Ein Besuch im Museum ist eine schöne und beliebte Art und Weise, sein Wochenende zu verbringen. Ein Ort, an den man die Kinder mitnehmen kann, an dem man Schlüsselmomente der Geschichte studieren und in alles eintauchen kann, von Porträts im Louvre bis zu mumifizierten Priestern im British Museum. Das Patek Philippe Museum in Genf zieht hingegen ein ganz anderes Publikum an. Seit seiner Eröffnung im Jahr 2001 hat das Museum unzählige Besucher angelockt. Allein im Jahr 2022 zählte das Museum 64.000 Besucher, ein Rekord. Das imposante Gebäude aus dem 20. Jahrhundert in der Rue des Vieux-Grenadiers, in dem Patek Philippe früher Gehäuse, Armbänder und Ketten herstellte, zieht leidenschaftliche Sammler und Menschen an, die mehr über die Geschichte der Schweizer Uhrmacherei seit ihrer Entstehung im 16. Jahrhundert erfahren wollen.
Patek Philippe Museum, Genf
Das Patek Philippe Museum beherbergt eine der renommiertesten uhrmacherischen Sammlungen der Welt. Gegründet wurde es von Philippe Stern, der selbst eine Ikone der Uhrmacherei und des Unternehmertums ist. Dabei stammen die Objekte des Museums keineswegs ausschließlich aus der Schmiede der 1839 gegründeten Firma Patek Philippe. Vielmehr zeichnen die 2.500 Zeitmesser, Automaten, Porträtminiaturen auf Emaille und über 8.000 Bücher ein Bild von fünf Jahrhunderten spektakulärer Uhrmacherkunst und erstaunlicher Innovation. Kein Wunder also, dass wir von diesem Mekka der mechanischen Kreationen angezogen wurden. Wir sind von München nach Genf gereist, um das Museum zu besichtigen und uns mit dem Direktor des Patek Philippe Museums, Peter Frieß, zu treffen, der das Museum seit 2014 leitet.
Die Breguet Sympathique
Dr. Peter Frieß, Conservateur des Museums
Nach seiner Promotion in Kunstgeschichte an der weltberühmten Ludwig-Maximilians-Universität München war Frieß Gründungsdirektor des Deutschen Museums Bonn. Anschließend leistete er in seiner Position als Präsident des Tech Museums in San José, Kalifornien, eine transformative Arbeit. Heute lebt Frieß in Genf und arbeitet als Uhrmachermeister, Restaurator, Direktor und Kurator – sowie als enger Vertrauter von Philippe Stern. Im Namen des Museums nimmt er oft an Auktionen teil und ist die treibende Kraft hinter dem anhaltenden Erfolg des Museums.
Peter Frieß: Seit 2014 Direktor des Patek Philippe Museums
Für Besucher ist das Fotografieren im Patek Philippe Museum strengstens untersagt. Die Adleraugen des Sicherheitspersonals verfolgen jeden Schritt, und wer unerlaubt Fotos macht, wird umgehend aufgefordert, diese zu löschen. Als Journalisten hatten wir jedoch die Möglichkeit, unseren Ausflug ausführlich zu dokumentieren. Dabei konnten wir von dem Mann lernen, der (abgesehen von Philippe Stern selbst) mehr über dieses außergewöhnliche Museum weiß als jeder andere.
Das Innere des Patek Philippe Museums
Das Interieur des ehemaligen Industriegebäudes strahlt eine erstaunliche Wärme aus. Geschwungene Geländer aus dunklem Holz führen spiralförmig die vier Stockwerke hinunter, während tiefgrüne gemusterte Teppiche die Geräusche der murmelnden Besucher absorbieren und eine Kirchenstille erschaffen. Diese sinnliche Atmosphäre ist das Werk der Ehefrau von Philippe Stern. Sie hat die Raumgestaltung persönlich beaufsichtigt, um dem Museum die Wärme und Intimität eines Privathauses zu verleihen.
