Uhrensammeln ist eine Reise, bei der es mehr um den Weg als das Ziel geht. Denn mit der Zeit ändern sich mitunter die Geschmäcker. Etwas, das sich deutlich verändert und worüber aber selten jemand spricht, ist die Motivation für einen Kauf. Anfangs, wenn man noch über wenig Fachkenntnis verfügt, hängt der Kauf meistens von einem einzigen Faktor ab: wie eine Uhr aussieht. Doch während man mit der Zeit sein inneres horologisches Lexikon erweitert, findet man plötzlich zahlreiche Gründe für eine Anschaffung. Für Sammler, die schon sehr tief im Thema drin sind, ist Skurrilität einer dieser Gründe. Wenn es um auffällige Uhren geht, wird man bei Cartier fündig – oder genauer gesagt, bei Cartiers unverwechselbarer Crash.
Seitdem die Crash 1967 von Cartier London erschaffen wurde und aus einer Fülle von eher rätselhaften Geschichten hervorging, ist sie zu einem Markenzeichen der französischen Manufaktur geworden. Angeblich lieferte ein Kunde, der in einen Verkehrsunfall verwickelt war, die Inspiration dazu. Denn als seine Oval Maxi oder Baignoire unter der Hitze schmolz, entstand infolgedessen eine etwas deformierte, aber wiedererkennbare Uhr. Auch wenn diese Geschichte vorerst nur ein Märchen bleibt, so könnte doch etwas Wahres dran sein, wenn man die Form der Oval Maxi (links) oder Baignoire mit der Crash (rechts) vergleicht.
Cartier Baignoire (left) und Cartier Crash (right)
So schön diese Geschichte auch sein mag, ist es doch eher unwahrscheinlich, dass sie irgendeinen Einfluss auf die Entstehung der Crash hatte. Vielmehr war sie eine Erfindung des großen Jean-Jacques Cartier und sein Beitrag zur extravaganten Mode-Epoche der Swinging Sixties, die sich vor allem in London abspielte. Jean-Jacques Cartier war der Sohn von Jacques Cartier, einem der drei Brüder, die den Grundstein für das Cartier-Imperium gelegt hatten. Er wurde 1945 im Alter von nur 26 Jahren mit der Leitung der Londoner Niederlassung betraut. Angesichts dessen, dass zu seinen Kunden auch die britische Königsfamilie gehörte, bedeutete das eine große Verantwortung. In dieser Zeit war die Mode, gelinde gesagt, auffällig und experimentierfreudig, und die Leute versuchten, sich dadurch zu profilieren. Das war die perfekte Grundlage für Jean-Jacques Cartier, um eine Armbanduhr zu entwerfen, die heute noch gewagter und selbstbewusster erscheint.
Ende der 1960er Jahre begann Cartier London mit der Produktion der ersten Crash Serie. Jedoch wurden von der ursprünglichen Londoner Erstauflage nur sehr wenige Exemplare hergestellt. Cartier hat uns keine Zahlen genannt, aber nach all den Jahren sind nur eine Handvoll dieser Zeitmesser wiederaufgetaucht. Laut dem Revolution Watch Magazin waren nur drei Modelle dieser Londoner Erstausgabe in Weißgold bekannt.
Eine der ersten Cartier Crash London von zirka 1967
Nachdem sich das Londoner Design womöglich als würdig erwies und sich die ungeteilte Aufmerksamkeit verdiente, kreierte Cartier Paris 1991 seine eigene Variante der Crash. Und ja, richtig geraten, die Zifferblätter wurde in der Tat mit „dem Schriftzug Paris“ produziert. Ursprünglich handelte es sich um eine limitierte Auflage von 400 (nummerierten) Exemplaren aus 18-Karat Gelbgold. Bis 1994 wurden die Londoner und die Pariser Crash für eine kurze Zeitspanne von drei Jahren parallel hergestellt, als die Produktion der Londoner Crash eingestellt und die Maison die Herstellung zentralisierte.
