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Das Uhrenjahr 2022 – neue Modelle, neue Hoffnungen

Das Uhrenjahr 2022 – neue Modelle, neue Hoffnungen

Swisswatches-Kolumne-mit-Alexander-und-Philippe-Deutsch
7. Februar 2022

Sie lieben Zeitmesser und machen daraus kein Geheimnis: Unsere Horologie-Fachsimpler Philippe und Alexander im Gespräch.


Alexander: Zenith hat mit der Defy Skyline eine ziemlich großartige Variante einer Dreizeigeruhr mit Metallarmband vorgestellt, und Hublot hat mit der 40-Millimeter Big Bang Integral die zur Marke passende Version einer Dreizeigeruhr mit Metallarmband präsentiert – die ersten Neuheiten von 2022 setzen ziemlich genau da an, wo die Einstellung der Nautilus Referenz 5711 von Patek Philippe die Uhrenkäufer hingetrieben hat: Nautilus-los, und mit einem Riesenbegehren nach dieser Art Zeitmesser.

Philippe: Absolut, und als wäre die Einstellung der 5711 für viele nicht schon schlimm genug, nun hat es auch noch die 5990 erwischt. Auf dem Pre-Owned-Uhrenmarkt explodieren die Preise weiterhin, und ich selber bin ziemlich sicher, dass dieses Jahr vieles passieren kann – dass wir aber nicht schon mit dem Nachfolger der 5711 rechnen sollten.

Alexander: Nicht dass Patek Philippe da große Rücksicht nehmen müsste oder würde, aber: 2022 bekommt ja auch Audemars Piguet mit dem 50-jährigen Jubiläum der Royal Oak und dem damit verbundenen Neuheiten-Feuerwerk einen Großteil der Aufmerksamkeit von Sammlern, die nach beiden Uhren verrückt sind.

Philippe: Davon abgesehen braucht Patek Philippe ja auch nicht die 5711 oder deren Nachfolgerin. Zumindest nicht sofort und auf der Stelle! Schließlich ist es nicht so, dass in der Manufaktur deswegen nun weniger Uhren produziert werden und der Umsatz sinkt. Die Kapazitäten werden einfach anders verteilt. Und für den Mythos Nautilus ist die Pause vermutlich sogar gut.

Alexander: Worauf hoffst Du denn bei Patek Philippe in diesem Jahr?

Philippe: Nun ja, einen Ersatz für die 5990 fände ich persönlich toll. Einfach deshalb, weil ich den Komplikationen-Mix eines Chronograph mit zweiter Zeitzone spannender finde als eine Dreizeigeruhr. Davon losgelöst: Nachdem man sich von gleich vier Exemplaren mit Weltzeit-Komplikation gelöst hat ist hier auf Ersatz zu hoffen. Ähnliches gilt für die Jahreskalender.

Alexander: Genau, darauf warte ich ja eigentlich schon seit dem letzten Jahr. Damals hat man die Referenz 5146 komplett auslaufen lassen, und nun sind fast alle 5205 dran – was mit Blick auf die vielen Jahre, die es die Referenz bereits gibt auch durchaus nachvollziehbar wäre. Gleichzeitig sind Jahreskalender typisch Patek Philippe, und 1996 hat man den ersten präsentiert. Da hätte ich einiges auf eine Neuheit zum 25-jährigen Jubiläum im letzten Jahr gewettet. Und offensichtlich verloren… Aber eigentlich müsste nun dieses Jahr etwas Neues in dieser Art kommen kommen, zumal Jahreskalender letztlich auch den preislichen Einstieg in die Welt der Komplizierten Uhren bei Patek Philippe darstellen.

Philippe: Ja, da sind wir uns glaube ich einig: Nachdem im vergangenen Jahr vor allem Grande Complications neu vorgestellt wurden könnte es in diesem Jahr bei Patek Philippe vor allem um die etwas gängigeren Modellreihen gehen. Insgesamt wird das sehr spannend, denn die aktuelle Designsprache, die auch die letzten neuen Referenzen schon geprägt hat, gefällt mir ausgesprochen gut. Sie ist respektvoll gegenüber der Vergangenheit, und wagt zugleich neues. Richtig cool fände ich übrigens auch, wenn es mehr Frauen-Uhren ohne Diamanten gäbe. Denn nicht jede Frau will 24/7 mit Edelsteinen am Handgelenk rumlaufen, da muss man schon der Typ für sein.

