Eine Sache vorweg: Das allgemeine Image von der Schweizer Uhrenmarke Blancpain könnte nicht gegensätzlicher sein. Der Laie würde Blancpain vermutlich niemals mit Sportuhren in Verbindung bringen, für den Kenner hingegen ist die ‚Fifty Fathoms‘ ein Inbegriff der modernen Taucheruhr. An dieser Stelle werden einige ungläubig die Stirn runzeln. Dabei war alles einem Zufall geschuldet, als die französische Marine in der Mitte des letzten Jahrhunderts Toolwatches für ihre Einsätze suchte. Und Blancpain war plötzlich bei den Militärs weltweit so beliebt, dass später sogar auch Fliegeruhren produziert wurden. Die Schweizer Uhrenspezialisten lancieren nun zwei limitierte Neuauflagen dieser Ikonen und stellen damit ihre Kompetenz in diesem Segment weiter unter Beweis. Aber wie entstand der Hype um die Toolwatches von Blancpain überhaupt?
Toolwatches von Blancpain – Air Command und Fifty Fathoms
Fifty Fathoms oder 91.45 Meter
Ein gewisser Captain Robert Maloubier und sein Kollege Lieutenant Claude Riffaud gründeten in den 1950er Jahren die Kampfschwimmer Einheit „Nageurs de Combat“. Ihre oberste Priorität war, die Elite-Einheiten mit dem bestmöglichen Equipment auszustatten – dazu gehörte auch eine robuste und zuverlässige Uhr. Sie traten mit dem damaligen Blancpain CEO Jean-Jacques Fiechter in Kontakt, der selber ein begnadeter Taucher war. Er brachte also das gewisse Grundverständnis mit und hatte den großen Vorteil, ihnen eine Uhr zu liefern, die eine einseitig drehbare Lünette besaß, die sich nur verstellen ließ, indem man sie herunterdrückte. Das war die Geburtsstunde der ‚Fifty Fathoms‘ (Fünfzig Faden wasserdichte, also 91.45 Meter).
Fifty Fathoms steht für eine Wasserdichte von 91.45 Metern
Die Geschichte von wasserdichten Uhren ist allerdings schon wesentlich älter. Alcide Droz produzierte im Jahr 1884 die erste wasserdichte Taschenuhr – Rolex hatte es 1927 geschafft, die erste Armbanduhr dauerhaft vor Wassereintritt zu schützen, indem das Gehäuse hermetisch abgedichtet wurde. Aber Blancpain hat gewiss einen großen Beitrag zu den modernen Taucheruhren geleistet und war im Jahr 1953 vermutlich auch der erste Hersteller mit dieser neuen Drehring-Technik. In den Folgejahren stattete Blancpain auch die Elite-Einheiten der US Navy aus – doch nur ein Modell wurde tatsächlich auch für den zivilen Gebrauch produziert: es war die Fifty Fathoms Barakuda, die in den 1960er Jahren für die Bundesmarine konzipiert wurde und dieses Jahr ein glanzvolles Revival erfährt.
In den 1960er Jahren für die Bundesmarine entwickelt – die Fifty Fathoms Barakuda
Fifty Fathoms Barakuda
In der Zeit von 1953 bis etwa 1976 wurden unzählige verschiedene Varianten der ‚Fifty Fathoms‘ produziert. Die Barakuda hatte aber einen ganz eigenen Stil und unterschied sich hauptsächlich durch die zweifarbigen, rechteckigen Indexe von den anderen Modellen. Der Name der Uhr stammt von dem deutschen Unternehmen namens ‚Barakuda‘, welches auf die Herstellung und den Vertrieb von technischer Tauchausrüstung spezialisiert war und in den 1960er Jahren die Uhren an die Bundesmarine vermittelte.
Die zweifarbigen, rechteckigen Indexe sind unverwechselbare Merkmale der Fifty Fathoms Barakuda
Bei der neuen Interpretation der Fifty Fathoms Barakuda wurden – zumindest auf der Zifferblattseite – die meisten Features des Originals sorgsam übernommen: Die zweifarbigen, rechteckigen Indexe, die weiß bemalten Leuchtzeiger und die markante Datumsanzeige bei 3 Uhr. Um die Leuchtmasse möglichst authentisch zu reproduzieren, ohne dabei aber das gefährliche Radium zu verwenden, wurde eine besondere Super-LumiNova namens ‚Old Radium‘ aufgetragen. Anders als beim Original, zeigt die moderne Fifty Fathoms Barakuda ein wunderschön dekoriertes Werk, das durch den offenen Saphirglasboden sichtbar wird: mit Genfer Streifen auf der Hauptplatine und einem geschlitzten Aufzugrotor aus geschwärztem Gold. Das Doppelfederhauskaliber 1151 bietet eine gewaltige Gangreserve von rund 100 Stunden.