Seitdem wurde eine ganze Reihe an Editionen von Cartier lanciert. Sie erschienen jedoch immer nur in einer geringen Stückzahl, um die Exklusivität der originalen Londoner Crash zu wahren. Tatsächlich ist die Pariser Version, die 1991 herauskam und auf 400 Stück limitiert war, immer noch Cartiers bisher größte Auflage der Crash. Neuere Editionen tragen stattdessen meist „Swiss made“ auf dem Zifferblatt.
Eine der ersten Cartier Crash Paris von zirka 1991
Unter den verschiedenen Auflagen der seit 1967 produzierten Crash gibt es einige einzigartige und interessante Exemplare, die besonders herausstechen. 2014 präsentierte Cartier zwei Varianten der neuen skelettierten Crash mit einem 28 mm x 45 mm Gehäuse. Die Zeitmesser aus poliertem Roségold oder poliertem Platin waren als Anspielung auf ihr Entstehungsjahr 1967 jeweils nur in einer Zahl von 67 Stück „erhältlich“. Ich setzte hier „erhältlich“ bewusst in Anführungszeichen, denn die Crash-Modelle sind üblicherweise alles andere als einfach so erhältlich – außer man gehört zu den Topkunden.
Letztes Jahr, präsentierte die Maison die vielleicht beeindruckendste Crash von allen. Sie vereint zwei von Cartiers wichtigsten Markenkennzeichen: das Design der Armbanduhr und die Edelsteinfassung. Die Crash Tigrée ist eine wahre Augenweide: Ihre auffällige Vorderseite besteht aus 1,64-karätigen Diamanten, die in Gelbgold gefasst sind und sich zwischen opulentem grünem und blauem Email zur gestreiften Form eines Tigers zusammensetzen.
Cartier Crash Tigrée
Das Email wurde mit der Champlevé-Technik verarbeitet, bei der gemahlenes Emailpulver auf eine Temperatur von etwa 750°C erhitzt wird, um es zu schmelzen. Um den richtigen Farbton zu erzielen, muss das Pulver mehrmals gebrannt und in den Brennofen gegeben werden, bevor es in die Rillen gegossen und fixiert wird. Von diesem Meisterwerk gibt es nur 50 Stück und @thewatchrookie (via Instagram) war einer der Ersten, der sein Exemplar in einem Post online teilte.
NSO Programm
Für einige High-End-Kunden bietet Cartier auch ein „New Special Order“-Programm an, in dessen Rahmen sie ein einzigartiges Stück auf der Grundlage bestehender Cartier-Designs, wie der Crash, entwerfen können. Die Crash ist aus offensichtlichen Gründen wahrscheinlich eine der exklusivsten „Special Order“ Modelle überhaupt. Während die Auswahl an Farben und Materialien für eine Sonderbestellung theoretisch endlos ist, gibt es natürlich gewisse Grenzen, innerhalb derer Cartier ein Design als angemessen erachtet. Alles, was über diese Grenzen hinausgeht, wird höflich abgelehnt, um das Erbe und das Image von Cartier und in diesem Fall der Crash zu schützen.
Es gibt viele großartige Beispiele für New-Special-Order-Crash-Modelle, aber ein besonders schönes gehört Alvin Chong, einem in Singapur ansässigen Cartier-Sammler und -Liebhaber. Ein Gehäuse aus Rotgold, ein elfenbeinfarbenes Zifferblatt mit burgunderroten Ziffern, blau gebrannte Schwertzeiger und eine Krone, die aus einem Saphir-Cabochon zu bestehen scheint.
