damals für die Swatch Group gearbeitet, genauer gesagt für Longines. Während der Baselworld sah ich ihn zufällig auf dem Longines-Stand und sagte auf Niederländisch scherzhaft „Hey, nicht herumschnüffeln hier“. Am Ende unterhielten wir uns zwanzig Minuten lang und die Chemie stimmte sofort. Peter Stas rief mich zwei Wochen später an, als ich gerade mit meiner Frau vom Skiurlaub in Österreich zurückkam und fragte, ob ich Interesse hätte, in die Schweiz zu ziehen. Ich erinnere mich, ich saß zu diesem Zeitpunkt im Auto und meine Frau wurde blaß im Gesicht. Ich war sofort Feuer und Flamme für Frederique Constant.

3. Warum wurde Frederique Constant in Hongkong gegründet?


Zu dieser Zeit lebten Peter und Aletta Stas (seine Frau und Mitbegründerin von Frederique Constant) in Hongkong. Peter arbeitete für Phillips als Produktmarketing-Manager und Aletta arbeitete als Rechtsberaterin für die ING Bank. Aber es war offensichtlich – insbesondere, wenn man sie persönlich kennt –, dass sie eigentlich die Strukturen großer Konzerne nicht mögen. Sie hatten immer eine Art Unternehmergeist. Sie waren damals schon regelmäßig nach Genf gekommen und allgemein viel in der Schweiz unterwegs. Sie sahen Patek Philippe, Vacheron Constantin und viele andere High-End-Uhrenmarken als sehr teuer an, und wir Niederländer sind eher sparsame Menschen. Die Idee war also, hochwertig verarbeitete Uhren zu einem erschwinglichen Preis anzubieten.

Die Beiden fingen also an, an ihrem Küchentisch Ideen für Zifferblätter und Montagen zu entwickeln, bevor sie ihr Konzept auf einer Uhrenmesse in Hongkong vorstellten. Der erste Käufer der allerersten 300 Exemplare ihrer Uhr war ein japanischer Händler – und plötzlich mussten sie mit der Produktion beginnen. Es dauerte ein Jahr, diese 300 Uhren herzustellen und nach Japan zu liefern, wo die Uhren dann innerhalb eines Monats verkauft wurden. Der Distributor hat dann weitere 3.000 Einheiten angefordert und plötzlich nahm das Geschäft an Fahrt auf. Das ermutigte Peter Stas, seinen Job aufzugeben und sich voll und ganz auf die neue Marke zu konzentrieren und so starteten sie anfangs von Hongkong aus.

Peter und Aletta Stas war es immer wichtig, sich aus eigenen Mitteln heraus zu finanzieren. An meinem ersten Arbeitstag im Jahr 2012 war Peter sehr direkt zu mir; er hatte immer eine ganz klare Vision. Er war zwar auch Ingenieur, aber als Geschäftsführer war er sehr zahlengetrieben – und er kannte sich mit seinen Zahlen verdammt gut aus. Für ihn war es wichtig, sich komplett selbst zu finanzieren und nicht von Banken abhängig zu sein. Als Peter und Aletta zehn bis zwanzig Tausend Stückzahlen erreichten, zogen sie zurück in die Schweiz. Der Umzug fand dann 1997 statt.

4. Anfangs gab es ja überwiegend Quarzuhren bei Frederique Constant. Wie sieht inzwischen das Verhältnis zwischen Quarz- und mechanischen Uhren aus?


Etwa 60 Prozent der Frederique Constant Uhren sind mit einem Automatikkaliber ausgestattet. Früher hatten wir auch Modelle mit Handaufzug, aber dann haben wir uns entschieden, uns auf Automatikwerke zu konzentrieren. Außerdem haben wir 30 Manufakturkaliber, Quarzuhren und Smartwatches entwickelt. Wir haben einige sehr wichtige mechanische Uhrwerke, wie das Kaliber FC-718 (Worldtimer), das Kaliber FC-705 (Mondphase) und das Kaliber FC-710, das in einem sehr attraktiven Einstiegspreissegment von 2.000 Euro liegt. Unser Angebot reicht dann bis zu einer Ewigen Kalender Komplikation, die rund 8.000 Euro kostet, die derzeit weltweit günstigste mechanische Armbanduhr mit Perpetual Calendar.

