Anlässlich der Watches & Wonders 2022 sprach Swisswatches mit Benjamin Comar, dem CEO von Piaget über ultraflache Uhren, über die Debatte um geschlechterspezifische Uhren und seine „COVID-19-Babys“.
Jeder von uns hat in seiner Kindheit irgendwann einmal einen Jahrmarkt oder Vergnügungspark besucht. Und viele von uns haben sich dort wahrscheinlich auch schon mal in ein Spiegelkabinett gewagt, in dem unsere Körper auf humorvolle Weise verformt werden und unsere Orientierung verrückt spielt. Der Stand von Piaget auf der diesjährigen Watches & Wonders erinnerte uns ein wenig zurück an unsere Kindheit. Doch im Gegensatz zu einem typischen, etwas, naja sagen wir vorsichtig in die Jahre gekommenen Jahrmarkt, sind die großen langen Spiegel auf dem Piaget-Stand in Gelbgold gerahmt und zaubern ein warmes, leuchtendes Strahlen in den Raum. Der Stand ist natürlich typisch für Piaget, denn wie die Produkte der Marke, soll auch er die Menschen verzaubern.
Der reflektierende Stand von Piaget auf der Watches & Wonders 2022
Wo Handwerkskünste miteinander verschmelzen
Piaget ist in erster Linie eine traditionsreiche Uhrenmanufaktur mit einer Geschichte, die bis ins Jahr 1874 zurückreicht. So nutzt das Uhrenhaus ihr handwerkliches Können und ihr Savoir-faire, um eine vielfältige Produktpalette zu schaffen, die Kunden aus dem gesamten Luxusspektrum anspricht. Neben Marken wie Cartier und Hermès ist Piaget aber nicht einfach nur eine Uhrenmanufaktur. Vielmehr konzentriert sich das Unternehmen gleichermaßen auf den Verkauf von Schmuck und Uhren. Die Schmucksparte ist seit ihrer Einführung im Jahr 1959, als sie auf dem ersten Salon Piaget vorgestellt wurde, zu einem immer wichtigeren Bestandteil des Unternehmens herangewachsen. Piaget verfügt über ein exzellentes Know-how in der Edelsteinfassung und Goldschmiedekunst, was ihnen erlaubt, mit die schönsten Schmuckuhren der Welt zu kreieren.
Die filigrane Limelight Gala High Jewellery Uhr
Dieser Hintergrund erklärt, warum die Manufaktur in der Lage ist, eine große Vielfallt an Modellen anzubieten. Von der immer beliebter werdenden Sportuhrenlinie Polo, die auf der Messe und darüber hinaus viele Blicke auf sich zieht, bis hin zur schillernden Limelight Gala High Jewellery, deren Gehäuse mit 71 Brillanten, 134 Baguette-Diamanten, 87 Marquise-Diamanten und einem Zifferblatt mit 190 Brillanten besetzt ist. Mit knapp 500 Diamanten auf einer einzigen (Quarz-) Uhr kann man durchaus behaupten, dass Piaget ganz genau weiß, was Luxus bedeutet.
Die Polo Date von Piaget in Schwarz erfreut sich großer Beliebtheit
Piaget-CEO Benjamin Comar
Aber lassen Sie uns nicht allzu weit abschweifen. Ich bin nämlich nicht nur am Piaget-Stand, um mir Uhren anzuschauen. Ich habe ein Treffen mit dem CEO der Manufaktur, Benjamin Comar. Comar, der im Juni letzten Jahres zu Piaget kam, ist ein überraschend gelassener Pariser mit einer ruhigen, freundlichen Ausstrahlung und der Fähigkeit, das Leben – und auch meine Fragen – mit dem gewissen Laissez-faire anzugehen. Seine berufliche Laufbahn ist abwechslungsreich und beeindruckend zugleich: Comar war 12 Jahre lang Marketingleiter bei Cartier, bevor er vorübergehend außerhalb der Richemont Gruppe tätig war, um die Leitung der Juwelierabteilung von Chanel zu übernehmen. In diesem Sinne scheint der CEO bestens für die Aufgaben im hybriden Uhren- und Schmuckhaus Piaget gerüstet zu sein. Ich bin gespannt, wie ihm seine bemerkenswerte Karriere in seiner neuen Position bei Piaget zugutekommt, und beginne unser Gespräch damit, genau das herauszufinden.
Am Ruder: Benjamin Comar, CEO von Piaget
Ihr beruflicher Werdegang, bevor Sie CEO wurden, ist für das Wissen, das Sie bei Piaget einbringen können, von großer Bedeutung. Haben Sie sich von Ihren früheren Positionen bei Cartier und Chanel inspirieren lassen?
Nicht wirklich – ich denke, es ist ein ganz anderes Spiel. Es ist ja auch ein anderes Unternehmen. Natürlich gibt es einige ähnliche Herausforderungen, aber die Lösungen sind nie dieselben. Auf jeden Fall ist es ein sehr starkes Team, das wir hier bei Piaget haben. Als ich bei Piaget ankam und das Unternehmen näher kennenlernte, fühlte ich mich mit der Idee von Piaget, „immer etwas besser als eigentlich notwendig zu sein“, sehr verbunden. Das hat mich sehr berührt.
Sie sind jetzt seit neun Monaten hier – wie ist Ihr erstes Jahr verlaufen?
Ich habe die kurze Zeit schon jetzt sehr genießen können. Ich habe festgestellt, wie viel Potential in diesem Unternehmen mit seinen großen Talenten, großartigen Teams und großem Kampfgeist steckt. Ich bin zu einem interessanten Zeitpunkt in das Unternehmen gekommen, nämlich mitten in der COVID-19 Pandemie – die Uhren, die Sie auf der Messe sehen, sind also im Wesentlichen meine COVID-Babys.
