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Auf ein Lunch mit: Carl F. Bucherer CEO Sascha Moeri

Auf ein Lunch mit: Carl F. Bucherer CEO Sascha Moeri

23. September 2018

Sascha Moeri ist seit 2010 CEO bei Carl F. Bucherer und hat es in acht Jahren geschafft, die Uhrenproduktion zu vervierfachen. Anlässlich der neu eröffneten Manufaktur trafen wir den unermüdlichen CEO, der nie zu schlafen scheint. Einen Traum hat er allerdings trotzdem, die Produktivität der exklusiven Uhrenmarke noch weiter voranzutreiben. Sascha Moeri sprach mit uns über Meilensteine der Firmengeschichte, den Unterschied zwischen Carl F. Bucherer Uhren und Bucherer Fachgeschäften und, wie Instagram den Verkauf beeinflusst.

1. Was bedeutet für Sie eine mechanische Uhr, welche Uhr tragen Sie heute und welches Modell tragen Sie am häufigsten?


Ich bin in Biel aufgewachsen, im Herzen der Uhrenindustrie. Für mich ist eine mechanische Uhr immer auch ein Symbol für den bedeutenden Standort Schweiz. Betrachtet man die Stückzahl der global verkauften Uhren, exportieren wir natürlich nur eine geringe Menge an Uhren. Ist der Fokus jedoch auf die Wertschöpfung gerichtet, also auf den reinen Wert, liegen wir bei über 50 Prozent. Es ist diese Verbindung aus einzigartiger Uhrmacherkunst und den „alten Rezepten“, auf die wir heute unsere Innovationen aufbauen, was eine mechanische Uhr für mich so besonders macht. Der Vergleich mit Oldtimern liegt nahe. Heute steckt so viel Technik in Autos, dass die Emotionen für den mechanischen Teil zunehmend verloren gehen. Bei einem Oldtimer ist das alles noch vorhanden – wie bei einer mechanischen Uhr auch.

Carl F. Bucherer Manero Tourbillon DoublePeripheral in 18K Roségold mit dem silber-schimmernden Zifferblatt

Heute trage ich die Manero Tourbillon DoublePeripheral, eine limitierte Edition in dem Sinne, als dass wir dafür jährlich lediglich rund 100 Werke in der Manufaktur produzieren können. Ich wechsle zwar regelmäßig meine Uhren, aber ich habe natürlich auch einige Favoriten. Zum Beispiel die Patravi TravelTec FourX Limited Edition, die wir zum 125-jährigen Jubiläum lanciert haben. Sie passt einfach perfekt zu mir – sie ist groß, stark, robust und verfügt über eine dritte Zeitzone, was für mich als Vielreisender wichtig ist. Ich bin 6 Monate im Jahr unterwegs. Ich stehe um 5 Uhr auf und telefoniere nach Asien. Um 8 Uhr abends stehen Calls mit Amerika auf der Agenda. Ich bewege mich ständig in verschiedenen Zeitzonen. Daher ist es besonders wichtig, alle Zeiten im Blick zu haben. Da diese Uhr eher sportlich anmutet, kombiniere ich sie gerne zur Jeans oder Lederjacke. Zum Anzug ist die Manero Flyback in Roségold momentan mein absolutes Highlight.

2. Sie sind seit 2010 CEO von Carl F. Bucherer. Seitdem hat sich der Absatz der Marke vervielfacht. Wie haben Sie das geschafft?


Ich bin sehr stolz darauf, wohin mein höchst kompetentes Team die Marke in den vergangenen acht Jahren geführt hat.

Auf diesem Weg mussten folgende drei Bereiche in dieser Reihenfolge angegangen werden: Produkt, Distribution, Marketing. So wie ich die Marke 2010 vorgefunden habe, gab es in Bezug auf das Produktportfolio noch reichlich Optimierungspotential. Der Fokus lag auf dem Aufbau eines breiten aber klar differenzierten Produktportfolios, das sich heute in fünf Linien gliedert: Manero, Patravi, Adamavi, Pathos und Alacria, die allesamt in sich sehr stimmig sind und jeweils auch eine attraktive Einstiegspreislage bieten. Vor allem die sehr erfolgreiche Manero Linie wertet unsere Kollektion enorm auf und erfreut sich großer Beliebtheit. 

