Anfang April verschlug es uns in das französische Luxus-Skiresort Courchevel, wo Richard Mille im Rahmen ihrer „Ski Clinic“ Markenbotschafter wie Skiprofi Alexis Pinturault, den Biathleten Johannes Thingnes Bø und die Snowboarderin Ester Ledecká um sich versammelte. Auch Tim Malachard, CMO von Richard Mille, war natürlich dort. Die perfekte Gelegenheit, mit dem jungen Manager über die strategische Ausrichtung der wichtigsten Ultraluxus-Uhrenmarke zu sprechen, aber auch, in Vergangenheit zu schwelgen – über sein erstes Treffen mit Richard Mille, warum anfangs niemand an den Erfolg der Marke glauben wollte, die heute wegen enormer Nachfrage überrannt wird und, wie man wirklich an eine der begehrtesten Uhren von Richard Mille kommt.
Freunde und Partner der Marke: Johannes Thingnes Bø, Ester Ledecká und Alexis Pinturault
Sie sind seit über 13 Jahren bei Richard Mille tätig. Was ist es, das Sie der Marke nach so vielen Jahren immer noch treu bleiben lässt?
Ich denke, da gibt es viele Faktoren. Als Richard Mille mir 2009 eine Stelle anbot, hatte ich mein vorheriges Unternehmen, Aston Martin, nach der Bankenkrise 2008/2009 bereits verlassen. Richard erklärte mir, dass er einen Marketingdirektor benötige und fragte mich, ob ich interessiert sei. Ich sagte ihm, dass ich kein Experte für Uhren sei. Er antwortete: „Das werden Sie schon sehr schnell lernen“. Ich mag zwar Uhren, aber damals hatte ich eher einen Hintergrund in der Automobilbranche. Doch er sagte: „Keine Sorge, das ist das geringste Problem für mich. Ich möchte Sie dafür einstellen, für was Sie sind und können, und in den nächsten Jahren möchte ich mit Ihnen etwas für die Marke tun.“ Seit diesem Tag hatte ich nie wieder das Gefühl, mich woanders umsehen zu müssen, weil ich denke, dass Richard Mille eine einzigartige Person und Arbeitgeber ist. Tatsächlich ist er ein einzigartiger Mensch, weil er so leidenschaftlich und warmherzig ist. Wenn man sein Vertrauen gewinnt, will man einfach 110 Prozent geben.
Außerdem war ich begeistert, in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem man die Marke mit aufbauen kann. Die Marke befand sich noch in der Anfangsphase, und wir mussten uns noch darum bemühen, sie durch das richtige Marketing bekannt zu machen. Damals hatten wir eine Menge Einzelhandelspartner. Es waren nicht nur Boutiquen, wie wir sie jetzt haben. Auch für die Entwicklung der Manufaktur war es eine echte Herausforderung, denn wir mussten entscheiden, welche Uhren wir auf den Markt bringen wollten. Als ich anfing bei Richard Mille, machten Damenuhren nur 5 Prozent des Umsatzes aus, und sie waren wirklich schwer zu verkaufen. Heute machen die Damenuhren fast 30 Prozent unserer Produktion aus. Ich denke, wenn man mit einem Visionär wie Richard Mille zusammenarbeitet, hat man nicht das Gefühl, einen „traditionellen“ Job zu haben. Natürlich war es sehr anstrengend. Manchmal sieben Tage die Woche und es hört nie auf, aber es war nie eine Belastung für mich.
Können Sie sich an Ihr erstes Treffen mit Richard Mille erinnern? Was ist Ihnen davon besonders in Erinnerung geblieben?
Ich erinnere mich noch sehr gut an die erste Begegnung mit Richard. Es war 2004, als ich für Ferrari und Maserati arbeitete. Ich war Marketing Manager für Frankreich, und er war bei der Le Mans Classic, der großen Veranstaltung, die er seit der allerersten Ausgabe im Jahr 2002 sponsert, als er seine Marke zum ersten Mal vorstellte. Seitdem sind wir in Kontakt geblieben. Richard wurde Kunde bei Maserati und kaufte den neuen Quattroporte. Wenn man bei Maserati arbeitet und jemanden wie Richard Mille als Kunde hat, wird er wir ein Markenbotschafter behandelt. Wenn man also Leute wie ihn hat, die an das Produkt glauben, dann will man sich um sie kümmern. Nachdem wir immer wieder im Kontakt gewesen sind, bin ich schließlich Ende 2009 in das Unternehmen eingetreten.
