Aquanaut Chronograph Ref. 5968A
Wartet man, bis die Uhr nicht mehr läuft oder deutlich falsch geht, dann sind schon Schäden am Werk entstanden. Das passiert dadurch, dass Öle und Fette trotz der modernen synthetischen Schmiermittel nicht ewig und vollständig an ihren Plätzen bleiben können und dann durch mechanischen Abrieb Werkteile beschädigt werden.
Nach zehn Jahren hat beispielsweise eine Rubinankerpalette des Aquanaut-Chronographen schon über 1,26 Milliarden Mal einen Zahn des Ankerrads geblockt. Sie hat sich eine frische Schmierung redlich verdient!
Wie eine Wartung bei Patek Philippe grundsätzlich abläuft und warum man vor allem hochwertige Uhren dafür zum autorisierten Fachhändler bringen sollte
Bei einem Chronographen wie der Aquanaut Ref. 5968A sind noch einige weitere spannende Dinge zu tun. Die wichtigsten Arbeitsschritte haben wir uns beim Patek Philippe Service Center in München genau angeschaut.
Nach dem Ausschalen von Werk samt Zifferblatt nimmt der Uhrmacher den zentralen Stoppsekundenzeiger mit einem speziellen Zeigerabziehgerät ab. Der Grund, warum der Zentrumsekundenzeiger nicht wie die übrigen Zeiger von einer Folie geschützt mit zwei Handhebeln abgehoben werden kann: Die darunter liegende Kupplung im Chronozentrumsrad könnte beschädigt werden.
Nun kann das Zifferblatt abgenommen und die darunterliegende Datumsschaltung demontiert werden. Nach und nach demontiert der Uhrmacher auch alle Werkbestandteile der Rückseite wie Automatikbrücke, Federhaus, Unruhkloben, Unruh, Chronographenmechanismus, Räder- und Zeigerwerkstellung. Zum Schluss bleibt nur die Grundplatine mit einigen Lagersteinen übrig.
Das Chronozentrumsrad stellt das Herzstück des Chronographenkalibers CH 28-520 C dar, denn auf ihm sitzt die mehrteilige vertikale Kupplung, die steuert, ob der Stoppsekundenzeiger sich dreht. Zudem sitzt auf dieser Welle die Herzscheibe, die im Zusammenspiel mit dem Rückstellhebel den Sekundenstoppzeiger in seine Nullposition bewegt. Der Uhrmacher baut das Chronozentrumsrad aus und demontiert es. Wie bei allen Komponenten kontrolliert er, ob es Beschädigungen gibt, und entfernt grobe Verschmutzungen.
Sind alle Uhrwerkteile aus der Ultraschall-Reinigungsmaschine zurück, kann das Chronozentrumsrad wieder montiert werden. Dafür gibt es ein spezielles Montagewerkzeug von Patek Philippe, eine Messingform. Die Welle mit Nullstellherz und Trieb, die dreiarmige Feder, die Verbindungsscheibe und das Kupplungsrad werden damit so lange zusammengehalten, bis eine Buchse aufgepresst ist, die das System im richtigen Abstand zusammenhält, damit später die Kupplungszange über die schräge Fläche der Verbindungsscheibe die Kupplung öffnen kann. Bei der Montage wird jedes Bauteil kontrolliert, Verschmutzungen wie Staubkörner mit Rodico-Knete entfernt und die Funktionsflächen mit einem Ölgeber geschmiert.
Mit der Federschablone, einem Metallwerkzeug, kontrolliert der Uhrmacher, ob Federn des Chronographen ermüdet oder verbogen sind, und ersetzt oder richtet sie wieder mit der Pinzette. Dann kann der Chronographenmechanismus mit Hebeln und Schaltrad montiert werden, was wegen der vielen Schmierstellen lange dauert. Auch die Höhe der Federn wird eingestellt.
Danach werden das Räderwerk, das Federhaus, die Brücken und die Automatikgruppe eingebaut. Der Uhrmacher montiert die Hemmung und die Unruh mit der winzigen Stoßsicherung. Dabei werden Lagersteine und Rubinpaletten sorgfältig geschmiert. Mit der Zeitwaage wird der Gang, die Gangsymmetrie und die Lagendifferenz geprüft und eingestellt und die Uhr reguliert.