5. Wie würden Sie den Frederique Constant Kunden beschreiben?


Ich habe meinem Vorgänger Peter damals dieselbe Frage gestellt. Er sagte: „Der Kunde, den wir wirklich sehen und den wir bedienen wollen, ist der aufstrebende Geschäftsmann oder die aufstrebende Frau. Sie haben die Schule absolviert und nun ihren ersten ernsthaften Job, können sich aber einen Zeitmesser von Vacheron Constantin, Patek Philippe oder von einer andere High-End-Uhrenmarke einfach noch nicht leisten. Dann stoßen Sie auf Frederique Constant. Nehmen wir eine 25-jährige Person, gebildet, mit Universitätsabschluss und sie wünscht sich eine gut aussehende Automatikuhr. Wenn wir diese Idee jedoch weiter analysieren, haben wir angesichts der letzten zehn Jahre dank des Internets jetzt ein noch besseres Verständnis von unseren Kunden. Wir haben festgestellt, dass sie tatsächlich etwas älter sind als unsere ursprüngliche Zielgruppe. Wir sind eine klassische Uhrenmarke und das spricht offenbar auch eine ältere Kundschaft an. Dabei sprechen beispielsweise Kollektionen wie die Highlife-Linie eine jüngere Zielgruppe an.

Außerdem ist mir aufgefallen, dass wir vor zehn Jahren nur wenige Manufakturkaliber produzierten. Heute haben wir 30 hauseigene Uhrwerke und Frederique Constant ist kein kleiner Akteur mehr, sondern ein ernstzunehmender Player in der Uhrenindustrie – das weiß auch unser Kunde. Wie erwähnt bieten wir zum Beispiel ein Uhrwerk mit ewigem Kalender für 8.400 Euro an. Uhrenliebhaber kaufen inzwischen bei uns Uhren aufgrund der Komplikationen, die wir anbieten können. Es ist also nicht mehr das gleiche „aufstrebende“ Geschäftsmodell von einst. Sondern wird haben unseren Kundenkreis inzwischen auch um eine Gruppe echter Uhrenkenner erweitert, die Uhren lieben und schätzen.

6. „Bezahlbarer Luxus“ lautete das Credo der Gründer Aletta und Peter Stas. Wie hat man den Aufbau der Marke mit einem Startkapital von gerade einmal 60.000 Schweizer Franken geschafft?


Zunächst einmal sind die Gründer Niederländer. Die Niederländer schauen ganz genau auf ihr Geld; Sie analysieren das Preis-Leistungs-Verhältnis sehr sorgfältig. Sie arbeiten sehr hart und wissen, wie man ein Unternehmen in Bezug auf Arbeitsaufwand und Kosten führt. Dann kommt das Produkt: Durch ein besonders ausgeklügeltes Margen-Management kann Frederique Constant hochwertig verarbeitete Uhren zu einem attraktiven Preis anbieten. Darüber hinaus ermöglicht es uns der hohe Absatz von Quarz- und Automatikuhren, unsere Uhrwerke und Uhren im eigenen Haus zu entwickeln. Wir arbeiten in einem anderen Rhythmus als viele andere Hersteller; Einerseits erwarten wir viel von unserem Team, andererseits sehen wir es als Teil der Frederique Constant Familie. Das ist für uns essenziell.

Wir geben unser Geld nicht für teure Markenbotschafter aus, sondern für Innovation und die richtige Verarbeitung unserer Produkte, die unsere Kunden für einen fairen Preis bekommen. Außerdem reinvestieren wir unsere Gewinne immer wieder in das Unternehmen. Auf der anderen Seite gehen wir sehr behutsam mit unserem Geld um. Das ist neben einer starken und effizienten Strategie der Schlüssel zum Überleben und zum weiteren Aufbau unserer Marke. Es ist harte Arbeit und erfordert viel Engagement von unseren Mitarbeitern, aber wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann man eine Marke auf effiziente, ökonomische und faire Weise aufbauen.

7. Citizen hat sich bereits mit dem Kauf von Arnold & Son sowie dem Werkehersteller La Joux-Perret und Frederique Constant direkten Zugang zu schweizerischem Uhren-Know-How verschafft. Sind Sie nicht skeptisch, dass sich das Abwandern eidgenössischer Kompetenzen an die fernöstliche Konkurrenz langfristig negativ auf die Schweizer Uhrenbranche auswirken könnte?


Die Citizen Group hat vor über fünf Jahren die Frederique Constant Group (Frederique Constant, Alpina Watches, Ateliers deMonaco) gekauft. Damals fragte ich meinen Vorgänger „Warum Citizen?“ und er antwortete, dass es für uns sehr wichtig sei, dass sich derjenige, der uns übernimmt, an unseren Werten orientiert und uns sowohl in Bezug auf Unternehmensphilosophie als auch in Entscheidungen unabhängig agieren lässt. Wenn man sich anschaut, wie ich heute als Geschäftsführer arbeite, dann erkennt man, dass ich zwar an die Citizen Group berichte und oft mit ihnen spreche, aber sie lassen uns das Unternehmen wirklich eigenständig und als Schweizer Unternehmen walten und vorantreiben.