Das Museum ist in zwei Hauptsammlungen unterteilt: die Antiquitätensammlung und die Patek Philippe Sammlung. Diese ist wiederum in zwanzig Themenbereiche gegliedert. Die Antiquitätensammlung beherbergt eine Reihe historischer Uhren und Emaille-Arbeiten aus dem 16. bis frühen 19. Jahrhundert, die sowohl aus der Schweiz als auch aus den europäischen Nachbarländern stammen. Derweil erzählt die Patek Philippe Sammlung die mehr als 175 Jahre lange Geschichte der Uhrenmanufaktur.
Werkstattbereich des Museums: ein Uhrmacher sitzt bei der Arbeit
Im Foyer des Museums betritt der Besucher, wie wir mit einem Schmunzeln feststellen, eine Art Uhrmacherzoo. Ein Uhrmacher sitzt in einem hölzernen Abteil und ist mit verschiedenen Restaurierungsarbeiten beschäftigt, ohne das Publikum auf der anderen Seite der Glasscheibe zu bemerken. Der Rest des Raumes ist mit alten Werkbänken und großen, klobigen Eisenwerkzeugen gefüllt. Diese veranschaulichen die Bedeutung der traditionellen Handwerkskunst in der altehrwürdigen Manufaktur von Patek Philippe, die zu Beginn der europäischen industriellen Revolution gegründet wurde.
Der ehemalige Schreibtisch von Henri Stern
Die Bibliothek
Unser Rundgang mit Frieß beginnt in der obersten Etage, im prestigeträchtigsten Raum einer großen Residenz: der Bibliothek. Sie beherbergt das historische Archiv von Patek Philippe mit über 8.000 Büchern und Manuskripten, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. Noch heute ist das Archiv ein Referenzpunkt für Spezialisten, die nur nach vorheriger Anmeldung Zutritt erhalten. Die Bibliothek, so teilt Frieß stolz mit, verfügt über eine der besten uhrmacherischen Büchersammlungen der Welt.
Emaillemalerei
Inmitten der dicht gedrängten Bücherregale befinden sich mehrere Vitrinen, in denen Porträts und Schnupftabakdosen in Miniaturmalerei auf Emaille ausgestellt sind. Die Emaillemalerei ist eine bedeutende Kunstform, die in der Uhrenindustrie bis heute großes Ansehen genießt. Sie wurde um 1620 in der Werkstatt von Jean Toutin in der französischen Stadt Blois entwickelt und wird von den Schweizer Manufakturen nur für besonders exklusive Stücke verwendet. Einige dieser Gemälde im Museum, informiert uns Frieß, sind eine frühe Form von Passbildern aus dem 17. Jahrhundert. Damals ließen sich Könige malen, damit ihr Bild an andere Königshäuser weitergegeben werden konnte. Frieß zeigt auf das Abbild eines Königs mit einer dunklen Haarpracht, die aus dem Bild herauszuragen scheint: „Da ist eines von König Ludwig XIV, dem Sonnenkönig.“
Aber warum stehen diese bemalten Schnupftabakdosen im Patek Philippe Museum? Mit Uhren haben sie doch wohl eher wenig zu tun. „Als Antoni Patek [der polnische Einwanderer, der später das Unternehmen gründete] nach Genf kam, interessierte er sich zunächst nicht für Uhren“, erklärt Frieß. „Vielmehr ließ er sich bei einem der bedeutendsten Genfer Maler, Jean Baptiste Arthur Calame, ausbilden. Calame war ein Landschaftsmaler, dessen Bilder bei Bonhams immer noch mehrere tausend Euro erzielen. Er hatte einen besonderen Sinn für Kunst und übertrug diesen auf Uhren. Frühe Gemälde von Calame finden sich auf einer Reihe von Taschenuhren wieder. Das Motto von Antoni Patek wie auch von Adrien Philippe [Mitbegründer von Patek] war immer, die besten Uhren zu bauen, die präzisesten Uhren – aber auch die schönsten.“
Dieses Emailgemälde basiert auf dem berühmten Gemälde von Alexandre Calame (Vater von Jean Baptiste Arthur Calame): Orage à la Handeck (1839), das 1839 mit großem Erfolg in Genf ausgestellt wurde. Im selben Jahr wurde es auf dem Pariser Salon mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Heute befindet sich das Gemälde in der Sammlung des Musée d’Arts et d’Histoire in Genf.