Alexander: Absolut. Bevor nun aber der fälschliche Eindruck entsteht wir würden uns einzig und allein über Patek Philippe Gedanken machen: Gibt es auch bei den anderen Marken für Dich Hoffnungen oder Spekulationen?

Philippe: Bei Rolex zum Beispiel?

Alexander: Warum nicht, da wird auch jedes Jahr mutig spekuliert und am Ende kommt alles anders als es die Sammler-Community sich erhofft und erspinnt.

Philippe: Stimmt, auf die Neuauflage der Coke-GMT warten viele ja schon seit Jahren. Wenn wir uns aber schon in diese Richtung bewegen: Ich persönlich fände eine aktuelle Variante der Blueberry-GMT gigantisch. Da es aber schon eine weißgoldene Submariner mit blauer Lünette gibt wird das vermutlich nicht so schnell passieren. Eher wird man sich der Milgauss-Reihe widmen – die ist schon lange nicht mehr angefasst worden. Oder der Cellini-Kollektion mehr Aufmerksamkeit verschaffen.

Alexander: Was sie mit Sicherheit auch verdient hätte. Aber so gut die Uhren sind, so groß ist im Moment die Begehrlichkeit nach Sportmodellen. In dieser Stimmungslage wird Rolex da glaube ich kaum versuchen diesen Kraftakt zu wagen.

Philippe: Was hältst Du denn 2022 für möglich?

Alexander: Ich spekuliere zwar für mein Leben gern über Rolex und Patek Philippe, die Vergangenheit hat mich aber gelehrt, dass diese beiden immer maximal unberechenbar sind. Kommt der Patek-Chronograph 5172 in einem anderen Metall als Weißgold? An der Zeit wäre es. Bringt Rolex eine rundum neue, größere Daytona? Ich bezweifle es. Ganz grundsätzlich hoffe ich aber darauf, dass sich der Hype um grüne Zifferblätter wieder etwas legt. Die sind mir inzwischen zu allgegenwärtig. Wenn ich mir wiederum eine Uhrenneuheit ganz egoistisch wünschen dürfte, dann wäre die von IWC: Die Top-Gun-Mojave-Desert-Modelle in sandfarbener Keramik sind ja seit der ersten Limited Edition von 2019 ein großer Erfolg, es gab sie bislang aber immer nur in üppigeren Gehäusegrößen. Einen 41-Millimeter-Mojave-Desert-Flieger-Chronograph fände ich darum gigantisch. Und in Anbetracht der Tatsachen, dass IWC im vergangenen Jahr schon die Big Pilot in einer kleineren Variante rausgebracht hat, und dass es einen 42-Millimeter-Chrono gibt, halte ich den Gedanken auch für gar nicht so ausgeschlossen.

Philippe: Absolut, Ceratanium hat IWC ja auch zunächst für den großen Doppelchronographen genutzt, und dann im vergangen Jahr für die limitierte „Tribute to 3705“ mit 41 Millimetern. Ich selber bin aber vermutlich am meisten darauf gespannt, was die kleineren Marken uns zeigen werden. Es ist schließlich die Zeit von Patek Philippe, Audemars Piguet, Rolex – und den Independents. Du magst Ressence sehr, ich bin ein großer Bewunderer von MB&F, und alles was aus dieser Richtung kommt ist oft am allerspannendesten. Was wird zum Beispiel nun aus HYT, das im letzten Jahr bankrott war, nun aber neue Unterstützer gefunden hat, und nun unter Führung von Davide Cerrato eine erste Neuheit präsentiert hat? Außerdem feiert MB&F sein 15-jähriges Bestehen, dazu haben sie jetzt schon ein sehr eindrucksvolles Buch vorgestellt, das ich mir gleich bestellt habe.

Alexander: Es gibt ja ohnehin eine Menge Jubiläen und bemerkenswerte „Geburtstage“, die sich 2022 sicherlich auch mit neuen Modellen bemerkbar machen werden: Chopard feiert 25 Jahre L.U.C., bei Breitling sind es 70 Jahre Navitimer, die Constellation von Omega gibt es nun auch schon 70 Jahre, und um zu Patek Philippe zurück zu kommen: Die Aquanaut wird 25 und die Calatrava sogar 90. Da gibt es einiges zu verfolgen und beobachten.

Philippe: Und mehr als genug Gesprächsstoff für nächstes Mal!