Die Sonne Im Blick – Breguet Marine Équation Marchante 5887
Als das Schlachtschiff Royal Louis der französischen Marine im 18. Jahrhundert auf den Weltmeeren um die Verteidigung ihrer Nation kämpfte, war ihre Besatzung von präzisen Navigationsgeräten für die Bestimmung der eigenen Position abhängig. Dafür kamen Marinechronometer – oder auch Längenuhren genannt – zum Einsatz, denn die Bestimmung des Längengrades auf hoher See war entscheidend für eine korrekte Berechnung. Ein Uhrmacher namens Abraham-Louis Breguet beschäftigte sich bereits in jungen Jahren mit den Disziplinen der Astronomie. Im fortgeschrittenen Alter gewann er dann einen prominenten Fan, König Ludwig XVIII., der A.-L. Breguet aufgrund seiner uhrmacherischen Qualitäten in Sachen Marinechronometer im Jahr 1815 schließlich als offiziellen Uhrmacher der königlichen Marine ernannte.
Hommage an das maritime Erbe von Breguet – Marine Équation Marchante 5887
Bei der Berechnung der Position bzw. Bestimmung des Längengrades auf hoher See waren drei Dinge relevant: ein Sextant, eine astronomische Tabelle (Nautical Almanac) und eine präzise Zeitmessung. Daher war es umso wichtiger, dass die Chronometer auf den Schiffen möglichst genau liefen, was – den schwierigen Umständen auf hoher See geschuldet – eine noch größere Herausforderung darstellte. Zu Beginn der Reise wurde der Marinechronometer auf die mittlere Greenwich-Zeit eingestellt. Auf hoher See konnten die Schiffsleute dann mittels eines Sextanten den Winkel zwischen Horizont und Sonne messen und die ‚wahre‘ Sonnenzeit ermitteln. Die Differenz dieser beiden Zeitangaben diente für die Bestimmung des Längengrades.
Marine Équation Marchante 5887
Allgemein unterscheidet man zwischen der Ortszeit (oder mittleren Sonnenzeit) und der wahren Sonnenzeit. Unsere Uhren, egal ob analog oder digital zeigen aus praktischen Gründen immer die Uhrzeit unterteilt in 24 Stunden an. Dadurch, dass sich die Erde aber in einer elliptischen, nicht runden Bahn um die Sonne dreht und die Rotationsachse der Erde auch noch geneigt ist, gibt es über das Jahr verteilt Abweichungen von maximal -16 Minuten (3. November) und +14 Minuten (11. Februar). Die Erde rast Anfang des Jahres mit einer Geschwindigkeit von rund 29 km/s um die Sonne, nimmt dann sogar noch etwas mehr Fahrt auf und erreicht am 21. Juni mit rund 30 km/s ihren Zenit. All diese Faktoren spielen bei der Zeitgleichung (oder Äquation) eine Rolle.
Die Abweichung zwischen Ortszeit und wahrer Sonnenzeit auf einen Blick (links)
Die elliptische Umlaufbahn der Erde um die Sonne sowie die geneigte Rotationsachse sind für die Abweichung verantwortlich (rechts)
Nur an vier Tagen im Jahr stimmt die wahre Sonnenzeit mit der mittleren Ortszeit überein, letzteres läuft immer nach unserem 24-Stunden Prinzip: am 15. April, 14. Juni, 1. September und 24. Dezember sind die Zeiten identisch zueinander. An diesen Tagen konnte auch auf See die Länge ohne zusätzliche Tabelle – also nur aus dem Höchststand der Sonne und der mittleren Greenwich-Zeit – bestimmt werden.