Europa: Der Mittelpunkt der Uhrmacherei
Während wir durch die Bibliothek schlendern, betont Frieß die Bedeutung Europas für die Geschichte der Zeitmessung. „Europa ist der Kontinent der Zeitmessung“, erklärt er. „Nirgendwo sonst hat sich die Forschung und Entwicklung der Zeitmessung so über einen ganzen Kontinent ausgebreitet. Es ist ein ständiges Wechselspiel zwischen Wissenschaft und Handwerk. Handwerker sind diejenigen, die Alltagsgegenstände herstellen. Wissenschaftler sind diejenigen, die unser Wissen erweitern. Das führt zu neuen Möglichkeiten für Uhren und deren Genauigkeit. Tatsächlich begann man im 13. und 14. Jahrhundert in Europa damit, die Uhrmacherei zur Regulierung der Gemeinschaft in den Städten einzusetzen und ein Gefühl von Ordnung zu schaffen. Italienische Städte wie Pisa wurden zu Gemeinwesen, die durch Mauern und einen Uhrenturm abgeschottet waren. Interessanterweise gehörten diese Glockentürme nicht zu den Kirchen, sondern zur Stadt selbst.“
Credit © XAVIER PHOTOGRAPHY
Diese Glockentürme regelten den gesamten Alltag der Bürger. Wer in Hörweite der Glocken lebte, musste Steuern zahlen. Später wurden diese von Hand geläuteten Glocken durch von Schmieden hergestellte Mechanismen ersetzt, die den heutigen Uhren sehr ähnlich sind. Im 15. Jahrhundert hatten die Uhrwerke auch Zeiger. Unser Museumsführer fasst zusammen, „Somit ging Europa dazu über, die Zeit nicht nur akustisch, sondern auch optisch anzuzeigen“. Es ist dieses profunde historische Wissen, das Frieß für das Patek Philippe Museum so bedeutend macht.
Die Antikensammlung (1500er bis Mitte 1800er)
Wir gehen hinunter in den zweiten Stock, wo sich die Antikensammlung des Museums befindet, die vom sechzehnten bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts reicht. Frieß zeigt auf ein Paar kleiner Uhren. „Dies sind zwei der acht ältesten noch erhaltenen Uhren der Welt.“ Tragbare Uhren wie diese stammen höchstwahrscheinlich aus der deutschen Stadt Nürnberg um 1500. Im Jahr 1511 wurde der Uhrmacher Peter Henlein als „nahezu einer der Ersten, die entdeckten, wie man kleine Uhren in Kästen platziert“ bezeichnet. Doch vermutlich schuf der Nürnberger Uhrmacher Caspar Werner um 1530 dieses besondere Uhrenpaar im Patek Philippe Museum. Die Uhrwerke sind aus dem typischen Material der damaligen Zeit gefertigt: Eisen. Etwa zwei Jahrzehnte später, als die ersten Uhrmacherzünfte in Europa gegründet wurden, gingen die Uhrmacher zu Messing über. Danach begannen sie eine Kombination aus Messing und Stahl zu nutzen. Dadurch erzielte man eine bessere Reibung als mit zwei gleichen Metallen.
Pendeluhr, Nürnberg, 1548, Werk Caspar Werner zugeschrieben (Inventar S-892)
Wir gehen weiter und bewundern zahlreiche antike Wunderwerke der Uhrmacherkunst, darunter mechanische Uhren, die sich nach der Sonne richten. „Hier sehen wir eine weitere Besonderheit“, merkt Frieß an. „Die Zeit, die auf modernen Uhren angezeigt wird, ist die sogenannte mittlere Zeit, ein Durchschnittswert. In Wirklichkeit ist jeder Tag des Jahres anders. Wenn die Sonne am höchsten steht, waren silberne Umrechnungstabellen auf den Sonnenuhren aufgedruckt oder die Uhren wurden mit einem Heftchen geliefert. Diese Tabellen geben an, um wie viele Minuten die Sonne der mittleren Zeit voraus oder hinterher ist.“ Bis in die 1920er Jahre hinein, als dann mit der Einführung des Radios ein Mittelzeitsignal weit verbreitet wurde, baute auch Patek Philippe Sonnenuhren und Kompasse in die Krone ein.