Neben dem Produktportfolio haben wir auch die Distribution komplett überarbeitet: Neue Märkte aufgetan, eigene Vertriebsgesellschaften gegründet, zusätzliche Distributionspartner gefunden, uns aber teilweise auch von bestehenden Partnern trennen müssen. Mir war dabei immer wichtig, dass diese Umstellungen fair und partnerschaftlich ablaufen. Ebenso pflege ich auch den Umgang mit meinem Personal. Ich habe Herrn Jörg G. Bucherer, dem Präsidenten des Verwaltungsrats der Bucherer Gruppe, das Versprechen gegeben, in den ersten 12 Monaten meines Amtsantrittes keine internen Wechsel vorzunehmen. Erst nach 12 Monaten habe ich Maßnahmen in diesem Bereich eingeleitet und einige Wechsel vollzogen, und somit ist heute eine andere Mannschaft am Werk als damals. Gemeinsam haben wir einen neuen Weg für die Marke eingeschlagen. Symbolisch hierfür steht unsere neue, hochmoderne Manufaktur. Sie ermöglicht uns, eigenständig zu entwickeln, zu designen und zu industrialisieren, damit wir unserer weltweiten Kundschaft einzigartige Zeitmesser bieten können.

3. Dieses Jahr feiern Sie 130-jähriges Jubiläum der Marke. Carl Friedrich Bucherer hat im Jahr 1888 sein erstes Geschäft eröffnet. Was sind die wichtigsten Meilensteine der Firmengeschichte und wie implementieren Sie die gewonnenen Erfahrungen von damals in die Marke Carl F. Bucherer von heute?


Der erste Meilenstein war natürlich das Gründungsjahr 1888, als Carl Friedrich Bucherer, ein Pionier seiner Zeit, mit seinem Fachgeschäft für Uhren und Schmuck hier in Luzern den Grundstein der Marke Carl F. Bucherer legte. Im Jahr 1919 schuf er seine erste eigene Uhrenkollektion – ‚Art Deco’ Damenuhren und Taschenuhren. Das Besondere war, dass auch seine Frau immer im Geschäft tätig gewesen ist. Das war für die damalige Zeit einmalig. Auch seine Söhne wuchsen als Uhrmacher und Goldschmied in das Unternehmen. Mit seinem fortschrittlichen Geist und dem stetigen Bestreben, sein Unternehmen gesund wachsen zu lassen, ist Carl Friedrich Bucherer bis heute ein wichtiges Vorbild für die Philosophie hinter der Marke.

Als einen der wichtigsten Meilensteine erachte ich die Übernahme der Firma durch den heutigen Inhaber Jörg G. Bucherer in den 1970er Jahren. Dieser Mensch ist eine enorme Inspiration. Ein hoch intelligenter Visionär, Förderer und Patron, der bis heute im Unternehmen als Präsident des Verwaltungsrates mitwirkt.

Im Jahr 2010 erfolgte die Neuausrichtung, als die Uhren ihren eigenen Namen Carl F. Bucherer, zu Ehren dem Gründungsvater, erhalten haben. Davor hießen sie Bucherer Uhren. Es gab zwar schon in den Anfangsjahren Uhren mit der Aufschrift C. Bucherer oder Carl Bucherer, jedoch ohne Einigung auf eine einheitliche Bezeichnung. Seit 2010 ist die eigenständige Uhrenmarke Carl F. Bucherer klar positioniert.

4. Auf der diesjährigen Uhrenmesse in Basel haben Sie den neuen Manero Tourbillon Double Peripheral vorgestellt. Eine Weltneuheit mit ziemlich innovativer Technik. Ist das ein Teil der Strategie mit uhrmacherischem Können die Uhrenmarke „Carl F. Bucherer“ von der Marke „Bucherer“ klar abzugrenzen oder verfolgen Sie mehrere Ziele damit?