Abweichung durchdie elliptischeUmlaufbahn der Erde um die Sonne (links)
Abweichung durch die Neigungder Rotationsachse (rechts)
A.-L. Breguet stellte bereits ab 1796 die ersten Marinechronometer her und experimentierte fortan an neuen Praktiken zur Verbesserung ihrer Präzision. Somit wurden die Modelle immer wieder mit neuartigen Hemmungen ausgestattet: die Hemmung mit beständiger Kraft (à force constant) oder die freie Doppelrad-Federhemmung, wie sie aus älteren Schriften hervorgehen. Im Jahr 1815 fertigte A.-L. Breguet den Chronometer Nr. 428, in dem – statt des gängigen Antriebs über Schnecke und Kette – zwei Federhäuser nebeneinander geschaltet und gemeinsam aufgezogen wurden, was positiv zur Ganggenauigkeit beigetragen hat. Von 1815 bis 1823 verkaufte das Unternehmen 78 Klein- oder Großuhren für die Marine.
Blau wie das Meer – die Große Komplikation in der Marine Linie von Breguet
Als Hommage an das maritime Erbe von Abraham-Louis Breguet hat die Maison im Jahr 2017 eine besonders beindruckende Große Komplikation in ihrer Marine Linie lanciert. Die Marine Équation Marchante 5887 zeigt die Abweichung zwischen Ortszeit und wahrer Sonnenzeit auf sehr charmante Art und Weise an. Denn in den meisten Fällen wird die Komplikation auf einem Hilfszifferblatt oder Apertur dargestellt, über den der Träger dann die Abweichung in Minuten ablesen kann und anhand der Ortszeit selbstständig berechnen muss. Bei der Marine Équation Marchante (marchante steht für ‚wandernd’) zeigen zwei Minutenzeiger die unterschiedlichen Zeiten an. Der blaue Zeiger mit facettiertem Sonnensymbol zeigt die wahre Sonnenzeit, der mit der Hilfe eines Differentialräderwerks vom Uhrwerk als auch von einer Zeitgleichungsscheibe gesteuert wird. Er läuft also mit dem gewöhnlichen Minutenzeiger mit, die Abweichungen werden aber über ein zusätzliches Modul berücksichtigt. Der Zeiger für die Ortszeit läuft unabhängig davon wie gewohnt über das Uhrwerk.
Marine Équation Marchante 5887
Die Anzeige der wahren Sonnenzeit entsteht durch eine ungewöhnlich geformte Nockenscheibe. Sie symbolisiert praktisch die ungleichmäßige Bewegung der Erde bei ihrer Umkreisung der Sonne. Der Hebel, der mit der Nockenscheibe verbunden ist braucht, wie die Erde um die Sonne, ein Jahr für eine Rotation. Durch die ungleichmäßige Form der Nockenscheibe bewegt sich der Zeiger manchmal etwas schneller oder eben langsamer, passend zu der Abweichung der wahren Sonnenzeit zur mittleren Ortszeit. Die Nockenscheibe kann durch das offene Tourbillon-Fenster betrachtet werden. Sie erinnert auch an die Zahl ‚8’ und symbolisiert die Figur, die der Sonnenstand bei 12 Uhr über ein Jahr hinweg erzeugt, auch Analemma genannt.
Die ungleichmäßige Form der Nockenscheibe wird durch das Tourbillon-Fenster sichtbar (links)
Die From der Nockenscheibe orientiert sich an der Abweichung der Sonne (rechts)
Es gibt viele Details an der Uhr, die uns auf eine Entdeckungsreise mitnehmen. Sie entführen uns zurück zu einer Zeit mit wilden Seeschlachten und Kanonenfeuer. Man darf neben den technischen Aspekten das enorme Kunsthandwerk der Dekorateure nicht außer Acht lassen. Die Manufaktur erfindet sich hier scheinbar immer wieder neu. Auf der Rückseite der Marine Équation Marchante 5887 ist daher als Hommage das Vorzeigeschiff von König Ludwig XVIII. abgebildet, die Royal Louis. In die einzelnen Brücken wurden per Hand die Schiffsteile ziseliert, die im Ganzen – unter dem offenen Saphirglasboden – eine Abbilddung des historischen 3-Masters bilden. Um das chronometrische Erbe zur Seefahrt noch mehr zum Ausdruck zu bringen, wurde das Federhaus mit einer Windrose geschmückt.