Bild einer Sonnenuhr. Uhrwerk von Hans Koch, Sonnenuhr von Markus Purmann, München 1570.
(Inventar S-584)
Ein paar Meter weiter stehen wir vor der größten Emaille-Uhrenkollektion der Welt. Diese exquisiten Kreationen funkeln mit Diamanten und verführen die Besucher mit ihren tiefgründigen und vielfältigen Farbmalereien. Einige stellen ganze biblische Allegorien dar, während andere von der griechischen Mythologie inspiriert sind. Einige der Uhren stammen von Jean Toutin selbst. Er trug als Erster Metalloxidpigmente und Lavendelöl auf eine mit weißem Emaille vorbereitete Oberfläche auf. „So etwas finden Sie nicht im Metropolitan, Victoria and Albert oder im Louvre“, sagt Frieß sichtlich stolz. Natürlich können nicht alle Gemälde, die sich in den Uhren und ihren Gehäusen befinden, auf einmal gezeigt werden. Doch das Museum bietet den Gästen über ein iPad etwa zehn Fotos von jeder Uhr an. Insgesamt hat die App auf dem iPad rund 10.000 Fotos in ihrer Datenbank, die es auch erlauben, zu zoomen und Merkmale noch genauer zu betrachten als in natura.
Screenshot der App des Patek Philippe Museums
Während unseres Rundgangs erzählt Frieß endlose faszinierende Geschichten aus den riesigen historischen Archiven der Uhrmacherei – vom Produktionswettbewerb zwischen Frankreich und England bis hin zu Karl Marx, der die Genfer Uhrmacherei in Das Kapital ausführlich beschreibt. Und wir hören gebannt zu. Wir kommen an einer Reihe von Uhren des Uhrmachermeisters Breguet vorbei. Darunter befinden sich sein allererstes Tourbillon und die berühmte komplizierte Uhr Perpétuelle mit Zeitgleichung. Auch haben wir die Gelegenheit, die erste Taschenuhr mit ewigem Kalender der Welt zu bewundern, die der englische Uhrmachermeister Thomas Mudge 1762 schuf.
Abraham Louis Breguet, Taschenuhr mit Kalender und Zeitgleichung, 1800, Nr. 217 (Inventar S-1026)
Die Kollektion Patek Philippe (1839 bis 2000)
Es ist an der Zeit, in die eigentliche Welt der Patek Philippe Geschichte einzutauchen. Frieß beginnt unseren Rundgang durch diese Etage mit dem wichtigsten Beitrag, den Patek Philippe in der Welt der Uhrmacherei geleistet hat und noch immer leistet. Im Jahr 1842 entwickelte Jean Adrien Philippe den ersten Mechanismus zum Aufziehen und Einstellen der Krone, für den man keinen Schlüssel mehr benötigte. Ein Jahr später ließ er diesen Mechanismus patentieren und veränderte damit nachhaltig die Uhrmacherei.
Links: Antoine Norbert de Patek (1812-1877).
Rechts: Jean Adrien Philippe (1815-1894).
Lithographie, ca. 1860.
1851 schlossen sich Patek und Philippe zusammen. Etwa ein Jahrzehnt darauf beschlossen die beiden, keine Uhren mehr zu verkaufen, die zum Aufziehen oder Einstellen einen Schlüssel benötigten. Königin Victoria von England war eine der Ersten, die die schlüssellosen Uhren von Patek Philippe bewunderte. Bald darauf tauchte ein Satz auf, der die Verwendung schlüsselloser Uhren für immer festigte: „A crowned head needs a crowned watch“, was soviel wie „Ein gekröntes Haupt braucht eine Uhr mit Krone“ bedeutet. Andere Königshäuser folgten bald diesem Beispiel.