Für die Uhrenmarke Carl F. Bucherer ist es wichtig, die eigene Kompetenz unter Beweis zu stellen. Während die Juweliergeschäfte Bucherer darauf spezialisiert sind, ihrer Kundschaft die wichtigsten und hochwertigsten Uhren der Welt anzubieten, liegt unser Schwerpunkt darauf, mit unserem Innovationsgeist und Know-how Teil dieses ausgewählten Kreises zu sein. Für mich ist es wichtig, dass die Marke auch in der Schweiz die Anerkennung bekommt, die sie verdient. Global ist dies größtenteils schon so und der Unterschied zu Bucherer Retail musste nicht gross erklärt werden, wie es in der Schweiz oder auch in Deutschland z.B. noch der Fall ist. Die von uns entwickelte periphere Technik hat einen großen Teil zu unserem Erfolg beigetragen, weshalb wir diese Strategie selbstverständlich weiterverfolgen werden.

5. Im Jahr 2016 haben Sie die Produktion in Lengnau zentralisiert. Was sind die größten Vorteile der neuen Manufaktur und wie verändern sich die Produkte?


Zuvor waren wir an drei Standorten verteilt. Nun konnten wir unsere gesamte Kompetenz an einem Standort bündeln. Im Untergeschoss der Manufaktur befinden sich die Werksproduktion, die Forschung und Entwicklung. Im Erdgeschoss unser eigener Customer Service sowie die Produktionsvorbereitung. Im oberen Geschoss liegt der Reinraum, der uns ermöglicht, auf höchstem Niveau Uhren zu produzieren. Der größte Vorteil durch die Vertikalisierung der neuen Manufaktur ist, dass die Produktion der Uhren effizienter wurde.

6. Unter den Uhrenliebhabern wird immer noch oft über die Wichtigkeit des „In-House“-Werkes heiß diskutiert. Wie sehen die CFB-Kunden das und wie steht die Marke dazu? Ist das Ihrer Erfahrung nach wirklich ein starkes Verkaufsargument oder spielt ein gutes Design eine wichtigere Rolle?


Beides. Der Connaisseur legt grössten Wert auf das Innenleben einer Uhr und kennt jedes Detail davon. Wir haben aber auch viele Kunden, denen Haptik und  Design am wichtigsten ist. Auch zwischen den Ansprüchen von männlichen und weiblichen Kunden gibt es klare Unterschiede. Wir verkaufen 40% unserer Uhren an Frauen, 60% an Herren. In den Damenuhren befinden sich diverse Quarzwerke, da ist der Fokus meist auf Diamantenbesatz, Farbgebung und Design. Herren ist der technische Aspekt meist wichtiger. Bei Sammlern geht es noch mehr in die Tiefe – Faktoren wie das Uhrwerk, Komplikationen, oder die Limitierung spielen eine grosse Rolle.

Aber das wichtigste Merkmal für all unsere Kunden ist: Kein Kompromiss in Qualität. Und, dass wir konsequent unseren eigenen Weg gehen. Von diesem Weg können uns auch keine kurzlebigen Trends abbringen. Wir können uns keinen Kompromiss leisten, denn auf unseren Uhren steht der Name unseres Gründers, dem Großvater des heutigen Inhabers.

7. Der Preisbereich von 5’000 bis 20’000 Schweizer Franken, in dem Carl F. Bucherer die meisten Uhren anbietet, ist sehr hart umkämpft. Wie positioniert sich die Marke und wo sehen Sie sie in den nächsten 8-10 Jahren? Was ist Ihre Vision?


Wir haben zwar anfangs darüber gesprochen, dass sich unsere Produktion in den letzten Jahren vervierfacht hat, aber wir sind trotzdem auch heute noch eine sehr exklusive Uhrenmarke. Unser Versprechen lautet, dass wir eine top Qualität zu einem sehr guten Preis anbieten können. In meinem ersten Interview 2011 habe ich gesagt, dass meine Vision sei, irgendwann einmal 15.000 Uhren zu produzieren. Inzwischen sind es bereits 25.000 Stück. Und 30.000 Uhren wäre für mich ein sehr schöner nächster Schritt in der Erfolgsgeschichte der Marke Carl F. Bucherer. Unser Wachstum hat aber auch Grenzen: Wir sind keine Marke für 200.000 Uhren. Wir wollen unsere Exklusivität beibehalten.

8. Sie sind ziemlich häufig in den USA und vertreten die Marke auf unterschiedlichsten Veranstaltungen. Was hat es damit auf sich? Ist der US-Markt für die Marke von besonderer Bedeutung oder steckt mehr dahinter?


