Mit der SP One betritt MB&F neues Terrain: Statt futuristischer und radikaler Formen steht bei der jüngsten Kreation der Manufaktur erstmals klassische Eleganz im Vordergrund. Die Uhr markiert nicht nur den Auftakt einer neuen Modelllinie namens Special Projects, sondern wirft zugleich die Frage auf, was „speziell“ bei MB&F eigentlich bedeutet – und wie viel Veränderung sich mit der DNA einer so ungewöhnlichen Uhrenmarke verträgt. In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die Neuheit – und versuchen, eine Antwort auf diese Frage zu finden.

Eine neue Kollektion für alte Ideen: MB&F lanciert die Special Projects

Die Marke MB&F präsentiert seit ihrer Gründung im Jahr 2005 durch Max Büsser Zeitmesser, die tief in Kindheitsfantasien, der Luftfahrt, Science-Fiction oder sogar der Tierwelt wurzeln. Als kreative Achse, um die sich die Marke dreht, geben sich zum einen die im Jahr 2007 begründete Kollektion der Horological Machines und die im Jahr 2011 ins Leben gerufene Legacy Machines Kollektion aus, die zwei unterschiedliche Konzepte präsentieren. Während die Horological Machines einerseits dreidimensionale Gehäuse zu futuristischen Zeitmessern verbinden, zollen die Legacy Machines mithilfe von runden Gehäusen der Uhrmacherkunst des 19. Jahrhunderts Tribut. Zwischen den daraus resultierenden Zeitmessern – wie der HM N°9, der eine Jet Engine als Inspiration diente, und dem vielleicht komplexesten Chronographen, der LM Sequential EVO – formte sich eine Marke, die durch ihre Kreationen als erfindungsreicher und zugleich radikaler Ausdruck unabhängiger Uhrmacherei gilt.

Nun präsentiert die Marke mit der SP One neben den bereits bestehenden Horological und Legacy Machines eine dritte Uhrenkategorie, die unvollendeten Ideen aus nunmehr 20 Jahren Unternehmensgeschichte neues Leben einhaucht: die Special Projects. Die in den Special Projects enthaltenen Zeitmesser werden sich laut MB&F irgendwo zwischen den ästhetischen Welten der Legacy und Horological Machines einordnen, schlummernde Konzepte von einst in ausgereifte Zeitmesser verwandeln und – ihrem Namen entsprechend – ausgesprochen „speziell“ sein.

Den Anfang dieser Kollektion macht mit der SP One jedoch eine Uhr, die sich überraschend zurückhaltend präsentiert – und damit zunächst ganz anders wirkt als das, was man unter einer „Special Project“-Premiere erwarten würde. Zwar noch immer unverkennbar eine MB&F, allerdings in einem klassisch-eleganten Gesamtpaket, zeigt sich die SP One in einem Erscheinungsbild, bei dem von der unkonventionellen, nahezu futuristisch anmutenden Ästhetik früherer MB&F-Zeitmesser nur wenig übrig geblieben ist.

Die Gestaltung der SP One: klassisch, elegant – und dennoch MB&F?

Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die SP One, die erstmals im Jahr 2018 skizziert wurde, mit dem Zweck konstruiert wurde, eine elegante, klassische Uhr zu präsentieren. Im Mittelpunkt der SP One, deren ursprünglicher Projektname auch „Three Circles“ lautete, stehen deshalb die drei Schlüsselelemente einer jeden mechanischen Uhr: Federhaus, Unruh und Zifferblatt, die bei der SP One allesamt über denselben Umfang verfügen. In dieser Konstruktion offenbart sich auch der wesentliche Reiz der SP One: Durch ihre skelettierte Ausarbeitung kann der Träger die Kraftübertragung des Uhrwerks durch das Saphirglas der Uhr verfolgen.

Die im Federhaus gespeicherte Energie wird langsam freigegeben, setzt das Räderwerk in Bewegung und gelangt schließlich zur Hemmung und Unruh, die den gleichmäßigen Gang der Uhr regulieren. Durch die Verwendung zweier Saphirgläser – auf Vorder- und Rückseite – kann die Mechanik auch dann betrachtet werden, wenn man die Uhr umdreht: Hierbei lassen sich neben dem Kaliber mit einer Gangreserve von 72 Stunden zudem von Hand anglierte Räder und Brücken erkennen, denen durch ein Ruthenium-Finish eine anthrazitfarbene Ästhetik verliehen wurde. Nicht zuletzt verfügt das Kaliber über 191 Einzelteile und wird von Hand aufgezogen.