Patek, Philippe & Cie – Fabricants à Genève, 1850. Kaliber 13″‚, Nr. 4536. Inventar P-24
Verbindung zu Tiffany
Patek lockte nicht nur die europäischen Königshäuser an, sondern war auch in Amerika erfolgreich. Eine der wichtigsten Partnerschaften, die noch vor den schlüssellosen Uhren entstand, war die mit dem Juwelier Tiffany. Dieser stellte Zeitmesser für wohlhabende Kunden und Präsidenten her. Bereits 1849 hatte Tiffany sechs Uhren bei Patek Philippe bestellt. Interessanterweise, so berichtet Frieß, eröffnete Tiffany sogar eine eigene Uhrenmanufaktur in Genf, die allerdings leider nur von kurzer Dauer war. Er verweist auf eine aufwendig mit Juwelen besetzte, tiefblaue Anhängeruhr. Sie ist mit sternförmigen Diamanten übersät, die an die amerikanische Flagge erinnern. Die Uhr wird von einem „Kaliber 14“ aufgezogen, das einen traditionellen Aufzugs- und Einstellmechanismus mit Schlüssel verwendet.
Patek, Philippe & Cie – Fabricants à Genève.
Werk 1850, Gehäuse 1852, Kaliber 14″‚, Nr. 4740. Inventar P-1658
Uhrmacherische Meilensteine
Auf dem Weg durch die Vitrinen weist Frieß auf eine weitere Kostbarkeit hin: die erste Armbanduhr mit ewigem Kalender der Welt – und sogar die Erste von Patek. Über 250 Jahre lang hat die Erfindung eines Uhrwerks mit einem zuverlässigen ewigen Kalender viele Uhrmacher vor ein Rätsel gestellt. Das Kaliber in eine kleine Armbanduhr einzubauen, war eine noch größere Herausforderung.
Patek Philippe & Cie – Société en nom collectif, Werk 1898, Gehäuse 1925, Kaliber 12″‚, Werk Nr. 97975 (Inventar P-72)
Die Entwicklung dieses bahnbrechenden Zeitmessers, der im Museum ausgestellt ist, dauerte von 1898 bis 1925. Das Gehäuse und das Uhrwerk wurden zu völlig unterschiedlichen Zeiten hergestellt. Das Endergebnis ist eine Uhr mit einem beeindruckend kleinen Durchmesser von 34,4 mm und einem Kaliber von 27,3 mm.
Eine weitere uhrmacherische Meisterleistung von Patek Philippe, die im Museum ausgestellt ist, kommt in Form einer schönen Damenuhr daher. Beim Anblick des eleganten Kranzes, der sich um die Lünette windet, und der blauen Pomme-Zeiger, die hübsch auf die Breguet-Ziffern zeigen, würde man nie vermuten, dass sich dahinter eine bahnbrechende Innovation verbirgt. Die allererste Armbanduhr mit Minutenrepetition war bereits einige Jahre zuvor, im Jahr 1892, mithilfe der Gebrüder Brandt und der Manufaktur Audemars Piguet erschienen. Bei diesem Modell handelt es sich um die erste Armbanduhr mit Minutenrepetition von Patek Philippe. Sie wurde 1910 von der Manufaktur entwickelt, allerdings nicht mit einer Minutenrepetition, wie wir sie heute kennen. Bei dieser Damenuhr handelt es sich vielmehr um eine 5-Minuten-Repetition.
Patek Philippe & Cie – Sociéte Anonyme, 1916, Kaliber 10″‚, Werk Nr. 174603 (Inventar P-594)
Ihre beiden Gongs werden durch den Schieber betätigt, der gegenüber der Krone unauffällig auf dem Gehäuseband sitzt. Wir erfahren, dass das Uhrwerk auf einem Rohling aus dem Vallée de Joux basiert, das in den Genfer Werkstätten von Patek Philippe in der Rue de Rhône fertiggestellt wurde. Während wir einige kunstvoll verzierte Taschenuhren mit Viertelstundenrepetition bewundern, die Mitte des 19. Jahrhunderts sehr beliebt waren, informiert uns Frieß über eine weitere Tatsache: „Damals waren solche Stücke nützlich, weil es als unhöflich galt, auf die Uhr zu schauen“. Bis heute sind Repetieruhren für Patek Philippe von großer Bedeutung. Wie schon sein Vater vor ihm, hört sich der Präsident des Unternehmens, Thierry Stern, jede von dem Unternehmen produzierte Minutenrepetition persönlich an, bevor sie die Manufaktur verlässt.
