Point of View: Sind die neuen Dior Chiffre Rouge Modelle wirklich gut oder nur überteuerte Modeuhren?
Lange Zeit galten Diors Zeitmesser für einen Großteil der Uhren Community als „Modeuhren“. Stark beeinflusst durch Hedi Slimane, dem damaligen Designer für Dior Homme, lancierte die französische Marke 2004 die Chiffre Rouge Kollektion. Anfang der 2000er erschienen die ersten Chiffre Rouge Modelle als Chronographen und waren immerhin mit einem El Primero Uhrwerk der zur LVMH gehörenden Manufaktur Zenith ausgestattet. Dabei handelt es sich um ein Kaliber, das auch die Grundlage für andere Chronographen wie der legendären Rolex Daytona bot.
Immer wieder sind in der Chiffre Rouge Kollektion neue Modelle dazugekommen. Dazu gehören unter anderem die limitierte, diamantbesetzte Goldedition 103 und die faszinierende M01, bei der die Schwungmasse durch das Zifferblatt anstelle des Gehäusebodens sichtbar ist. Aber die Chiffre Rouge ist auch immer wieder komplett von der Bildfläche verschwunden.
Erst kürzlich hat die Marke dieKollektion um fünf neue Zeitmesser ergänzt. Wir schauen uns die Neuheiten einmal genauer an und versuchen eine Einschätzung abzugeben, ob Dior es damit in absehbarer Zeit an die Spitze der LVMH-Uhrensparte schaffen könnte.
Ins Schwarze getroffen?
Die ersten zwei Neuheiten in der Serie sind die Black Ultramatte und Black Ultramatte Diamonds Varianten mit einer Zeit- und Datumsfunktion. Mir persönlich gefallen die beiden 38-mm-Gehäuse der beiden Modelle äußerst gut, denn heutzutage ist dieser Gehäusedurchmesser bei Sportmodellen eher eine Seltenheit. Die Gehäuse bestehen aus Edelstahl mit einer schwarzen DLC-Beschichtung, allerdings ohne ein höheres Maß an Finissierungstechniken. Bei der Black Ultramatte sind sowohl die eingekerbte Lünette als auch der Stoßschutz, wie Dior es nennt, mit schwarzem DLC beschichtet. Letzteres umgibt die rote, verschraubte Krone bei 4 Uhr, der typischen Position für die Krone bei der Chiffre Rouge.
Die diamantbesetzte Variante setzt noch einen drauf, indem das tiefschwarze Gehäuse mit 60 schwarzen Diamanten kombiniert wird. Diese sind mit ihren insgesamt 1,2 Karat rundum die Lünette platziert. Interessanterweise ist der Stoßschutz bei diesem Modell aus Roségold gefertigt, was in Anbetracht des schon vorhandenen schwarz-roten Farbschemas etwas beliebig erscheint.
Die schwarzen Messing-Zifferblätter sind mit einem geprägten, Gitter ähnlichen Cannage-Muster versehen, das für einen Tiefeneffekt sorgt. Passend zur roten, verschraubten Krone sind der zentrale Sekundenzeiger und die Rahmung des Datumsfensters in Rot gehalten. Dazu ist die gedruckte ‚8‘, Christian Diors Glückszahl, in Rot auf dem Datumsring ein schönes Detail. Die Zeiger und Indizes führen mit ihrer schwarz-goldenen Farbe das Farbschema fort.
Sowohl die Black Ultramatte als auch die Black Ultramatte Diamonds Edition haben ein Sellita SW300-1 Automatikwerk verbaut, das Dior als CD.002 bezeichnet. Das Kaliber gibt die Stunden, die Minuten, die Zentralsekunde und das Datum an. Es oszilliert bei einer Frequenz von 4 Hz und besitzt eine Gangreserve von 50 Stunden. Darüber hinaus besitzen die Zeitmesser eine Wasserdichtigkeit von bis zu 100 Metern.
Dior stellt aber auch noch eine weitere geschwärzte Armbanduhr als Teil der Chiffre Rouge Kollektion vor: die Ultramatte Chronograph. Sie wird von dem CD.001 Chronographenwerk angetrieben, das wie in den guten alten Zeiten auf dem El Primero 3600 Kaliber basiert. Dieses Uhrwerk verfügt über eine Wasserdichtigkeit bis zu 100 Metern – genauso wie das Kaliber CD.002. Jedoch übertrifft es das CD.002 hinsichtlich seiner beeindruckenden und eher seltenen Frequenz von 5 Hz.