In die Brücken wurde händisch die Royal Louis ziseliert
Wir sind noch nicht ganz im Ziel-Hafen unserer Entdeckungsreise eingelaufen. So stolz einst die Royal Louis zur See ging, genauso eindrucksvoll erscheint auch die Große Komplikation. Ein 60-Sekunden Tourbillon schmückt das Zifferblatt zusätzlich bei 5 Uhr. Das Drehgestell ist aus Titan und die Breguet Unruh besitzt eine Siliziumspiralfeder, die eine Gangreserve von 80 Stunden gewährleistet. Das Kaliber 581DR besitzt darüber hinaus einen Ewigen Kalender sowie eine peripher angeordnete Schwungmasse, die freie Sicht auf das Gehäuse und die Royal Louis bietet. Das Zifferblatt ist thematisch mit einem neuartigen ‚Wellen’-Motiv guillochiert und der Tourbillonsteg mit einer Gravur ‚Marine Royale’ versehen.
Marine Équation Marchante 5887 in Roségold und einem Zifferblatt aus versilbertem Gold
Die Marine Équation Marchante 5887 ist in zwei Ausführungen erhältlich: mit einem 43,9mm Gehäuse in Roségold und versilbertem Zifferblatt, oder in Platin mit blauem Zifferblatt. Die Funktion der Zeitgleichung hat eigentlich keinen wirklichen Nutzen mehr heutzutage und ist den Nostalgikern und Liebhabern vorbehalten. Aber man könnte es so betrachten: In einer Zeit, in der das Leben meistens minutiös durchgetaktet wird, ist es vielleicht ganz angenehm, sich manchmal ein wenig Spielraum beim Zeitmanagement zu gönnen, je nachdem, nach welcher Zeit man sich eben auf dieser Uhr richtet.
Als Pierre Jaquet-Droz 1721 geboren wird, beginnt gerade die Blütezeit der Automaten. Der Ingenieur Jacques de Vaucanson sorgte damals insbesondere mit seiner ‚Mechanischen Ente‘ für Aufsehen, die aus mehr als 400 beweglichen Einzelteilen bestand, mit den Flügeln flattern konnte, schnatterte und Wasser trank. Diese ausgeklügelten mechanischen Roboter faszinierten den jungen Uhrmacher Pierre Jaquet-Droz und spornten…
Wenn A. Lange & Söhne als Deutschlands bedeutendste Uhrenmanufaktur verehrt wird, ist die Lange 1 zweifelsohne ihr Flaggschiff. A. Lange & Söhne wurde 1845 von Ferdinand Adolph Lange in Glashütte gegründet, einer kleinen Stadt in Deutschland, die als Zentrum der Uhrmacherei bekannt werden sollte. Mehr als ein Jahrhundert später, 1948, verstaatlichte die DDR das Unternehmen, was…
Vom pittoresken La Côte-aux-Fées mit seinen satten, grünen Weiden zur schillernden Modehauptstadt Paris – in 150 Jahren hat es die von Georges-Édourard Piaget auf dem Familienhof gegründete Uhrmacherwerkstatt weit geschafft. Als etablierte Institution für Haute Horlogerie und Haute Joaillerie hat Piaget in mehr als einem ganzen Jahrhundert unzählige kunstvolle Kreationen hervorgebracht, die durch ihre technischen…
Davide Cerrato, Managing Director Watch Division bei Montblanc hat sich wieder auf Spurensuche begeben. Er ist einer der wenigen Menschen, der Zugang zu den heiligen Hallen von Minerva hat, dem Archiv in Villeret, in dem er wie ein Archäologe nach den Schätzen der 160 Jahre alten Uhrenmarke sucht, die seit 2007 zu Montblanc gehört. Im letzten Jahr,…
Die Black Bay 58 von TUDOR: sie ist die etwas kleinere und traditionellere Version der gängigen Black Bay. Im Jahr 2018 erstmals lanciert, ist der Zeitmesser letztes Jahr erneut ins Rampenlicht gerückt, als TUDOR eine äußerst attraktive blaue Version vorstellte. Beide Ausführungen besitzen zweifellos eine treue Fangemeinde. Für mich ist und bleibt die originale BB58…
