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Neu ist immer besser – oder? Die Patek-Philippe-News

Neu ist immer besser – oder? Die Patek-Philippe-News

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18. Oktober 2022

Sie lieben Zeitmesser und machen daraus kein Geheimnis: Unsere Horologie-Fachsimpler Philippe und Alexander im Gespräch.


Alexander: Wäre es eine andere, weniger begehrte Marke, dann würde man an dieser Stelle sagen: Gerade rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft wurden die Neuheiten präsentiert.

Philippe: Nur dass es darum nun wirklich nicht geht, das Geschäft läuft auch so. Aber was Patek Philippe da gezeigt hat ist auch jenseits aller Feiertagswünsche ziemlich beeindruckend. Ich persönlich finde sogar: Das Blatt der neuen Nautilus 5990, dem Travel Time Chronographen, ist so ziemlich das Schönste, was ich je in der Nautilus-Kollektion gesehen habe. Je nach Lichteinfall hat es von schwarz zu blau hin zu grün eine unglaubliche Tiefe und Varianz. Es ist einfach wahnsinnig gelungen! Wie aber findest Du denn das Talking-Piece unter den Neuheiten, die Referenz 5811 – irgendwie war die Auszeit von der 5711 dann doch nur ziemlich kurz, oder?

Patek Philippe Nautilus Ref. 5990/1A-001

Alexander: Ja, Anfang 2021 wurde die Einstellung verkündet, dann kamen die grüne und die Tiffany-Variante, und nun ist auch schon die 5811 da. Haben manche auf eine längere Pause spekuliert? Sicherlich. Hat Thierry Stern diese verkündet oder gar versprochen? Keineswegs. Und ehrlich gesagt finde ich die Art wie man nun die 5811 präsentiert sehr elegant und damit sehr im Stile von Patek Philippe: Sucht man auf der Homepage nach den Neuheiten, dann werden andere mehr in den Vordergrund geschoben. Die 5811 ist aus Sicht von Thierry Stern eben eine von vielen wichtigen Referenzen, auch wenn sie in der öffentlichen Wahrnehmung besonders präsent ist. Natürlich sind die Veränderungen an der Referenz im Vergleich zum Vorgänger 5711 eher marginal, die Größe hat sich etwas geändert, die Qualität der Schließe und die Konstruktion. Das Uhrwerk hingegen bleibt das Gleiche, nur beim Material und beim Preis ändert sich umso mehr. Aber die Uhr – und auch hier das Blatt – sprechen mich, und sicherlich auch noch viele, viele andere sehr an. Auch wenn manch einer in Ermangelung von größeren Revolutionen nun enttäuscht sein mag.

Alte und neue Nautilus Referenzen im direkten Vergleich:
5711/1A (oben) und 5811/1G (unten)

Philippe: Ich finde diese Sehnsucht nach Veränderung um jeden Preis sowieso etwas eigenartig. Warum muss für ein neues Modell unbedingt auch ein neues Werk vorgestellt werden? Wir reden hier von einer Marke die ganz grundsätzlich für ihre höchsten Ansprüche bekannt ist, und obendrein von einer klassischen Dreizeigeruhr. Warum sollte man hier und jetzt unbedingt auch am Werk etwas ändern und verbessern? So sehr ich die Besitzer einer klassischen 5711 inzwischen auch manchmal beneide muss ich allerdings sagen: Meinen persönlichen Geschmack trifft die 5811 dennoch nicht. Mit Weißgold wird sie ziemlich viel Gewicht ans Handgelenk bringen, und ich mag es einfach, wenn man die Uhr beim tragen nicht allzu sehr wahrnimmt. Obendrein hätte ich ein graues Blatt schöner gefunden.

Alexander: Da sprichst Du ein Thema an, bei dem zwei Herzen in meiner Brust schlagen. Einerseits finde ich den Farbton der neuen 5811 und 5990 wunderschön, das lachsfarbene Zifferblatt des neuen Worldtimer-Chronos 5935 ist zum niederknien, und das grün beim Schleppzeiger-Chrono 5204 ebenso. Bei letzterem fragt man sich nun höchstens, warum er mit nunmehr rund 310.000 Euro gut 15.000 Euro als das identische Modell in Rotgold mit grauem Blatt ist, aber das wird sicherlich bald angepasst. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass blau, grün und lachsfarben nicht so allgegenwärtig sind. Das schwarzgraue Blatt und die roten Zeiger des neuen Linkshänder-Split-Seconds-Monopusher-Perpetual-Calender-Chronos 5373 würde sich in einem etwas weniger exklusiven Modell beispielsweise auch gut machen.

