
Blancpain Grande Double Sonnerie: Schlagwerk mit zwei Melodien
Blancpain zeigt seine komplizierteste Armbanduhr: Eine innovative und spektakuläre Große Komplikation mit Ewigem Kalender, Tourbillon und Grande Sonnerie. Einzigartig: Der Träger kann über einen Schieber zwischen zwei Melodien wählen.
Nach acht Jahren Entwicklungszeit präsentiert Blancpain seine bislang komplizierteste Uhr: Über 1.000 Werkteile und 13 Patente stecken in der Grande Double Sonnerie. Allein die Montage dauert ein ganzes Jahr. Da nur zwei Uhrmacher diese Uhr von Anfang bis Ende zusammensetzen und justieren, entstehen lediglich zwei Exemplare pro Jahr. Schlagwerksuhren wie Minutenrepetitionen gelten unter den Großen Komplikationen – zu denen auch der Ewige Kalender und das Tourbillon gehören – als besonders schwierig zu realisieren. Noch komplexer wird es bei der Grande Sonnerie, die alle Viertelstunde selbstständig die Zeit schlägt. Nur wenige Manufakturen beherrschen diese Kunst, auf die wir später noch eingehen werden.
Die absolute Königsdisziplin sind Uhren mit Westminsterschlag, benannt nach dem Westminster Palace in London, dessen Uhrenturm Big Ben diese Melodie erklingen lässt. Dafür braucht es vier verschiedene Tonfedern und Hämmer, doppelt so viele wie gewöhnlich. Hinzu kommt, dass sich die Tonfolge für jede der vier Viertelstunden unterscheidet, was die Komplexität zusätzlich steigert. Blancpain hat nun nicht nur eine Armbanduhr mit Westminsterschlag realisiert, als weltweit erste Armbanduhr kann die Grande Double Sonnerie per Schieber auch zu einer zweiten Melodie für die Viertelstunden wechseln.
Neben den Schlagwerksfunktionen Grande Sonnerie, Petite Sonnerie, Minutenrepetition und Melodiewechsel verfügt die Neuheit über einen Ewigen Kalender, ein Tourbillon und ist skelettiert. Blancpain gelang es zudem, dieses Mechanikmeisterwerk in einem vergleichsweise kompakten Gehäuse unterzubringen.
Geschichte
Die Historie von Blancpain reicht bis ins Jahr 1735 zurück, als Jehan-Jacques Blancpain in Villeret sein Uhrenatelier gründete. Bereits ab 1815 konstruierte die Manufaktur besonders flache Werke, eine Spezialität, die bis heute Bestand hat: 1930 stellte die Marke mit der Damenuhr Rolls die kleinste Automatikuhr vor. 1956 folgte die Ladybird mit dem damals kleinsten runden Uhrwerk der Welt.
In den 1980er-Jahren läutete Blancpain als eine der ersten Marken nach der Quarzkrise die Renaissance der mechanischen Uhr ein und prägte den Claim „Seit 1735 gibt es bei Blancpain keine Quarzuhren. Es wird auch nie welche geben.“ Dazu passten sechs klassische Modelle, die die Uhrmacherkunst zelebrierten: mit ultraflachem Werk, Vollkalender mit Mondphase, Ewigem Kalender, Schleppzeigerchronograph, Tourbillon und Minutenrepetition.
Den Höhepunkt bildete die Blancpain 1735, die alle sechs Komplikationen in einer Uhr vereinte und mit 740 Komponenten damals die komplizierteste Armbanduhr der Welt war. Seitdem folgten zahlreiche komplizierte Uhren wie das dem Tourbillon ähnliche Carrousel, das die Marke auch mit anderen Komplikationen kombinierte – etwa in der Carrousel Répétition Minutes Chronographe Flyback.
Das Schlagwerk der Neuheit
Das Highlight der neuen Grande Double Sonnerie ist zweifellos ihr innovatives Schlagwerk. Der Träger wählt zunächst per Schieber zwischen Petite Sonnerie (Ps), Grande Sonnerie (Gs) und Silence (Sil). Anders als manche anderen Sonnerien schlägt die Blancpain zur vollen Stunde sowohl bei Grande als auch bei Petite Sonnerie alle vier Viertelstunden.