Um die Chronographenrückstellung zu prüfen, gibt es eine spezielle Form mit Drückern, in die das Werk gelegt und eine Testbrücke montiert wird. Nun werden der Stoppsekundenzeiger und der Stoppminutenzeiger aufgesetzt und der Chronograph gestartet, gestoppt und langsam zurückgestellt. Das Zusammenspiel von Rückstellhammer und Rückstellherz muss perfekt funktionieren. Auch das augenblicklich schaltende Datum wird kontrolliert.
Nachdem das Werk einreguliert wurde, das Zifferblatt montiert ist und Stunden- und Minutenzeiger korrekt auf den Datumssprung gesetzt sind, kann der Uhrmacher die Chronozeiger setzen. Der Zentrumsekundenzeiger bedarf dabei einer besonderen Behandlung, da auf ihn wegen der Beschleunigung beim Rückstellen, seiner Länge und der dünnen Welle starke Kräfte wirken. Würde er normal aufgeklemmt wie die anderen Zeiger, könnte er sich beim Nullstellen irgendwann lösen. Um das zu verhindern, wird der Stahlzeiger mit einem Forcetest-Gerät mit vorgegebener Kraft aufgepresst. Deshalb muss er auch bei jeder Wartung ersetzt und das Zeigerfutter mit einer winzigen Aale so weit aufgerieben werden, dass er zu einem Drittel aufgesetzt und dann festgepresst werden kann.
Nachdem das revidierte Werk wieder ins aufgearbeitete Gehäuse eingeschalt wurde, folgt die Qualitätskontrolle, die alleine neun Tage beansprucht. Dabei wird die Aufzugsleistung der Automatik auf dem Umlaufgerät geprüft, getestet, ob die geforderte Gangreserve erreicht wird, und die Ganggenauigkeit in unterschiedlichen Lagen sowie nach 0 und 24 Stunden kontrolliert. Um die strengen Vorgaben des Patek Philippe Siegels zu erfüllen, muss die Ganggenauigkeit im Bereich von -1 bis +2 Sekunden am Tag liegen.
Insgesamt benötigt der Uhrmacher rund zehn Stunden, um das Werk des Aquanaut-Chronographen zu warten. Dazu kommt die Zeit für das Aufarbeiten von Gehäuse und Schließe sowie die mehrtägige Prüfung von Aufzug, Gangreserve und Ganggenauigkeit. Nachdem die Wasserdichtigkeit und die optische Perfektion kontrolliert wurden, kann die Patek Philippe wieder an ihren Besitzer ausgeliefert werden. Der kann sich freuen, denn das Werk ist wie neu: penibel gesäubert, optimal geschmiert und eingestellt sowie präzise einreguliert.
Patek Philippe empfiehlt für seine Uhren, alle acht bis zehn Jahre eine Wartung durchzuführen. Das stellt sicher, dass die Ganggenauigkeit erhalten bleibt und das Werk so weit geschmiert bleibt, dass kein übermäßiger Verschleiß entsteht.
Der Kunde muss bei einem Automatikchronographen mit einer Bearbeitungszeit von zehn Wochen rechnen, bis er die Uhr zurückerhält. Allein die Qualitätskontrolle nimmt neun Tage in Anspruch.
Nach der mindestens dreijährigen Berufsausbildung zum Uhrmacher macht der neue Mitarbeiter bei Patek Philippe in Genf einen fünfwöchigen Kurs, um Drei-Zeiger-Uhren reparieren zu können. Frühestens nach drei Jahren Erfahrung kann er einen weiteren sechswöchigen Kurs in Genf absolvieren, um an kleineren Komplikationen wie Jahreskalender und Worldtimer arbeiten zu dürfen. Nach weiteren drei Jahren kann sich der Uhrmacher in einem dreiwöchigen Kurs auf ewige Kalender, Handaufzugschronographen oder Automatikchronographen spezialisieren. Es erfordert also fast zehn Jahre und den erfolgreichen Abschluss mehrerer Schulungen, bis Mitarbeiter an Chronographen arbeiten dürfen.