Wenn sich die Schweizer Uhrenhersteller nicht immer wieder selber herausfordern, wird sich die Geschichte wiederholen, ähnlich wie in den 80er Jahren, als die Japaner einen riesigen Marktanteil übernahmen. Das lag daran, dass die Schweizer Uhrmacher nicht innovativ genug waren oder sich nicht ausreichend weiterentwickelten und bestimmte Preise nicht akzeptierten oder antizipierten. Geschichte wiederholt sich immer, aber solange man aufgeschlossen bleibt und sich zu Innovation und Entwicklung drängt, kann man meiner Meinung nach an der Spitze bleiben. Ich denke, dass die Kultur, die wir in Europa und in der Schweiz haben so stark ist, dass sie nur schwer zu ersetzen ist. Es ist wie in der Autoindustrie – wer könnte jemals die deutsche Autoindustrie schlagen? Sie wurden von Tesla herausgefordert und sie haben ihre Flotte erneuert und starke Alternativen mit Elektromotoren eingeführt. Und die Schweizer Uhrenindustrie sollte dasselbe tun und sich der Herausforderung stellen.

– Der Vertrag mit Citizen sah vor, dass sowohl die Gründer als auch das Management wenigstens fünf Jahre in ihren bisherigen Funktionen im Unternehmen tätig bleiben. In diesem Jahr sind die fünf Jahre verstrichen. Wie geht es weiter?

Korrekt. Aletta und Peter Stas wollten die Schweiz verlassen und sich um ihre Kinder sowie ihre Eltern kümmern und in ihre Heimat zurückkehren. Aus diesem Grund wurde ich zum Geschäftsführer ernannt. Wir teilen dieselben Werte, ich bin auch Niederländer und stehe seit fünf Jahren unter ihren Fittichen. Ich werde mich weiterhin mit Aletta und Peter abstimmen, aber sie werden nicht mehr operativ involviert sein. Sie werden mir beratend zur Seite stehen, aber sie werden nicht mehr an Bord sein.

8. Zu den Uhren: wie viel Handarbeit steckt in Frederique Constant Zeitmessern?


Ich denke, wir bringen viel Innovation und Handwerkskunst in unsere Manufakturuhren sowie in unsere Smartwatches ein. Bei unseren Manufakturwerken haben wir zum Beispiel das Kaliber FC-760 Flyback Chronograph hergestellt, dessen Konstruktion hochkomplex ist. Wir haben auch das Uhrwerk FC-975 Perpetual Calendar Tourbillon und das Kaliber FC-810 mit dem monolithischen Oszillator vorgestellt. Alle diese Uhrwerke sind mit traditionellen Dekorationen wie Côtes de Genève, Perlage oder einer Gravur verziert und werden alle von Hand zusammengebaut. Allerdings sind Smartwatches auch sehr aufwendig in der Herstellung, da sie mit einem komplexen Modul ausgestattet sind, aber durch ihre analogen Zifferblätter ein traditionelles Erscheinungsbild präsentieren, das die klassische Uhrmacherkunst digital widerspiegelt.

Doch unabhängig von der Komplexität des Uhrwerks ist unser Ziel immer, es am Ende einfach zu halten. Beim monolithischen Oszillator beispielsweise ersetzt eine einzige Komponente 26 bisherige Komponenten eines Standardaufbaus. Das ist die Art von Einfachheit, die wir immer anstreben. Das Kaliber FC-178 Worldtimer ist ein weiteres Beispiel, da es keinen Drücker hat. Vielmehr lassen sich alle Funktionen über die Krone einstellen. Einfachheit steht also immer im Fokus. Dadurch werden unsere Produkte zugänglicher, langlebiger und benutzerfreundlicher.

9. Erklären Sie uns, was es mit dem von Frederique Constant patentierten „Smart Screw“ System des Tourbillon Käfigs auf sich hat?


Das Smart Screw-System hat es uns wirklich ermöglicht, den Käfig in Bezug auf Amplitude und Frequenz viel stabiler auszubalancieren. Wir haben auch viele andere Patente, einige davon für unseren monolithischen Oszillator. Außerdem haben wir rund 50 Patente für unsere Smartwatches. Wir konzentrieren uns jedoch nicht so sehr auf Patente, zumal sie in der Uhrenindustrie sehr komplex sind. Man muss sich vielmehr etwas ganz Neues einfallen lassen, das noch nie zuvor erfunden wurde.

10. Welche Linien kommen bei Männern und Frauen besonders gut an? Legen die Kunden zunehmend Wert auf die Uhren mit Manufakturwerk, oder unterscheiden sich diese beiden Zielgruppen immer noch stark?