Die Crash ist also eine begehrte Seltenheit – doch wie sehr hat sie sich behauptet? Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist die Beliebtheit des asymmetrischen Designs von Cartier massiv gestiegen und das nicht nur wegen Tyler the Creator und Kanye West. Die Uhren haben die Aufmerksamkeit von Sammlern auf sich gezogen, die auf der Suche nach Raritäten sind. Bereits 2010 kamen frühe Modelle der Pariser Crash Modelle von 1991 für 30.000 Dollar unter den Hammer. Jetzt liegt der Wert bei einer viertel Million Dollar. Und der bezieht sich auf ein späteres Crash Modell, von dem es 400 Exemplare gibt. London spielt jedoch in einer ganz anderen Liga.
Letztes Jahr wurde eine Londoner Crash auf der Online-Auktionsplattform Loupe This versteigert. Dabei handelte es sich um ein Londoner Original aus dem Geburtsjahr 1967 in einem sehr guten Zustand. Der Preis? Sagen wir mal, man könnte sich für 1.654.277 Dollar auch ein oder zwei schöne Häuser kaufen.
Doch wie wir alle wissen, ist die Welt der Uhren nicht so einfach gestrickt. Wenn der Wert so stark schwanken kann, nur weil der Name der Stadt auf dem Zifferblatt steht, was hält die Leute dann davon ab, zu versuchen, die selteneren Versionen zu kopieren? Nun, offenbar nicht viel. Eine Crash, die im Mai letzten Jahres bei Phillips in New York versteigert wurde, sorgte für viel Aufsehen.
Angeblich besaß sie ein originales Londoner Zifferblatt und stammte aus dem Jahr 1970. Doch der Online-Uhren-Detektiv Perezcope brachte ans Licht, dass es sich in Wirklichkeit gar nicht um eine originale Londoner Crash handelte. Ungereimtheiten bei Merkmalen wie der Präzision und Ausrichtung des Textes und der Krone verrieten, dass dieses Modell nicht aus dem Jahr 1970 stammen konnte. Obwohl die Uhrenwelt bereits vor der eigentlichen Auktion davon erfuhr, erzielte das Modell einen Preis von 453.600 Dollar. Das ist ein niedrigerer Preis als der für eine Londoner Crash von 1970, aber immer noch ein höherer als zum Beispiel für eine Paris Crash aus dem Jahr 1991.
Auf ewig eine Ikone
Doch was steht als Nächstes für die Cartier Crash an? Was bringt die Zukunft für das ikonische 60er-Jahre Design der Uhr? Cartier ist auf jeden Fall noch lange nicht damit fertig, neue Versionen der Crash zu kreieren. So hat Cartier im letzten Jahr bekannt gegeben, dass eine weitere Neuauflage die Geschichte der Crash fortführen wird. Aus Platin mit einem weißen Zifferblatt und einer Krone mit Rubin-Cabochon ist der Zeitmesser exklusiv nur in der Londoner Boutique in der New Bond Street erhältlich.
Die blau gebrannten Zeiger und die Krone mit Rubin-Cabochon, die Cartier exklusiv für Armbanduhren mit Platingehäuse aufbewahrt, sorgen für einen Hauch von Farbe. Angetrieben wird die Uhr vom Kaliber 1917 MC, das sich hinter dem massiven Gehäuseboden verbirgt, auf dem speziell die Gravur ‚Cartier Bond Street London‘ angebracht ist. Die Uhr ist zwar nicht limitiert, aber die Produktion und Verfügbarkeit sind natürlich begrenzt, wie es bei der Crash üblich ist. Der Preis liegt bei 43.000 englischen Pfund.
Mit jeder neuen Lancierung können wir davon ausgehen, dass der individuelle Sammlerwert für die wichtigen und seltenen Ausführungen weiter steigen und sich in den Auktionsergebnissen widerspiegeln wird. In der Zwischenzeit bleibt die Cartier Crash eine der ikonischsten und begehrtesten Vintage-Armbanduhren-Designs, das bei vielen Haute Horlogerie Enthusiasten gefragt ist, die ein Stück Geschichte der 60er Jahre am Handgelenk haben möchten. Dabei sollte man jedoch nicht vergessen, dass die Geburtsstunde der Uhr in London, nicht Paris, war.
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