Im Atelier für Unikate. Zu Besuch bei Vacheron Constantin
Ganz oben angekommen zu sein ist natürlich immer angenehm. Hier aber, mit so bekannten Namen wie Piaget und Rolex und Harry Winston und Patek Philippe als Nachbarn, ist es ebenso herrlich noch ganz unten zu sein. Nicht etwa am Boden der Tatsachen angekommen, sondern auf der Erdgeschoss-Ebene der Manufaktur von Vacheron Constantin in Plan-les-Ouates bei Genf.
On Top: Das VIP-Zimmer der Manufaktur
Ganz oben nämlich, im dritten Stock des von Bernard Tschumi futuristisch gestalteten Gebäudes, befindet sich eine Art VIP-Salon. Man könnte auch schreiben: Es ist der Ort an dem in diesem Raumschiff-artigen Gebäude mutmaßlich der meiste Umsatz gemacht wird, weil sich die besten Kunden des Hauses hier in angenehmster Umgebung zu neuen Investitionen motivieren lassen. Es ist ein Drittel-Esszimmer-Drittel-Wohnzimmer-Drittel-Besprechungs-Raum, gehalten in Natur-Tönen. Dunkles Leder trifft auf helle Holzverkleidungen, Greige-Töne werden mit „Cirque“-Leuchten von Giopato & Coombes illuminiert.
Eine Umgebung also, in welcher der servierte Billecart-Salmon-Champagner gleich noch etwas besser schmeckt – und an den wir dennoch erst am Ende dieser Geschichte zurückkehren wollen. Denn die große Magie dieses Unternehmens, die findet letztlich auf allen anderen Ebenen des Gebäudes statt. Darum noch einmal alles auf Stop und zurück vor die Tür.
Zuhause am Tourbillon-Weg: Ein Gebäude das der Marke würdig ist
Am Chemin du Tourbillon Hausnummer 10 bleibt schließlich jeder Blick hängen. Stahl trifft auf Glas, und die zahlreichen gepflanzten Birken davor verleihen dem modernen Ambiente dabei eine Wärme und einen Charme, der sich auch im Gebäude fortsetzt – egal wie imposant das Atrium über drei Etagen auch sein mag, und egal wie kühl die Betonwände auf den ersten Blick auch wirken mögen. Es ist ein futuristisch anmutender Ort an dem die Jahrhunderte währende Tradition des Hauses Vacheron Constantin und das Gute und handwerklich Schöne allgegenwärtig ist, von den Reportage-Fotografien von Steve McCurry an den Wänden hin zu den historischen Uhren in einer Vitrine der Abteilung für Restauration.
Vacheron Constantin versteht sich schließlich als das älteste Uhrenhaus der Welt, das ununterbrochen bis heute Uhren produziert. Bereits aus dem Jahr 1755 ist ein Arbeitsvertrag überliefert, mit dem der Uhrmacher Jean-Marc Vacheron seinen ersten Lehrling, einen jungen Mann namens Ésaie Jean Francois Hetier, einstellte. Seitdem ist aus dem kleinen Handwerksbetrieb eine Weltmarke geworden deren Entwürfe von der Patrimony- bis zur Overseas-Kollektion selber zu Bildmarken mit höchstem Wiedererkennungswert geworden sind. Hunderte Mitarbeiter erschaffen hier in Plan-les-Ouates und in den Werkstätten im Vallée de Joux, wonach Sammler sich sehnen.
Gleich links hinter dem Empfangstresen geht es also hinaus aus jenem Bereich der die Besucher ein erstes Mal mit seiner schieren Imposanz beeindrucken soll, und stattdessen hinein in jene Räume, deren Wow-Effekt sich auf die Schaffenskraft der Uhrmacher und Uhrmacherinnen verlässt. Im Erdgeschoss: das Atelier für die großen sowie die „normaleren“ Komplikationen. Es folgen in den Etagen: Finishing, Zusammensetzung und Justierung, Gravur, Emaillierung, Guillochierung und Stein-Besatz, Aftersale-Service und Restauration.
Finishing, Zusammensetzung und finale Prüfung
Restauration bei Vacheron Constantin
Unser Guide durch die Werkstätten von Vacheron Constantin ist einer der erfahrensten Uhrmacher des Hauses, seit fast zwei Jahrzehnten arbeitet er für die Manufaktur, inzwischen setzt er ausschließlich Grandes Complications zusammen. Er und seine Kollegen und Kolleginnen sind das Herz der Marke, von der Jung-Uhrmacherin bis zum versierten Veteranen. Konzentriert sitzen sie über ihren Werktischen, einige haben Kopfhörer auf und hören Musik oder auch Podcasts, sie schaffen sich ihre eigenen Gedankenwelten um komplett fokussiert auf ihre jeweilige Arbeit zu sein. Die Erfahrungsschätze sind riesig, die Ausrüstung erstklassig, die Motivation immer den Extraschritt und noch ein paar mehr zu gehen allgegenwärtig.
Anders lässt sich der aktuelle Erfolg auch kaum erklären, schließlich übersteigt die Nachfrage nach Modellen wie der in diesem Jahr vorgestellten Historiques 222 im Retro-Look hin zur Traditionnelle Vollkalender Openface und so ziemlich allen Modellen der Overseas-Kollektion stets das Angebot. Gleichzeitig bemüht man sich bei Vacheron Constantin, allen Begehrlichkeiten zum Trotz, gegenüber den Kunden nie elitär aufzutreten. Auch Neukunden sollen zumindest eine Chance auf die begehrtesten Stücke der Kollektion haben.
