Alle Liebhaber von Breguet wissen sicher genau Bescheid um die Hintergründe der Linie „Tradition“, schließlich hat man sich eingehend mit der Geschichte befasst. Für all diejenigen, die neu und ahnungslos sind, lohnt es sich, eine kurze Exkursion zurück ins 18. Jahrhundert zu unternehmen, bevor wir auf die neue Breguet Tradition Quantième Rétrograde 7597 eingehen – zum ersten Mal mit einer retrograden Datumsanzeige, die es in sich hat.
Auch hier werden Liebhaber der Marke wissen, dass bereits die Classique 3797 und Classique 3795 eine retrograde Datumsanzeige besaßen. Aber die Anzeige war bei weitem nicht so spektakulär wie diese. Soviel vorab – sie ist alles andere als eine gewöhnliche Aristokratenuhr.
Subskriptionsuhren
Schon mal etwas von Subskription gehört? Wer gerne Weine aus dem Bordeaux trinkt, der wird den Begriff in diesem Zusammenhang vielleicht schon einmal gehört haben. Da jeder vielversprechende Jahrgang von einem renommierten Weingut natürlich heiß begehrt ist, aber die Weine nach der Ernte erst einmal für einige Zeit im Fass reifen müssen, können die Kunden sich für die sogenannte Subskription bewerben. Sie tätigen also eine Anzahlung für den Wein, bekommen ihn dann aber erst Jahre später ausgeliefert, wenn er eben lang genug und den Vorschriften entsprechend gereift ist. Das ermöglicht auch den Winzern, ihre Nebenkosten für den langwierigen Herstellungsprozess zu bewältigen, in denen sie sonst keine Einnahmen hätten.
In der Uhrenbranche geht die Idee der Subskription zurück auf den Uhrmacher A.-L. Breguet und ist eigentlich aus der Not heraus geboren. Durch die Folgen der französischen Revolution ist ein Großteil seiner vornehmen aristokratischen Kundschaft weggebrochen. Somit bot er der bürgerlichen Schicht – und damit einem neuen Klientel – an, die Uhren auf Basis der Subskription herzustellen. Dabei wurde ein Viertel im Voraus gezahlt, die Differenz dann bei Übergabe der Uhr. Somit konnte Breguet die Hauptkosten decken und die Produktion am Laufen halten. Um die 700 Uhren wurden auf diese Weise produziert.
Da aber zu dieser Zeit vorwiegend einfache Uhren gefragt waren, kreierte Breguet 1796 die Einzeigeruhr, womit anhand eines Zeigers sowohl die Stunden als auch Minuten angezeigt wurden. Eine Ironie des Schicksals, wenn man bedenkt, dass Breguet später für seine unzähligen Erfindungen bekannt wurde und hochkomplexe Werke herstellte. Doch er war eben auch ein Stratege und wusste, wie er seine Uhren zur gegebenen Zeit vermarkten muss. 1799 kamen dann auch noch die Tastuhren (montre à tact) dazu, die es ermöglichten, die ungefähre Uhrzeit zu ertasten, was nicht nur bei Dunkelheit hilfreich war, sondern auch Blinden die Möglichkeit gab, die Uhrzeit zu erfahren. Eine kostengünstige Alternative zu den aufwendigen Repetitionsuhren.
Offene Werksarchitektur
Die Einzeiger- sowie auch Tastuhr hatte eine neue Anordnung der Werksmechanik zur Folge. Das Federhaus bekam ihren Platz im Zentrum des Werks, die Unruh und das Haupt-Übertragungsrad wurden zwischen 4 und 8 Uhr symmetrisch zueinander angeordnet. Bei den Tastuhren kam ein kleines dezentrales Zifferblatt dazu. Die Konstruktion war simpel wie ansprechend zugleich. Und aus diesem Grund hat die Maison Breguet ihr im Jahr 2005 die Linie „Tradition“ gewidmet. Sie bildet die Symbiose aus Tradition und Moderne, was so salopp dahingesagt ist, hat sich die Maison in den letzten 20 Jahren mühsam aufgebaut. Denn einerseits konnte man auf das reiche Erfindertum des Gründers zurückgreifen, sich aber keineswegs darauf ausruhen.
Breguet hatte seinerzeit Innovationen wie den schlüssellosen Aufzug, die Stoßsicherung „Parachute“, Breguet-Zeiger oder das Tourbillon hervorgebracht. Seit der Übernahme durch die Swatch Group 1999 kamen neue Errungenschaften wie das Hemmungsrad und Anker aus Silizium, Hochfrequenz (10 Hz), Magnetischer Schlagwerkregulator und der magnetisch gelagerte Unruhzapfen hinzu.
Die 2005 vorgestellte Tradition 7027 brachte zum ersten Mal in einer Armbanduhr das Werk der Einzeigeruhren zum Vorschein, sprich, das gesamte Werk liegt über der Platine und ist von der Zifferblattseite aus zu betrachten. Dabei wurde die Architektur elegant gelöst, welche Werksteile wirklich zum Vorschein kommen zwischen Zifferblatt und Brücken. Die Modelle der „Tradition“ besitzen allerdings anders als die Einzeigeruhren von damals auch einen Minutenzeiger, wie sie auch ab 1799 in den Tastuhren zu sehen waren.