Le Mans Classic
Wie haben Sie es geschafft, in den etwas mehr als zwei Jahrzehnten seit der Gründung der Marke bei den Uhrensammlern eine solche Begeisterung für RM-Uhren zu wecken?
Ich denke, das liegt in erster Linie daran, dass Richard von Anfang an von der Technik der Uhren besessen war. Der Ansatz, den er 2001 verfolgte, war im Vergleich zum Rest der traditionellen Uhrenindustrie ein wenig revolutionär. Ich denke, er hat seine Marke zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt gebracht. Und ich denke, mit der RM 001 hat er etwas geschaffen, das es vorher noch nie gegeben hat. Da war die neue Form, das Uhrwerk, das völlig sichtbar war, die Grundplatine aus Titan, ganz zu schweigen von den ultramodernen Materialien wie Titan, die man damals in der Uhrmacherei noch nicht gesehen hatte.
Ich glaube, viele Leute waren viele Jahre lang ein wenig überrascht, vor allem die traditionellen Uhrensammler. Es war schon komisch, denn viele Leute sahen sich die Marke an und dachten, die werden nicht lange durchhalten, das wird eine Modemarke sein. Als ich anfing, für das Unternehmen zu arbeiten, sagten viele Leute, die ich traf: „Richard Mille ist nichts für mich. Ich bin ein traditioneller Uhrensammler. Ich werde nie eine RM Uhr haben.“ Viele Jahre später kehrten dieselben Leute zurück und kaufen inzwischen RM Uhren für ihre Sammlung, weil die Marke mit ihrer ganz eigenen Identität Anerkennung gefunden hat. Ich denke, dass all die Arbeit, die wir im Laufe der Jahre in Bezug auf die Markenbekanntheit, die Produkte und unsere Partnerschaften geleistet haben, den Menschen bewusst gemacht hat, dass es sich nicht nur um eine kurzlebige Uhrenmarke handelt, die in ein paar Jahren aussterben würde, sondern dass sie hier ist, um zu bleiben. Viele der traditionellen Uhrensammler verfolgen die Marke heute aufmerksam, und man sieht heute sogar Auktionshäuser und Experten wie Aurel Bacs, die großen Respekt vor der Marke haben.
Heute tragen Sie die RM 055 Bubba Watson. Ist das Ihre Lieblingsuhr von Richard Mille?
Die RM 055 Bubba Watson war schon immer eine meiner Lieblingsuhren. Ich werde immer ein bisschen sentimental bei der Bubba Watson, denn ich habe Bubba Watson 2010 in die Richard Mille-Familie eingeführt, als Richard Rafa Nadal unter Vertrag nahm. Er sagte zu mir, dass er eine Uhr für einen Golfer entwerfen wolle. Also habe ich meine Kontakte spielen lassen, um herauszufinden, wer die aufstrebenden Youngster im Golfsport sind, denn die ganzen großen Namen waren bereits bei anderen Marken unter Vertrag. Aber wir waren auf der Suche nach einer jüngeren Generation. Es gab zwei oder drei Profile, die in Frage kamen, und Bubba war einer von ihnen. Von den drei Spielern, die wir kontaktierten, war er der Einzige, der bereit war, die Uhr beim Spielen zu tragen. Die anderen wollten es nicht tun. Ein Golfexperte verriet mir, dass er ein eigenwilliger Typ sei, dass er nie Golfunterricht hatte und dass er Autodidakt sei. Es hätte so oder so ausgehen können; er hätte entweder ein Turnier gewinnen und dann verschwinden können, oder er hätte etwas Erstaunliches erreichen können. Wir nahmen ihn 2011 unter Vertrag und siehe da, 2012 gewann er das US Masters in Augusta. Heute hat er 12 PGA-Turniere gewonnen, darunter zwei Masters.
Richard Mille RM 055 Bubba Watson
Die RM 67-02 Sportvarianten gefallen mir übrigens auch sehr gut. Ich mag ihre Materialien, das Design und ihre flache Bauweise. Ich war auch immer ein großer Fan der RM 030. Es ist eine sehr traditionelle RM-Uhr mit einem Gehäuse in der traditionellen Tonneau-Form und Materialien wie Titan. Ich liebe die Schlichtheit des Uhrwerks und die Funktion des Ein-/Ausschalters. Ich habe sie einige Jahre lang getragen und der Schalter war immer ausgeschaltet, weil ich zu hyperaktiv bin. Aber ich liebe diese Art der Interaktion mit dem Uhrwerk und seinem Mechanismus, der auch noch Sinn macht.