Les Cabinotiers: Die Abteilung für außergewöhnliche Wünsch
Mit einer Mischung aus gewaltigem Stolz und weltläufiger Gelassenheit werden wir durch die Abteilungen geführt, vorbei an CNC Maschinen (Computer Numerical Control), in denen gerade die Rohlinge für Brücken gefertigt werden, und hinein in eine Welt in der wirklich so ziemlich alles möglich ist: Die „Les Cabinotiers“-Abteilung für Einzelanfertigungen nach Kundenwunsch. Schließlich ist der hohe Anspruch des Hauses und seine Expertise in Perlage und Anglage beispielsweise hinlänglich bekannt, wozu eine Manufaktur aber tatsächlich fähig ist, das zeigt sich am besten in der Spitze der Kollektion. Allein vier Graveure und ein Edelsteinfasser arbeiten in dieser Werkstatt, in der Sonderwünsche die Regel sind.
Vacheron Constantin gibt lediglich bei der Modellauswahl einen gewissen Rahmen vor, die Overseas-Kollektion beispielsweise gilt als nicht individualisierbar, der Minutenrepetition Tourbillon Monodrücker-Chronograph mit Schleppzeiger hingegen schon. Aus Gründen der Diskretion dürfen die sich gerade in der Entstehung befindlichen Modelle nicht im Detail beschrieben werden, wohl aber das Ausmaß an Sonderwünschen: Da werden Schnappschüsse eingereicht, die detailgetreu emailliert auf dem Zifferblatt neue Verwendung finden. Eine Wand mit Farbmustern hilft den Experten dabei abzuschätzen wie sich die Farbtöne durch die Erhitzung verändern. Doch so präzise das Team auch arbeitet, so bewegt man sich doch ständig in einem Bereich der Feinstarbeit, in dem kleinste Fehler wochenlange Vorarbeit an einem Zifferblatt zerstören können, und sich nichts mehr ausbessern lässt. Da hilft dann nur der komplette Neuanfang. Berufsrisiko halt, so sehen das die Profis hier, lachen, und berichten, dass das dann aber doch eher selten passiert.
Grandios auch wie hier Gehäuse individuell nach den Wünschen und Vorlieben des Kunden graviert werden. Die Mitarbeiter hier sind die besten ihres Faches, oft beschäftigen sie sich monatelang mit der makellosen Umsetzung der Wünsche. Grenzen setzt allein das Budget des Kunden, beziehungsweise der gute Geschmack, notfalls jener von Vacheron Constantin, wo man selbstverständlich ein Auge darauf hat, dass die Unikate mit dem Selbstverständnis des Hauses in Einklang sind. Darüber hinaus erarbeitet die Abteilung auch jedes Jahr eine kleine Kollektion, die ästhetisch wechselnde künstlerische Leitthemen hat, und eine beeindruckende Leistungsschau der Uhrmacherei ist. Zuletzt war das beispielsweise die von der Tiefsee inspirierten Modelle der Les Cabinotiers Minute Repeater Tourbillon – Flying Dutchman.
Les Cabinotiers Minute Repeater Tourbillon – Flying Dutchman
Die „Les Cabinotiers“-Modelle verschaffen dabei der Manufaktur einen Sonderstatus in der Branche. Zwar werden auch in anderen Häusern Einzelstücke gefertigt, doch wahlweise sind dies dann deutlich kleinere Unternehmen, oder aber es ist für den Endkunden ungleich schwerer ein Unikat zu ordern – egal wieviel Geld und gute Worte aufgewendet werden.
Endmontage, Finissage und Verkauf in Plan-les-Ouates
Weit mehr als hundert Uhrmacher beschäftigt Vacheron Constantin aktuell in Plan-les-Ouates, hinzu kommen dutzende Angestellte im Bereich der Verwaltung und Unternehmensleitung. Das stählern-elegante Raumschiff im Birkenwald, es ist das Herz der Marke. Hier kommen die vielen Bausteine aus der Werkstatt im Vallée de Joux an, werden von den Uhrmachern finissiert, und die Bauteile dabei von Hand angliert, wobei das bei einem Tourbillonkäfig allein bis zu fünf Tage in Anspruch nimmt. Sie werden obendrein gleich zweifach zusammengesetzt, und auf ihre Ganggenauigkeit hin geprüft.
Man versteckt die hochmodernen CNC-Maschinen zur Herstellung der Bauteile nicht, sie gelten in der Haute Horlogerie heute ohnehin als unersetzlich, schließlich sorgen sie für höchste Präzision – während die Uhrmacher den Zeitmessern durch ihre Arbeit Seele verleihen. Von hier aus treten die Chronographen, Tourbillons und Vollkalender dann ihre Reise in die Welt an.
Manche müssen dazu nicht einmal verschickt werden, sie werden einfach in den Tresor in den Anfangs erwähnten Salon im dritten Stock gelegt. Dort präsentieren die „International Clients Manager“ den besten Kunden des Hauses was deren Herzen berührt – und was verfügbar ist.
Es darf als gesichert gelten: Jean-Marc Vacheron würde es gefallen, was aus der Marke unter dem Dach der Richemont-Gruppe geworden ist. Kaum einer Manufaktur gelingt die Balance aus Geschichte und zeitgenössischer Modernität so gut, kaum eine ist aktuell so populär und im Aufschwung wie Vacheron Constantin.
Auf dem Weg hinaus aus der Manufaktur und Richtung Flughafen bleiben allemal zwei Gewissheiten: Die Marke mit dem Malteserkreuz im Logo steht bestens gerüstet für die Besonderheiten des aktuellen Uhrenmarktes. Und wenn man denn jemals ein Unikat, eine Uhr wie keine andere, haben wollte? Dann wäre das Atelier der „Les Cabinotiers“ sicherlich die erste Adresse in diesem exklusiven Geschäft.
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