Weltpremiere: zwei Melodien
Die echte Weltneuheit: Mit dem unteren Drücker wählt man zwischen zwei Melodien: dem klassischen Westminsterschlag und einer von KISS-Rocklegende Eric Singer eigens komponierten Melodie, die er passenderweise „Blancpain“ nannte.
Zwischen fünf und sechs Uhr zeigt ein B oder W an, welche Melodie gewählt wurde. Den Wechselmechanismus lösten die Konstrukteure mit zwei übereinanderliegenden Rechen für die Viertelstunden. Jeder Rechen besitzt kleine Zähne, die die vier Hämmer für die unterschiedlichen Töne auslösen. Durch die verschiedenen Zahnpositionen auf den beiden Rechen spielt jeder eine andere Tonfolge. Der Drücker bewegt ein Schaltrad, das die Höhe des Doppelrechens so verändert, dass entweder der obere oder der untere Rechen aktiv wird.
Klang der Blancpain Grande Double Sonnerie
Eine Melodie mit vier Tönen erfordert nicht nur mechanisch deutlich höheren Aufwand, sondern auch mehr Präzision und Abstimmung als der Zweiklang einer normalen Minutenrepetition: Das menschliche Ohr nimmt Tempounterschiede und Abweichungen von Notenhöhen sehr genau wahr und bemerkt sofort jede Unstimmigkeit. Die vier Töne der Grande Double Sonnerie sind E, G, F und B. Blancpain fertigt die Klangfedern daher aus Gold, die Manufaktur erzielte damit bessere Ergebnisse als mit den üblichen speziellen Stahllegierungen.
Für einen gleichmäßigen Ablauf gibt es normalerweise einen Windfang oder eine Fliehkraftbremse, die sich schnell dreht und bei höherer Geschwindigkeit stärker bremst. Diese Regler sind meist zumindest leise hörbar und stören den Klang des Schlagwerks. Blancpain entwickelte und patentierte ein neues, lautloses System: einen Magnetregulator, bei dem sich bewegliche Metallmassen durch ein Magnetfeld drehen und so abgebremst werden. Je schneller sich der Regulator dreht, desto stärker bewegen sich die Arme ins Magnetfeld und desto kräftiger erfolgt die Bremsung.
Bei der Minutenrepetition eliminierte Blancpain durch eine mechanische Schaltung zudem die störende Pause zwischen Stunden und Minuten, wenn keine Viertelstunden geschlagen werden. Ein weiteres Patent betrifft ein System, das den Klang durch eine bewegliche akustische Membran in der Lünette verbessert. Die am Deckglas montierte Goldmembran verstärkt vor allem die angenehmen tieferen Töne. Blancpain liefert zudem eine Box aus Klangholzfichte mit, die die Akustik verstärkt. Die Bäume dafür stammen aus unmittelbarer Nachbarschaft im Vallée de Joux.
Sicherheit
Neben dem Klang hat Blancpain die Sicherheit des empfindlichen Schlagwerks optimiert: Fünf Systeme schützen die Mechanik vor Schäden: Während des Schlagens entkoppelt die Krone, die Zeit lässt sich nicht verstellen. Umgekehrt schlägt die Sonnerie nicht, während die Zeit eingestellt wird. Auf dem Zifferblatt signalisiert das eine durchgestrichene Glocke. Dieses Symbol erscheint auch, wenn das Schlagwerksfederhaus nicht mehr genügend Energie für den Stundenschlag besitzt. Das Schlagen wird dann ebenfalls unterbunden.
Eine weitere Sicherheitsschaltung verhindert die Betätigung des Melodiewahldrückers während des Schlagens. Das letzte System sperrt den Schlag der Sonnerie, solange der Melodiedrücker gedrückt ist. So bleibt das Schlagwerk auch bei unbedachter Bedienung vor Beschädigung geschützt.