Vor kurzem fand in Genf die Uhrenmesse statt, an der rund 50 Uhrenmarken teilnahmen. Warum ist das Konzept der Messe für Richard Mille nicht mehr interessant?
Es macht für uns einfach keinen kommerziellen Sinn mehr. Als wir zehn Jahre lang, von 2010 bis 2019, an der SIHH teilgenommen haben, hat das dazu beigetragen, dass die Marke heute da ist, wo sie ist. Das haben wir nie bestritten. Es ist nur so, dass wir in den letzten Jahren auf ein Geschäftsmodell umgestiegen sind, das darauf abzielt, Uhren ausschließlich in unseren eigenen Boutiquen zu verkaufen. Wir haben 39 Boutiquen auf der ganzen Welt, die von unseren vier Partnern gleichmäßig auf Amerika, EMEA, Asien und Japan verteilt werden. Warum sollten wir Uhren auf einer Messe präsentieren, wenn wir wissen, dass einige von ihnen bereits von unseren eigenen Boutiquen vorverkauft werden und wir nichts zu bieten haben, weil wir quasi an uns selbst und schließlich an den Endkunden verkaufen?
Denn man verkauft auf der SIHH nicht an den Endverbraucher, sondern eher an die Einzelhändler in der ganzen Welt. Das brauchten wir nicht mehr, da wir seit 2019 keine Multi-brand Händler mehr haben. Wir mussten uns also die Frage stellen, wie viel wir für eine Kommunikationsplattform ausgeben wollten. Aufgrund der Tatsache, dass wir zu 100 % intern verkaufen, machte das wirtschaftlich einfach keinen Sinn. Wir wollten unser Budget so einsetzen, dass wir unsere Uhren selbst vorstellen können, in unserem eigenen Umfeld, und Veranstaltungen für unsere Kunden, Journalisten, Freunde und Partner durchführen können.
Wird es neue Ansätze geben, um die Effektivität der Kommunikation weiter auszubauen, oder ist es besser, sich bei einer so großen Nachfrage etwas zurückzuhalten?
Nein, ich denke, dass wir in Bezug auf die Kommunikation so vorgehen, dass wir die Marke zunehmend nach außen hin öffnen und unseren Kunden eine Vorstellung davon geben möchten, worum es uns geht und wer wir sind. Und wenn man sich alle Uhrenlancierungen der letzten zwei Jahre anschaut, haben wir viel mehr Inhalte in Bezug auf den kreativen Prozess, den Herstellungsprozess und die Video- und Fotokonzepte – vor allem im digitalen Zeitalter, in dem wir heute leben. Das war wirklich eine große Attraktion. Die Fans der Marke informieren sich auch über unsere sozialen Netzwerke, und das ist definitiv etwas anderes. Wir schneiden unsere Inhalte auf verschiedene Zielgruppen zu, um das auszuspielen, was sie wirklich interessiert. Wir leben in einer Zeit, in der man sich aussuchen kann, wem man folgen und was man sehen möchte. Wenn man etwas über eine bestimmte Marke herausfinden möchte, kann man alle Inhalte leicht finden. Wir sind wahrscheinlich eine der exklusivsten und teuersten Uhrenmarken da draußen, aber wir wollen auch sehr bescheiden bleiben, denn wir möchten, dass die Leute wissen, dass es bei uns um Leidenschaft geht. Wir möchten wirklich, dass die Welt da draußen, unsere Fans und unsere Kunden, sehen, wie wir unsere Produkte weiterentwickeln. Weil wir so viel zu teilen haben, ist jedes Produkt, das wir entwickeln und auf den Markt bringen, anders. Jedes Jahr bringen wir zwischen fünf und acht Modelle auf den Markt, und sie unterscheiden sich immer extrem voneinander, sei es in Bezug auf das Konzept, die Materialien oder das Uhrwerk. Ich denke, wir wollen die Werte des Unternehmens auch in Bezug auf die Menschen die dafür arbeiten verstärkt teilen, zum Beispiel den Übergang, der zwischen Richard Mille, Dominique Guenat und ihren Kindern stattgefunden hat. Vier von ihnen arbeiten jetzt auf höchster Ebene im Vorstand, und wir wollen den Kunden versichern, dass wir unabhängig sind und daran nichts ändern werden.