In unserer schnelllebigen, technologiegetriebenen Welt der KI und Massenproduktion gelten Automaten nach wie vor als Kuriositäten. Noch weniger bekannt ist das Atelier von François Junod, das hoch oben im Dorf Sainte-Croix im Schweizer Juragebirge thront. Erst kürzlich katapultierte eine Wendung des Schicksals die bereits renommierte Werkstatt noch tiefer in die Welt der Uhren. So sind…
„Regel Nummer eins: eine Royal Oak Concept ist niemals Ihre erste Uhr ist ", erklärt uns François-Henry Bennahmias, CEO von Audemars Piguet. Die Concept Linie von Audemars Piguet, die gerne auch als "Raumschiff-Uhr" bezeichnet wird, sticht durch ihre dicke, auffällige und stets symmetrische Architektur heraus. Die Uhrenmanufaktur nutzt die Concept Uhren, um technisch an die…
Da muss nicht lange drum herum geschrieben werden, eine Messe wie die Watches & Wonders ist für jeden Freund der Uhrmacherei ungefähr das, was für ein Kind der Besuch im Spielzeugladen ist: Viel zu viel von allem, was das Herz begehrt. Und die Seele berührt. Die Neuheiten von Patek Philippe sind dabei immer das, was…
2019 eroberte die Alpine Eagle von Chopard die Uhrenszene. Sie zierte die Seiten der Vogue und war sogar in der 'Morning Show' am Handgelenk von Jennifer Anniston zu sehen. 2022 erscheinen mit dem Chrono XL und dem Flying Tourbillon weitere Aufsehen erregende Ergänzungen der Linie. Doch bevor wir uns mit den neusten Zeitmessern beschäftigen, wollen…
Bei der diesjährigen Watches & Wonders 2022 Uhrenmesse haben wir uns mit Panerai-CEO Jean-Marc Pontroué getroffen, der uns unter anderem seine neue Taucheruhr "Submersible QuarantaQuattro" vorstellte. Der Name verrät bereits, dass es sich um Modelle mit einem neuen Gehäusedurchmesser von 44 mm handelt - und Pontroué hatte noch viele weitere interessante Insights im Gepäck für…
Victor Lance Vescovo ist in vielerlei Hinsicht ein besonderer Mensch. Auf Mykonos zum 75-jährigen Jubiläum der Omega Seamaster trifft Swisswatches diesen Hühnen von einem Mann, gertenschlank und mit seinem schlohweißen Bart und langen weißen Haaren, die nur von einem Haargummi gehalten werden wirkt er wie eine Mischung aus Moses, der vom Berg gestiegen kommt und…
Bulgari und disruptive Innovationen – passt das zusammen? Nach meinem Gespräch mit Jonathan Brinbaum von Bulgari auf der Watches & Wonders 2025 denke ich: Ja! Hinzu kommt viel Dolce Vita und italienische Eleganz. 1884 in Rom von dem griechischen Silberschmied Sotirio Bulgari gegründet, fokussiert das Image der seit 2011 zum LVMH-Konzern gehörenden Marke auf das…
„Angenommen, mein Haus würde lichterloh brennen. Ich müsste schnellstmöglich heraus, und könnte darum nur einen einzigen Gegenstand retten: Es wäre diese Uhr.“ Das Gespräch mit dem Vater-Sohn-Gespann hinter dem höchstangesehenen Instagram-Uhren-Sammler-Account @horology_ancienne dauert bereits über eine Stunde als diese Sätze fallen. Und so hypothetisch-dramatisch sie auch klingen mögen, so verdeutlichen sie doch ziemlich genau das,…
Bitte anmelden oder registrieren, um fortzufahren.