Die junge Marke Norqain aus Nidau wird 2018 zu einer Zeit gegründet, als der Markt nicht wirklich eine weitere Uhrenmarke brauchte – und hat deshalb von Anfang an einen unkonventionellen Weg eingeschlagen: Norqain setzt auf die enge Zusammenarbeit mit prominenten Sportlern, die nicht nur als Markenbotschafter dienen, sondern als strategische Geschäftspartner tief in das Unternehmen involviert sind. Diese Herangehensweise ist in der Uhrenindustrie einmalig. CEO und Founder Ben Küffer verriet uns im Interview, was genau dahintersteckt und warum er unbedingt Fußballlegende Gigi Buffon während der Hochzeit seiner Schwester sprechen musste.

Vom Sportler zum Unternehmer: Der „Entrepreneurial Spirit“ als Kernkriterium

Die Vision von Ben Küffer, der Norqain gerne als „Challenger-Marke“ beschreibt, war von Anfang an ambitioniert: Er wollte eine weltweit erfolgreiche Marke schaffen und erkannte früh, dass er dies nicht alleine bewerkstelligen konnte. „Ich wollte mich von Anfang an mit super Leuten umgeben – eine Norqain-Familie gründen“, so Küffer. Die Strategie war, langfristig ein Netzwerk aufzubauen, um in neue Märkte zu expandieren, indem man lokale Geschäftspartner findet, die den Markt, die Kultur und das Netzwerk besser kennen. Grundvoraussetzung für Küffer: Sie müssen den gleichen «Challenge Spirit» teilen.

Das Besondere an Norqains Partnerwahl ist, dass es sich nicht um rein werbliche Markenbotschafter handelt. Stattdessen legt die Marke Wert auf Sportler, die entweder bereits einen ausgeprägten unternehmerischen Hintergrund besitzen oder über ein exzellentes Management verfügen, das ihre geschäftlichen Interessen im Sinne von Norqain vertritt. Stan Wawrinka zum Beispiel, der in zahlreichen Firmen involviert ist und ein tiefes Verständnis von Geschäftsabläufen besitze, erzählt Küffer aus Erfahrung in der Zusammenarbeit mit dem Tennisprofi. Der Sportler oder die Sportlerin kann auch eine exzellente Entourage (wie ein Family Office) hinter sich haben, die sich um seine geschäftlichen Belange kümmert und im besten Interesse von Norqain agiert, da sie in die Marke investiert sind. Wichtig ist dabei für Küffer immer, dass auch die Chemie stimmt: „Für mich ist die persönliche Beziehung zum Partner entscheidend, da es sich wie um eine langfristige Ehe und keinen befristeten Vertrag handelt.“

So einmalig diese Strategie in der Uhrenbranche ist, genauso clever ist sie auch: Bevor man hohe Summen an Markenbotschafter zahlt, die meistens zeitlich begrenzte Verträge haben und auch oftmals nicht allzu authentisch sind, beteiligt Küffer Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens – in erster Linie Sportler – an der Marke, wodurch die PR und das Marketing ganz von alleine kommen.

Aufbau eines globalen Netzwerks mit lokalen Kräften

Die Strategie sah von Anfang an vor, ein langfristiges Netzwerk aufzubauen, um in neue Märkte zu expandieren. Die ersten strategischen Partner in der Schweiz waren Eishockeyprofis Roman Josi und Mark Streit. Ihre Beteiligung verschaffte Norqain von Beginn an eine hohe Medienpräsenz und Visibilität. Sie schienen damit eine Geschäftsidee entdeckt zu haben, die es so noch nicht gibt in der Uhrenbranche. Die Anzahl der Partner wurde also mit den wachsenden Märkten, die Norqain erschloss, peu à peu und strategisch bedacht erweitert.