Gestalterisch schöpft die Neuheit unverkennbar aus jenem Design, das von der LM-Kollektion etabliert wurde. Als stilprägend für diese Kollektion gelten vor allem die Charakteristika der runden Gehäuse, der oft geneigten Zifferblätter samt römischen Ziffern, der niederfrequenten Uhrwerke mit 2,5 Hz und nicht zuletzt der gerundeten Brücken mit der charakteristischen fliegenden Unruh, die jeder Legacy Machine innewohnt. Die MB&F SP One übernimmt zwar die Merkmale der runden Gehäuseform, der Frequenz von 2,5 Hz (18.000 Halbschwingungen pro Stunde) und des geneigten Zifferblatts mit schwarzer DLC-Beschichtung, bricht jedoch insofern mit dem LM-Konzept, als dass sie allen voran – anstatt einem verborgenen – über ein offenes Federhaus verfügt.

Das bislang flachste Gehäuse von MB&F

Um der Mechanik sowie den Saphirgläsern auf der Front und Rückseite einen dezenten Rahmen zu geben, tritt das Gehäuse, welches je nach Variante in Platin oder 18-Karat-Roségold verfügbar ist, nahezu völlig in den Hintergrund. Mit einer Höhe von 12 mm ist die SP One die flachste Uhr, die MB&F jemals hergestellt hat, während der Durchmesser von 38 mm ebenfalls für ein dezentes Erscheinungsbild am Handgelenk sorgt. Zwar verfügt das Gehäuse der SP One über keine Lünette, präsentiert jedoch je nach Gehäusevariante einen andersfarbigen Innenring, der bei der Platinversion einen hellblauen und bei der Roségold-Version einen grauen Farbton annimmt. Nicht zuletzt sorgt das Gehäuse mit seinen 19 Einzelteilen für eine Wasserdichtigkeit bis zu 3 bar (30 Meter).

Die Kritik an der SP One

Doch die Neuheit, deren Konzept deutlich von bisherigen Zeitmessern der Marke abweicht, warf unweigerlich Fragen auf: Seit wann geht es MB&F überhaupt darum, elegant zu sein? Es ist daher kaum verwunderlich, dass in sozialen Medien auch kritische Stimmen laut wurden – sowohl zur Uhr selbst als auch zum Konzept, das sie verkörpert. Im Zentrum der Diskussion stand die Einschätzung, es könne sich um ein bewusst zugänglicheres, weniger aufgeregt gestaltetes Modell handeln, das mit einem potenziell höheren Produktionsvolumen und einer daraus resultierenden Verwässerung der Markenidentität einhergeht.

Zudem wurde angemerkt, dass die SP One einen Wendepunkt in der gestalterischen Ausrichtung markieren könnte – als Versuch, MB&F für eine breitere Zielgruppe zu öffnen. Diese Kritik griff unter anderem der Uhrenblog ScrewDownCrown auf. MB&F bezog daraufhin Stellung: Die Neuheit werde zwischen 2024 und 2026 keine wesentliche Erhöhung des Produktionsvolumens mit sich bringen, das erklärte Ziel sei es, „denselben Umsatz wie 2023“ zu erreichen. Laut dem Blog ist eine jährliche Stückzahl von rund 60 Exemplaren der SP One vorgesehen.

Gleichzeitig lässt sich den Einwänden entgegnen, dass die SP One – obwohl erster Zeitmesser der neuen Special Projects Kollektion – laut MB&F weder stilprägend noch als Blaupause für künftige Modelle dieser Linie gedacht ist. Vielmehr gehe es bei den Special Projects darum, Uhren zu präsentieren, die sich bewusst nicht in die bestehenden Kollektionen einordnen lassen und dennoch das Prinzip einer offenen Haltung gegenüber Form und Fantasie verkörpern. Am Ende bleibt dennoch der Eindruck: Auch wenn die SP One keine Neuausrichtung des kreativen Konzepts von MB&F darstellt, wirkt sie in Form und Gestaltung wie ein Versuch, die Wirkung der Marke über den bisherigen Sammlerkreis hinaus zu erweitern – jedoch ohne das Produktionsvolumen auszudehnen.

Der Preis der MB&F SP One

Getragen an einem Kalbslederarmband mit Dornschließe aus Weiß- oder Roségold, ist die MB&F SP One wahlweise in Platin oder Roségold erhältlich. Die Platinversion liegt preislich bei 63.000 CHF bzw. 69.000 EUR, während das Modell aus Roségold mit 58.000 CHF bzw. 64.000 EUR zu Buche schlägt (jeweils exklusive Steuern).


mbandf.com

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