Richard Mille (links) und Dominique Guenat (rechts)
Sie haben immer noch einige Einzelhandelspartner. Was ist der Vorteil, wenn Sie Ihre Boutiquen als Joint Venture mit einem Einzelhändler betreiben, als wenn Sie es in Eigenregie machen?
Der Grund dafür ist, dass wir loyale Partner haben, mit denen wir von Anfang an zusammengearbeitet haben. Wir haben vier Vertriebspartner in der Welt: RM EMEA, RM Americas, RM Asia und RM Japan. Als Richard das Unternehmen gründete, wollte er nicht zu viele Vertriebspartner haben, sondern nur einen selektiven Vertrieb, um die Marke gemeinsam mit ihnen aufzubauen. Das ist auch heute noch so. Selbst wenn sich jetzt die Gelegenheit böte zu sagen, wir machen es alleine, glaube ich nicht, dass wir das tun würden, denn diese Leute sind Teil unserer Familie. Es geht also um zwei Dinge: Erstens um die Loyalität gegenüber den Menschen, die an die Marke geglaubt haben, als wir angefangen haben. Zweitens ist es aus menschlicher Sicht so, dass wir diesen Partnern sehr nahestehen. Wir sind wie eine große Familie. Richard Mille hat weltweit etwa 500 Angestellte in der Fabrik und in den Boutiquen. 500 Mitarbeiter sind gar nicht so viel, wenn man sich ansieht, wo die Marke heute steht.
Kommen wir nun zur Kundenseite. Richard Mille achtet sehr genau darauf, an wen es Uhren verkauft. Auf welche besonderen Eigenschaften achten Sie bei einem idealen Kunden?
Aufgrund der Covid-19-Pandemie haben sich die Dinge geändert. Während der Pandemie schloss unsere Produktion für zweieinhalb Monate und wir verloren über 1.000 Uhren aus der Produktion. Als wir wieder öffneten, war die Nachfrage immer noch da und sogar noch höher. Wir mussten in unseren Boutiquen auf der ganzen Welt zusammen mit unserem Verkaufsteam ein Verfahren einführen, um sicherzustellen, dass jede Uhr, die die Boutique verlässt, an jemanden verkauft wird, von dem wir wissen, dass er ein echter Kunde ist und die Uhr behalten wird. Wir wollten den Markt nicht mit Spekulationen füttern, denn wissen Sie, der Marktwert unserer Uhren ist heute manchmal doppelt so hoch wie der Einzelhandelspreis, und das haben nicht wir diktiert, sondern der Markt. Deshalb wollen wir sicherstellen, dass echte Kunden, die unsere Produkte haben wollten, nicht frustriert sind, wenn sie sehen, dass andere Leute die Produkte kaufen und sie die Uhren nicht bekommen können. Deshalb sind wir sehr vorsichtig.
Gleichzeitig ist es aber auch ein schmaler Grat, denn wir wollen auch neue Kunden für die Marke gewinnen. Wenn man 5.600 Uhren im Jahr produziert, was unser Ziel für 2023 ist, dann möchte man auch einige Erstkäufer haben. Gleichzeitig sind wir auch darauf bedacht, wer unsere Erstkäufer sein werden. Wir wollen einfach sicherstellen, dass sie nicht aus den falschen Gründen kaufen. Das ist die eigentliche Herausforderung, denn wir wollen keine Frustration hervorrufen. Manchmal wenden sich Leute an mich, Alexandre oder Amanda Mille und verstehen nicht, warum sie eine bestimmte Uhr nicht bekommen können. Wir können unsere eigenen Regeln nicht umgehen. Die Kunden müssen in eine Boutique gehen, um eine Beziehung zu den Mitarbeitern der Boutique aufzubauen und sich einen Namen zu machen. Wenn man diese Beziehung aufgebaut hat, hat man auch Zugang zu unseren Produkten. Aber man kann nicht einfach eine bestimmte Uhr direkt kaufen, ohne eine Beziehung aufgebaut zu haben. Selbst im digitalen Zeitalter, in dem wir heute leben, war es noch nie so wichtig, menschliche Beziehungen in unserem Leben aufzubauen. Das ermöglicht es uns auch, unsere Kunden kennenzulernen und Veranstaltungen für sie zu schaffen, sie einzuladen, Momente wie diese zu genießen, in denen sie unsere Partner treffen können, wie bei der Ski Clinic dieses Wochenende, wo sie mit Weltmeistern Ski fahren können! Und das ist etwas, das sie nicht selbst organisieren können. Wir veranstalten also das ganze Jahr über viele Events, die nicht groß sind, was die Anzahl der Teilnehmer angeht, aber sie sind groß, was die Vermittlung menschlicher Werte angeht.