Patek Philippe Ref. 5935A-001.
World Time. Flyback Chronograph.

Philippe: Ja, ich weiß was Du meinst, auch wenn ich ebenfalls den Worldtimer ultragelungen finde, und für die 5990 habe ich ja ohnehin schon ausgiebig geschwärmt. Die 5373 erinnert mich auch im besten Sinne an ein Einzelstück, das für „Horology Ancienne“ gefertigt wurde.

Patek Philippe Ref. 5935A-001 Grand Complication

Alexander: Es zeugt schon von einem ganz besonderen Selbstbewusstsein, dass die erste Linkshänderuhr von Patek Philippe seit Ewigkeiten in einer solchen Grande Complication für hunderttausende Euro präsentiert wird. Weiter kann man sich von der Destro-GMT von Rolex kaum abheben. Insgesamt finde ich das Phänomen Destro-Uhren trotzdem etwas sonderbar. Natürlich gibt es eine Menge Linkshänder. Aber ich erinnere mich, dass es vor gar nicht so langer Zeit noch als ein Zeichen von großem Individualismus und einer besonders eigensinnigen Geisteshaltung galt, wenn man als Rechthänder seine Uhr am rechten Handgelenk trug – egal ob man nun Links- oder Rechtshänder war. Und heute? Landen die meisten Destro-Modelle letztlich bei Rechthänder-Sammlern, die sie dann doch am linken Handgelenk tragen.

Philippe: Wobei man ja sagen muss: Bei einem Handaufzugsmodell wie der 5373 ist die Krone auf der linken Gehäuseseite letztlich absolut sinnvoll. Bei einer Rolex mit Automatikwerk muss man diese hingegen deutlich seltener bedienen. Jetzt müssen wir aber auch noch über meinen heimlichen Favoriten sprechen: Die 5712 in Rotgold mit braunem Blatt. Die ist so unfassbar gut gelungen. Wobei das ein Modell ist, das ich eigentlich überhaupt nicht an haarigen Männerhandgelenken sehen will, sondern lieber etwas oversize und locker getragen an zarten, gebräunten Damenhandgelenken – vielleicht kombiniert mit ein paar lässigen Seidenbändchen.

Nautilus Ref. 5712/1R-001

Alexander: Womit wir bei einem wiederkehrenden Thema dieser Kolumne wären: Dem empfundenen Mangel an klassischen Damenmodellen ohne Steinbesatz in der Patek-Philippe-Kollektion.

Philippe: Genau! Wobei mir schon bewusst ist, dass ein guter Teil der Welt Edelsteine auf Damenmodellen präferiert. Ganz realistisch betrachtet ist der neue Aquanaut Luce „Rainbow“ Chrono doch auch vor allem für den asiatischen Markt, für Dubai und vielleicht noch für Texas gemacht. Obwohl Patek Philippe an dieser Stelle einmal mehr eindrucksvoll zeigt, dass sie immer und überall mit besonderer Klasse arbeiten: Der Farbverlauf allein reicht ihnen bei den Steinen nicht, stattdessen haben sie innen einen Ring aus Diamanten und darum herum dann erst den Regenbogen aus Saphiren, was das Ganze extrem elegant macht. Gerade wenn man es mit den komplett mit Steinen besetzten neuesten Royal-Oak-Modellen vergleicht, die ich gerade bei Audemars Piguet gesehen habe: Die wirken dagegen wie aus dem Kaugummi-Automaten.

Alexander: Und weißt Du was: Insgeheim wäre ich selber gern ein Typ der Uhren mit Edelsteinen tragen kann. Da ich aber weder Hiphopper noch Streetstyler bin wird das vermutlich in diesem Leben nichts werden – auch wenn Patek Philippe das Feld so geschmackvoll und elegant wie kein anderer bedient.

Philippe: Und damit sind wir dann irgendwie bei der Essenz des Themas angekommen, das man mit „Uhren begehren im Jahr 2022“ betiteln könnte: Die riesige Nachfrage aber auch Angebote wie die hier besprochenen Neuheiten sind so herausragend, dass sich jeder angesichts dieser vielen, vielen außergewöhnlichen Modelle immer wieder bewusst machen muss: Selbst wenn man alle Uhren der Welt haben könnte, so muss man sie nicht alle haben. Es geht letztlich immer darum die Stücke zu finden, die zum eigenen Leben und Sammelverhalten passen.



www.patek.com