Der Chronograph bleibt dem Stil der herkömmlichen Ultramatte treu. Allerdings ist sie mit ihren 41-mm-Durchmesser deutlich größer und mit Drückern bei 2 Uhr und 4 Uhr sowie einer umpositionierten Krone bei 3 Uhr ausgestattet. Selbstverständlich befinden sich auch drei Chronographen-Hilfsblätter auf dem Zifferblatt, von denen zwei farblich passende, rote Zeiger besitzen.
In puncto Erschwinglichkeit
Während die Black Ultramatte 7.900 Euro kostet, liegt der Preis für die diamantbesetzte Ausführung bei 16.000 Euro – nicht gerade günstig, wenn man das preiswerte Uhrwerk darin bedenkt. Aufgrund ihres El Primero Kalibers ist die Ultramatte Chronograph mit 13.500 Euro preislich entsprechend höher angesetzt. Nichtsdestotrotz ist dieses Modell teurer als Zeniths El Primero Chronomaster selbst, was mir ungewöhnlich und nicht so ganz nachvollziehbar scheint. Zudem sorgt es für Verwirrung zwischen den verschiedenen Angeboten der LVMH Marken. Wir alle wissen, dass Dior in der Modewelt aufgrund seiner Position an der Spitze der Nahrungskette für seine exorbitanten Preise bekannt ist. Jedoch hat die Marke diese Position in der Uhrenwelt noch nicht etabliert und man kann davon ausgehen, dass diese Preisstrategie daher bislang nicht ihren gewünschten Effekt erzielt.
Fliegende Tourbillons
Die Aushängeschilder der neuen Dior Chiffre Rouge Modelle sind ganz klar die Armbanduhren mit dem fliegenden Tourbillon: die Tourbillon Black andRose Gold sowie die Tourbillon Rainbow-set.
Auch diese beiden 41-mm-Modelle bestehen aus einem Edelstahlgehäuse mit DLC-Beschichtung. Meiner Meinung nach ist das nicht die optimale Materialauswahl für eine so prestigeträchtige Uhr mit fliegendem Tourbillon, besonders mit einer in Regenbogenfarben besetzten Lünette. Auf der positiven Seite sind beide Modelle mit einem roségoldenen Stoßschutz versehen, der diesmal zu den Zeigern und Indizes passt. Hier erscheint die Optik in meinen Augen stimmiger.
Während sich auf dem schwarz-roségoldenen Modell eine passende DLC-beschichtete Stahllünette befindet, besitzt das Rainbow-set Modell erwartungsgemäß eine mit Edelsteinen besetzten Lünette, die ein regenbogenfarbenes Spektrum wiedergibt. Anstelle einfach nur verschiedenfarbige Saphire zu nutzen, setzt Dior auf eine breite Palette an Edelsteinen innerhalb des Farbspektrums, um sich von anderen regenbogenfarbenen Modellen abzuheben. Insgesamt haben die 60 Edelsteine, bestehend aus Saphiren, Amethysten, Rubinen und Turmalinen ein Gewicht von 2,87 Karat. Trotz dieser beeindruckenden Arbeit finde ich Regenbogenlünetten überbewertet und eine eher bequeme Entscheidung der Hersteller heutzutage, da das Risiko überschaubar ist, aufgrund ihrer Popularität. Für mich geht ein wenig der Zauber der Regenbogenlünette weg, da es nicht mehr so gewagt und riskant ist, wie es war, als Rolex die Farbkombination 2012 bei der Daytona einführte. Es wäre schön gewesen, eine andere Farbauswahl für die Baguette-Lünette zu sehen, um Dior aus der Masse herauszuheben.
Im Mittelpunkt steht das Automatikwerk CD.003 von La Fabrique du Temps mit seinem roségoldenen Mikrorotor bei 12 Uhr und einem Tourbillon, das sich einmal die Minute dreht, bei 6 Uhr. Der Tourbillonkäfig ist im gleichen Cannage-Stil wie das Zifferblatt strukturiert und so konzipiert, dass er sich in regelmäßigen Abständen während der Rotation mit diesem deckt. Die Brücke des Tourbillons ist im Verborgenen, was dem Tourbillon seine schwebende Optik und dadurch seinen Namen „fliegendes Tourbillon“ verleiht.