Eines der „COVID-Babys“ von Comar: eine komplexe Polo Uhr, die 2022 auf den Markt kam
Sie müssen ein stolzer Vater sein! Wenn Sie an die Uhren denken, die Sie in Ihrer bisherigen Zeit bei Piaget geschaffen haben: Haben Sie über das Vermächtnis nachgedacht, das Sie im Unternehmen hinterlassen wollen?
Ich als Person muss kein Vermächtnis hinterlassen. Dafür bin ich nicht hier. Ich bin hier, um die Marke voranzubringen und daran zu arbeiten, das Erbe von Piaget weiter auszubauen. Dieses Uhrenhaus verfügt über ein so wunderbares Erbe und ein ebenso wunderbares Team und Know-how, und ich möchte all diesen Aspekten mehr Aufmerksamkeit schenken, um auch die Bekanntheit zu steigern. Wir haben die Chance, eine der wenigen Marken zu sein, die eine Brücke zwischen der Herstellung von Uhren und Schmuck schlagen.
Interessanter Punkt. Wenn es um Uhren und Schmuck geht, konzentriert sich Piaget auf beides gleichermaßen. Haben Sie vor, in Zukunft das eine mehr zu fördern als das andere?
Nein. Ich bin ein großer Fan des Gleichgewichts; ich mag es, auf zwei Beinen zu laufen! [Lacht] Aber im Ernst: Wir sind natürlich eine Uhrenmanufaktur, aber wir machen seit 1959 auch Schmuck und wollen das auch zeigen. Manchmal geht es dem einen Markt besser als dem anderen, aber so ist das eben manchmal. Dennoch ist die richtige Balance ist sehr wichtig.
All in: eine Ohrmanschette von Piaget mit Diamanten und einer Reihe äußerst seltener Edelsteine.
Wie sehr sind die Abteilungen Uhren und Schmuck miteinander verflochten?
Kreation, Marketing, Entwicklung, Herstellung, Verkauf – alles findet am selben Ort und in denselben Räumlichkeiten statt. Wir machen Uhren und Schmuck in Plan-les-Ouates, während die Uhrwerke in La Côte-aux-Fées hergestellt werden. Das war’s. Wir wollen immer so viel wie möglich miteinander in Einklang bringen, um unseren Kunden eine einzigartige Positionierung zu bieten.
Um auf die Idee des Gleichgewichts zurückzukommen – wie halten Sie die Produktion von Damen- und Herrenuhren im Gleichgewicht?
Um ehrlich zu sein, das variiert. Bei einigen Uhren wie der Polo Skeleton ist es auch schwer zu sagen, ob eine Frau sie für sich selbst oder für jemand anderen kauft und umgekehrt. Daher ist es wirklich schwierig, Statistiken über das Geschlecht und die Kunden zu erstellen. Wir haben auf jeden Fall Unisex-Modelle, wobei Frauen sich eher an maskulinen Modellen erfreuen und Männer sich immer häufiger für Schmuckuhren entscheiden.
Unsere Polo Kollektion ist heute eine Art Fusionskollektion, bei der sich sowohl Frauen als auch Männer für Stahl oder Gold entscheiden. Die Piaget Polo ist interessant, denn sie ist unsere legerste Uhr, die 1979 in zwei Versionen auf den Markt kam. Sie war die erste sportlich-schicke Uhr, die Piaget lancierte, und es gab sie in zwei Größen: eine für Herren und eine für Damen. Heute ist das anders: Die neue Version mit einem Durchmesser von 36 mm, die wir letztes Jahr auf den Markt gebracht haben, zeigt, wie sehr sie sich seit ihrer Einführung zu einem Unisex-Modell entwickelt hat. Natürlich gibt es bei Piaget auch noch andere Modelle, die nicht gerade genderneutral sind, wie die sehr feminine Limelight Gala.
Der Polo Date 36 erweist sich als Unisex-Favorit
Sprechen wir über die ultraflachen Uhren mit ihren hervorragenden Uhrwerken wie dem Kaliber 9P, das gerade einmal 2 mm flach ist. Wie schaffen Sie es, der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein? Betrachten Sie Marken wie Bulgari als Konkurrenten in diesem Spezialgebiet?
Nun, Bulgari hat einen anderen Weg eingeschlagen. Auch Piaget macht schon seit Jahren ultraflache Uhren. Und wir sind sehr froh, dass es Leute gibt, die sich dafür interessieren. Vor zehn Jahren ging der Trend ja noch zu besonders dicken Uhren. Im Grunde sind wir von 4 cm zu 4 mm übergegangen! Wir freuen uns wirklich sehr, dass sich der Trend in Richtung sehr flache Uhren entwickelt, und wir machen uns keine großen Sorgen wegen der Konkurrenz. Schließlich ist Wettbewerb eine Herausforderung, und das kann nur gut sein.
Die ultraflache Piaget Altiplano Ultimate Concept Uhr
Können Sie uns abschließend sagen, was Ihrer Meinung nach die Menschen besonders an Piaget reizt? Was wollen die Kunden mitnehmen – metaphorisch, physisch oder anderweitig?
Wir sind eine fröhliche, lebensfrohe Marke und es geht darum, schöne Momente zu zelebrieren; ich würde sagen, wir sind ein Unternehmen, in dem man sich wohlfühlt. Natürlich war es in letzter Zeit mit COVID-19 etwas seltsam, aber unser Unternehmen strahlt wirklich dieses Gefühl von Zusammengehörigkeit und Geselligkeit aus, und wir versuchen, dieses Gefühl mit unseren Kunden zu teilen, wenn sie unsere Boutiquen besuchen. Für mich ist Piaget eine Marke, die lächelt und strahlt.