Sie lieben Zeitmesser und machen daraus kein Geheimnis: Unsere Horologie-Fachsimpler Philippe und Alexander im Gespräch.
Alexander: Es ist wieder soweit! Ende März findet die Watches & Wonders statt. Und je näher die Messe kommt, umso enthusiastischer bewegen sich Uhrenfreunde in den Bereich zwischen Hoffnung und Hellseherei, und spekulieren darüber was die dort gezeigten Neuheiten wohl sein könnten.
Philippe: Und davon können und wollen wir uns natürlich nicht frei machen. Ich selber glaube zum Beispiel fest an eine neue Variante der Chronomaster Original von Zenith.
Alexander: Ich wiederum reihe mich gern in die Reihe jener ein, die von einer Neuauflage der IWC Ingenieur träumen. Das wäre schließlich auch ein ziemlich logischer Schritt: Die Fliegeruhren, die Portofino– und die Portugieser-Kollektionen sind schließlich alle schon in einem sehr gut kuratierten Zustand. Wenn man sich nun anschaut wie populär die Designs von Gerald Genta sind, und was diese Audemars Piguet, Bulgari oder auch Patek Philippe gebracht haben, dann muss man sich bei IWC eigentlich mal langsam der Ingenieur annehmen. Zumal für Vintage-Modelle von ebendieser inzwischen Höchstpreise gezahlt werden.
IWC Ingénieur SL, Ref. 1832 von 1978
Fotocredit © acollectedman.com
Philippe: Womit wir auch schon bei den ganz großen Manufakturen sind. Seit beispielsweise die Run-Out-Liste von Patek Philippe vor ein paar Wochen veröffentlicht wurde wird daraus auf die Neuheiten geschlossen. Vor allem Minutenrepetitionen wie die Referenzen 5078 und 5178 hat es im Bereich der Grandes Complications ja getroffen.
Alexander: Daraus zu schließen, dass nun gleich unmittelbar zig neue Minutenrepetitionen vorgestellt werden halte ich aber für gewagt. Das hat schon im letzten Jahr nicht funktioniert, als es viele Jahreskalender-Varianten erwischt hat.
Philippe: Nein, ich glaube auch nicht, dass es da sofort Neuheiten geben wird. Persönlich halte ich es aber für einen guten und wichtigen Schritt, denn die Designsprache der nun aus dem Programm genommenen Minutenrepetitionen entspricht nicht mehr so richtig dem aktuellen Patek-Philippe-Look, ich habe sie eher als etwas aus der Zeit geraten empfunden, und wenn man mittelfristig auch in diesem High-End-Bereich neue Modelle einführt, dann könnten die richtig cool sein und eine Verjüngungskur darstellen – so wie die Referenz 5373P für Linkshänder. Hier und jetzt halte ich aber anderweitige Veränderungen für wahrscheinlicher. Die Referenz 5726 – die Nautilus mit Jahreskalender und Mondphase – gibt es beispielsweise bislang nur in Stahl, da könnte vielleicht auch mal eine in Edelmetall nachrücken.
Patek Philippe Nautilus Ref. 5726/1A-014
Alexander: Ähnliches gilt für die Nautilus mit ewigem Kalender, die Referenz 5740. Die wurde 2018 in Weißgold vorgestellt, also im gleichen Jahr wie die Platin-5270 mit dem lachsfarbenen Blatt, der Chronograph mit ewigem Kalender. Letztere gibt es seit letztem Jahr gar nicht mehr im Katalog, und die weißgoldene 5740 könnte darum eigentlich auch zeitnah von einer roségoldenen Variante ähnlich der neuen 5712/1R abgelöst werden.
Philippe: Es wird ja ohnehin schon länger über ein Nachfolgemodell für die ganze Referenz 5270 spekuliert …
Alexander: … und im Moment gibt es zwar noch die erst im letzten Jahr vorgestellte Platin-Variante mit grünem Blatt, aber zuletzt hat man bei Patek Philippe einige Referenzen ja auch schon nach sehr kurzer Zeit wieder aus dem Programm genommen – wie die 5204R mit dem grauen Blatt.
Philippe: Und dann höre ich ja auch immer wieder Gerüchte über eine komplett neue Modellreihe, eine Uhr die vielleicht nicht ganz so sportlich ist wie die Aquanaut, aber auch nicht so elegant wie die Calatrava. Man hat solche Sachen ja immer wieder in der Vergangenheit ausprobiert, wenn eher klassische Referenzen Metallarmbänder bekommen haben. Ein komplett neues Modell in diesem Bereich wäre eine Sensation. Außerdem hoffe ich auf eine neue Variante der Grandmaster Chime, die es aktuell ja nur noch als diamantbesetzte Bling-Uhr gibt. Der kambodschanische Präsident braucht doch bestimmt noch etwas Abwechslung in seiner Sammlung…
Alexander: Und was erhoffst Du Dir denn von Rolex?
Philippe: Das ist vielleicht eine unpopuläre Meinung, aber: Zuletzt haben mich die Neuheiten von Rolex überhaupt nicht berührt. In diesem Jubiläums-Jahr wird ja viel über die Daytona spekuliert, aber gerade die hat mich zuletzt sehr gelangweilt. Dabei gibt es in der Historie so viele wunderschöne, zeitlos-elegante Daytonas mit einem gewissen etwas. Darum habe ich immer noch die Hoffnung, dass man diese DNA pflegt und irgendeine Form von historisch-inspiriertem Revival im Stile eine Paul-Newman-Daytona feiert.
Paul Newmans Rolex Daytona Ref. 6239
Fotocredit © Phillips
Alexander: Der Vintage-Look ist bislang ja der Konzern-Tochter Tudor vorbehalten.
Philippe: Das ist richtig, gleichzeitig gab es auch eine ganze Zeit keine zweifarbigen GMT-Master-Modelle – und dann kamen Schlag auf Schlag die so genannte „Pepsi“, die „Batman“ und die „Sprite“. Grundsätzlich geht Rolex immer den risikoärmsten Weg, und gleichzeitig tasten sie alles Mögliche ab. Ich bin mir sicher, dass man im Research & Development Center von Rolex wirklich alles ausprobiert.
Alexander: Eine Submariner aus Titan wäre auch der Wahnsinn – sehr cool, leicht und unfassbar tragbar. Wenn man sich allerdings anschaut in wie geringen Stückzahlen die im letzten Jahr vorgestellte Deepsea Challenger produziert wird, dann scheint eine Titan-Submariner in Serie aktuell irgendwie noch nicht sehr wahrscheinlich.
Philippe: Am Ende – gerade bei den ganz großen Manufakturen – kommt ohnehin alles anders als ich es erwarte. Auf den 27. März, den Starttag der Watches & Wonders, freue ich mich darum umso mehr.