Richard Mille hat ein großes Interesse an Hypercars und Autorennen. Ihre Uhren kosten so viel wie ein Luxussportwagen und die Leute sind bereit, diesen Betrag zu zahlen. Wie hat es die Marke geschafft, ein solches Verlangen nach ihren Uhren zu wecken?
Ich glaube nicht, dass wir jemals mit irgendwelchen Hypercar-Marken konkurrieren wollten. Wir sind definitiv eine Marke, die ein Synonym für die Automobilindustrie ist, weil es um die kreative Leidenschaft geht. Der größte Einfluss für Richards Uhren kommt aus dem Rennsport, vor allem die Funktionen, die wir entwickelt haben, wie zum Beispiel der Druckknopfschalter. Wissen Sie, es gibt viele Dinge, die uns bei der Funktionsauswahl inspiriert haben, wie zum Beispiel ein F1-Sportwagen-Getriebe.
Richard Mille rm 40-01 McLaren Speedtail Automatic Tourbillon
Wir wissen, dass Männer, die Autos mögen, in der Regel auch Uhren mögen. Beides geht Hand in Hand. Aber selbst als wir 2016 anfingen, mit McLaren zusammenzuarbeiten, war es ziemlich lustig, weil sie ihre Autos zu einem Startpreis von 180.000 Euro verkauften, und das entsprach ziemlich genau unserem durchschnittlichen Verkaufspreis. Ja, wir verkauften Uhren zum Preis ihrer Autos, aber wir wollten nie mit den Preisen konkurrieren, die es auf dem Automarkt gibt. Wir haben uns an die Sammler auf diesem Markt gewandt, die in der Regel nicht nur ein, sondern mehrere Autos besitzen. Wenn man also mit einer prestigeträchtigen Marke wie McLaren oder heute mit Ferrari zusammenarbeitet, dann erschließt man mit Sicherheit ein neues Publikum von McLaren- oder Ferrari-Besitzern, die sich für eine Richard Mille-Uhr interessieren, die vorher vielleicht nicht auf die Marke aufmerksam geworden wären.
Richard Mille RM UP-01 Ferrari
Auch in diesem Jahr werden Sie wieder die Nürburgring Classic und die noch größere Le Mans Classic 2023 sponsern. Sie sind auch Partner bei anderen hochkarätigen Veranstaltungen wie dem ICE in St. Moritz. Wie nutzen Sie diese Anlässe, um das Profil von Richard Mille zu schärfen?
Ich denke, dass es bei diesen Veranstaltungen in erster Linie um Leidenschaft geht. Die Welt der Oldtimer ist ein sehr starker Markt und unterscheidet sich stark von der Welt der modernen Autos. Und wir waren von Anfang an viel stärker in der Welt der Klassiker engagiert. Wir haben den Concours d’elegance in Chantilly mit Patrick Peter ins Leben gerufen und sind jetzt Titelsponsor des ICE in St. Moritz, aber wir können auch über die Rallye des Princesses, die Rallye des Légendes und viele mehr sprechen. Ich denke, es geht darum, keine Massenveranstaltungen zu machen, sondern eher ein Publikum zu unterhalten, das wegen der Sammler hochkarätig ist – und der Wert der Autos dort ist sehr, sehr hochwertig, also ist das genau unser Publikum. Uns gefällt auch der Geist dieser Veranstaltungen, bei denen es darum geht, unglaubliche Autos, die in den letzten 100 Jahren gebaut wurden, zu zeigen und sie in Aktion zu sehen. Die Mechanik dieser Autos ist unglaublich, und das sind die Dinge, die uns und unsere Uhren vom ersten Tag an inspiriert haben. Ich meine, wenn man einen Formel-1-Motor eines Autos von vor 40 Jahren öffnet und sieht, wie die Mechanik damals gemacht wurde, sind die Details einfach unglaublich.
Können wir mit einer Uhr rechnen, die der RM 029 LMC Konkurrenz machen könnte?