Das Uhrwerk arbeitet mit einer Frequenz von 4 Hz. Das ist zwar eine höhere Frequenz als bei anderen Armbanduhren mit Zeitanzeige und fliegendem Tourbillon, wie der Audemars Piguet ref. 26730, allerdings wirkt sich das nachteilig auf die Gangreserve mit nur 40 Stunden aus. Wie gelungen dieser besondere Kompromiss ist, ist vielleicht eher subjektiv und individuell vom Träger einzuschätzen. Mit diesem neuen Uhrwerk ist Dior erst das zweite Modehaus unter dem Dach von LVMH, dessen Uhrwerke in La Fabrique du Temps hergestellt werden. Das zeigt, dass die Marke zweifellos einen entscheidenden Schritt vorwärts macht, um die Qualität der von ihr verwendeten Uhrwerke zu verbessern und kompliziertere und exquisitere Uhren in ihr Sortiment aufzunehmen.
Beide Modelle sind jeweils auf nur 20 Stück limitiert. Dementsprechend sind sie samt Preis nicht auf der Website einsehbar. Zieht man aber alle Faktoren in Betracht, kann man von einer ziemlich hohen Summe ausgehen.
Was kommt als Nächstes?
Sicherlich haben diese Neuerungen zu einigen Verbesserungen in Diors Chiffre Rouge geführt, vor allem bei den Uhrwerken. Es ist auf jeden Fall ein großer Schritt in die richtige Richtung, wenn man in La Fabrique du Temps produzierte Kaliber mit hohen Frequenzen und Komplikationen nutzt. Nichtsdestotrotz lässt die gleichzeitige Verwendung von Einsteiger-Uhrwerken bei den Modellen mit Zeit- und Datumsanzeigen das Sortiment unstimmig wirken, auch wenn die verwendeten Sellita-Werke in der Uhrenindustrie durchaus geschätzt werden.
Es ist zwar deutlich zu erkennen, dass LVMH versucht, Diors Uhren durch technische Innovationen bei seinen höherpreisigen Modellen vom Modeuhren-Images zu befreien. Es gibt jedoch noch einiges zu tun, was das Design und die Produktidentität betrifft. Denn die Designelemente, die Finissage bei den Gehäusen und die Farb- und Materialkompositionen erinnern immer noch sehr an Modeuhren und ähneln weniger der hohen Uhrmacherkunst. Ein gutes Beispiel dafür ist die Nutzung von DLC-beschichtetem Stahl anstelle von etwa schwarzer Keramik, vor allem bei den Modellen mit fliegendem Tourbillon.
Welchen Plan verfolgt Dior langfristig? Uns scheint es, als würde der Marke noch eine richtige Strategie fehlen. Das Fashion Haus Louis Vuitton ist auch als Quereinsteiger in das mechanische Luxusuhrengeschäft eingestiegen, aber sie hatten von Anfang an eine Strategie und seit der Gründung der Uhrensparte im Jahr 2002 nicht nur kontinuierlich Uhren gebaut, sondern auch stetig an einer qualitativen Verbesserung gearbeitet. Mit CEO Jean Arnaud steht dazu inzwischen auch eine Person hinter der Marke, der eine unglaubliche Passion für Uhren hat, sowie grenzenlose Ideen. Aber wer verantwortet eigentlich die Uhrensparte von Dior?
Dior stieg 2004 in das Uhrengeschäft ein – mit El Primero Werken von Zenith, zog sich ein paar Jahre später wieder aus dem Geschäft zurück, kam wieder, verschwand wieder und feiert nun ein Comeback mit einem nicht ganz nachvollziehbaren Produktangebot. Günstige Sellita Werke für die Dreizeiger-Modelle, ikonische El Primero Werke für die Chronographen und Tourbillon Werke aus der High Watchmaking Schmiede La Fabrique du Temps. Aber warum gibt man nicht gleich die uhrmacherische Kompetenz in die Hände von Master Watchmaker Barbasini und Navas? Die Fabrique du Temps dienst ja wie ein Think Tank, in dem derzeit Uhrwerke für Louis Vuitton, Gerald Genta und Daniel Roth produziert werden. Warum also nicht auch für Dior?
Was hat LVMH also mit den Dior-Armbanduhren vor? Und wie geht es mit der Chiffre Rouge-Linie weiter? Vorerst bleiben sie in meinen Augen überteuerte Modeuhren.
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