Das Doppelfederhauskaliber 1151 bietet eine Gangreserve von rund 100 Stunden
Eingefleischte ‚Fifty Fathoms‘ Fans erkennen das Model schon an der Beschaffenheit der Lünette. Für den sonderbaren Glanz sorgte in den 1950er Jahren noch ein Überzug aus Epoxydharz. Seit 2003 kommt bei Blancpain eine Einlage aus bombiertem und kratzfestem Saphirglas zum Einsatz, in dem Jahr, als die ‚Fifty Fathoms‘ ihr Comeback feierte. Die neue Fifty Fathoms Barakuda wird an einem Kautschukband ‚Tropic‘ getragen und ist auf 500 Stück limitiert.
Blancpain Fifty Fathoms Barakuda Limited Edition (500 Stück)
Auch im Cockpit trug man Blancpain
Nach dem militärischen Erfolg der ‚Fifty Fathoms‘ Toolwatch, fragte das französische Verteidigungsministerium bei Blancpain einen Chronographen für ihre Piloten an. Die Anforderungen: schwarzes Zifferblatt, lumineszierende Indexe und Zeiger, gezahnte Countdown-Lünette, Flyback-Funktion (um im Einsatz schnell und unkompliziert neue Zählvorgänge auslösen zu können) und eine Kleine Sekunde. Somit wurde die ‚Air Command‘ konzipiert und schon bald flogen auch die amerikanischen Kollegen der US Air Force mit den Hochleistungschronographen aus Le Brassus.
Pilotenuhren von Blancpain – Air Command Flyback Chronograph Limited Edition
Eine Neuauflage ist nun dieser äußerst seltenen ‚Air Command‘ aus den 1950er Jahren gewidmet. Nur wenige Stück wurden damals produziert, die sich dementsprechend bei Auktionen eher schüchtern zeigen. Immerhin können nun 500 weitere Retro-Fliegeruhren-Fans ein Teil der Historie werden, denn so viele ‚Air Command‘ Nachbauten lanciert Blancpain in diesem Jahr. Ob sie den Anforderungen der Vintageuhren-Nostalgiker gerecht wird, wird sich zeigen. Zumindest erfüllt sie die meisten Designcodes, die schon das Militär bei der Erstauflage als Bedingung stellte. Die Ziffern sind in der neuen Ausführung etwas größer geworden und auch sonst wurde dem Zifferblatt etwas mehr Platz gespendet.
Air Command Flyback Chronograph Limited Edition (500 Stück)
Eine Tachometerskala rund um den Stundenkreis informiert auch nach wie vor bei Bedarf über die jeweilige Geschwindigkeit auf Basis einer Strecke von 1000 Metern. Beeindruckend und gar nicht Vintage ist das neue Kaliber F388B mit einer hohen Frequenz von 5Hz. Das sorgt für ein reibungsloses Stoppen in Zehntelsekunden-Schritten. Eine vertikale Kupplung und Säulenrad sorgen dafür, dass der Sekundenzeiger des Chronos beim Start nicht ruckelt, sondern gleichmäßig läuft und augenblicklich stoppt. Im Profil betrachtet kommt das leicht gewölbte Saphirglas zum Ausdruck.
Das Kaliber F388B wird von einer Propeller-Schwungmasse angetrieben
Anders als beim Original, befindet sich bei 9 Uhr allerdings ein 12-Stunden-Zähler, anstelle einer Kleinen Sekunde. Wen es aber stört, keine laufende Sekunde in seinem Chronographen zu haben, der kann dank des Säulenrads problemlos den Sekundenzeiger für die Stoppfunktion durchlaufen lassen. Beim neuen Air Command Flyback Chronograph treibt ein Propeller den Motor der Uhr an. Allerdings ganz CO2 neutral ohne Sprit, sondern durch reine Menschenkraft als emblematischer Ersatz für die gängige Schwungmasse. Das Design wird sicherlich für Gesprächsstoff sorgen.
Air Command Flyback Chronograph Limited Edition
Moderne Toolwatches – Von Zeitmessern zu Zeitzeugen
Mit den zunehmenden militärischen Einsätzen auch unter Wasser hatten wasserdichte Uhren in den 1950er Jahren plötzlich eine Sinnhaftigkeit bekommen. Als die wasserdichte Uhr 1927 erstmals auf den Markt kam, hielten sie nämlich viele noch für eine Modetorheit oder einen Werbegag. Schließlich war es nicht unbedingt notwendig, beim Baden eine Uhr zu tragen. Durch die Digitalisierung befinden wir uns nun wieder an demselben Punkt. Piloten und Kampfschwimmer verlassen sich heute lieber auf ihre hochmodernen Instrumente. Blancpain produziert keine Toolwatches mehr für das Militär, sondern für Uhrenliebhaber genau der Zeitmesser, die zu Zeitzeugen wurden und die Uhrengeschichte entscheidend geprägt haben. Der Preis der neuen Fifty Fathoms Barakuda beträgt 13.070 Euro. Die neue Air Command kostet 18.310 Euro und beide Editionen sind limitiert auf 500 Stück.
Zeitmesser, die zu Zeitzeugen wurden