Die Rolle dieser Partner geht weit über die eines klassischen Markenbotschafters hinaus. Sie fungieren als eine Art externe Verwaltungsratsmitglieder, die zwar natürlich nicht täglich im Büro sind, aber meistens aktiv Ideen und ihr lokales Netzwerk einbringen, um die Geschäftsentwicklung voranzutreiben. „Gary Neville in England ist ein Weltklasse-Beispiel: Er ist ein absolut versierter Geschäftsmann, der eine eigene Marketingagentur und Hotels führt. Ähnlich ist es mit Gigi Buffon in Italien, der in seiner aktuellen Lebensphase eigene Business-Konzepte entwickelt“, so Küffer, der mit allen Partnern in regelmäßigem Austausch ist, mit dem einen mehr, mit dem anderen weniger intensiv. „Mit Stan Wawrinka stehe ich fast im täglichen Kontakt über WhatsApp, da er ständig Fotos von lokalen Händlern oder auch neue Ideen schickt.“ Die Partnerschaft mit Gigi Buffon schloss Küffer im Smoking und mit Fliege während der Hochzeit seiner Schwerster ab. Buffon fühlte sich geschmeichelt, dass Küffer das Telefonat trotz eines so wichtigen Anlasses wahrnahm und betonte, dass das der Spirit ist, den er sich von einer Partnerschaft wünscht.

Mark Streit, als Mitgründer der Marke, nimmt sogar eine besondere Rolle ein und verbringt inzwischen etwa 50% seiner Zeit im Norqain-Büro, wo er aktiv an Marketing-Meetings teilnimmt – dafür hat er sich aus dem Eishockey weitestgehend zurückgezogen.

Die Eigentümerstruktur: Ein Familienbetrieb mit strategischen Beteiligungen

Norqain ist ein Familienbetrieb, in dem Ben Küffer 70% der Stimmen und den größten Kapitalanteil hält. Von den rund 40 „Norqainers“, die auf der Homepage gelistet sind – eine bewusste Entscheidung, um die „Norqain-Familie“ und den Community-Gedanken zu zeigen – sind lediglich sieben Personen finanziell am Unternehmen beteiligt: Mark Streit, Roman Josi, Tina Weirather (auch im Verwaltungsrat), Stan Wawrinka, Sidney Crosby, Gigi Buffon und Gary Neville. Die Partnerschaften entstehen oft organisch über Kontakte, anstatt dass Norqain aktiv nach bestimmten Personen sucht. Voraussetzung ist immer, dass Norqain einen neuen Markt erschließt, bevor ein geeigneter Partner gefunden wird.

Messbarer Erfolg

Den Erfolg der jungen Marke, die die Uhrenproduktion innerhalb von sieben Jahren von 5.000 auf 10.000 Uhren verdoppeln konnte und inzwischen in 40 Märkten erhältlich ist, führt Ben Küffer eindeutig auf die Strategie (neben den Innovationen) der lokalen Geschäftspartner zurück. Sie geben ihnen nicht nur mediale Aufmerksamkeit, sondern schaffen auch Zugänge, die sonst nicht – oder nur sehr schwierig und kostspielig – möglich wären. „Innerhalb von anderthalb Monaten nach seiner Partnerschaft konnte Gary Neville Norqain in das große Charity-Event Soccer Aid in Manchester mit 80.000 Zuschauern integrieren. Zum Launch-Event konnten wir 50 Gästen und potentielle neue Händler einladen, was die Gewinnung vieler neuer Handelspartner vereinfachte“, resümiert Küffer und ergänzt: „Als angekündigt wurde, dass der kanadische Eishockeyprofi Sidney Crosby an Norqain beteiligt ist, lief über ESPN eine Push-Nachricht, die zu einem enormen Anstieg der Website-Besuche und neuen Händleranfragen führte. Zudem gab es sehr positive Sellout-Zahlen.“

Natürlich helfen auch die besten Geschäftspartner nichts, wenn die Produkte im Markt nicht angenommen werden. Aber das tun sie – die Uhren sind jung, frisch, anders und man setzte von Anfang an auf Qualität und gewann früh Kenissi (ursprünglich von Rolex Tochter Tudor gegründet) als exklusiven Uhrwerkshersteller.

Eine Uhr eigens für Stan Wawrinka

Soeben lancierte Norqain eine neue Uhr in Zusammenarbeit mit Stan Wawrinka. „Stan wünschte sich zu seinem 40. Geburtstag eine eigene Norqain Uhr, die neben seinen Grand Slam Siegen in Australien und Paris auch den US Open Sieg gegen Novak Djokovic ehren soll“, sagt Küffer. Sie wurde gerade feierlich in New York an der Fifth Avenue bei Bucherer präsentiert und „schreit förmlich nach Stan, schreit nach Tennis“, so Küffer.

Ob es in Zukunft weitere Sondereditionen zusammen mit den Partnern geben wird? Gut möglich. Eines ist sicher, Norqain hat mit dieser Strategie ein einmaliges Geschäftsmodell entwickelt, das sich ausgezahlt hat.


norqain.com

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