Der Ewige Kalender
Besonderheiten und Innovationen bietet die Grande Double Sonnerie nicht nur beim Schlagwerk, auch Tourbillon und Ewiger Kalender verfügen über neu entwickelte, teilweise patentierte Mechanik. Um das Kaliber 15GSQ möglichst flach zu halten, integrierten die Entwickler alle Komplikationen direkt ins Werk: Der Ewige Kalender mit seinem retrograden Datum befindet sich auf der Kronenseite. Das retrograde Datum bringt für den Ewigen Kalender sogar Vorteile, da sonst das Datum im Februar vier Tage weitergeschaltet werden müsste. Zwei Patente reichten die Entwickler für den Ewigen Kalender ein.
Das Datum springt in nur 20 Millisekunden zurück, so schnell, dass das menschliche Auge die Bewegung nicht mehr wahrnimmt. Um Beschädigungen zu verhindern, konstruierten die Uhrmacher eine Stoßsicherung für den Zeiger. Für die Kalenderangaben Datum, Wochentag und Monat befinden sich unter den Bandanstößen Korrekturdrücker, die der Träger ohne Werkzeug bedienen kann. Sie sind nicht am Gehäuse untergebracht, sondern samt ihrer Federn im Werk.
Auch für den Ewigen Kalender entwickelten die Konstrukteure ein Sicherheitssystem. Es verhindert, dass der Besitzer den Kalender einstellt, während das Datum schaltet, und schützt so die Mechanik vor Beschädigungen. Wer die Uhr bestellt, kann die Sprache der Wochentags- und Monatsskalen sowie die Farbe der Kalenderanzeigen individuell wählen.
Das Tourbillon
Das große Tourbillon dreht sich bei sieben Uhr. Es schwingt mit ungewöhnlich schnellen vier Hertz, also 28.800 Halbschwingungen pro Stunde, das verbessert die Ganggenauigkeit. Die Uhrmacher konstruierten das Tourbillon fliegend. Es ist nur auf der Rückseite gelagert, benötigt vorne keine Brücke und zeigt sich dem Betrachter dadurch klarer. Die Spiralfeder besteht aus Silizium, so können Magnetfelder keinen Einfluss auf sie nehmen und die Ganggenauigkeit nicht beeinträchtigen.
Die Verzierungen der Blancpain Grande Double Sonnerie
Insgesamt besteht das neue Kaliber 15GSQ aus beeindruckenden 1.053 Komponenten. Jedes Bauteil hat Blancpain vollständig in den hauseigenen Werkstätten entworfen, produziert, veredelt und montiert. Für die 26 Brücken sowie die Grundplatine wählte die Marke 18-karätiges Gold. Wegen des eleganten, aber weichen Materials müssen die Uhrmacher und Finisseure noch sorgfältiger und vorsichtiger arbeiten.
Durch die skelettierte Bauweise, die dem Träger tiefe Einblicke in die komplexe Mechanik gewährt, verfünffacht sich der Verzierungsaufwand teilweise. Denn die Uhrmacher müssen zusätzlich zu den Außenkanten auch die inneren Kanten anglieren und polieren. Ganze 135 solcher Innenkanten besitzt das skelettierte Kaliber. Zur traditionellen Veredelung gehören neben der Anglage auch Perlage, Spiegelpolitur, Diamant- und Strichschliff. Dabei werden nicht nur sichtbare, sondern auch verborgene Oberflächen kunstvoll von Hand dekoriert.
Für Verzierung und Montage benötigt jeder der beiden auf dieses Modell geschulten Uhrmachermeister ein ganzes Jahr. Am Ende graviert der zuständige Meister händisch seine Signatur auf die Rückseite der goldenen Blancpain-Plakette und montiert sie als finalen Schritt.
Grande Sonnerien anderer Marken
Während mittlerweile schon einige Manufakturen Minutenrepetitionen bauen, gehört die noch aufwendigere Grande Sonnerie zu den wirklich selten realisierten Komplikationen. Erst 1992 baute Philippe Dufour die erste Armbanduhr mit Grande Sonnerie. Ihm folgten F.P. Journe, Audemars Piguet, Frank Muller, Jaeger-LeCoultre, Patek Philippe, Vacheron Constantin, Bulgari, Greubel Forsey und nun auch Chopard. Aktuell bieten neben Blancpain lediglich fünf weitere Marken Uhren mit dieser Zusatzfunktion an.