Wir haben einen guten Draht zur Filmindustrie und sind mit unseren Uhren in vielen Hollywood Filmen wie The Meg, Atomic Blonde, John Wick, Fast and Furious präsent. In Atomic Blonde zum Beispiel trägt Charlize Theron ein Manero AutoDate und besitzt eine Manero Flyback mit Koordinaten eines Stadtplanes, die auf dem Uhrwerk eingraviert sind und eine tragende Rolle im Film spielen. Bei „Atomic Blonde“ kommen gleich mehrere unserer Uhren zum Einsatz. Ich pflege mittlerweile freundschaftliche Beziehungen zu den Schauspielern und den Produzenten, ein Grund dafür, warum ich oft in den Staaten bin. 

Darüber hinaus ist der US Markt ein wichtiger Markt für uns. Europa und Asien bleiben weiterhin die Schlüsselmärkte für uns, aber die USA ist im Uhren-Export immer auf den vordersten Plätzen. Mittlerweile haben wir dort über 80 top Verkaufspunkte und wachsen auch dank der Akquisition von Tourneau durch die Bucherer Gruppe weiter. Zudem haben wir kürzlich unsere Distributionsgesellschaft Carl F. Bucherer North America Inc. gekauft, was ein wichtiger Schritt für unsere Marke ist, der uns ermöglichen wird, das volle Potential dieses spannenden und wichtigen Marktes auszuschöpfen.

9. In punkto Sponsoring-Partnerschaften hat sich bei der Marke in den letzten Jahren einiges getan: überwiegend mit prominenten Persönlichkeiten und auch mit der Schweizer Fußball-Nationalmannschaft. Sind langfristige Partnerschaften mit Marken aus anderen Branchen zu erwarten, oder ist das momentan kein Thema für Sie?


Die wichtigste Partnerschaft für mich ist die Kooperation mit „MantaTrust“, eine Stiftung zum Schutz der Manta Rochen. Plastikmüll und Überfischung sind ein großes Problem für sie und bedrohen ihr Überleben. Hierfür werden wir uns weiterhin verstärkt engagieren und versuchen, weitere Partner zu gewinnen. Außerdem unterstützen wir die Schweizer Fußball Nationalmannschaft. Hier geht es aber nicht nur um Fußball, sondern auch um unsere Heimat die Schweiz. Wir haben alle 13 National-Mannschaften unter Vertrag, u.a. auch die Junioren, Damen etc. Daneben engagieren wir uns mit verschiedenen Projekten vor allem in den Bereichen Sport und Kultur.

10. Sie sind einer der wenigen CEOs, der die Social-Media-Kanäle für ein relativ breites Publikum sehr aktiv nutzt. Welche Erkenntnisse bzw. welchen Mehrwert für die Marke gewinnen Sie dadurch? Interagieren Sie hierüber auch mit den Fans, Kunden und Kritikern?


Wenn es die Zeit erlauben würde, wäre ich gerne noch mehr auf den diversen sozialen Kanälen unterwegs. Menschen in meiner Generation leben damit ganz selbstverständlich. Soziale Medien sind Teil meines Lebens geworden und haben meinen Horizont stark erweitert. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich mal über meinen Instagram Account direkt Uhren verkaufen werde! Ich finde es jedoch wichtig, eine gute Balance zwischen On- und Offline zu finden – in Privatem und Geschäftlichem.

11. Welche Kommunikationskanäle sind der Marke Carl. F. Bucherer heute besonders wichtig und wie verändern sie sich in der Zukunft?


Ich bin fest davon überzeugt, dass heute derjenige gewinnt, der online und offline ideal miteinander kombinieren kann.

12. In welche Richtung bewegt sich die Uhrenindustrie?


Ich bin sehr positiv, was die Zukunft der Uhrenindustrie angeht, auch angesichts unseres mechanischen Bereichs. In einer schnellen Zeit wie dieser, sehnen wir uns zunehmend nach Wurzeln, Echtheit und nach Qualität. Mechanische Uhren werden die Sehnsucht nach diesen Werten auch in Zukunft stillen, davon bin ich überzeugt.


www.carl-f-bucherer.com