Patek Philippe SA, 2014, Referenz 5175, Kaliber GS AL 36-750 QIS FUS IRM (Inventar P-1742)
Es wäre undenkbar, einen Rundgang durch das Patek Philippe Museum zu machen, ohne eines seiner absoluten Highlights zu erwähnen: ein roségoldenes Geschwistermodell der rekordverdächtigen Grandmaster Chime aus Stahl, die bei der Christie’s Only Watch-Auktion 2019 für phänomenale 31 Millionen Schweizer Franken versteigert wurde. Bis heute existieren nur sieben Exemplare der Ref. 5175. Der in einem kunstvollen, handgravierten Gehäuse untergebrachte Zeitmesser mit zwei Zifferblättern ist die komplizierteste Uhr von Patek aller Zeiten. Um genau zu sein, hat sie 20 Komplikationen. Um nur einige davon zu nennen: Die Uhr verfügt über eine Grande und Petite Sonnerie, eine Minutenrepetition, einen ewigen Kalender mit vierstelliger Jahresanzeige und eine zweite Zeitzone. Noch dazu ist sie mit zwei patentierten Weltneuheiten im Bereich der Repetitionen ausgestattet: einem akustischen Alarm, der die Weckzeit anzeigt, und einer Datumsrepetition, die auf Wunsch das Datum anzeigt.
Peter Frieß‘ persönliches Lieblingsstück im Museum
Bevor unser Rundgang zu Ende geht, haben wir noch eine Frage an Frieß: Was ist sein Lieblingsstück an seinem Arbeitsplatz? „Im Moment würde ich sagen, ist es ein Stück, das wir gerade erst erworben haben, von dem Sie sogar als Erster überhaupt ein Bild veröffentlichen werden. Es handelt sich um einen vollständig emaillierten 75 mm großen Papagei mit Stundenanzeige, der in Genf für Kunden aus dem Osmanischen Reich hergestellt wurde. Der unsignierte Zeitmesser ist über 400 Jahre alt, aber immer noch in absolut neuwertigem Zustand. Mit seinem historischer Wert gehört er zu den fünf wertvollsten Stücken der gesamten Antikensammlung.“
Der Papagei, Objekt mit Uhr, hergestellt für den orientalischen Markt, Genf, um 1640 (Inventar S1110)
Ein unvergessliches Erlebnis
Das Tragische an diesem Artikel ist, dass wir auch nach einigen tausend Wörtern kaum die Oberfläche der Fülle des Museumsbestandes an uhrmacherischen Meisterleistungen aus allen Epochen angekratzt haben. Die Uhren, Automaten, Bücher und Armbanduhren, die auf den rund 2.000 Quadratmetern des Museums ausgestellt sind, sind das Werk unzähliger talentierter Handwerker aus allen Jahrhunderten. Jedes einzelne Objekt ist ein Unikat in der Geschichte der Schweizer Uhrmacherei.
Schätze aus der Sammlung Patek Philippe:
Die Entstehung der Uhr und die Suche nach der perfekten Uhr.
Vielleicht kann der Leser somit etwas besser nachvollziehen, wie es sich anfühlt, das Patek Philippe Museum nach einem zweistündigen Rundgang zu verlassen. Jeder Besucher wird bestätigen, dass Tage, Wochen oder gar Monate nicht ausreichen, um diese einzigartige Genfer Institution vollständig zu erkunden. Doch wenn Sie die Gelegenheit haben: Besuchen Sie unbedingt das Museum und nehmen Sie in der kurzen Zeit, die Ihnen zur Verfügung steht, so viel wie möglich mit. Denn wie die Sammlungen mit jedem mechanischen Wunderwerk und jeder liebevoll gestalteten Kreation beweisen: Zeit ist das Wertvollste, was wir zu verschenken haben.
Quelle: Friess, P. (2022) Schätze aus der Sammlung Patek Philippe: Die Suche nach der perfekten Uhr. Genf: teNeues.