Die neue Breguet Tradition Quantième Rétrograde 7597
Die neue Tradition Quantième Rétrograde 7597 ist entweder mit einem 40-mm Gehäuse in Weiß – oder Roségold erhältlich. Brücken, Räder, Ankerhemmung und Federhaus sind ganz „Tradition“-gemäß vor die Platine montiert worden, die also allesamt für den Träger von der Zifferblattseite aus sichtbar sind. Wer einen der Zeitmesser besitzt, kann damit fast eine Lehrstunde geben, wie eine Uhr funktioniert.
Ebenfalls typisch für die Linie ist ein Grenaillé-Finish auf dem Werk und Brücken. Neu in diesen beiden Ausführungen ist das retrograde Datum, und das ist wirklich spektakulär. Die Datums-Skala wurde auf dem Zifferblatt so angeordnet, dass es sich peripher an der Gehäuseunterseite erstreckt und die offene Werkskonstruktion nicht stört.
Um den 180 Grad Radius zwischen dem 1. des Monats und dem 31. zu meistern, erstreckt sich der Datumszeiger aus dem Zentrum heraus. Und er ist der eigentliche Star der Konstruktion. Er ist so geformt, dass er sich elegant von unter dem Zifferblatt über Unruh und Räderwerk schlängelt. Die Spitze des Zeigers hat ebenfalls eine leichte Biegung, was den 3-D Effekt des gesamten Zifferblatts weiter verstärkt. Er ist aus gebläutem Stahl, was nicht nur gut aussieht, sondern dem Stahl ein kleinwenig Spannung nimmt und ihn weicher macht, was ihm sicherlich hilft, wenn er seinen 180 Grad Sprung absolvieren muss und dabei abrupt stoppt.
Anthrazit und Blau
Die Datums-Skala aus Gold hat ein anthrazitfarbenes Finish, passend zur gleichfarbigen Hauptplatine und den Brücken. Die gebläuten Zeiger stehen in einem modernen Kontrast dazu. Auf dem versilberten Goldzifferblatt ist ein von Hand guillochiertes Clous de Paris Motiv zu sehen.
Typisch für die Gehäuse der Tradition Linie sind auch die geriffelten Kannelüren des Gehäusemittelteils sowie die schlank abstehenden Bandanstöße. Die Ziffern der Datumsanzeige bestehen aus einem silbernen Puderdruck. Die facettierten Indizes sind aus Gold.
Ebenfalls aus Gold ist der Rotor, der eine gewöhnungsbedürftige Form hat, die vielmehr an einen Anker erinnert, als an die gewöhnliche Halbmond-förmige Schwungmasse. Er ist inspiriert vom Rotor, der einst in der Perpétuelle von 1782 zum Einsatz kam. Ihn ziert eine Breguet-Gravur.
Das Werk – ein Hybrid-Motor
Das Kaliber 505Q zeigt, wie man Tradition und Moderne miteinander in Einklang bringt. Die Werksarchitektur wurde behutsam den originalen Einzeiger- und Tastuhren nachempfunden. Neben der Breguet-Spirale (1795 von Breguet erfunden) verhindert auch eine Stoßsicherung „Parachute“ (1790 von Breguet erfunden), dass Unruhzapfen leichter brechen können.
Eine der neueren Errungenschaften von Breguet (seit 2006), die auch in diesem Werk zum Einsatz kommt, ist die Verwendung von Silizium. Vorerst waren ausschließlich Hemmungsrad und Anker aus Silizium gefertigt, inzwischen besteht auch die Spiralfeder aus dieser Substanz. Der große Vorteil: sie ist antimagnetisch und besonders verschleißfest und somit nicht auf Schmierung angewiesen. Sie wird außerdem aus einem Stück herausgefräst und kehrt immer wieder in ihre ursprüngliche Form zurück. Das Kaliber 505Q bietet eine Gangreserve von 50 Stunden. Bei 10 Uhr befindet sich der Drücker für die Datumskorrektur.
Auch wenn die Tradition Quantième Rétrograde 7597 preislich betrachtet anders als die Subskriptionsuhren von A.-L. Breguet für die ‚bürgerliche Schicht‘ schlichtweg zu teuer sein mag, ist sie keineswegs eine verstaubte Aristokratenuhr. Schon bei den Vorgänger Modellen (7097, 7077, 7047) war die Kombination zwischen Anthrazit und Blau sehr ansprechend. Das ist auch hier wieder gelungen, gepaart mit wunderschönen und höchst anspruchsvollen Veredelungen. Das Werk ist so modern wie der V6-Turbo-Hybrid-Motor von Porsche. Bewehrte Technik trifft auf High-Tech.
7077 (links)
7597 (rechts)
Die 7597 ist eine avantgardistische Dress Watch, die nicht nur nachts mit Hemd und Manschettenknöpfen zum nächsten Konzertbesuch ums Handgelenk gelegt werden sollte. Und bloß nicht im Tresor wegsperren. Ein bisschen Aktion kann man ihr im Alltag gerne zumuten, schließlich hat sie eine zuverlässige Stoßsicherung, die sich seit 230 Jahren bewehrt macht. Preise: 35.540 Euro in Roségold und 36.310 Euro in Weißgold.