Bei Männern verkauft sich die FC-335 Classics Moonphase besonders gut, die sehr ikonisch und zugänglich ist. Für Damen ist es das 30-mm-Modell FC-206 Slimline Moonphase mit Diamant-Lünette und -Zifferblatt; sie ist äußerst raffiniert und sehr klassisch. Sie ist ein Bestseller. Weitere Bestseller sind einfache Automatikuhren für 1.000 Euro. Darüber hinaus ist die Classics Worldtimer Manufacture ein sehr starkes und ikonisches Modell bei Frederique Constant, das ständig ausverkauft ist.

Ich denke, dass Kunden vermehrt an unseren Manufakturwerken interessiert sind. Außerdem bekommen unsere Kunden eine hohe Qualität zu einem erschwinglichen Preis, da darauf seit der Gründung des Unternehmens das Hauptaugenmerk liegt. Aber es unterscheidet sich auch regional; in Deutschland verkaufen wir zum Beispiel viele Uhren mit Manufakturwerken und ich Frankreich weniger. Auch Südkorea ist ein sehr starker Markt für Manufakturwerke, insbesondere dem Kaliber FC-235.

11.  Inzwischen – und insbesondere in den letzten 18 Monaten – sind digitale Kanäle (Social Media, E-Commerce etc.) für die meisten Uhrenmarken zu einem unvermeidbaren Feld geworden. Was waren Ihre wichtigsten Erkenntnisse aus der direkten Interaktion mit Ihren Kunden?


Wir sind bereits seit vielen Jahren online sehr aktiv, haben das Digitalangebot aber während der Pandemie weiter ausgebaut. Außerdem überarbeiten wir derzeit unsere Website komplett. Wir können digital sofort sehen, was der Kunde möchte; nur, weil wir denken, dass wir die perfekte Uhr geschaffen haben, heißt das nicht, dass sie sich leicht verkaufen lässt. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass wir einfach etwas Schönes produzieren und die Kunden es automatisch sofort annehmen. Vielmehr sind es die Kunden, die die Richtung vorgeben. Aus diesem Grund beobachten wir das Online-Verkaufsverhalten genau, analysieren es ständig und passen unsere Strategie entsprechend an. Online-Verkäufe sind daher für mich eine gute Möglichkeit, sofort zu sehen, was die Leute von unserer Marke erwarten. Im vergangenen Jahr haben wir sogar rund 15 bis 16 Prozent unserer Produkte online verkauft. Der Online-Handel ist für uns extrem wichtig. Wir können die Menschen auch durch die E-Commerce-Plattform viel besser über unsere Marke informieren. Auch unsere Händler erhalten einen Anteil vom Online-Verkauf, da sie uns ja auch beim Aufbau unserer Marke helfen.

Welche Art von Kauferlebnis bieten Sie ihren Kunden online?

Wir haben eine Umfrage durchgeführt, bei der wir etwa eintausend Käufer unserer Uhren befragt haben; wie sie auf unsere Marke gestoßen sind, wie sie Frederique Constant sehen, welche Erfahrungen sie mit Service und Lieferung gemacht haben und so weiter. Das wichtigste Thema, das aufkam, war die Kommunikation und Auskunft über den Lieferstatus. Wenn ein Kunde eine Uhr auf unserer Website kauft, möchte er in erster Linie ausreichend informiert sein. Daher informieren wir unsere Kunden über den genauen Status der Lieferung, bevor sie ihre Uhren erreichen. Das ist der wichtigste Teil – die Kommunikation. Solange wir mit ihnen im Austausch sind, ist alles in Ordnung – auch wenn eine Bestellung verspätet ist. Wir glauben, dass die Bestellung einer neuen Uhr sowohl Kommunikation, eine transparente Sendungsverfolgung und ein kleines Geschenk beinhalten sollte. Darüber haben wir in den letzten sechs Monaten viel gelernt – es ist mehr als nur Verkauf und Versand. Unsere Recherchen haben auch ergeben, welche Altersgruppen online einkaufen möchten und welche ein Kundenerlebnis im Geschäft bevorzugen. Mein 16-jähriger Sohn zum Beispiel ist überhaupt kein Fan davon, online einzukaufen, während meine Frau es liebt.

12. In welche Richtung bewegt sich Ihrer Meinung nach die Uhrenindustrie?

Ich denke, die gesamte Uhrenindustrie steckt mitten in einer Krise, die eigentlich bereits seit etwa fünf Jahren existiert. Ich denke, die Apple Watch ist mittlerweile für viele Menschen zu einem Ersatz geworden. Besonders betroffen sind Quarzuhren. Wir alle haben aufgrund der Pandemie Geld vom Staat bekommen, aber früher oder später werden wir die Rechnungen bezahlen müssen. Alle Geschäfte, Distributoren und Marken, die nicht ganz gesund sind, werden leider nicht überleben. Unterdessen werden sich gesunde und starke Marken, die mechanische Uhren herstellen, erholen und bleiben. Aber es ist ganz klar, dass wir alle eine große Krise durchmachen.


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