Die neueste stammt von Chopard und wurde erst kürzlich als erste Grande Sonnerie der Marke präsentiert. Die L.U.C Grand Strike schlägt Stunden und Viertelstunden auf zwei Saphirtonfedern, die zusammen mit dem Deckglas aus einem Block gefräst sind. Mit Schlagwerk und integriertem Tourbillon kommt das Werk auf 686 Teile. Auch Chopard verzichtete auf ein geschlossenes Zifferblatt, um möglichst viel Mechanik zu zeigen. Als Besonderheit neben dem lauten Ton trägt die Uhr ein Chronometerzertifikat, was bei Schlagwerksuhren äußerst selten ist.
Ebenfalls in diesem Jahr zeigte Audemars Piguet zum 150. Geburtstag der Manufaktur neue Varianten der Code 11.59 Grande Sonnerie Carillon Supersonnerie. Carillon bedeutet hier, dass die Uhr die Viertelstunden mit drei Tonfedern (hoch, mittel, tief) schlägt. Die 2015 vorgestellte Supersonnerie-Technik von Audemars Piguet sorgt mit einem zusätzlichen Boden mit Schalllöchern und weiteren Innovationen für deutlich verstärkten Klang. Auch hier gewährt die Vorderseite ohne Zifferblatt Einblicke in die Mechanik, während die Hämmer unter dem massiven Klangboden verborgen liegen.
2024 stellte Bulgari die Octo Roma Grande Sonnerie Tourbillon vor. Die Besonderheit: Sie schlägt die Viertelstunden mit einer Melodie auf vier im Tritonus gestimmten Tonfedern, also mit drei Ganztönen Abstand. Daraus ergibt sich eine bewusst spannungsvolle Dissonanz. Auf dem Zifferblatt sieht man drei der vier Tonhämmer, den Fliehkraftregulator und ein Tourbillon. Auf der Rückseite zeigt sich der komplexe Programmmechanismus des Schlagwerks. Das Bulgari-Werk umfasst 754 Teile.
Patek Philippe präsentierte 2020 mit der Referenz 6301 die wohl dezenteste Grande Sonnerie: Auf dem Emaillezifferblatt verraten nur zwei kleine Gangreserveanzeigen neben Stunden-, Minutenzeiger und kleiner Sekunde, dass dies keine gewöhnliche Uhr ist. Im Inneren werkeln über 700 Teile. Die von der Grandmaster Chime abgeleitete 6301 schlägt auf drei statt zwei Tonfedern. Eine kleine zusätzliche Komplikation leistete sich Patek Philippe dann doch: Die kleine Sekunde ist als Seconde Morte ausgeführt und springt jede Sekunde weiter.
Greubel Forsey stellte 2017 mit der Grande Sonnerie sein kompliziertestes Modell vor: Nach elf Jahren Forschung und Entwicklung baute die Manufaktur die Schlagwerksuhr mit Tourbillon und 935 Werkteilen. Einzigartig ist der automatische Aufzug für das Federhaus der Sonnerie. Als weitere Besonderheiten besitzt die Uhr einen akustischen Resonanzkörper aus Titan, elf Sicherheitsvorrichtungen und ein wasserdichtes Gehäuse.
Fazit
Es ist beeindruckend, was Blancpain geschaffen hat: eine völlig neue Grande Sonnerie, bei der zum ersten Mal in der Geschichte der Armbanduhr zwischen zwei Melodien gewählt werden kann. Zahlreiche Patente und Innovationen verbessern Sicherheit, Klang und Bedienung. Auch den Ewigen Kalender und das Tourbillon entwickelten die Konstrukteure weiter.
Dank der Skelettierung lassen sich die vier Tonhämmer und große Teile der faszinierenden Mechanik beobachten. Dadurch erhöhte sich der Aufwand bei den kunstvollen Handverzierungen enorm. Schließlich gelang es Blancpain als Spezialist für ultraflache Uhren, die über 1.000 Komponenten in einem tragbaren Gehäuse unterzubringen: Alle Komplikationen finden in einer Uhr mit 47 Millimetern Durchmesser und nur 14,5 Millimetern Höhe Platz.
Die Grande Double Sonnerie ist in Weißgold oder Rotgold erhältlich und kostet 1,7 Millionen Schweizer Franken inklusive Steuern, insofern die Uhr in der Schweiz erworben wird.