Wir haben eine weitere, wirklich schöne Uhr in Aussicht. Sie ist ganz im Sinne der RM 029. Die Farben Grün und Weiß sind natürlich gleichbedeutend mit dem Event, also wird sie die gleichen tollen Farben haben, es wird eine wirklich schöne Edition.
Richard Mille RM 029 Le Mans Classic
Nur ein ausgewählter Kundenkreis kann sich Richard Mille-Uhren leisten. Aber die nächste Generation interessiert sich immer mehr für Uhren, und sie ist auch mehr an der Digitalisierung interessiert. Wie sprechen Sie die neue Generation an?
Als ich vor 13 Jahren anfing für das Unternehmen zu arbeiten, war unser Publikum eher über 40, 45 Jahre alt. Heute ist unser Publikum um die 30 und wir haben viele Anhänger, die Teenager sind. Um unsere Uhren zu kaufen, muss man natürlich viel Geld haben. Wir sind kein Einstiegsmodell für ein paar Tausend Euro, was die allgemeine Norm ist, wenn man seine erste Uhr kauft. Aber es ist schon komisch, denn die Generation, die wir jetzt erleben, vor allem mit dem Zugang, den man über sein Handy hat, hat tatsächlich ein viel größeres Interesse zu verstehen, worum es bei Marken geht. Vom Standpunkt des Marketings und der Kommunikation aus betrachtet, glaube ich, dass heute niemand mehr irgendeinen Marketing-Unsinn akzeptieren wird. Es muss authentisch sein. Heute kann man im Internet alles finden, was man will. Deshalb sind die Marken jetzt sehr vorsichtig. Gleichzeitig hat es die Marken ermutigt, zu zeigen, worum es ihnen geht. Wir müssen den Leuten zeigen, warum Richard Mille-Uhren so teuer sind, und das geht am besten, wenn wir zeigen, wie wir intern arbeiten und wie wir unsere Uhren herstellen. Wenn Sie in unsere Manufaktur gehen, haben Sie 210 Leute, die mit Leidenschaft arbeiten. Die gesamte Endbearbeitung und Montage unserer Uhren wird von über 45 Uhrmachern von Hand durchgeführt. Wir haben auch CNC-Maschinen, aber die sind dazu da, Gehäuse zu produzieren, und das war’s. Der menschliche Aspekt ist sehr wichtig. Wir sind nicht industriell, sondern legen Wert auf das, was wir Handwerkskunst nennen. Und ich glaube, die jüngere Generation kennt sich damit verdammt gut aus.
Sie haben 2017 die Boutique in München eröffnet. Wie hat sich der Markt in Deutschland seither verändert und wie wichtig ist der deutsche Markt für Richard Mille?
Deutschland ist eine große Volkswirtschaft. Es ist ein großer Markt für Luxusgüter und für die Luxusautobranche. Es ist seit vielen Jahren die Nummer eins in Europa. Wir haben uns für Deutschland entschieden, weil es für uns undenkbar war, in diesem Land keine Markenpräsenz zu haben. Aber es ist auch ein sehr traditioneller Markt für Uhren. Wenn also eine Marke wie Richard Mille auftaucht und sagt: „Das sind wir, und wir machen moderne Uhren auf eine andere Art und Weise, als ihr es gewohnt seid“, dann war viel Überzeugungsarbeit nötig. Ich denke, der deutsche Markt hat sich sehr schnell erholt. Heute geht es ihm sehr gut. Wir haben sehr starke Partnerschaften mit bestimmten Unternehmen wie McLaren und Ferrari, weil es in Deutschland ein neues Publikum gibt, das über diese Marken zu Richard Mille kommt.
Ich denke, dass die deutschen Kunden, wenn sie erst einmal da sind, total loyal sind. Man muss Vertrauen gewinnen. Wir hatten sogar in Erwägung gezogen, eine zweite Boutique in Deutschland zu eröffnen, vielleicht in Frankfurt oder Hamburg. Aber das Problem ist, dass wir jetzt eine so große Nachfrage haben, dass wir uns vorerst dazu entschieden haben, nur München zu beliefern und damit den deutschen Markt als Ganzes versorgen. Ich meine, wenn jemand eine Uhr will und in Hamburg oder Frankfurt wohnt, wird er ohne Probleme nach München fahren.
Richard Mille Ski Clinic 2023 in Courchevel